"Der Mensch ist kein Beilagenesser." Wie es ist, in Harburg aufzuwachsen, das weiß Heinz Strunk genau. Harburg, nicht Hamburg. Mitte der 80er ist Heinz volljährig und hat immer noch Akne, immer noch keinen Job, immer noch keinen Sex. Doch dann wird er Bläser bei Tiffanys, einer Showband, die auf den Schützenfesten zwischen Elbe und Lüneburger Heide bald zu den größten gehört. Aber auch das Musikerleben hat seine Schattenseiten: traurige Gaststars, heillose Frauengeschichten, sehr fettes Essen und Hochzeitsgesellschaften, die immer nur eins hören wollen: "An der Nordseeküste" von Klaus und Klaus.
The musician, actor and writer Heinz Strunk (legal name Mathias Halfpape) was born in Hamburg in 1962. His memoir "Meat is my Veg" has sold half a million copies. It has since been adapted into a prize-winning radio play, an operetta at the Hamburger Schauspielhaus and also a feature film. "The Golden Glove" topped the bestseller lists for months and was nominated for the Leipzig Book Fair Prize 2016. In autumn 2016, he received the Wilhelm Raabe Prize. Strunk is a founding member of the cult comedian trio "Studio Braun" and had his own television show on VIVA.
"Von ranzigem Sud verschmierte Hände zittern vor unstillbarer Gier, Kochendes, blutendes Verlangen tötet den Gedanken. Wund gelegen blökst du wie ein sterbendes Tier. Du kannst deinen Blick nicht mehr wenden von deinem zerfetzten Johannes."
Die wunderbaren Zeilen oben stammen aus einem Gedicht Heinz Strunks mit dem Namen Stupor. In dem Gedicht geht es um ein wirklich herzergeifendes Thema: das sinnlose, unendliche Abwichsen des Penises in all seiner Traurigkeit. Dies ist so ziemlich der Humor von "Fleisch ist mein Gemüse" und auch ich war zunächst abgeschreckt. Die ersten 100 Seiten dachte ich mir die ganze Zeit, was jetzt eigentlich so witzig an diesem Incelgleichen Wesen wie dem Heinzer sein soll.
In seiner Zwanzigern ist der Erzähler unterwegs mit den Tiffanys ("einfach nur Tiffanys!") und bespielt die örtlichen Schützenfeste, Karnevalsfeiern und Neujahrspartys. Die Mutter erleidet schwere Psychosen, die Freunde wenden sich ab und die Pickel wollen Strunks Gesicht nicht verlassen. Mit den Frauen, den "Biestern" läuft es wirklich gar nicht. Einzig die musikalische Leidenschaft bleibt, sodass der Protagonist die meiste Zeit neben dem Alkohol und der Spielsucht Songs schreibt.
Vor allem hier greift das Gebot, die Kunst vom Autor zu trennen. Die Witze sind derbe und dies fügt sich so gut in die Gesamthandlung ein. Eigentlich ist doch alles traurig. Halbmotivierte Musiker bespielen Partygäste, bekommen selten die Anerkennung, die sie sich wünschen und haben über die Grenzen Norddeutschlands wenig Aussicht auf Erfolg. Es ist ein immergleiches Leben. Doch der Humor fängt diese tragischen Momente auf und dreht diese in eine Selbstironie, die zwischen "Die Gäste sind ja heute mal wieder so peinlich" bis "Ich bin so eine arme Wurst" changiert. Der Humor ist an vielen Stellen zu viel und das muss auch so. Dieses Extrem ist der Gegenpol zu dem langweiligen Alltag des Heinzers und verabsudiert jegliche Interaktion und Beobachtung.
Der Schreibstil überzeugt ebenso. Die Handlung ist eher nebensächlich, da der Alltag und die Gedanken des Protagonisten im Vordergrund stehen. Anfangs hatte ich wie erwähnt Schwierigkeiten mit dem Humor und der Intention des Autors, doch ich irgendwann klickte es doch zwischen mir und dem Strunk. Nach der Lektüre musste ich doch oft an diese schräge Band denken und wünsche mich nach wie vor zurück zur letzten Hochzeitsfeier, die ein reiner Spaß war. Mein Tipp: Gesagtes nicht zu ernst nehmen und EIEREIEREIER.
A North-German story of a youth stricken with a depressed mother and God awful acne who gets a job with a band in the Kohl years playing the village and small town Festen, throughout northern Niedersachsen and occasionally Schleswig-Holstein, one doesn't want to put too much stress on the car in this kind of life. More fun I can imagine to read about than to have lived through, the romance of schlepping equipment out of the back of vehicles and setting up, playing a couple of hours in the hope of a glass of cold beer and a plate of fried meat pales after a while, although there is always the satisfaction of telling the man down the unemployment office that you've got yourself a job...in a band. A Harburg story, on the edge of the slightly bigger time. For the worried, a cure for acne eventually changes everything.
January 2023 Reading this humorous account of a mis-spent youth again I found both the jokes and the darkness of the story leapt out at me. Maybe this is because I am older, or maybe it is simply the time of year.
This is the tale of a young man who grew up on the wrong side of a big city, and this defines his life symbolically. The big time, the good life is always over there, somewhere unreachable. No, he lives in a 'dwarf house', his depressed music teacher mother is a bird-mama, who after years of psychiatric treatment will only get thinner and more bird like , he has terrible acne conglobata - I looked up pictures of it online, and I strongly advise that you do not do this unless you want to feel better about the appearance of your own skin - he likes making Airfix models and he only reads about World War II, so just a typical everyday loser, however he can play the flute and the saxophone, and through the north-German network of music shops this gets him a job playing in a dance band between 1985 and 1997.
This plunges him into the Bermuda triangle as he calls it of village dances, weddings, and celebrations. Its figuratively and literally a Bermuda triangle in all senses - geographically they are playing the back of beyond mostly, musically dance music is in this context a genre of pieces that people will dance to, and dance as in waltz, so it tends to the unfashionable end of a repertoire, its never going to lead to anything big, and their work is forgettable - they assist in creating a bit of atmosphere , but their names will never be known. However they get to eat and drink their fill, and get paid. The humour comes in describing the people playing in the band, and the awkward or embarrassing things that happen.
The darkness comes about for the same reason, this is also a tale of addictions, unhealthy lifestyles, and very poor mental health. Which is all another Bermuda triangle, as the author is earning good money he is able to function, but it is a life which mostly consists of boredom and fear - of girls, of sexuality generally and attempts to deal with that through alcohol and living an extremely withdrawn and highly regulated lifestyle. Reading I wondered how many lives have been saved because the internet used to not exist. For your own pleasure you can decide whether that is greater than or equal to the number of lives saved because the internet exists.
So a not so tall tale of forgotten lives of nameless nobodies and their(mostly) Pooterish ambitions, played out in the shadows between cities, where the high points of a night's gig are using the toilets before people start to vomit and the number of fried eggs you can eat afterwards.
Das Problem, wenn man das Werk eines Autors gewissermaßen chronologisch rückwärts liest, ist, dass man beginnt mit Werken, bei denen sich der der Autor künstlerisch auf dem aktuellen Zenit befindet. Ehrlich gesagt, hat mich ein Titel wie „Fleisch ist mein Gemüse“ – Besteller-Liste hin oder her, wer interessiert sich denn schon für Bestsellerlisten? Schon mal wahrgenommen, wie viel Schrott da drauf steht? – allein wegen des Titels nie. Dann aber las ich Der goldene Handschuh (einmaliger Erfolg?) und Das Teemännchen (hey, doch ein wirklich interessanter Autor!) und ich habe daher inzwischen ein paar der älteren Werke gelesen. Und ja, die beiden genannten neueren Werke empfinde ich als absolut spitze und die älteren fallen dagegen etwas ab. Dennoch bin ich froh, sie gelesen zu haben, denn man sieht eine Entwicklung, erkennt Sätze, Ideen der späteren Werke wieder und wie der Autor sie unterschiedlich erneut einsetzt, man fühlt sich auch gut unterhalten und die Kombination aus Verzweiflung, Melancholie und Humor stimmt einfach!
Und wenn man sich diese Entwicklung so vor Augen führt, bin ich irrsinnig neugierig, was als nächstes kommt!
Ergänzung nach zweiter Runde (Mai 2019): Immer noch gut, immer noch lustig. Und auch nach acht Jahren ist noch so viel gleich wieder da: Vogelmama, Zwergenhaus, Acne conglobata, diese gruseligen Spielautomaten und natürlich Gurki.
Geschichtlich interessierten Menschen möchte ich unbedingt diesen Link ans Herz legen - einfach ein bisschen runter scrollen, zu den Fotos "1986" und "1995" (durch Klick vergrößerbar), und da sieht man dieTiffanys in seiner (ihrer? welcher?) ganzen Pracht. AchGottAchGottAchGott.
Gestern Abend, zur feierlichen Beendigung des Hörbuchs (naja, eigentlich war's nur ein Zufall, aber was für einer), gab's Spiegeleier - und hinterher Bauchweh, denn wir haben's ein wenig übertrieben. Viel Kommunkation war danach nicht mehr möglich, außer EierEierEier sagen und kichern. Hach, schön! :D
Original Rezension (August 2011): Applaus! Applaus für viele, viele "Oh ja, genau so!"-Momente, Applaus für unfassbar komische Selbstgeißelung, Applaus für ein richtig gutes Audiobook.
I hear you, Heinzer. Dorffeste im norddeutschen Raum sind schon ein ganz besonderes Vergnügen. Ob im Landkreis Harburg oder Lüneburg, ob in Weser-Ems, Pyrmont, Vechta, oder eben Region Hannover mit schillernden Ortschaften wie Gailhof, Schwüblingsen oder Poggenhagen - Gurkis, Tiffany's und glitzernde Jackets gibt es da wirklich. Überall. Wie oft damals, beim 60. vom Oppa, "An der Nordseeküste" gespielt wurde - ich weiß es nicht mehr. Allerdings hatten wir keine Tanzkapelle, nur einen Alleinunterhalter. Aber: Mit Glitzerjacket. Und Jubi. Und massenhaft Fleisch.
Dieses Gefühl des Dabeigewesenseins, des Selbsterlebthabens gibt diesem Werk natürlich einen satten Sympathiebonus. Doch auch ohne ist es gut. Der Humor ist dörflich-derbe, geht gegen alles und Jeden inklusive Erzähler und wirkt dabei echt und authentisch. Zynismis, Sarkasmus, Bitterkeit ohne bitter zu sein (ja, das geht) - appetitlich serviert.
Und Strunks Lesung ist fantastisch. Einfach wunderbar. Verstellte Stimmen, viel "Gesang", sympathisches Lachen über eigene Verleser - ich kann nur ganz bestimmt und absolut zum Hörbuch raten.
Eklige Pickel, triefende Zeilen aus Schlagerschmonzetten, Souvlaki und Spielautomaten. Heinz Strunk haut mit viel Zynismus und Selbstironie auf seine eigene Jugend und sein frühes Erwachsenenleben als “Mucker” der Tanzmusikband Tiffany’s. Jedes Wochenende auf einem anderen Dorf- und Stadtfest die Leute mit “goldener Klarinette” und pink glitzernden Anzügen leidenschaftslos unterhalten, jedes Wochenende mit den gleichen traurigen Gestalten abhängen und wieder mal keinen Erfolg bei den Mädels haben.
Überspitzt, widerlich, trostlos, oder einfach nur jemand, der mal sagt, wie es wirklich ist? Diese Tendenz, das Abseitige und Abartige direkt im Banalen herauszustellen, lebt Strunk bereits in seinem Debütroman auf brutalste Weise aus und ich liebe es. Auch wenn das meiste im ersten Moment völlig übertrieben wirkt, muss ich doch den Heinzer zitieren, den ich sinngemäß in irgendeinem Interview mal sagen hörte, man solle sich doch nur mal auf einer x-beliebigen Autobahnraststätte in Deutschland umsehen. Heinz Strunk nimmt sich dabei selbst nicht aus vom Bashing der eigenen Uncoolheit und Verlorenheit in der Welt, lässt aber auch ernsthafte und zaghafte Züge aufblitzen, insbesondere wenn es um seine pflegebedürftige “Vogelmama” geht, die Heinz in den letzten Jahren ihres Lebens von einer Pflegeeinrichtung wieder zu sich nach Hause holte.
Ganz eindeutig muss dieses Buch als Hörbuch konsumiert werden - Heinz Strunk singt die ollen Gassenhauer, spielt Klarinette und lässt einen tief in den norddeutschen Flair eintauchen, inklusive kleiner, sympathischer Lacher, wenn er sich verhaspelt.
Natürlich ist es teilweise too much, natürlich denkt man an der ein oder anderen Stelle “Is ja gut jetzt, ich hab’s verstanden”. Aber Swing time ist eben good time, und "good time is better time." Deeper wird's heut nicht :D.
Als Mitglied der Showband „Tiffanys“ verbringt Heinz Strunk seine Jugend auf zweitklassigen Hochzeiten und schäbigen Schützenfesten. Sein Pech an den heimischen Glücksspielautomaten verhilft ihm leider nicht zum sprichwörtlichen Glück in der Liebe. Durch schwere Akne gezeichnet, flüchtet er sich in Alkohol und zwanghafte Masturbation.
Ich erinnere mich noch als vor zehn Jahren im Zusammenhang mit Autoren wie Benjamin von Stuckrad-Barre, Christian Kracht und Alexa Henning von Lange der Begriff „Popliteratur“ die Runde machte. Seit dem schwimmen viele neue Autoren in popliterarischen Gewässern. Mal harmloser (Wladimir Kaminer) mal provokativer (Charlotte Roche). In knapper Prosa werden Themen, wie Drogenkonsum, Musik, reisen und Popkultur behandelt. Dabei ist der Ton häufig ironisch bis hämisch. Auch Heinz Strunk würde ich hier verorten. Mit „Fleisch ist mein Gemüse“ ist ihm die besonders schöne Momentaufnahme einer trostlosen Jugend in Norddeutschland gelungen.
Für mich als Berliner war dieses Buch ein besonders schauriges Lesevergnügen, weil Strunk hier alles beschreibt, wovor sich der Großstädter gruselt. Schützenfeste, Schlager und Karneval. Das Provinzleben in ungeschönter Härte: spießige Bandkollegen, latenter Rassismus, hochgeklappte Bürgersteige, schunkeln, saufen, fressen, grölen… Was im echten Leben der reale Horror ist, wird in verschriftlicher Form zur erstklassigen Unterhaltung. Schonungslos zerrt Strunk die Niederrungen der deutschen Spaßkultur ans Licht.
Bitterböse zieht er über engstirnige Karrieristen und spielsüchtige Verlierer her, macht aber mit seiner kritischen Analyse auch nicht vor seinen eigenen Defiziten halt. Im Gegenteil. Intimste Peinlichkeiten werden ungerührt preisgeben und körperliche und gesundheitliche Mängel detailliert beschrieben.
Neben diesen unglaublich komischen Episoden, schlägt Strunk auch mal leisere, gerade zu poetische Töne an, wenn es um seine kranke Mutter geht. So vergehen im Roman zehn ereignisarme Jahre, in denen en passant noch das Lebensgefühl einer gesamten Generation zum Ausdruck gebracht wird.
Fazit
Wenn ein Buch extrem unterhaltsam ist, obwohl so gut wie nichts passiert, dann spricht dass für das Talent des Autors. „Fleisch ist mein Gemüse“ ist aber noch mehr als reine Komik auf Kosten von Dorfproleten. Trotz des Hohns und der Gehässigkeit kommt am Ende fast so etwas wie Dankbarkeit und Liebe für das Mucker Milieu durch. Geradezu versöhnlich blickt Strunk am Ende auf seine zehn Jahre im Tanzmusikgeschäft zurück. Tristesse royale. Brutal ehrlich, witzig, gut! Lesen!
Er hat mich der Heinzer! Mr. Selbstironie. Grandioser Spiegel der „einfachen“ Menschen auf dem Land der 80er und 90er. „Da wird die Wurst noch mit der Hand geschnitten“ Muhaha…. Ein Helmut Kohl der sich hochgemobbt hat 👍😆 Pickel, Pickel in jedem Stadium, Rassistische Witze, dummes Gesülze, Musik bei der einem die Ohren Bluten, abmelken bis die Lunte brennt und ein stinkendes Furzgewitter das seines Gleichen sucht. Ekelhaft? Jo! Authentisch? Jo! Lachgarantie? Jo!
Sternabzug für: Zu Beginn hat er sich für meinen Geschmack zu oft wiederholt. Die epischen Akne/- und Blähausbrüche 🙄 Mein Gedanke dazu:„ Ja Heinzer, komm, is gut jetzt!“.
Eigentlich ein ganz geschmeidig geschriebenes Buch, an manchen Stellen ist es sprachlich jedoch super doll unangenehm.
Das N-Wort wird nicht zum alleinstehenden Witz, nur weil ich es diszipliniert wiederhole. Diese Passagen des Fremdschams werden der restlichen Erzählung einfach nicht gerecht.
Ach der Heinz. Man muss ihn einfach lieben. Seien es die absolut brutal-ehrlichen Lebensfragmente, der atonale, didaktisch einmalige Sprachstil oder der über allem liegende Charme des spießigen Landbürgertums. Einfach herrlich! Jedwede Selbstkritik ist dabei fast verletzten real geschildert, ohne reißerisch mit Metaphorik um sich zu werfen, wie es aktuell in Mode zu sein scheint. Stattdessen brilliert Strunks autobiografischer Roman durch fein pointierte, teils dadaistischer narrative, deren einziges Manko die inflationäre Nutzung von abgegriffelten Schlagertexten (auch ohne das Lied zu hören können Ohren bluten) darstellt. Abgerundet wird dieses perfekt abgestimmte Tragikpotpourri aus unfreiwillig zölibertären Akteuren durch eine nahezu nihilistischen geprägte Subjektive, deren sublime Gesellschaftskritik unfreiwillig den sozialwunden Kern einfängt.
Die bittere Ironie der menschlichen Natur wird humoristisch fast auf die Spitze getrieben. Diese äußert sich zB durch den derben, hamburger Dialekt (SA MA‘, HAST DU N‘ SCHUSS NICH GEHÖRT?!), den häufigen sexuellen Reinigungen durch Eigenhandkur und damit einhergehendem, übermäßigen Konsum von Kosmetiktüchern und besonders den einfallsreichen, ungeschminkten Charakterzeichnung. Diese wiederum sind Milieutypisch äußerlich, als auch innerlich im Sieb des Systems hängen geblieben, aber beweisen trotz der niederschmetternden, aussichtslosen Situation die Fassung, in der die meisten schon lange das Handtuch geworfen hätten. Übrig bleibt meistens jedoch nur ein: „was ist eigentlich aus dem geworden?“, ohne viel Interesse an der Antwort. Die sprichwörtliche Risikoleiter wird voll ausgenutzt. No Risk, no Fun...oder so ähnlich.
Ein Heinser, wie er im Buch steht. Bitter, ehrlich, charmant und einfach enorm lustig präsentiert Strunk in nicht einmal 250 Seiten die Geschichte eines einsamen Jungen, verloren im atonalen Dickicht moderner Gesellschaftsabstrusitäten. Mit viel Witz und Charme werden die frühen Jahre des Autors emphatisch verarbeitet, beflügelt evaluiert und narrativ hervorragend verpackt. Das perfekte Rundum-sorglos Paket für die kleinen und großen Revoluzzer. Oder wie Heinz es sagen würde: „Meine Tristesse [ist] mir lieber“.
Beim zweiten Mal fällt mir erst auf, wie tief traurig dieses Buch eigentlich ist. Man kriegt sich zwar bei den Beschreibungen der von Tiffanys bespielten Festivitäten nach wie vor nicht ein vor Lachen, doch ist dieser Humor vor allem eine Verarbeitungsstrategie gegenüber all dem Elend der dumpfen Feierwut und des sozial akzeptierten Alkoholismus. Jenseits der Musik, und meist auch in ihr, die Depression, die schwere Geisteskrankheit der Mutter, die Ausweglosigkeit als self-fullfilling-prophecy. Heinz Strunk ist dabei einer der wenigen Autoren, die das wahre Leben ungeschönt und unprätentiös erzählen. Er weiß um das ganze Elend, blickt aber nicht darauf herab in einer eitlen "leidender Künstler"-Pose, sondern geht all in, nix mit Sublimierung, nix mit Katharsis. Der Mucker ist kein Künstler, sondern ein Malocher der Unterhaltungsbranche. Manches erschien mir beim zweiten Lesen etwas redundant, wobei, die Eintönigkeit der Spielhallenexzesse und die quälend langweiligen Besuche bei Mutter - das musste schon irgendwie so.
Wie immer: ein gutes Buch von Strunk. Der Mann ist intelligent, hat Sinn für das Abseitige (also das wirklich Abseitige), kennt eine Menge Vokabeln, und seine Abschweifungen und Übertreibungen sind besser als die meisten ernst gemeinten Storys/Stories anderer Autoren. Aber Strunk gibt auch Rätsel auf.
Rätsel 1: Wie kann ein junger Mann, der sein Leben lang fast nichts anderes als Musik gemacht hat (und wahrscheinlich nicht einmal schlecht), so indifferent gegenüber Musik sein? Offensichtlich kennt er sich nicht nur mit Quartsextakkorden, enharmonischen Verwechslungen und allen möglichen Theorien aus, sondern auch mit den wichtigsten Akteuren und Stilrichtungen aus, aber genauso offensichtlich ist es ihm völlig egal, ob er abends „An der Nordseeküste“, was von „Led Zeppelin“ oder Roy Black spielt. Ein Phänomen. Und seine Bilanz nach 15 Jahren Livemusic?
„Viele Mucker sind nicht nur unmusikalisch, sondern interessieren sich in Wahrheit auch überhaupt nicht für Musik.“
Mhhh. Ironie? Rätselhaft.
Rätsel 2. Das Buch ist 2004 herausgekommen. Damals interessierte sich noch keine Sau für das Schicksal von Walter und Peter Kohl, the Monsterous Monolith’s sons. Aber Strunk! Immer wieder (Seite 104, 206, 250) macht sich der junge Strunk Gedanken darüber , wie es den Monstern der zweiten Generation wohl ergangen sein mag. Knapp sieben Jahre später kommt dann Walter Kohls Buch heraus, und schlägt ein wie eine Bombe.
Mhhh. Self-fulfilling prophecy? Strunk – ein Seher? Rätselhaft.
Ich empfand das Buch als eines der langweiligsten, die ich in meinem ganzen Leben gelesen habe. Ich würde es schon nahezu als Zeitverschwendung sehen. Abgesehen davon, dass sich die Beschreibung der Auftritte und irgendwann nur noch wiederholt, fand ich auch das Einfügen der Songtexte, die die Band zum Besten gab, mehr als überflüssig und auf mich wirkte es, als ob damit der Inhalt auf mehr Seiten aufgebläht werden sollte. Vielleicht habe ich auch mit dem Humor des Autors ein Problem, denn bei vielen Abschnitten fragte ich mich, ob das jetzt irgendwie lustig sein sollte, oder was genau er damit bezweckte. Leider kann ich das Buch wirklich überhaupt nicht empfehlen.
Picture it: a dance band (keyboards, drums, guitar, sax, and vocals) in pink jackets at some rural festivity on the stage in a giant tent or the run-down hall of a country hotel. The band has little talent but the dancers are too drunk to notice. This was a common scenario in the 1980s-1990s, at least in the German-speaking world. The author takes us on a hilarious tour of his hopeless and strenuous life as a young member of such a dance band, Tiffanys (no article!), but has no regrets! All the way through he quotes hits by various singers and bands that constituted Tiffanys’ repertoire. I recognised many of them!
Vor 1-2 Jahren habe ich mal den Film dazu gesehen und nicht besonders gut gefunden. Dennoch nahm ich jetzt auch noch das Buch zur Hand, das ich schon länger hätte. Und es war eindeutig besser als der Film, obwohl viele Seiten mit den Auftritten von Tiffany's gefüllt waren. Aber ich fand die Aufzählung der Set-List und Kommentare dazu sehr amüsant.
Diese sympathisch-trottelige und doch so wortgewandte Schreibweise macht richtig süchtig - auf den letzten 50 Seiten oder so hab ich mich derart weggewiehert vor Lachen, wie es mir bisher noch bei keinem Buch passiert ist. :D Da ich vom Goldenen Handschuh sogar noch begeisterter war, kann ich es kaum erwarten, das nächste Strunk-Buch zu ergattern. 4 von 5 Eiern, Eiern, Eiern!
Ich hätte nicht erwartet, dass ein Buch über das Leben als Landmusiker so unterhaltsam sein könnte. Die Auftritte in den stickigen Gasthäusern auf Schützenfesten, Hochzeiten und ähnlichen Veranstaltungen waren so gut beschreiben, man konnte die stickige, verrauchte und verschwitzte Luft fast spüren. Überrasschend viele der erwähnten Titel habe ich gekannt und einige verursachten sogar Ohrwürmer bei mir. Die Beschreibungen waren manchmal schon derb übertrieben, aber ich musste dennoch oder vielleicht grade deswegen oft beim Lesen schmunzeln.
OMG is this awesome? Sorry German friends, my reviews have to remain in English because ICH MUSS GUT ABLIEFERN!!!
Anyhow: due to my exodus to the US of A in 1995 I missed a lot what was going on in German literature and I am just now being introduced to some awesome novels from the recent past and the HERE AND NOW (hello Mithu Sanyal my absolute fave?).
This one is so good and will never be translated and shouldn't be. The language, the characters, the wonderful humor that exudes empathy: I don't want to compare everyone to David Foster Wallace, but Strunk is able like DFW to tackle subject matters like depression, suicide, melancholic hedonism etc with just the perfect blend of relentless realism and laugh-out-loud hilarity.
I could not continue reading this on the subway because I started laughing and fellow passengers scrolling away on their devices looked at me terrified ....
Danke Heinz: ich werde mehr von Dir lesen ... MUESSEN ... aber nur wenn gut abgeliefert wird, denn LITERATUR IST MEIN GEMUESE !!!!
Ob Heinz Strunk klar war, dass er im Schreiben über seine Lebensgeschichte einmal mehr Erfolg haben wird als während er diese erlebte, wird er wahrscheinlich zerknirscht mit 'Neien' beantworten. Es war ja doch eine relativ ambitionierte Phase seines Lebens. Er wollte auf die Bühne. Mit seinem Talent als Musiker berühmt werden. Er wollte die Anerkennung. Wollte in einer Reihe stehen mit den Größen der Hitparade: G.G Anderson, Chris Roberts, TruckStop... Alles Helden für den jungen Strunk.
Doch "Tiffany's" - seine damalige Schlager-Cover-Band - blieb "Tiffany's". (Oder auch "Die Tiffany's", wenn sie auf norddeutschen Schützenfesten 'Mugge' machten und der Ansager es nicht so genau nahm.)
Wie es oft das Schicksal aber will mit verkannten Künstlern: Falsches Umfeld, falsche Richtung. Den Wunsch nach Anerkennung ertrank Strunk über die Jahre in Litern. Litern an dunklen, schweren Bratensoßen, Eierlikören und Weizenbieren. Heinzer, wie sie ihn bei "Tiffany's" liebevoll nannten, glitt mehr und mehr ab in das ländliche Rockstarleben. Diesen Abstieg zeichnete Strunk nun nach. Schonungslos mit sich und dem Leser. Ehrlich: Wie oft ich da saß und einfach nur noch durch die Seite kommen wollte - ich mag's nicht sagen.
Es ist ein gutes Buch für gewisse Momente. Momente, wie zum Beispiel einer Prüfungsphase in der Uni oder zum Abi. Das Buch hilft da garantiert. Nicht, dass es entspannt, nein - Nicht im geringsten. Mit Strunks Sprachstil und Geschichte plärrt das Buch nur einfach noch lauter, sodass die eigenen Gedanken nur noch schemenhaft wahrnehmbar sind. Insofern, Problem gelöst. Danke Heinz!
Ein unterhaltsames Buch über Mucken auf norddeutschen Provinzdorffesten. Die bisweilen schnoddrige Sprache des passiv-aggressiven Erzählers, seine Missbilligung von "Syltarschlöchern" und Co. sowie die grandiosen norddeutsche Sprachblüten sorgen ebenso für Erheiterung wie der Flashback in die Welt der Alleinunterhalter und Schlager-Rumpelpopbands der 80er und Anfang 90er. Schreckliche Ohrwürmer garantiert!
Wie es ist, in Harburg aufzuwachsen, das weiß Heinz Strunk genau. Harburg, nicht Hamburg. Mitte der 80er ist Heinz volljährig und hat immer noch Akne, immer noch keinen Job, immer noch keinen Sex. Doch dann wird er Bläser bei Tiffanys, einer Showband, die auf den Schützenfesten zwischen Elbe und Lüneburger Heide bald zu den größten gehört. Aber auch das Musikerleben hat seine Schattenseiten: traurige Gaststars, heillose Frauengeschichten, sehr fettes Essen und Hochzeitsgesellschaften, die immer nur eins hören wollen: „An der Nordseeküste“ von Klaus und Klaus. (Klappentext)
Dieses Buch kombiniert (Männer-)Humor, Absurdität und trostlose Stimmung auf eine Weise, die mir so bisher noch nicht begegnet ist, und gerade das hat mir daran recht gut gefallen. Der Protagonist kommt eher als unentschlossener Verlierer rüber, der sich sein Leben eigentlich ganz anders vorgestellt hat, mit Depressionen kämpft und in Spielhallen versackt, sich dabei aber trotzdem immer wieder irgendwie aufrafft.
Eine Handlung mit nennenswerter Spannung steht in „Fleisch ist mein Gemüse“ weniger im Mittelpunkt. Stattdessen folgt man dem Protagonisten über viele Jahre durch die Welt der Tanzmusiker und begegnet seinen persönlichen Dämonen.
Vermutlich wirklich eher ein „Männerbuch“ (alleine schon die recht seltsame Furz-Passage… ;-)), ich fand es aber trotzdem irgendwie erfrischend, weil es ziemlich aus dem rausfällt, was ich sonst schwerpunktmäßig lese.
Im Landkreis Harburg, nicht in Hamburg, aufgewachsen, Tochter eines ehemaligen "Muckers" - wie sollte es anders sein: Ich habe dieses Buch nur gefeiert. Ständig habe ich das Buch meinem Vater unter die Nase gerieben, der konnte sich hingegen nur selten mit den dargestellten Szenerien identifizieren: "Nein, so feddich wie die waren wir nie!" Ein ernster Einschub in der Mitte: Man muss es Heinz Strunk einfach hoch anrechnen, die vielen wirklich tragischen Episoden so darzustellen, dass man mit und nicht über die dargestellten Personen lachen muss. Mein Freund, ein Berliner, fand das Buch auch längst nicht so komisch wie ich. Dem musste ich daraufhin aber auch erstmal erklären, was ein Schützenfest, ein Spielmannszug oder ein Carport ist... Eine genial geschriebene, im besten Sinne überzogene Millieustudie, die eine "Leidensgenossin" wohl kaum unberührt lassen kann!
Nach dem goldenen Handschuh mein zweites Buch von Heinz Strunk. Nach dem Serienmörder in den 70ern jetzt die Geschichte über das Mitglied einer Tanzkappelle in den 80er, bzw. 90er. Das Werk kann mit dem ersten Buch nicht ganz mithalten, ist aber trotzdem sehr lesenswert, insbesondere für Leute, die die Wochenenden Ihrer Teeanager-Zeit auf irgendwelchen Dorffesten in der Pampa verbracht haben.