Wohl kaum ein zweiter deutscher Dichter des 20. Jahrhunderts hat sein Leben derart zu literarisieren gewusst wie Thomas Mann (1875-1955). Die akribisch geführten Tagebücher des Erzählgenies geben selbst über kleinste Ess- und Schlafgewohnheiten Aufschluss, und seine formvollendeten Briefe an Freunde und Kollegen schrieb Mann, sofern sie nicht ohnehin in Romane Eingang fanden, immer auch auf eine mögliche posthume Veröffentlichung hin. Ziel war es, wie der Autor in einem Brief an Eberhard Hilscher 1951 festhielt, ein "in sich geschlossenes Lebenskunstwerk" zu erschaffen.
Diesem Aspekt einer ästhetischen Verwandlung von Leben in Kunst widmet der Mainzer Germanist Hermann Kurzke seine umfassende, überaus kundige und sehr gut lesbare Biografie. Akribisch und mit viel Sinn für scheinbar Nebensächliches ("Als Kleinkind schlief Tommy in einem Gitterbettchen mit grüner Gardine") schildert er Manns Werdegang vom bildungsbürgerlichen Lübecker Kaufmannshaushalt über die Exilzeit in den USA bis hin zu Ruhm und Ärger der späten Jahre in der Schweiz. Wie fruchtbar dabei auch die biografische Lesart der Werke eines Schriftstellers geraten kann, der sich und seine Zeitgenossen immer wieder hinter den Masken seiner Romanhelden zu verstecken wusste, demonstrieren vor allem die fundierten Kapitel über den Zauberberg (1924) und die Joseph-Tetralogie (Band 1: Die Geschichten Jaakobs, Band 2: Der junge Joseph; Band 3: Joseph in Ägypten; Band 4: Joseph, der Ernährer (1933-1943)).
"Spielerisch huscht Thomas Mann immer wieder hinter seine Figuren", schreibt Kurzke dementsprechend. "Neckisch zwinkert er dem Leser zu und fordert ihn auf, ein gleiches zu tun, Figuren zu suchen, hinter denen er sein Freud und Leid verbergen, aber auch zugleich offenbaren kann". So ist die kluge, brillant geschriebene Biografie nicht zuletzt auch eine Einladung, Bücher wie Buddenbrooks (1901), Tod in Venedig (1912), Doktor Faustus (1947) oder Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull (1954) mit neuen Augen zu lesen. --Thomas Köster -- Dieser Text bezieht sich auf eine vergriffene oder nicht verfügbare Ausgabe dieses Titels.
Eine echt interessante Biographie. Kurzke stützt seine Ausführungen auf Tagebucheinträge und Briefe Manns. Er beleuchtet seine Werke im Bezug auf historische und politische Ereignisse. Außerdem beleuchtet er dabei natürlich chronologisch die Lebensstationen Manns.
Mit Sicherheit war Thomas Mann ein komplexer Charakter und kein Leben ist nur schwarz oder weiß. Vor allen Dingen war er ein extrem intelligenter, wissbegieriger und unheimlich talentierter Mensch und Autor.
Mit etwas Scham laß ich einige Auszüge aus seinen Tagebucheinträgen, die sehr intim wirkten. Zu solchen Veröffentlichungen habe ich ambivalente Gefühle. Zum einen, verschaffen Sie dem/der Leser:in einen tieferen Eindruck von einer historischen Persönlichkeit. Zum anderen jedoch, führen bestimmte beleuchtete Aspekte einer Person dann evtl. dazu, dass dieser Mensch dann darauf reduziert wird.
Bei Mann war dies seine heimliche Homosexualität, die in dieser Biographie sehr viel Raum einnimmt.
Mit Sicherheit hätten manche Romanfiguren nicht in der Form entstehen können, wie sie entstanden, hätte Mann ein aalglattes Leben führen können. Man sagt kreativen Menschen ja oftmals nach, dass die besten Werke aus dem Leid heraus entstehen.
Für mich war trotz alledem seine politische Wandlung sehr viel interessanter. Vom Konservativen Verfechter der Monarchie hin zum Verteidiger der Demokratie. Seine Auseinandersetzung mit seinem Bruder Heinrich und der daraus resultierende langanhaltende Kontaktabbruch haben mich tief bewegt. Letztlich hat Mann sich -die politische Thematik und dem Wandel der damaligen Zeit entsprechend- aber stets mit- und weiterentwickelt.
Ob einige Einstellungen manches Mal aus einem zu großen Ego seinerseits resultierten , sei mal dahin gestellt. Wenn man die Biographie liest, hatte er definitiv ein extrem Großes.
Ich nehme hieraus mit, dass Mann ein interessanter Mensch und Charakter war. Jemand der sprachlich sehr talentiert war und vielseitige Interessen hatte. Er hat aufgrund gesellschaftlicher Korsetts seine innerste Gefühlswelt verborgen halten müssen, hat sich angepasst und Erwartungen erfüllt. Gefühle konnte er oftmals nur durch seine Charaktere ausleben und hat diese dort häufig zwischen den Zeilen versteckt.
Der Tod ist ihm häufig begegnet.Seine Söhne Klaus und Michael haben sich das Leben genommen. Genau wie seine Schwestern Carla und Julia. In seinen Werken spielt demnach auch der Tod oft eine Rolle.
Kurzke hat viele Auszüge aus Werken Manns beleuchtet. Manchmal waren mir jedoch die Wechsel zwischen Tagebucheinträgen Manns und Auszüge tragender Rollen seiner Romane zu abrupt. Da ich noch nicht alle Werke Manns kenne, verwirrten mich diese Wechsel etwas und mir war nicht klar, ob das nun Manns eigene Ansicht war oder die eines Protagonisten. Daher ziehe ich einen Stern ab. Dies ist aber nur meiner Unwissenheit geschuldet.
Der Autor hat wahnsinnig gut recherchiert. Dem Anhang lassen sich Unmengen an Quellenverweisen auf Sekundärliteratur entnehmen.
Natürlich möchte ich noch einige weitere Werke Thomas Manns lesen und meiner Meinung nach, hab ich durch diese Biographie ein etwas besseres Gefühl für seine Person bekommen. Die absolute Wahrheit wird man nicht bekommen, denn die wurde mit ihm begraben.
Eine Empfehlung für alle, die Thomas Mann noch besser kennen lernen möchten. Jedoch verspricht eine noch bessere Kenntnis über seine Werke ein etwas intensiveres Lesevergnügen.
Leben und Werk Thomas Manns auf 600 Seiten. Das ist ein Kunststück. Hermann Kurzke ist es meisterlich gelungen. Er schafft das, weil er seine Biographie auf die innere Entwicklung des Künstlers Thomas Mann und auf das Werk konzentriert. So werden unzählige Aspekte des Werkes durch biographische Details, persönliche Gedanken und Erlebnisse des Dichters beleuchtet. Äußere Ereignisse, Zeitgeschichte und biographische Chronologie werden dazugetan, soweit es nötig ist, bleiben insgesamt aber sparsam. Sehr gelungen ist der Griff Kurzkes, zu Beginn jeder Lebensphase einen kurzen Abriss der Ereignisse und Jahreszahlen einnzufügen, damit dann der Blick auf sein eigenentliches Thema folgen kann.
Das alles auf 600 Seiten zu komprimieren, erfordert ein großes literarisches Geschick. Weniger Begabte hätten möglicherweise einen sehr dichten, aber mühevoll zu lesenden Text produziert. Kurzke aber schreibt elegant und leicht, trennt mühelos das Wichtige vom Nebensächlichen - mitunter tritt er als Erzähler hervor und bewertet mit entwaffnendem Charme.
Das macht die Lektüre dieses Buches zu einem Genuss.
Sehr gute Biografie über Thomas Mann! Hermann Kurzke bezieht die Werke (Romane, Erzählungen sowie politische Aufsätze und Essays) in die Biografie ein. Er zeigt, wie eng das Leben und das Werk Manns zusammenhängen, wie viel Thomas Mann aus seinem Leben in seine Arbeit hat einfließen lassen. Wenn man die Romane etc. nicht kennt, ist das Lesen der Biografie nicht einfach. Man kann die Gedankengänge von Kurzke nicht nachvollziehen bzw. sieht die große Verbundenheit von Werk und Leben nicht. Man sollte einiges von Thomas Mann gelesen haben, bevor man sich dieser sehr guten Biografie widmet.
Il passaggio continuo tra vita e opere è quanto di più illuminante possa fare un biografo, perché alla fine l’unica utilità di una biografia è farci conoscere non l’uomo, ma lo scrittore, darci cioè le chiavi per penetrare meglio nell’opera.
La completezza e la profondità del saggio di Kurzke non può essere esaurita in una recensione, nemmeno lunga e ragionata. Tuttavia, segnalo una delle tematiche più avvincenti e interessanti per comprendere Thomas Mann: il suo rapporto con Heinrich, il fratello maggiore, anch’egli scrittore.Anche il rapporto con la moglie e con i figli illumina sulla figura di Mann, chiamato da alcuni figli il “Mago”, da Golo solo ™ oppure il vecchio. A Monika Mann a cui chiesero se vivere nel cerchio di luce del padre fosse stata una fortuna o una maledizione, lei rispose che non lo sapeva ma che Thomas Mann era «come un direttore d’orchestra che non ha bisogno di agitare la bacchetta, ma domina con la sola presenza» (p. 298).
Questo dominio si estende anche alla biografia di Kurzke, che riesce a rendere, senza panegirici e senza nascondere i lati ombrosi, il carisma di Mann. Se ne esce affascinati e, naturalmente, con la voglia di tornare ancora una volta a rileggere i romanzi di Mann.
I bought this book a few years ago and read it twice!!! One of the books I find essential and very informative and very well written. Very easy to read and a good book: From time to time I re-read some chapters again and again, well recommended.
Excellent resource. If you're going to read Thomas Mann, if you 're going to read the Tóibín novel THE MAGICIAN, you should know Mann's biography. This is a very readable academic biography.