Verkehrungen ins Gegenteil: Über Subversion als Machttechnik

by Sylvia Sasse

Spätestens seitdem ein faschistisch agierendes politisches System einen Krieg mittels »Entnazifizierung« rechtfertigt, ist Die Welt ist aus den Fugen. Das Vertrauen in Institutionen schwindet, Fakten werden als Fiktion gedeutet, selbst dann, wenn man täglich mit ihnen konfrontiert ist, Autokratie wird zur Dissidenz und Kritik zur Zensur. Doch nicht erst mit Putins autokratischem Regime, nicht erst durch Verschwörungstheorien, Corona- und Klimawandelleugnung oder Trumps Versuch, die Spielräume der Demokratie immer weiter für eigene Interessen auszureizen, befinden sich die Wahrnehmung der Wirklichkeit sowie die Fähigkeit von Rezeption und Kritik unter Beschuss. Wie Sylvia Sasse mit berückendem Blick nachweist, ist die Geschichte vielmehr voll von politischen wie medialen Strategien zur Erschaffung verkehrter Welten. Es ist deshalb an der Zeit, die beobachtbaren Verkehrungen zu rekapitulieren, ihre Geschichte(n) zu verstehen und sie als eines der grundlegenden Verfahren von Desinformation zu begreifen. Denn die Verkehrung ins Gegenteil ist keine subversive Strategie »von unten«, sondern ein Mittel zur Festigung und Legitimation von Macht und Terror – und ein direkter Angriff auf die Demokratie.

151 pages, Kindle Edition

Published March 30, 2023

Reviews

[Robinsky_]

Ein sehr spannendes Buch! Es geht um Verkehrung als Machttechnik. Was soll das bedeuten? Das Hauptbeispiel des Buchs ist, dass Russland / Putin (verkehrterweise) der Ukraine einen Faschismus zuschreibt und dadurch den Krieg rechtfertigt. Die Verkehrung besteht darin, dass eigentlich Russland die faschistischen Züge aufweist, diese aber unsichtbar bleiben usw.
Wie Verkehrung konkret genutzt werden kann, was verwandte Machttechniken sind und wie Desinformation hier reinspielt wird behandelt. Ebenso geht es um RT-Deutsch, Sprachtheorien, (psychoanalytische) Projektion und noch mehr. Gerade der Bezug zu Hannah Arendt war passend (siehe letztes gelesenes Buch).
Interessant hätte ich noch gefunden, wenn die Autorin die sprachphilosophische Wende thematisiert hätte und wie die hier vielleicht mit reinspielt.
Kapitel 9 hat mir am besten gefallen :)