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‎Josses Tal

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1930: Josef ist ein uneheliches Kind und eine Schande für seinen Großvater, der ihn seine Enttäuschung mit Schlägen täglich spüren lässt. Mit seiner Mutter im Haus der Großeltern erlebt Josef eine Kindheit, die geprägt ist von Angst und Schuld, fehlender Nähe und Geborgenheit. Als er seinen Nachbarn Wilhelm kennenlernt, erfährt er zum ersten Mal in seinem Leben Freundschaft und Zuneigung. Wilhelm beschützt und fördert Josef – und nutzt dessen Arglosigkeit aus, um für ihn, der Hitler treu ergeben ist, die Bewohner im Ort auszuspionieren. Stolz auf diese Aufgabe und seine neue Uniform wird er zu einem folgsamen Gehilfen, doch dann erfährt Josef etwas, das sein bisheriges Leben aus den Fugen geraten lässt …

408 pages, Kindle Edition

Published March 15, 2023

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Angelika Rehse

2 books1 follower

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Displaying 1 - 12 of 12 reviews
Profile Image for Buchdoktor.
2,364 reviews188 followers
March 13, 2023
Eine Ansichtskarte des norwegischen Jotunheimen-Gebirges, die 1945 nach Reichenbach/Schlesien geschrieben wurde, bringt Helen auf die Spur ihrer Familiengeschichte. Sie trifft dort Josse/Josef Tomulka, der 1925 unehelich geboren wurde und in Reichenbach aufwächst. Nach dem frühen Tod seiner Mutter lebt Josef bei den Großeltern. Zuhause und im Dorf erfährt er nicht enden wollende Ablehnung als unehelich Geborener. Als Wilhelm Reckzügel, ein Medizinstudent zu Besuch in seinem Elternhaus, sich Josef zuwendet, ihn fördert und für die Hitlerjungend begeistert, wird der Junge zum ersten Mal in seinem Leben wahrgenommen. Das märchenhafte Szenario eines Studenten aus einfachen Verhältnissen, der über grenzenlose Freizeit und unbeschränkte Mittel für Geschenke an Josef zu verfügen scheint, klingt anfangs wie das Lehrbeispiel einer Missbrauchssituation. Wilhelm hat sich ein vernachlässigtes Kind herausgepickt, für das sich niemand interessiert, ausgehungert nach Zuwendung und zu unbedingter Loyalität gegenüber seinem Förderer bereit. Radikalisierung und Indoktrination benötigen genau diese Loyalität. Der Medizinstudent ist entschlossen, seinen Heimatlandkreis vorbildlich im Sinne des Nationalsozialismus zu säubern. Josef wird zu Wilhelms Werkzeug, bespitzelt den gesamten Ort und erstattet Wilhelm Bericht über jedes fehlende Hitlerbild, jedes undeutsche Lied und jeden respektlosen Spruch - filmreif in einem toten Briefkasten. Als er sogar dem Handarbeitskränzchen nachspioniert, hört er von Zwangsarbeit, verschwundenen Menschen und fragt sich nicht zum ersten Mal, welche Rolle Werner in diesem System spielt und welche Rolle ihm als Werners Handlanger zugedacht ist. Ein Zusammentreffen Josefs damals mit Helens Urgroßmutter Else hat Helen nun nach Norwegen geführt.

Josef braucht in der Gegenwart seine Zeit, um Helen über seine Kindheit, die erste Begegnung mit Wilhelm im Jahr seiner Einschulung 1931 zu erzählen, wie er sich den Ruf eines vertrauenswürdigen Kerls erwarb – und wie er schließlich als Einsiedler in einem abgelegenen norwegischen Bergtal landete. Aus der Rahmenhandlung in der Gegenwart heraus entfaltet Angelika Rehse eine spannende Spurensuche, die schon fast zu viele Details aus dem deutschen Alltag zwischen 1930-43 enthält. Da sehr viel Bekanntes genannt wurde, kam m. A. die Handlung zu langsam in Gang, konnte mich jedoch mit der Suche danach fesseln, was Wilhelm mit seinem verdächtigen Bündnis mit einem Minderjährigen bezweckte. Sehr angenehm fand ich, dass durch Jahreszahlen stets deutlich war, wie alt Josef zum genannten Zeitpunkt ist. So fällt natürlich auch auf, dass Wilhelms Gespräche mit einem Grundschulkind für die Epoche teils zu abgehoben wirken.

Ein spannender, etwas zu märchenhafter Roman vor sorgfältig recherchiertem historischem Hintergrund.

Profile Image for Andrea Karminrot.
304 reviews6 followers
June 25, 2023
Der Alte lebt in seinem norwegischen Tal zurückgezogen. Weit weg von Elektrik und Telefon. In Josses Tal. Er bereut  ...
Josse, oh Josse. Wenn du damals gewusst hättest, was du heute weißt, hättest du dann auch so gehandelt?

Josses Tal

Josse, eigentlich Josef Tomulka, ist der uneheliche Sohn von Helene. Wäre da nicht ihr rabiater Vater gewesen, der dem Bankert oft schon als Kleinkind eine mächtige Schelle verpasst hatte, hätte sie ihr Bürschlein von Anfang an lieb haben können. Aber so wollte sie es auch dem Alten recht machen und mied es, dem Jungen ihre Liebe zu zeigen. Damit das Gerede um das "rumgewischte Frauenzimmer" und ihren Sohn aufhört, zogen die Eltern mit Helene und Josef in ein kleines Dorf. Weg von dem Getratsche.

Dort trafen die Tomulkas auf nette Nachbarn, die sie freundlich aufnehmen wollten. Doch der Alte Tomulka wollte keinen Kontakt. Noch dazu schlug er auf den kleinen Josef ein. Wilhelm Reckzügel, angehender Arzt und Nachbarssohn, konnte und wollte das nicht mit ansehen und nahm Josef unter seine Fittiche. Es war 1930 und Wilhelm wurde zu Josses besten Freund und Mentor. Er war es, der Josef in der HJ unterbrachte und ihn zur Bücherverbrennung nach Berlin mitnahm.

Der Besuch im Tal

Eine Postkarte aus dem Jahr 1945 führt Helene im Juli 2004 nach Norwegen. Sie würde gerne wissen, warum ihre Urgroßmutter damals sterben musste und hofft auf Antworten. Josef hat sich dort in ein Tal zurückgezogen. Josses Tal. Und der Alte erzählt ihr seine Geschichte von Anfang an ...

"Könntest du nach all den Jahren die Zeit zurückdrehen und hättest damals gewusst, was du heute weißt ... würdest du Widerstand leisten? " "Helen, ich war Jugendlicher, ich war allein ..."

Seite 92

Es ist leicht nachzuvollziehen, warum der kleine Josef zu dem geworden ist und getan hat, was er getan hat. Alleine und immer wieder gedemütigt, findet er in Wilhelm einen Beschützer, in der HJ ein Zuhause. Mitgerissen von der Zeit, wie ein Fischlein, das alleine kaum aus dem Schwarm ausbrechen kann. Hingerissen von der Liebe, die ihm Wilhelm als erwachsener Freund bietet, macht er, was von ihm gefordert wurde. Er wird von seinen Klassenkameraden anerkannt, er ist plötzlich jemand, dem man gehorcht. Dass Wilhelm ihn nur ausnutzt und ein dunkles Geheimnis des Jungen kennt, das weiß Josse natürlich nicht. Er vertraut.

Das Buch liest sich sehr angenehm. Als Leser sieht man natürlich, wohin der Junge gezogen wird, hat den Vorteil, die Geschichte schon zu kennen. Dabei wird aber auch mal ausnahmsweise die Aufmerksamkeit auf die Täter gelenkt, wie sie in diesen Strudel hinein gezogen wurden. Auf die Menschen, die sich weggedreht haben, als die Nachbarn abgeholt wurden. Auf die Familien und Freunde, die die Augen und Münder geschlossen hielten als das Unrecht geschah und vielleicht sogar mitgemacht haben. Ich fand das Buch wirklich gut. Josse ist ein Sinnbild für alle diejenigen, die es nicht gemerkt haben (wollen), dass sie in einem Unrechtsstaat lebten.
Profile Image for Ascari Vau.
415 reviews
June 3, 2023
Seien wir ehrlich: Ohne die Lesechallenge eines Rezensionsportals wäre ich vermutlich nicht auf dieses Buch aufmerksam geworden. Denn das Cover ist zumindest für meinen Geschmack einfach zu unauffällig, um aus einer Masse an Büchern hervorzustechen. Ich lese jedoch immer wieder mal Bücher, die sich mit dieser Zeit beschäftigen, deswegen konnte mich der Klappentext durchaus für das Buch begeistern.

Die ersten Seiten habe ich dann auch recht flott verschlungen, wo man den jungen Josef und seine Familie kennenlernt, dann die erste Begegnung mit Wilhelm Reckzügel, der es nicht schwer hat, den kleinen Jungen für sich einzunehmen. Ich denke, das war der Teil, wo ich wohl am meisten mit dem Kind mitgelitten habe - im Zeitalter von Patchwork-Familien und unverheirateten Paaren ist es wohl nur noch schwer vorstellbar, wie sehr ein Kind in dieser Zeit ohne Vater ausgegrenzt wurde...

Je mehr ich allerdings in die Geschichte eingetaucht bin, desto schwerer habe ich mich mit dem Aufbau des Buchs und dem Schreibstil getan. Die vielen direkten Gedankeneinschübe in die Dialoge hinein zum Beispiel haben es manchmal schwierig gemacht auseinanderzuhalten, was wirklich gesprochen wurde und was sich die Figuren nur gedacht haben. Hier wäre definitiv weniger mehr gewesen.

Dass die einzelnen Kapitel mit Jahreszahlen und Monaten überschrieben waren, fand ich gut. So wusste man immer, wo zeitlich die einzelnen Erlebnisse einzuordnen waren und wie alt Josef zu dieser Zeit war. Trotzdem hat genau dies auch bei mir einige Fragen ausgelöst: Warum beispielsweise gab es kein Kapitel, wo die Machtergreifung Hitlers thematisiert wurde? Manche Themen wurden für meinen Geschmack irgendwie einfach ausgeklammert, während andere sogar mehrmals aufgegriffen wurden (beispielsweise die Bücherverbrennung).

Was ich mich auch gefragt habe, war, warum der Krieg so wenig Raum bekommen hat, ich kann mir beispielsweise nicht vorstellen, dass nicht auch hier junge Männer eingezogen wurden... Stalingrad kommt in diesem Kontext überhaupt nur ganz am Rande vor. Hier hätte ich mir wirklich gewünscht, dass im Nachwort noch ein wenig mehr Sach-Informationen zu den im Roman verarbeiteten Themen geliefert worden wären. Ich habe hier auf eigene Faust noch ein wenig recherchiert und es hat mich sehr betroffen gemacht, was beispielsweise mit der deutschen Bevölkerung nach 1945 passiert ist.

Aber gut, zurück zur Geschichte: So gut mir der Anfang gefallen hat, so wenig glücklich war ich mit dem Schluss. Denn der wirkte auf mich doch etwas überhastet heruntergeschrieben. In zwei Kapiteln wird mehr oder weniger alles auf den Kopf gestellt und die Grundlagen für die Kapitel in 2004 gelegt. Etwas weniger Tempo hätte hier der Geschichte gut getan.

Ich habe schlussendlich dieses Buch zugeklappt mit der Erkenntnis, dass nicht alle offenen Fragen wirklich eine Antwort erhalten haben. Die drängendste davon war wohl die Frage nach dem Schicksal von Josses Vater - hier hätte ich noch gerne erfahren, was Josse über ihn erfahren hat.

Fazit: "Josses Tal" ist thematisch ein wichtiges und nützliches Buch, aber an der Umsetzung hat es in meinen Augen doch an der einen oder anderen Stelle gehapert. Trotzdem ziehe ich meinen Hut vor der Leistung der Autorin, sich in fortgeschrittenem Lebensalter dieses Themas angenommen zu haben.
Profile Image for Buchbesprechung.
209 reviews23 followers
March 28, 2023
REZENSION – Mit ihrem Roman „Josses Tal“, im März beim Pendragon Verlag erschienen, hat Angelika Rehse (74) ein beeindruckendes Debüt veröffentlicht, das sich durch seine ganz eigene Art wohltuend von anderen Romanen über die Jahre des Nazi-Regimes unterscheidet. Hintergrund ihres historisch wie psychologisch interessanten Buches sind Erzählungen ihrer aus Schlesien stammenden Eltern sowie in ihrer Kindheit von Heimatvertriebenen gehörte Geschichten. Daraus entstand ihr Schicksalsroman um den Dorfjungen Josef Tomulka. Dessen Entwicklung begleitet die Autorin über dreizehn Jahre vom fünfjährigen Vorschulkind bis zum fast 18-jährigen Wehrfähigen.
Josefs Geschichte beginnt 1930 mit dem Umzug der Familie ins dörfliche Dorotheenthal im niederschlesischen Landkreis Reichenbach. Für Großvater Fritz Tomulka ist die uneheliche Geburt seines Enkels eine unverzeihliche Familienschande, die er den Fünfjährigen täglich mit Schlägen spüren lässt. Josef wächst in ständiger Angst und mit Schuldgefühlen auf. Auch seine vom Schicksal gebrochene Mutter Helene vermag nicht, ihrem Sohn im Haus der Großeltern Nähe und Geborgenheit zu geben. Allein der Nachbarsohn Wilhelm Reckzügel, Student der Medizin in Berlin, erweist sich als Josefs Schutzengel, gibt ihm das Gefühl von Freundschaft und Zuneigung. Als Josefs Mutter bald stirbt, nimmt die Familie Reckzügel den kleinen Josef als Pflegesohn auf. Wilhelm beschützt den Jungen weiterhin, macht ihm großzügige Geschenke, fördert nicht nur, sondern – wie sich bald herausstellt – manipuliert dessen Persönlichkeit und Selbstbewusstsein: „Eines Tages werde ich wichtiger sein als der Großvater. Dann ... werden sich alle vor mir ducken.“ Bei Wilhelm hat Josef den Halt gefunden, der dem Kind bisher fehlte. Ein für ihn entscheidendes Ereignis ist 1935 seine durch Wilhelm vermittelte Aufnahme als Pimpf „in einer schicken Uniform“ ins Jungvolk der Hitler-Jugend: „Es war genauso, wie Wilhelm es angekündigt hatte. Ab heute würde ihn keiner mehr spöttisch ansehen.“
Endlich ist für Wilhelm Reckzügel – längst ein überzeugter Nazi mit Verbindung zu hohen Parteikreisen – der richtige Zeitpunkt gekommen, Josef als willfährigen Gehilfen vollends für die Nazis einzunehmen. Er soll die Dorfbewohner bespitzeln: „[Josef] hatte kein schlechtes Gewissen dabei. Alles, was er tat, tat er für seinen Wilhelm, und auch ein bisschen für den Führer.“ Sogar vor der eigenen Familie macht Josef nicht Halt und handelt „gegen sein eigenes Blut“ – eine Notiz Wilhelms, deren doppelter Wortsinn später im Roman deutlich wird. Erst 1940 bekommt der inzwischen 15-Jährige nach einer aufrüttelnden Entdeckung und Kontakt mit verbotener Literatur, Musik und Malerei moralische Zweifel: „Hier saß er also, in Reckzügels Küche, … und log sie an. Einen Lügner zu beherbergen, das hatten sie nicht verdient.“
Rehses Roman „Josses Tal“ überzeugt vor allem durch das Fehlen intellektueller Abgehobenheit. Gerade das Bodenständige, die Schilderung des schlichten Lebens im abgeschiedenen Dorotheenthal, fernab der großen Politik und Propaganda-Maschinerie, lässt ihre Geschichte so wahrhaftig werden. Berlin ist weit weg. Entsprechend ist von großen zeitgeschichtlichen Ereignisses nur punktuell zu lesen. Im Vordergrund stehen die Bewohner von Dorotheenthal. Die Autorin zeigt uns am Beispiel eines einzelnen, völlig unschuldigen Kindes, des arglosen Josef, wie leicht Kinder und Heranwachsende – von Misstrauen und Skepsis noch unberührt – in ihrer Sehnsucht nach persönlicher Wertigkeit manipulierbar sind und damals in gutem Glauben, recht zu handeln, für die Ideologie der Nazis gewonnen werden konnten. Dieses Verständnis will Rehse aber nicht als Entschuldigung verstanden wissen. Auch ihr Protagonist Josef erkennt sein Handeln als unrecht, allerdings erst sehr spät: Als 17-Jährigem gelingt es ihm endlich, sich vollständig aus den manipulativen Fängen Wilhelms zu befreien. Mit ihrem leicht zu lesenden Roman wirft Angelika Rehse erneut die schon oft an Angehörige der Kriegsgeneration gerichtete schwierige Frage auf: Wie konntet ihr damals nur mitmachen? Mit Josefs Kindheits- und Jugendgeschichte scheint die 74-jährige Autorin, vielleicht für sich selbst eine mögliche Antwort gefunden zu haben.
Profile Image for Ella.
317 reviews3 followers
June 22, 2023
Ich lese wahnsinnig viel zu der furchtbaren, grausamen Zeit der Nationalsozialisten, einfach, weil es in meinen Augen so wichtig ist sich immer wieder mit diesem Schrecken auseinanderzusetzen, damit die Erinnerung an die entsetzlichen Taten und das Gedenken an die Opfer wach bleiben. Auf „Josses Tal“ bin ich durch eine Rezensionsseite aufmerksam geworden und relativ ohne Erwartungen in das Buch gegangen.

1930: Josef Tomulka ist ein Außenseiter. Von seinem Vater verlassen, von seiner Mutter vernachlässigt und von seinem Großvater geschlagen, stellt er nach seinem Umzug nach Reichenbach leichtes Opfer für den jungen Mann Wilhelm dar, der den Jungen schnell für sich und die Ideologie der Nationalsozialisten einnimmt. Endlich in etwas angenommen, integriert und gut zu sein, lässt Josef zu einem effektiven und zuverlässigen Spitzel werden. Doch alles ändert sich, als seine Mutter stirbt und neue Details zu seiner Kindheit ans Licht kommen.

Zu Beginn des Buches war ich gefesselt. Gemeinsam mit der Deutschen Helen, die einer Postkarte folgend nach Reichenbach reist um dort Josse/Josef zu treffen, begegnen wir Josef Tomulka der von seiner Kindheit in der NS-Zeit erzählt. Zuerst erfahren wir von den Misshandlungen durch seinen Großvater und dann relativ schnell von den ersten Begegnungen mit Wilhelm.

Das Buch fokussiert sich wirklich sehr stark auf Josef, seine Geschichte und die tatsächlich geschehenen Ereignisse in Reichenbach. Dadurch erlebt man die Jahre zwischen 1932-1945 hauptsächlich aus der Perspektive eines Jungen, der in der Ideologie aufgeht, nur wenige Informationen bekommt und über die Menschen in seinem Dorf, sowie über seinen Gönner Wilhelm spricht. Auf der einen Seite war das sehr interessant, denn in vielen Büchern, die ich bisher zu dem Thema gelesen hatte, ging es hauptsächlich um den Widerstand, um die unvorstellbaren Taten in den KZs, um das Schicksal von Opfern und um die Biographien von Tätern, sowie die Nachwirkungen und die Vergangenheitsbewältigung in Deutschland. Hier erleben wir stattdessen im Detail aufbauend auf Erlebnisberichten, die die Autorin gesammelt hat, den Alltag in Reichenbach. Es geht mehr um die alltäglichen Entwicklungen, Schrecken und Einflüsse des Nationalsozialismus. Nur wenige der „großen Ereignisse“ oder beispielweise der Verlauf des Krieges werden angesprochen. Während des Lesens bin ich geschwankt zwischen „Wieder eine ganz neue Perspektive, wirklich interessant“ und „Das zieht sich etwas, diese detaillierten Beschreibungen des Dorflebens, die irgendwie gleichzeitig sehr schwammig sind“.

Zum Ende wurde es dann nochmal fesselnder, was nicht nur an einigen Wendungen lag, sondern auch an den nachdenklich machenden Gesprächen zwischen Helen und Josse in der Gegenwart, die einige wichtige Fragen stellt und das ganze nochmal mehr in einen größeren Zusammenhang stellt bzw. einige Ereignisse erklärt.

FAZIT:
Insgesamt war „Josses Tal“ ein Buch, dass mich gleichermaßen nachdenklich und traurig gemacht hat. Die Autorin fokussiert sich auf die Einflüsse des Nationalsozialismus im alltäglichen Leben und die Zeit in der HJ. Für mich hatte das Buch einige Längen und es ist in meinen Augen wichtig, zuvor vielleicht andere, detaillierte, mehr erklärende Werke/Bücher zu der Zeit des Nationalsozialismus gesehen/gelesen zu haben, um diesen Roman wirklich zu verstehen.
3,5 von 5 Sternen
259 reviews2 followers
May 30, 2023
„Josses Tal“ ist der Debütroman der Autorin Angelika Rehse, den sie mit 74 Jahren veröffentlicht hat. Es ist eine bedrückende Geschichte über (Familien)Ehre und toxische Freundschaften zwischen 1930 und 1943, über Mitläufertum, falsche Vorbilder, politische Puppenspieler, Schuld und Reue. Es handelt von der Geschichte von Josef Tomulka, genannt Josse, der 1925 als uneheliches Kind geboren wurde, was vor allem aus Sicht seines Großvaters eine Schande für die Familie war. In dem Entwicklungsroman, bei dem die Entwicklung in eine gefährliche Richtung geht, erzählt der in der norwegischen Einöde lebende Protagonist seine Geschichte in Rückblenden und nimmt die Leserschaft mit in seien Kindheit und Jugend im damaligen Schlesien. Ein gut erzähltes, ansprechend geschriebenes und nachdenklich machendes Buch.
Aber von vorn.
„Also die Leinwand, auf der mein Leben gemalt ist, war von vornherein nicht weiß. Sie war vergilbt und rissig und wurde im Laufe der Zeit mit hässlichen Brauntönen bemalt.“ So beginnt Josse seine Lebensgeschichte. Seine Kindheit ist geprägt von den Schlägen des Großvaters, der Unterwürfigkeit der Großmutter und der Verzweiflung der Mutter. Er ist ein uneheliches Kind, die Mutter hat die Identität seines Vaters nie preisgegeben. Dafür, dass die Mutter ein „rumgewischtes Frauenzimmer“ ist, lässt der Großvater den Jungen leiden. Für einen Neuanfang zieht die Familie um und schon am ersten Tag trifft Josse auf Wilhelm, den Sohn der neuen Nachbarn. Der junge Medizinstudent beschützt ihn vor den Schlägen des Großvaters und wird fortan ein Idol für den kleinen Jungen, der sich nichts sehnlicher wünscht, als dem Vorbild zu gefallen und irgendwann auch eine braune SA-Uniform zu tragen. Lange lässt sich Josse von dem Älteren leiten, der ihn ein „Prachtkind“ nennt und fortwährend lobt und nach und nach wächst er in die nationalsozialistischen Strukturen hinein. Dienste bei den Pimpfen und der HJ begeistern ihn, endlich findet er etwas, bei dem er glänzen kann und ein Gefühl der Dazugehörigkeit erlebt. Ohne nachzudenken, bespitzelt er Nachbarn und Bekannte. Seine Mutter stirbt an Diphtherie, Bücher werden verbrannt, jüdische Mitbürger werden deportiert, der Krieg bricht aus – und mittendrin ist Josse, dem die Mutter auf dem Totenbett ein Geheimnis anvertraut hat, das ihn in riesige innere Konflikte bringt und ihm die Augen öffnet, als es schon fast zu spät ist.
Was für ein Buch! Angelika Rehse hat einen Entwicklungsroman geschrieben, der das Heranwachsen eines jungen Menschen zur Zeit der Nationalsozialisten beschreibt. Es war die Zeit, in der meine Großeltern aufgewachsen sind, die Zeit, in der Rattenfänger wie Wilhelm beeinflussbaren Kinder und junge Menschen mit ihrem Gedankengut indoktrinierten und sie alles in allem so manipulierten, bis ihr moralischer Kompass nicht mehr verlässlich funktionierte. Gar nicht so weit weg von dem, was wir momentan wieder erleben, umso wichtiger sind solche Bücher, um die Anfänge zu erkennen und dagegen anzugehen. Damals wie heute „ernähren“ sich die radikalen Strömungen (nicht nur in der Politik, sondern auch in der Religion) von unsicheren, unzufriedenen und „abgehängten“ Menschen, die Bestätigung und Anerkennung suchen.
Trotz der angenehmen und leichten Sprache ist das Buch keine leichte Kost. Die Atmosphäre ist fast durchgehend bedrückend und gewaltbeladen, Josses Unsicherheit und seine inneren Konflikte sind spürbar. Wieso er Wilhelm so verehrte, ist nachvollziehbar – er suchte eine Vaterfigur, einen Freund und ein männliches Vorbild, so etwas hatte vorher in seinem Leben gefehlt. Angelika Rehse hat damit ein fulminantes Debut vorgelegt, das Lust auf mehr macht und einen zum Nachdenken bringt. Ein beeindruckendes Wert, von mir fünf Sterne dafür.
Profile Image for Detlef.
327 reviews4 followers
May 9, 2023
Dies ist ein Erstlingsroman von der Autorin Angelika Rehse. Er erzuählte die Geschichte eines Jungen in der Zeit von 1930 bis 1943 im damaligen Schlesien. Als historischer Roman wird das Aufwachsen des Protagonisten in Rückblenden erzählt.

Der Roman beginnt 2004. Helene hat erfahren, dass ihre Urgroßmutter 1942 unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen ist. Sie möchte deren Tod aufklären und den Verantwortlichen zur Rede stellen. Ihr Weg führt sie nach Norwegen zu einem Einsiedler, in Josses Tal.

Sie findet Josef und Josef ist froh, dass er sich nach so vielen Jahren die Schuld von der Seele reden kann.

Josef ist unehelich geboren. Mit fünf Jahren ist er 1930 immer noch eine Schande. Als seine Mutter wieder daheim bei ihren Eltern eingezogen ist, zieht der Großvater mit allen in einen anderen Ort, um den Blicken und dem Gerede der Nachbarn zu entgehen.

Josef geht es nicht gut bei seinem Großvater, der ihn immer wieder verprügelt, und bei der Mutter, die ihm aus Angst vor ihren Eltern keine Liebe schenkt.

Als ihn Wilhelm eines Tages vor den Schlägen des Großvaters beschützt, ist Josef begeistert von dem jungen Mann. Er ist ihm dankbar und er vergöttert Wilhelm. Und er möchte, wenn er groß ist, auch solch eine braune Uniform tragen. Wilhelm ist in der NSDAP und trägt die Uniform der SA.

Wilhelm wird der Felsen, den er in seiner Familie nicht findet. Für Wilhelm macht Josef alles. Der aufwachsende Josef weiß nicht, dass es zu viel für Wilhelm macht und welche Konsequenzen seine Handlungen haben können. Aber je älter er wird, umso unwohler ist ihm bei seinen Taten.

Doch davon wird er Wilhelm nichts erzählen!

Angelika Rehse hat einen Entwicklungsroman geschrieben, der das Heranwachsen eines jungen Menschen zur Zeit der Nazidiktatur in lebhaften Bildern und spannenden Handlungen aufzeigt. Sie schildert dabei wie nebenbei, wie einfach es sein kann, jungen Menschen falsches Gedankengut in die Köpfe zu pflanzen.

Dabei verheimlicht sie nicht, dass dafür nicht nur Sätze ausreichen, sondern ein entsprechender Nährboden innerhalb der Familie und näheren Umgebung existieren muss. Parallelen zur heutigen Gesellschaft sind unverkennbar.

Die Spannung liegt von vornherein in den Gegensätzen der Familie Josefs und in der Figur des Gönners Wilhelm. Wilhelms Familie kann man in dieser Betrachtung nicht so ohne weiteres einbeziehen. Als Leser wird man getrieben von dem Wunsch, dass Josef doch endlich die Wahrheit erkennen möchte, um nicht noch tiefer in den verbrecherischen Sumpf einzusinken. Dabei gibt es Passagen im Roman, die man einfach nicht lesen möchte, weil sie so von Zynismus triefen, dass es einem Schmerzen bereitet.

Zu einer dramatischen Wendung kommt es, als Josef von seiner tatsächlichen Herkunft erfährt. Von da an wird der Protagonist von Angst getrieben und die Leser von einem neuen Tempo um den weiteren Verlauf des Heranwachsens.

Mir hat der Roman sehr gut gefallen und ich fand die Entwicklung des Protagonisten nicht nur interessant, sondern durchaus spannend. Die Rahmenhandlung im Jahre 2004 schafft einen weiteren Spannungsbogen, der das Verhältnis der Urenkelin zum damaligen Mittäter, wie Josef sich selbst sieht, beschreibt.

Das ist toll gemacht!

© Detlef Knut, Düsseldorf 2023
Profile Image for Barbara.
84 reviews1 follower
January 13, 2024
Ein Teil der deutschen Geschichte

Ostroppa, ein Ort in Schlesien im Jahre 1930. Josef Tomulka ist erst fünf, trotzdem muss er die täglichen Schikanen und sogar Schläge von seinen Großeltern ertragen. Denn er ist für sie ein lebendiger Nachweis der Schande, die seine Mutter Helene über die Familie gebracht hatte. Schwanger und ohne einen Mann an ihrer Seite ist sie aus Breslau nach Hause zurückgekommen. Seitdem muss Helene die ständigen Demütigungen ihrer Eltern ertragen und das Leid ihres Sohnes erdulden. Um dem Spott der Nachbarn zu entgehen zieht die ganze Familie nach Reichenbach um, doch der Umzug ändert nichts an der bisherigen Lage der beiden.

Bis eines Tages ein junger Nachbar Wilhelm eingreift und dem Großvater weitere Misshandlung des Kindes verbittet. Wilhelm beschützt den kleinen Josef, schenkt ihm Zuneigung und ermöglicht ihm die schulische Ausbildung. Der freundliche und verständnisvolle Wilhelm ist aber auch ein überzeugter Nazi und Verehrer des Führers. Geschickt manipuliert er Josef und macht ihn zu seinem Helfer, der die bestimmten nützlichen Informationen an seinen Gönner liefert. Bis eines Tages die sterbenskranke Helena ihrem Sohn das streng gehütete Geheimnis verrät.

So fängt Josses Geschichte an; eine Geschichte, die berührt und bewegt. Das Leid des kleinen Jungen, der seinen Vater nicht kennt und von der Mutter und den Großeltern keine Zuneigung erhält, ist schwer zu ertragen. Umso mehr hat mir am Anfang Wilhelms Fürsorge für Josef gefallen; endlich konnte das Kind Herzenswärme und Anerkennung erfahren.
Aber dieser glückliche Lebensabschnitt endet abrupt. Denn Josefs Lebensgeschichte verläuft so wie das Zeitgeschehen damals: rasend und dramatisch, schmerzhaft und verhängnisvoll.

Realistisch und gefühlvoll erzählt die Autorin über diese turbulente Zeit. Angelika Rehse, die in einem Umfeld von Heimatvertriebenen aufwuchs, hat ausgiebig für ihren Roman recherchiert. Sowohl die Details aus den Gesprächen mit den Zeitzeugen, wie auch die historisch belegten Fakten flossen in die erzählte Geschichte ein. So ist es ein wichtiger Roman entstanden, der einen Teil der deutschen Geschichte authentisch darstellt. Eine starke Stimme, die auf die Gefahren der Manipulation und Propaganda hinweist. Eine wichtige Stimme, besonders in der heutigen Zeit.
271 reviews3 followers
May 23, 2023
Es war eher Zufall, dass ich dieses Buch gelesen habe, denn aufgrund des Covers hätte ich es wahrscheinlich gar nicht in die Hand genommen. Neugierig gemacht hat mich der Klappentext.

Es geht um Josef, ein unehelich geborenes Kind, das aufgrund dieser Tatsache in seiner Familie keine Liebe erfährt. Im Gegenteil, er wird sogar regelmäßig von seinem Großvater verprügelt und bekommt auch dabei keinen Schutz von seiner Mutter. Diesen erhält er erst, als die Familie umzieht und ein junger Mann, Wilhelm Reckzügel, dazwischengeht, als der Großvater mal wieder zuschlägt. Zu diesem Zeitpunkt ist Josef 5 Jahre alt. Die Familie Reckzügel nimmt ihn unter ihre Fittiche, er darf dort viel Zeit verbringen, und vor allem Wilhelm wird für ihn zu so etwas wie einem Gönner, einem Beschützer und Vorbild.
Doch Wilhelm ist Medizinstudent und überzeugter Nazi, und schon bald nutzt er Josefs Verletzlichkeit, um ihn zu manipulieren und ihn als Spitzel für sich einzusetzen. Josef wächst in die Nazigesinnung hinein, bekommt im Laufe der Zeit eine wichtige Position in der HJ und meldet Wilhelm regelmäßig, wer im Dorf gegen den Führer spricht und handelt. Doch als Josef ein Teenager ist, erfährt er etwas, das sein ganzes Leben verändert. Und er beginnt zu hinterfragen, was Wilhelm und der Führer eigentlich wirklich wollen...

Ich finde dieses Buch wirklich klasse. Es ist spannend zu lesen, wie die Kinder während der Nazizeit von klein auf für die Zwecke des Führers herangezogen wurden, mit welchen Mitteln sie zu gefügigen Mitläufern gemacht wurden. Ein Buch, das deutlich macht, wie nah gut und böse beieinanderliegen können und wie fruchtbar ein Nährboden ohne Liebe und Schutz für Manipulation und Indoktrination sein kann. Für mich war Josefs Entwicklung absolut nachvollziehbar und authentisch und die Geschichte gibt auch eine mögliche Antwort auf die Frage, warum die Menschen in Deutschland das damals mitgemacht haben.

Ich bin sehr beeindruckt von diesem Debütroman und hoffe, von der Autorin bald noch mehr lesen zu können.
Profile Image for Kathrin Schröder.
Author 11 books3 followers
June 5, 2023
Gelesen und gehört dank Netgalley

Die Geschichte beginnt in Norwegen wo Helen Josse in seinem einsamen Tal aufsucht um mehr über die Hintergründe des Todes ihrer Urgroßmutter zu erfahren.

Sie wird in die einfache Hütte eingeladen und Josse/Joseph erzählt in mehreren Tagen die Geschichte seiner Kindheit, um die Hintergründe aufzuzeigen.

Zurück in die 30er-Jahre, wo Joseph als uneheliches Kind mit unbekanntem Vater in einer lieblosen und gewalttätigen Familie aufwächst. Mit 5 entfliehen sie den Auswirkungen für ihren Ruf in einen kleinen Ort - und tatsächlich wird der 5jährige Junge direkt vor den Schlägen des Großvaters geschützt und gewinnt eine Mischung aus großem Bruder, Freund und fädenziehendem Manipulator.

Ausgerechnet der SA-Mann des Ortes hält die Hand über ihm und lenkt sein Geschick und so verstrickt er sich immer tiefer in das braune Gewebe bis er eine unsägliche Sache über sich selbst erfährt...

Die Geschichte hat mich gepackt und mitgenommen und obwohl Joseph als Kind und Jugendlicher genug Grund gab ihn zu verabscheuen, ist die Macht der Manipulation undie Unausweichlichkeit seines Werdegangs immer erkennbar.

Ich habe das Buch im Wechsel gehört und gelesen und fand es gesprochen eher noch intensiver als gelesen.

Das Ende - ab dem Moment wo immer mehr nicht im toten Briefkasten bzw. beim Amt landet, bis hin zur Wende in Norwegen, war hierbei ein wenig distanzierter und die dahinter stehenden Entscheidungen waren nicht so nachvollziehbar wie die Zeit vorher.

Insgesamt ein Lehrstück über Manipulation und die Befreiung daraus - die hier in anderer Unfreiheit endet.

#JossesTal #Angelika Rehse #Netgalleychallenge #KathrinliebtLesen #Audiobook #Rezension #3.Reich #Bookstagram
32 reviews1 follower
June 16, 2023
Der Debütroman erzählt auf eindrucksvolle Weise die Geschichte einer Kindheit und Jugend während der NS-Zeit in Schlesien. Die Autorin nimmt den Leser mit auf eine Reise in die Vergangenheit von Helens Familie, die in eine fesselnde Rahmenerzählung eingebettet ist.
Der fünfjährige Josef, genannt Josse, wird als uneheliches Kind von seinem Großvater grausam misshandelt, während seine gebrochene Mutter ihn nicht beschützt. Erst nach einem Umzug erfährt Josse durch die neuen Nachbarn erfährt Menschlichkeit und Nähe, gerät jedoch gleichzeitig in eine gefährliche Abhängigkeit. Der Nachbarssohn Wilhelm, ein aufstrebender SA-Mann, manipuliert Josef geschickt für seine eigenen politischen Zwecke und missbraucht dessen Loyalität.
Der Roman beleuchtet auf erschreckende Weise, wie der erzieherische Stil, geprägt von Strenge, Härte und herzloser christlicher Moral, den Nährboden für den Nationalsozialismus bereitet hat. Menschen, die auf solche Weise gebrochen wurden, sind anfällig für Manipulation und bemerken oft nicht, wie sie ausgenutzt werden.
Der Erzählstil zeichnet sich durch eine klare, schonungslose Sprache aus, die dem Thema gerecht wird. Auch unangenehme Wahrheiten werden nicht verschwiegen. Diese direkte Art der Darstellung macht den Roman umso intensiver, ist jedoch nichts für empfindsame Leser.
Insgesamt ist dies eine Leseempfehlung für Leser, die sich mit einer eindringlichen und schonungslosen Darstellung der NS-Zeit auseinandersetzen möchten.
226 reviews
October 12, 2023
Das Cover zog mein Interesse auf sich und nachdem ich den Kurzinhalt gelesen hatte, wollte ich den Roman unbedingt lesen. Die Autorin Angelika Rehse schreibt sehr bewegend und emotional eine intensive Zeitreise. Es geht um den kleinen Josef, genannt Tosse, über die Zeit vor und während des 2.Weltkrieges in Deutschland. Ich habe mich so sehr in den kleinen Josef hinversetzt, das ich den Kleinen beschützen wollte, mit dem Jungen gefürchtet, gelitten und gehasst und hätte den Alten sehr gerne in den Arm genommen. Seine Geschichte beweist wieder einmal, dass fehlende Liebe und Wertschätzung der Nährboden ist für falschen Stolz und Gewalt und dass Gut und Böse oft nah beieinanderliegen. Josef hat im Laufe der Jahre Entwicklungen erlebt, die mir sehr nahe ging. Beim Lesen wurde ich sehr gut unterhalten und musste den Roman nur ungewollt zur Seite legen. Ich gebe eine 5 Sterne Empfehlung
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