Müttertreffen und Spielplatz, WG und ICE sind die Orte, an denen sich genaue Beobachtungen wie Puzzlestücke zu einer Analyse verdichten, deren Erkenntnisgegenstand das Kinderhaben ist. In kurzen, in sich geschlossenen Abschnitten betreibt Heide Lutosch so radikal wie lustvoll und so neugierig wie treffsicher Theoriebildung, die marxistisch, feministisch und psychoanalytisch geschult ist und dabei schonungslos nah an der eigenen Erfahrung bleibt. Sie spricht aus, was nicht ansprechbar die Mühen, den Frust und das ganz individuelle Gefühl des Scheiterns an dem Vorsatz, alles anders zu machen – vor allem anders als die eigene Mutter. Wütend fragt sie, warum Feministinnen heute noch immer mit denselben Problemen kämpfen wie vor fünfzig Jahren, warum die gerechte Verteilung von Sorgearbeit nach wie vor so wenigen Paaren gelingt, und was sich gewinnen lässt, wenn wir diese vermeintlich privaten Fragen gesellschaftlich zu lösen versuchen. Denn in der scheinbaren Selbstverständlichkeit des Kinderhabens verbirgt sich ein Pulverfass, das auf eine progressive Veränderung der gesamten Gesellschaft drängt.
Grandios. Ich würde dieses Buch gerne jedem Menschen den ich kenne empfehlen und notfalls einfach an den Kopf Knallen. Es ist ein kurz und knackiges Stück Literatur, welches ich guten Gewissens meiner Oma, ebenso wie meinem Stiefvater schenken würde.
Der einfache und zusammenhängende Schreibstil ermöglicht das Meisterwerk in einem Rutsch zu lesen, die kurzen Kapitel lassen aber genug Raum um das gelesene sacken zu lassen.
Mit dieser klaren, präzisen Sprache in kurzen Kapiteln, die so persönlich ein so universelles Phänomen beschreiben, würde ich sagen: sollten alle lesen, egal welches Geschlechts, egal ob Kind, Kinderwunsch oder nicht.
Würde ich allen empfehlen, egal ob Kinderwunsch ja oder nein - man brauch auch keine Angst haben das einem das Kinder kriegen madig geredet wird - es wird einfach auf viele wichtige Punkte eingegangen, die ich auf jeden Fall bedenken wollen würde und für die ich sehr dankbar bin, dass sie in diesem Buch niedergeschrieben wurden!! Ich fand’s Hammer und vor allem wichtig!
Ich bin beeindruckt wie viel einem 100 Seiten Text geben können. Das Kinderkriegen, das Kinderhaben, die Kindererziehung. Ein eigentlich zentrales feministisches und gesellschaftliches Thema, das aber, was auch sonst, in keinster Weise die nötige Anerkennung und Raum in gesellschaftlichen Debatten erhält. Das Buch fragt vor allem, warum wir immer noch an einem so frustrierenden Punkt sind, wenn wir (meaning die feministische Bewegung) doch schon so viel erreicht haben. Wie können tiefe Beziehungen immer wieder an der Familiengründung zergehen, wie kann das Kinderhaben einen dazu bringen, dass man eine Person, die man sehr liebt beginnt zu verachten? Eine Sache ist für die Autorin klar, "es liegt nicht an den Kindern, dass es so schwer ist sie zu haben." Und so nimmt sie uns in 32 je extrem kurzen Kapiteln durch die verschiedenen Problemecken und gibt Denkanstöße, wie man, gerade als Mann, anders an das Kinderhaben rangehen sollte. Zuletzt sei gesagt, dass ich nie gedacht hätte durch ein (und dann auch noch so kurzes) Sachbuch weinen zu müssen, aber she did that. Cave: betrachtet wird die heterosexuelle, bürgerliche, mittelständische Kleinfamilie; wer sich damit null identifizieren kann, sollte das Buch dennoch lesen, da große Teile der Gesellschaft sich vermutlich in genau diesem Bild wiederfinden. Absolute Leseempfehlung für alle, die sich verstandener fühlen müssen und vermutlich eine gute Geschenkempfehlung für Ende Zwanziger Männer
Ein Buch über das verzerrte Bild des Mutter-Seins in unserer Gesellschaft. Wütend darüber, wie langsam feministische Ansätze in unser tägliches Leben einsickern. Die theoretische Möglichkeit einer gleichberechtigten Verteilung von Care-Arbeit bedeutet noch lang nicht, dass diese auch in der gelebten Praxis innerhalb einer Familie existiert. Die Möglichkeit allein aber sorgt schon für zusätzlichen Druck, psychische Belastungen und Rechtfertigungszwang bei Müttern. Wie, du kommst nicht perfekt gestylt und ausgeschlafen zum Babydate? Läufts bei euch zuhause nicht gut?
Unterhaltsam und aufschlussreich, mit vielen kritischen Denkanstößen - sicher nicht nur für mich als Mann.
Gut zu lesen, voller Wut und bewegend. Leider liest es sich wie die Einführung für ein sehr gutes Buch oder wie ein anregender Artikel. Es geht weniger um das Kinderhaben an sich als um Care Arbeit und gerechte Arbeitsteilung in Beziehungen. Aber auch das wird eher emotional dargestellt, als analytisch verarbeitet. Insgesamt liegen hier die Grundlagen zu einem tollen Buch, aber so wie es ist lässt es einen etwas ratlos zurück. Ich hatte mir, dank der Edition, auch ein philosophischeres bzw theoretischeres Werk erhofft, aber das ist eher Geschmackssache.
Ich habe mich selten so verstanden gefühlt beim Lesen. Jeder Absatz ein treffender Punkt, die ausgezeichnete Formulierung von Wahrheiten, die gerade im Kreise von Eltern in der Regel noch weitgehend mit irritierten Blicken beantwortet werden - falls mal jemand sich traut, zu versuchen sie auszusprechen oder anzudenken.
Kurzum: auf dieses Buch habe ich gewartet. Jetzt kann ich all die Warnhinweise und "überleg's dir gut"-Gespräche mit Kinderwünschenden radikal kürzen auf: Lies das mal.
Schlau, wahr, ehrlich, so treffend wie die besten Loriot-Sketche und tatsächlich äußerst unterhaltsam.
4.75 ⭐ Eine wirklich Interessante Perspektive übers Kinderhaben. Es war sehr erfrischend mal auch etwas negatives über die Mutterschaft zu hören, da das Mutter-sein oft sehr stark romantisiert wird. Das Buch bringt ein paar wirklich gute Punkte die mich sehr zum denken angeregt haben und das Buch wird mir noch lange in Erinnerung bleiben. Trotzdem muss man sich vor Augen halten das es nicht allen Müttern so geht und diese Erfahrung etwas sehr individuelles ist.