"Passt einfach nicht mehr!" - geht es um das eigene Zuhause, dann ist es oft Zeit für einen Umzug. Und die eigene Glaubenswelt? Was, wenn man sich da zunehmend eingeengt und unwohl fühlt, immer wieder an Grenzen stößt? Wenn Teile des Glaubens immer irrelevanter werden und mit dem eigenen Alltag nur wenig zu tun haben?
Dieses Buch ist ein Umzugshelfer zum Vorwärtsglauben und Weiterglauben. Es soll dabei helfen, den eigenen Glauben weiterzuentwickeln und in ihm ein neues Zuhause zu finden. Vor allem dann, wenn die bisherigen Glaubensüberzeugungen nicht mehr passen, keine Begeisterung wecken oder Antworten bieten. Martin Benz zeigt auf, wie viel Chance in diesem Entfremdungsprozess liegt, den viele aktuell nämlich das zu entdecken, was wirklich glaubenswert ist.
Dabei geht der Autor auf Themen wie Gemeindemüdigkeit, Bibelverständnis, Gottesbild, Liebe und Wahrheit, Gesetzlichkeit und Sexualmoral ein. Ermutigend und mit persönlichen Erfahrungen angereichert, lädt er ein, zu hinterfragen, was sich geändert hat, was trägt, was neu dazukommt und was man hinter sich lässt - kurzum, was wertvoll genug ist, mit auf den Umzugswagen zu kommen.
Wenn "Dekonstruktion", dann so. Auch wenn ich in einigen Fragen zu anderen Schlüssen komme, schätze ich die Art, mit der sich Martin Benz dem Thema progressiven Glaubens und Dekonstruktion nähert. Ohne Zynismus, mit großer Achtung vor der "evangelikalen Heimat" und mit pastoralem Feingefühl für Menschen, die sich in einer Phase des Zweifelns und Hinterfragens befinden.
Es passt einfach! Eine erstaunlich lebensnahe Sammlung an Gedanken. Martin Benz behandelt Themen, mit denen ich seit Jahren große Fragezeichen verbinde. Sein Buch liefert. Es bietet frische Denkimpulse, differenziert herausfordernde Themen und findet trotzdem ein klares „ja“ für den Glauben.
Wenn du gerade Fragen im Glaubensleben hast, die du dich nirgens zu stellen traust. Martin hat sie gestellt und in seinen bisherigen Antworten dazu ist sicher Gutes für dich dabei. Kein vollständiges Werk. Aber ein vollständig nahbares.
Erfrischend ehrlich. Gut strukturiert und aufgebaut, auch die Erklärungen im Text aber auch in den Fußnoten zu bestimmten Begriffen oder Themen sind angenehm hilfreich. Auch wenn das Thema des Buches vor einigen Jahren sicher passender für mich war, konnte ich auch jetzt noch einige Erkenntnisse gewinnen oder Fragen weiter entwickeln und denken.
In Wenn der Glaube nicht mehr passt nimmt der Autor seine Leserinnen und Leser mit auf eine sehr persönliche Reise durch Glaubenskrisen, geistliche Umbrüche und theologische Neuorientierungen. Das Buch ist in drei große Teile gegliedert und folgt der Leitmetapher eines geistlichen „Umzugs“, mit der der Autor seine eigene Glaubensentwicklung beschreibt.
Bereits die Einleitung ist eindrücklich und bewegend. Offen schildert der Autor seine biografischen Brüche, Enttäuschungen und inneren Kämpfe mit Gott und dem christlichen Glauben. Diese Ehrlichkeit ist eine große Stärke des Buches. Man spürt: Hier schreibt kein distanzierter Beobachter, sondern jemand, der existenziell betroffen ist und leidenschaftlich um einen tragfähigen Glauben ringt.
Der erste Teil (Glaubensmündigkeit) beschäftigt sich mit Glaubensentwicklung und Frömmigkeitsstilen. Besonders gelungen sind die beschriebenen Entwicklungsphasen, die anschaulich, nachvollziehbar und lebensnah dargestellt werden. Viele Leser werden sich hier wiederfinden. Der Gedanke, dass Glaube nicht statisch ist, sondern sich entwickelt, reift und manchmal auch hinterfragt werden muss, wird gut herausgearbeitet. Die Umzugsmetapher hilft, diese Prozesse verständlich zu machen, ohne sie zu dramatisieren oder zu banalisieren.
Im zweiten Teil (Glaubensveränderung) wird das Buch deutlich theologischer. Themen wie Hermeneutik, Gottesbild, Liebe, Ethik und Moral stehen im Zentrum. Positiv ist hervorzuheben, dass dem Autor bewusst ist, wie entscheidend hermeneutische Vorentscheidungen für jede theologische Diskussion sind. Auch seine Kritik an einem vereinfachten Umgang mit Bibelversen („Bibel-Bashing“) ist berechtigt. Die Bibel ist kein Argumentationsbaukasten für schnelle Antworten, sondern ein komplexes, in sich zusammenhängendes Zeugnis. Die Unterscheidung zwischen Ethik und Moral ist hilfreich und gut erklärt.
Gleichzeitig zeigen sich hier jedoch auch die größten Schwächen des Buches. Der Autor arbeitet durchgehend mit der These einer „selektiven Bibeltreue“, die er als unausweichlich für alle Christen darstellt. Besonders am Umgang mit dem alttestamentlichen Gesetz versucht er dies zu illustrieren. Zwar erkennt er selbst die klassische Dreiteilung des Gesetzes (zeremoniell, staatlich, moralisch) an und benennt deren Herausforderungen, zieht daraus aber den Schluss, dass letztlich jede Bibeltreue willkürlich sei. Hier bleibt die Argumentation hermeneutisch zu kurz. Das Neue Testament bietet sehr wohl Kriterien, um Kontinuität und Diskontinuität des Gesetzes theologisch verantwortet zu erklären – diese werden jedoch nicht ausreichend berücksichtigt.
Problematisch ist auch seine Unterscheidung zwischen faktischer und poetischer Wahrheit sowie seine Rede von „Entwicklungen“ innerhalb der Bibel. Während heilsgeschichtliche Entwicklungen unstrittig sind, gerät seine Argumentation dort in Schieflage, wo nicht nur menschliches Verständnis, sondern faktisch das Wesen Gottes selbst als wandelbar dargestellt wird. Besonders im Blick auf das Alte Testament entsteht der Eindruck, als sei dessen Gottesbild stark zeitbedingt, teilweise sogar irrig. Gericht, Zorn und Heiligkeit Gottes werden als Projektionen oder kulturelle Überformungen interpretiert. Diese Sichtweise bewegt sich gefährlich nahe an klassischen Irrlehren und steht im klaren Widerspruch zur historischen christlichen Theologie.
Seine christologische Hermeneutik bleibt dabei auffallend verkürzt. Schwierige Texte werden häufig entschärft oder relativiert, anstatt sie in ihrer Spannung stehen zu lassen. Dass Jesus selbst Gericht ankündigt, auf Sodom und Gomorra Bezug nimmt oder im Neuen Testament als der kommende Richter erscheint, wird kaum integriert. Auch seine Rede von Gottes Liebe wirkt einseitig und verkennt die klassische Lehre von Gottes Einheit und Ganzheit seines Wesens.
Der dritte Teil des Buches versucht, praktische Wege im Umgang mit Glaubensmüdigkeit und Veränderung aufzuzeigen. Die Gedanken zu eskatologischer Ethik – also der Frage, wie wir Menschen heilend, versöhnend und auf Wiederherstellung ausgerichtet begegnen – sind grundsätzlich hilfreich und gut gemeint. Allerdings bleibt das Evangelium selbst erstaunlich blass. Die Kraft, die den Menschen überhaupt erst in diese neue Wirklichkeit hineinführt, wird kaum entfaltet.
Insgesamt ist das Buch gut strukturiert, flüssig zu lesen und durchgängig von einem persönlichen Ton geprägt. Die kurzen Zusammenfassungen am Ende der Unterkapitel sind sehr hilfreich. Gleichzeitig ist das Werk theologisch unausgewogen, hermeneutisch an entscheidenden Stellen unsauber und stark von progressiven theologischen Einflüssen geprägt. Man nimmt dem Autor sein ehrliches Ringen ab – wünscht sich aber, dass dieses Ringen wieder stärker an den Grundlinien des historischen christlichen Glaubens orientiert wäre.
Fazit: Wenn der Glaube nicht mehr passt ist ein ehrliches, reflektiertes und gut lesbares Buch, das wichtige Fragen stellt und vielen aus dem Herzen sprechen dürfte. Es bietet hilfreiche Impulse zur Glaubensentwicklung, bleibt jedoch in zentralen theologischen Fragen problematisch und einseitig. Als Gesprächsanstoß geeignet – als theologisch tragfähiger „Umzugshelfer“ nur begrenzt überzeugend. Man spürt das aufrichtige Ringen des Autors – wünscht sich aber, dass dieses Ringen wieder stärker an den Wurzeln des christlichen Glaubens ausgerichtet wird. Dort läge vermutlich mehr Hoffnung, als das Buch am Ende bieten kann.
So ein tolles Buch! Ich hatte so viele Augenöffner und (Weiter-)Denkanstöße und habe so viel gemarkert wie selten! :) Nur Mut zum kritischen Hinterfragen des eigenen Glaubens! Und dabei hoffentlich den Glauben sogar festigen oder „wiederbeleben“.