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Geschichte des Fräuleins von Sternheim

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Sophie von La Roche entwirft in ihrer "Geschichte des Fräuleins von Sternheim", zuerst 1771 erschienen, die utopische Vision einer Frau, die die Werte und Bezugssysteme der höfisch-männlichen Gesellschaft des 18. Jahrhunderts durch eine ländlich-weibliche Gesellschaft ersetzt, die auf der Grundlage "übender Tugend" gedacht ist. Der Roman endet mit einer weiblichen Utopie.

415 pages, Paperback

First published January 1, 1771

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About the author

Sophie von La Roche

67 books2 followers

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18 (6%)
Displaying 1 - 27 of 27 reviews
Profile Image for Lisa.
36 reviews11 followers
January 15, 2020
Herausgegeben von Wieland, verfasst von La Roche: dieses Werk gilt als der erste deutsche Frauenroman überhaupt. Langsam begreife ich allerdings wie sich diese in einer - Aufklärung hin oder her - männerdominierten Welt behaupten konnte: Eine tugendhafte Frau zeichnet sich hier vor allem durch Gelehrsamkeit, Gehorsam, Zurückhaltung und einen unerschütterlichen Glauben aus.
Es verwundert also nicht, dass gerade männliche Autoren des 18. Jhds., wie etwa Goethe, La Roches Werk so gelobt haben. Auch wenn man Fräulein Sternheim und ihr grundgutes Wesen kaum aushalten kann, liest sich die Gesellschafts- bzw. Adelskritik ganz schön - schlechter Hof, gutes Land eben. Also im Sinne: Gleichheit für alle (europäischen Männer natürlich).

Besonders war La Roches (Brief-)roman jedoch vor allem dahingehend, dass er das Thema "Hilfe zur Selbsthilfe" behandelt. Es ist die Art wie Fräulein Sternheim (später Madam Leidens) einer in Not geratenen Familie ihre Hilfe anbietet. Statt sie einfach nur mit Geld zu versorgen, führt Sternheim diese Familie, welche durch ihre Verschwendungssucht selbstverschuldet in Not geraten ist, langsam wieder auf den Weg der Selbstständigkeit zurück.
Profile Image for Петко Ристић.
169 reviews13 followers
March 20, 2024
Anmutig, andächtig und mit edlem Herzen wurde hiermit ein prosaisches Werk ganz im Sinne der Aufklärung veröffentlicht, wodurch der Mensch in seiner Güte gebessert werden sollte. Nicht ohne guten Grund vermeinte der göttliche Goethe diese Geschichte verdiene es geliebt zu werden. Und in der Tat, ich war selbst durchweg frohlockend von der Grazie und Lieblichkeit dieser Geschichte angetan, in der sich die Titelheldin als eine mir Glücklichen nicht unbekannten Charakter offenbart; sehr oft wurde ich an meine vortreffliche Frau erinnert.

Es ist freilich selbsterklärend und umso erfreulicher, dass arme Tropfen die Sprache in diesem Buch als fad, die Geschichte als langweilig und für unsere Zeit unbedeutend bezeichnen. Da weiß man von vornherein, dass es was mit diesem Werk auf sich hat. Der geistig Blinde vermag naturgemäß wenig für unsere Zeit bedeutsames zu erkennen, doch diese Geschichte, ja alle Figuren darin, spiegeln einen zur jeder Zeit der Menschheitsgeschichte existierendes Beispiel der Umstände, in denen die wertvollen Menschen durch ihren Gegensatz Leid ertragen mussten.

Das Fräulein von Sternheim ist eine äußerst zarte und empfindsame Seele, ausgestattet mit hervorragenden Begabungen und ungekünstelten Manieren, mit einem lebhaften Geist, mit ehrlicher Menschenliebe im Herzen, also ein Charakter, der die äußerste Schonung und größtmögliche Rücksicht verdient. Es ist also nur natürlich, angesichts der zur jeder Zeit überwältigenden Überzahl des Abschaums, dass gerade letzteres nicht stattfinden kann.

Das Leben und der Werdegang der Hauptfigur wird durch diverse, emsige Briefwechsel verschiedener Figuren im Roman erörtert. Wir erhalten das Privileg der großmütigen Gedanken der Sternheim zu lesen, welche nicht anmutiger, nicht liebreizender geschrieben werden könnten. Sophie von La Roche ist eine vortreffliche Schriftstellerin. Dabei offenbart sich nach und nach die rare Persönlichkeit der Titelheldin, welche ganz gewiß die der Schriftstellerin entspringt, in ästhetischer Prosa geschrieben:

"Bei einem Ball, wo beinahe alle Weibspersonen Koketten und auch die Besten von der Begierde zu gefallen eingenommen sind, hängt sie der Übung der Wohltätigkeit nach."

Die christliche Nächstenliebe ist allgegenwärtig in dieser jungen Dame, sie ist gar erfüllt von dem Gedanken den schlecht weggekommen Wohltätigen zu erweisen, aber nicht etwa um selbst dadurch zu glänzen, sondern durch echte, ja naive Liebe zu unserer Spezies. Ihren Charakter offenbart die Frau von La Roche diverse Male in charmant geschriebenen Sätzen:

"Aber was für einen Zirkel von Kleinigkeiten damit durchloffen wird; mit was für Hastigkeit die Leute bemüht sind, einen Tag ihres Lebens auf die Seite zu räumen; wie oft der Hofton, der Modegeist, die edelsten Bewegungen eines von Natur vortrefflichen Herzen unterdrückt und, um das Auszischen der Modeherren und Modedamen zu vermeiden, mit ihnen lachen und beistimmen heißt: dies erfüllt mich mit Verachtung und Mitleiden. Der Durst nach Ergötzlichkeiten, nach neuem Putz, nach Bewunderung eines Kleides, eines Meubles, einer neuen schädlichen Speise, o meine Emilia! wie bange, wie übel wird meiner Seele dabei zumute, weil ich gewöhnt bin, allen Sachen ihren eigentlichen Wert zu geben! Ich will von dem falschen Ehrgeiz nicht reden, der so viele niedrige Intrigen anspinnt, vor dem im Glücke sitzenden Laster kriecht, Tugend und Verdienste mit Verachtung ansieht, ohne Empfindung Elende macht."

Wie könnte eine solche Seele wie der Sternheim auch anders enden, als sie es tat, wenn sie ihrer Emilia auch noch folgendes über sich selbst beichtet: "und dann ist es mir auch unmöglich, an geist- und empfindungslosen Gesprächen einen angenehmen Unterhalt zu finden oder von nichtswürdigen Kleinigkeiten Tage lang reden zu hören."

Dass die Sternheim durch all diese Eigenschaften, durch all diese ihrem Charakter gemäßen Neigungen es schwer hat in einer Welt die von der unsrigen kaum Unterschiede im Bezug auf die menschlichen Umstände aufzeigt, zu leben, in der es gerade darauf ankommt, so gut wie möglich eine Maske zu tragen, ist also nur verständlich und so ist sie gezwungen folgendes zu berichten:

"Aber man ist mit meiner Nachsicht, mit meiner Billigkeit nicht zufrieden; ich soll denken und empfinden wie sie, ich soll freudig über meinen wohlgeratnen Putz, glücklich durch den Beifall der andern und entzückt über den Entwurf eines Soupers, eines Balls werden. Die Opera, weil es die erste war, die ich sah, hätte mich außer mir selbst setzen sollen, und der Himmel weiß, was für elendes Vergnügen ich in dem Lob des Fürsten habe finden sollen. Alle Augenblicke wurde ich in der Komödie gefragt: »Nun wie gefällt's Ihnen, Fräulein?<<"

Wie auch Goethe richtig erkannt hat, wurde hier ein Werk geschrieben, dass zu jeder Zeit seine Gültigkeit haben wird, da sich die Menschen im Wesentlichen nicht verändern werden. Die Allgemeingültigkeit der Einsichten die man aus diesem Roman gewinnt sind zwar für uns Wenige nicht neu, doch für die Meisten sehr gewinnbringend, wenn richtig verstanden. Und schlussendlich, wer es geistig nicht vermag etwas belehrendes hieraus zu ziehen, wird zumindest, sofern sein literarischer Geschmack nicht verkümmert ist, am warmherzigen und anmutigen Schreibstil der Frau von La Roche seine Freude haben.
Profile Image for Michelle.
135 reviews12 followers
March 5, 2021
Ich mag Sturm und Drang, ich mag Überschwänglichkeit und Emotionen, ich mag tugendhafte und gleichzeitig gefühlsgesteuerte Figuren. Aber das Buch war unendlich lang. Hab es für die Uni gelesen und eigentlich gemocht, war einfach etwa 100-150 Seiten zu lang. Viel drumherum Gerede und Geschreibe.
Mochte aber die Figuren, die feministischen Ansätze und das kleine Bisschen Spannung am Ende trotzdem sehr.
Profile Image for Doris.
138 reviews6 followers
July 5, 2009
Die junge Sophie ist Tochter eines bürgerlichen Manns und einer adeligen Frau. Ganz im Sinne der Aufklärung und eines protestantisch-bürgerlichen Ideals von übender Tugend und harter Arbeit erzogen, hilft sie am liebsten den Armen. Nach dem Tod ihrer Eltern kommt sie an den Hof eines Fürsten, zu dessen Mätresse sie gemacht werden soll. Sie entkommt jedoch, nur um von einem engländischen Schurken in eine Scheinehe verführt zu werden. Ob all dieser erschreckenden Erlebnisse bleibt sie in ihrem Wesen aber immer tugendhaft und rein. Und so lässt das Happy End auch nicht auf die warten...
Ein niedliches, interessantes Buch, das sehr detailliert die Psyche der Protagonisten schildert. Außerdem ein hochinteressanter Beitrag zur Frauengeschichte: In der Wohltätigkeit erobert sich die Protagonistin den einzigen Raum, der ihr als Frau des Jahres 1771 als nicht von Männern kontrollierter offen steht.
Profile Image for Wortumdrehung.
25 reviews13 followers
August 19, 2017
Interessant vor allem als einer der ersten von einer Frau verfassten deutschen Romane und im Kontext von Aufklärung & Empfindsamkeit.
Literarisch ein zwiespältiges Vergnügen, wie so oft in den (Brief)Romanen dieser Zeit sind die "Bösewichter" psychologisch wesentlich interessanter, als die unmenschlich guten Figuren. Hier ist's die Hauptperson, die mit ihrer wortreichen Tugendhaftigkeit ab der Hälfte der Geschichte anstrengend wird.
Ähnlich scherenschnittartig ist auch die teils hanebüchene, wenig plausibel gemachte Handlung. Alles in allem eher ein moralisch-pädagogisches Werk, als eine gut erzählte Geschichte.
Profile Image for Emma.
36 reviews
March 26, 2025
Ja, ich weiß, von der Entstehungszeit kann nichts anderes erwartet werden, aber das Rollenbild für Frauen hat mich sooo abgefucked. Vor allem, weil ich es so offensichtlich fand, dass Sophie nach allem, was ihr passiert ist, nicht mehr heiraten will, aber am Ende dann dazu genötigt wird. Ich meine, sie weint einfach, als sie sich zur Hochzeit entscheidet. Klar, es waren bestimmt Freudentränen, weil sie ihre eigenen Ziele und ihr Glück aufopfern darf, um die Menschen um sich herum glücklich zu machen./s
Hat für mich nicht viel mit "weiblicher Utopie" zu tun, außer, klar, ich vergaß, diese Utopie ist Muttersein.
Trotzdem sehr interessant und viel Material für meine Hausarbeit.
This entire review has been hidden because of spoilers.
Profile Image for Sandra.
412 reviews51 followers
August 22, 2011
This novel has the honour of being called the first German women's novel. It was written in 1771, in the period called the Vormärz. A difficult time to be sure, with revolution in the air. That is generally a time for change, too. And one of the changes was that people started to talk about emancipation. This is exactly where Sophie Von La Roche fits in.

This book could be called a forerunner of the romance novels we read nowadays. Of course, the story is influenced by its time and could therefore nowadays easily be seen as 'boring'. No, there are no steamy or action scenes as you would find in some contemporary novels, but there is a lot of suspension, when Miss Sophie Von Sternheim is deceived and tricked into marrying the wrong guy. The things that have happened to her are truly horrific, especially considering that a woman's good name was nearly all she had at the time.

Miss Von Sternheim seems in our eyes perhaps a nearly perfect creature. She is very religious, she does a lot of good, she speaks her mind. But that is exactly what made her surprising back in the day: her willingness to stand up for what she believed in, and to speak her mind, to study, to talk back to men, to make 'business plans' for how the poor and wretched could once again get control over their lives. When reading, try to keep the Vormärz society in mind. It definitely improves the reading experience because you will understand how revolutionary this book must have been in its time.

The writing style was not completely to my liking. The book was mostly made up of letters from Miss Von Sternheim, Lord Derby, Lord Seymour or Lord Rich. But the people they wrote to (not each other) were never introduced into the story. Also, all of them seemed to have a fantastic memory, they could remember exact speeches that sometimes covered an entire page! No, that is what I don't like about the letter format, it's often hard to believe. Besides that minor complaint, it worked well for the story and the different perspectives really added something to the suspension, especially at the end of the story.

No, nowadays this book would not be a best seller, but that's not to say it hasn't inspired many. People who have read quite a few romances will have no trouble in predicting how the story will end (even if there are a few twists), but that doesn't diminish the importance of the book. The first women's novel is a big thing, and to have a female character who is the best character in the book, and combines both the male and female virtues of the time is truly a wonderous thing.
1 review6 followers
July 19, 2017
Contains a review first in English then in German language.

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ENGLISH

The first four paragraphs contain plot spoilers.

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Sophie von Sternheim is a virtuous woman, that much we know by the end of the novel. First we are introduced to the marriage of her parents, who form a happy couple despite their class distinction (she is noblewoman, he a military officer). Even their marriage is based on virtue, made clear by the fact that Sophie's mother falls in love with the officer without ever having seen him, on account of listening to his letters that are packed with heroic deeds.

As a young lady and after her parents' death, Sophie is being sent away from her rural home to the city of D. She never feels at ease there. Instead of enjoying the superficial world of games and amenities, she resorts to reading books and helping the poor. Unfortunately none of her books is ever mentioned. Judging by her advice to exclusively read books "where people act on moral principles and where true scenes of life are recorded", it can't be The Bible, Shakespeare, Goethe, or any kind of world literature.

The Lady's simplemindedness becomes apparent when two English lords, honest Seymour and unholy Derby, evidence interest in her. Seymour is easily deceived by a court intrigue which indicates Sophie is the Prince's lover and rejects her. This is the chance for Derby, who displays pompous acts of virtue and marries Sophie, who is glad to escape the city. As so often, the un-virtuous character is the most interesting (and intelligent) one. The most promising passage of the book occurs when Derby mentions that had he daughter, he would teach her that the world is a rotten place, in order to protect her from its traps. However, even Derby isn't ready for his "wife's" dullness; he soon packs up and leaves.

Sophie, who finds out that her marriage was faked by a henchman, decides to go to England to live in the company of one Lady Summers. She spends her days giving education to young girls until one day, Lord Derby of all people announces himself in the house of Lady Summers and thereby learns about Sophie's whereabouts. Out of fear to be reported by the defrauded Lady von Sternheim, he abducts her and imprisons her in a Scottish village. Naturally, this is not the end of it: Sophie manages to escape, is found by Lord Seymour who marries her, and Lord Derby puts the cherry on the cake when he dies as a penitent sinner. As in a fluff Hollywood romance, no happy ending is complete without financial wealth (Lord Rich, Seymour's brother, lives up to his name).

The novel consists almost entirely of letters, the majority of which are written by Sophie to her childhood friend Emilia, who has stayed in her native home. Its first part up until the feigned wedding has a certain spin due to its plot events; the latter part is an exercise in vanity and emptiness. Sophie is supposed to be radically different from the superficial society around her, but what are her "inner values"? Her virtue manifests itself in aids to the poor and strict chasity, but it is never much defind, whether in a religious, philosophical, or private way. Lord Rich says this Lady is a "genius" but there's actually not much to her but a halfhearted talent to teach (she instructs girls to knit and to see the benefits of snowfall and wintertime).

Instead we have long descriptions, provided by the letter writer herself: how everyone loves Sophie! all except wicked Derby! how deeply Sophie suffers her fate that sent her the heinous Derby to torture her! torture, worse than anyone else ever suffered. A quick look into a history book would have assured Sophie that people have suffered worse than being imprisoned with a well-disposed farmer's family that shares their modest meals with her (she is even allowed to make little walks - why doesn't she try to escape?). But maybe this is too much to ask for, as Sophie herself explains: "Women should only know short extracts of history, lest they should bore themselves when men talk about this subject."

The protagonist shares her first name with the author, Sophie von La Roche. This does not mean that the character is a surrogate for the writer but rather an ideal. La Roche herself felt constrained by her marriage with a civil servant, and she was lonely after the departure of her two daughters. She wanted to "raise a paper girl now that I have lost my own". The fictional character of Sophie has what everyone wishes for a daughter, except those rough edges that real people inevitably possess. Her only true flaw may be her self-centredness, but this can be attributed to a flaw in writing rather than intention. Just about the only reason for Sophie to mention other people is when they talk about her (favorably, of course). The rest is tedious lamentations, or, depending on the situation, repetitive testimonies of happiness. One should think that pen friend Emilia hasn't written back in years, and Sophie just hasn't noticed.

The best way to summarize this novel is to paraphrase Monty Python:

"Thou shelt be virtuous, no more, no less. Virtuous shall be the feature thou possesseth, and the feature in your possession shall be virtue. Immoral thou shalt not be, neither corrupted, lest thou forsake your corruption and proceed to be virtuous. Lechery is right out. Once the path of virtue, which, being the virtuous part, be reached..."

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DEUTSCH

Die ersten vier Absätze enthalten Spoiler.

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Tugendhaft ist Sophie von Sternheim also, dessen werden wir im Verlauf dieses Romans oft genug versichert. Zu Anfang wird die Geschichte ihrer Eltern erzählt, welche trotz Standesunterschieds (sie Adelstochter, er Oberst) glücklich zueinander finden. Kein Wunder, basiert ihre Ehe doch völlig auf Anerkennung der gegenseitigen Tugend. Sophies Mutter verliebt sich in den Oberst ohne ihn je gesehen zu haben, allein wegen seiner von heldenhaften Taten erzählenden Briefe.

Sophie wird als junge Frau, nach dem Tod ihrer Eltern, vom familiären Landgut in die Stadt D. geschickt, wo sie nie recht heimisch wird. Die Maskeraden, die Spiele, die Unterhaltungen - alles zu oberflächlich für Sophie, die ihre Zeit lieber mit Lesen oder dem Begehen von guten Taten verbringt. Welche Bücher sie denn eigentlich liest, erfahren wir leider nicht, nur so viel, dass sie selbst nur solche empfiehlt, "worin die Personen nach edlen Grundsätzen handeln und wo wahre Szenen des Lebens beschrieben sind". Die Bibel, Shakespeare, Goethe, oder andere Weltliteratur scheint nicht zu ihrer Lektüre zu gehören.

Die Einfältigkeit des Fräuleins rächt sich, als zwei englische Lords, der ehrliche Seymour und der ruchlose Derby, sich für sie interessieren. Seymour wird durch eine Intrige, die ihn glauben lässt, Sophie verdinge sich als Mätresse eines Fürsten, hinters Licht geführt, weswegen dieser ihr seine Liebe versagt. Derby hat jetzt leichtes Spiel, er schmeichelt sich durch finanzielle Unterstützung einer armen Familie bei Sophie ein und heiratet sie heimlich. Wie so oft ist der am wenigsten tugendhafte Charakter der komplexeste. Die interessanteste Stelle des Buches ist die Erwähnung
Derbys, wenn er jemals eine Tochter erziehe, "so soll sie alle Stricke kennenlernen, womit die Bosheit unsers Geschlechts die Unschuld des Ihrigen umringt". Doch selbst dieser Lord, der die menschliche Natur so viel besser einzuschätzen weiß als die beiden anderen naiven Protagonisten, ahnt nicht, wie langweilig das Leben mit Sophie sein kann, und verlässt sie kurzum.

Sophie muss herausfinden, dass ihre Ehe nur von einem Handlanger Derbys zum Schein geschlossen wurde. Sie zieht nach England zu einer Lady Summers, wo ihre Hauptbeschäftigung die Erziehung von jungen Mädchen ist. Ausgerechnet Derby kündigt sich bei der Gastgeberin an und erfährt so vom Aufenthalt seiner betrogenen "Ehefrau". Aus Angst vor Denunzitation lässt er Sophie in ein schottisches Dorf bringen und sie bewachen. Dennoch gelingt es Sophie durch Zufall, sich ihren alten Freunden mitzuteilen und befreit zu werden; als Sahnehäubchen gibt es die Heirat mit dem nun besser informierten Seymour sowie den Tod des spät reuigen Derby. Wie im typischen Happy End einer Hollywoodschmonzette darf auch zusätzlicher finanzieller Wohlstand nicht zum Glück fehlen (Seymours Bruder, Lord Rich, macht seinem Namen alle Ehre), auch wenn die Protagonistin in ihren Briefen solch eine Korrelation stets bestreitet.

Der Roman besteht fast ausschließlich aus Brieftexten, welche wiederum größtenteils von Sophie an eine in der Heimat gebliebene Jugendfreundin namens Emilia verfasst sind. Wird der erste Teil des Romans bis zur Scheinheirat noch einigermaßen durch die äußerliche Handlung auf Trab gehalten, offenbart sich im zweiten Teil seine ganze Leere. Sophies im Gegensatz zur Gesellschaft stehenden inneren Werte werden nur behauptet, ihre Tugend durch stetige Wohltätigkeit und Keuschheit zum Ausdruck gebracht, aber nie weiter definiert, sei es religiös, philosophisch, oder durch eine ganz private Weltanschauung. Genial sei dieses Fräulein von Sternheim, wird ihr Schwager Lord Rich zitiert, doch mehr als ein halbherzig angedeutetes Talent zum Unterricht (sie bringt Mädchen das Stricken bei und erläutert ihnen die Vorzüge von Schneefall) findet sich nicht.

Stattdessen lange Beschreibungen: wie sehr alle Menschen Sophie lieben! bis auf diesen gemeinen Lord Derby! wie sehr Sophie unter der Folter des Schicksals, das ihr den ehrlosen Derby schickte, leidet! mehr als alle anderen Menschen je gelitten haben! Ein kurzer Blick in die Geschichtsbücher könnte aufklären, dass Menschen schon Schlimmeres erlebt haben als das Schicksal, bei einer wohlmeinenden Bauernfamilie mit bescheidener Verpflegung gefangen gehalten zu werden (sogar Spaziergänge darf sie machen - auf einen Ausbruchsversuch verfällt sie nicht). Aber das wäre auch zu viel verlangt, rät Sophie doch selbst, man solle Frauen nur "einen Auszug der Historie" beibringen, "damit sie nicht ganz fremde dasitzen und Langeweile haben, wenn Männer sich in ihrer Gesellschaft davon unterhalten".

Die Protagonistin teilt den Vornamen mit ihrer Verfasserin, Sophie von La Roche. Das Fräulein ist wohl weniger Surrogat als ein Ideal der Autorin. Selbst eingeengt durch die Heirat mit einem Hofrat und dem Leben in der Gesellschaft wechselnder Höfe und vereinsamt durch den Wegzug ihrer beiden Töchter, sagt sie, wolle sie "nun einmal ein papiernes Mädchen erziehen, weil ich meine eigenen nicht mehr hatte". In den fiktiven Charakter fließt nun alles hinein, was man sich so von einer Tochter wünscht, nur Ecken und Kanten, wie sie echte Menschen zwangsläufig haben, besitzt das Fräulein von Sternheim nicht, wenngleich sie einen gewissen Hang zum Narzissmus hat. Andere Personen erwähnt sie hauptsächlich dann, wenn diese sie loben oder ihr schaden, ansonsten dominieren ihre Briefe Bekundungen entweder von persönlichem Jammer oder Glück. Sicher, wir haben es hier mit einem empfindsamen Roman zu tun, aber es scheint weniger Intention darinzuliegen als Ungeschick, eine gewisse Balance und Vielschichtigkeit in die Schilderungen zu bringen. Man möchte meinen, Brieffreundin Emilia hätte, von Sophie unbemerkt, seit Jahren aufgehört zurückzuschreiben.

Die Redundanz und Leere dieses Buches lässt sich gut mit einer Paraphrase eines Monty Python-Zitats wiedergeben:

"Sodann sollst du tugendhaft sein, nicht mehr und nicht weniger.
Tugendhaft allein sollen die Dinge sein, die du tust.
Und die Sachen, die du verrichtest, sollen tugendhaft und nur tugendhaft sein.
Weder sollst du boshaft, noch sollst du lasterhaft sein, es sei denn dass du dazu übergehst, dem Laster zu entsagen und tugendhaft zu werden.
Die Wollust scheidet völlig aus.
Wenn sodann der Pfad der Tugend, welcher ein tugendhafter Pfad ist, erreicht wurde..."
This entire review has been hidden because of spoilers.
Profile Image for Nina ( picturetalk321 ).
799 reviews40 followers
November 15, 2023
Four stars for interestingness but three for joy of reading. Still, this one will stay with me because: interesting.

What is interesting? A woman in the 1770s using the novel novel form (see what I did there?) to slip into unacceptable povs. The epistolary form as a transition to the polyphonic (™️Mikhail Bakhtin) novel of the 19th C.

It starts out as insufferably virtuous and saccharine. Everyone is a model citizen. The daughter (Frl Sternheim) is raised to be humble, decorous, virginal, innocent, serving others but also morally rigid, keen to educate herself and, as we find out, susceptible to dancing. But then! Enter dastardly villain! Who is a conniving, manipulative snake, coercing our goody-two-shoes heroine into a fake marriage, kidnapping her, forcing sex on her -- melodrama galore! Hello, Radcliffe! Hello, Richardson!

The epistolary form allows us insight into the dastard's mind, à la Dangerous Liaisons. And makes him human. There is a poignant moment where he accuses our heroine of intolerance, of wanting to mould him into an ideal that he is not. That's what the novel can do: moral nuance, turning our view of a character upside down by having her seen through the eyes of another.

Fear not, gentle reader: all ends well. Depending on where your morals and sympathies lie.

The book falters in the moral moments. Tedious anti-feminist rants about women's humble place. But: written by a woman who clearly did not adhere to this place - she wrote novels! She lived vicariously in fictional men's brains! She allowed herself, sorry: her dastardly creation -- to swear.

Odd awful interpolations by the male editor (?).
Profile Image for Old-Fashioned Agnes.
88 reviews1 follower
August 13, 2021
“The History of Lady Sophia Sternheim” is an epistolary novel written by Sophie von La Roche in 1771. It is the first German novel written by a woman.

Sophie lost her mother in her childhood and her father when she was 19. Since then she lived with her aunt in the court. Her aunt was in debt to the prince, and, encouraged him to make Sophie his mistress. For Sophie being someone’s mistress would be disgraceful. Therefore, she wanted to get out of the castle.

She agreed to marry Lord Derby who had courted her previously. They lived for some time together but Derby got bored with her and forsook her. In a letter he explained that the marriage is unimportant legally because the priest, who had performed the wedding ceremony, was in fact Derby’s servant.

Sophie moved to her friend Emilie, with whom she was exchanging letters. Sophie took care of Emilie’s children. However, her friend’s husband suggested that she should find a different abode for herself.

Sophie decided to travel to England (she lived in Germany). She pretended to be a widow and created for herself a pseudonym Madam Leidens (Madam Sufferings). She found new friends there and felt a little bit better. In the hotel where she stayed, there was expected to be a wedding. It turned out that it was the wedding of Derby with a rich woman.
This entire review has been hidden because of spoilers.
Profile Image for Inge.
223 reviews5 followers
June 17, 2023
Wen altertümliches Deutsch und ein paar langatmige Passagen nicht stören, sollte den Bestseller des Jahres 1771 genießen. Die Story ist eine richtige Räuberpistole, erinnert an Choderlos de Laclos "Gefährliche Liebschaften". Die Autorin ist die erste Frau in Deutschland, die von ihrem Schreibjob leben konnte (und wohl auch musste). Gegen die Bevormundung und Rechtlosigkeit der Frau hilft einzig und allein eine gute Bildung, meint Sophie la Roche und lässt ihre Heldin dies in die Tat umsetzen.
Profile Image for dreamwell.
207 reviews6 followers
May 21, 2011
Für Empfindsame Seelen ... mit Durchhaltevermögen <3
Profile Image for Coolguy.
125 reviews4 followers
Read
July 27, 2011
Better read to understand the evolution of German literature (and the rise of the novel) than for actual entertainment
11 reviews
January 7, 2024
I read this book back in university and while it doesn’t have the best reviews on here, I still think about this book quite often and how much I love and appreciate its historical significance. What is so special about it is that it was written by a woman to help other women. Basically, Sophie von La Roche originally self-published this novel with the intent that it be read by women who were literate and told to women who weren’t. It was meant to be a way of warning young women from all social classes about the dangers certain men pose and that no matter what occurs, it isn’t their fault. For the most part, this book is overshadowed by other romantic period male writers whose works focus mainly on women not accepting male attentions. But at the time, La Roche’s work made a difference for women of all ages at a time when talking about such things was not proper. I think it’s worth a read, but will say that it is like most historical/period novels and can be dense. Overall, I gave it 5 stars because I truly love the story and the intent behind it.
Profile Image for Tutankhamun18.
1,402 reviews28 followers
March 22, 2024
Ein Briefroman von 1771, welches als erstes Deutsches Werk von einer Frau zählt. Diese Geschichte handelt von Sophie von Sternheim, die als Waise zu ihrem Onkel und Tante geht. Hier soll sie als Mätresse des Fürstens verheiratet werden, doch will nicht. Mylord Seymour und Mylord Derby sind verliebt in sie, doch beide sind ganz andere Männer die sie aus anderen Gründen wollen.

Die Geschichte ist für die ersten Zwei-drittel ein bisschen langweilig, doch dann wird ihr Leben aufregender und die Handlung dementsprechend auch. Die Tugend wird extrem wichtig angesehen in diesem Roman. Die Betrachtung der Gesellschaft und die eigentliche Wahrheit und dessen Spannung wird in diesem Roman erprobt.
Profile Image for Nilu.
56 reviews
January 5, 2025
3.5 Sterne. Alles in allem hat mir die Tugendhaftigkeit von Sophie sehr gefallen und ich kann mir vorstellen, dass sie ihrer Zeit ein großes Vorbild gewesen sein könnte. Mir persönlich hat sich das Buch allerdings etwas zu sehr gezogen und ich weiß nicht, wie nötig ich die Entführung fand. Alles in allem aber ein schönes, wenn nicht auch etwas zu langes, Buch.
This entire review has been hidden because of spoilers.
Profile Image for lisa.
220 reviews1 follower
November 8, 2025
Es begnügt sich nicht, gut zu denken; alle ihre Gesinnungen müssen Handlungen werden. (!!!)
Profile Image for ~maria~.
21 reviews
February 19, 2025
Ideologie getränkt und insufferable,
aber hey eine Frau als Autorin
2.5/5⭐️
Displaying 1 - 27 of 27 reviews

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