Kassandra Voß hat ihre Pension in Wustrow auf dem Fischland gerade erst eröffnet, da findet sie einen Gast vollkommen bekleidet, aber nass, verdreckt und vor allem tot auf seinem Bett. Der Mann wurde im Bodden ertränkt. Als sich herausstellt, dass er nicht der war, für den er sich ausgab, gerät Kassandra selbst in die Schusslinie der Polizei. Unverhofft bekommt sie Hilfe von ihrem Nachbarn Jonas und von Fischlandexperte Paul, mit denen sie bald auf eigene Faust ermittelt. Doch dann mietet sich einer der Hauptverdächtigen ausgerechnet in ihrer Pension ein …
Im Urlaub liebe ich es in den Buchläden nach Regionalkrimis aus der Gegend zu schauen und da ich in diesem Jahr in Zingst weilte, griff ich zu einem Fischlandkrimi, der in Wustrow spielt, welches gleich um die Ecke liegt. Kassandra Voß hat gerade erst eine kleine Pension eröffnet, als eines Morgens ein Gast tot in seinem Bett liegt. Das es sich dabei um Mord handelt ist schnell klar und dass dieser Gast nicht der war für den er sich ausgab macht die Sache nicht leichter. Die Spuren führen sowohl in die regionale Künstlerszene als auch in die Vergangenheit – wo auch Kassandras Geheimnisse schlummern. So weit so gut – das könnte spannend werden. Aber dann wird es einerseits verwirrend, da immer mehr Figuren auftauchen, welche alle irgendwie in der Geschichte drinstecken und weil ein konstruierter Zufall den anderen jagt. Da ist Kassandras Ex Mann, welcher ausgerechnet in Wustrow mit einer großen Immobilienabzocke einige Leute um ihr Geld betrogen hat – ausgerechnet dort versucht Kassandra ihren Neustart – hm, o.k.. Als nächstes stehen alle möglichen Leute ihr bei ihren Recherchen zur Seite, obwohl sie bis dato näheren Kontakten aus dem Weg gegangen war. Die attraktivsten Exemplare der örtlichen Männerwelt liegen ihr zu Füssen, jede noch so idiotische Idee wird mit Vehemenz umgesetzt, egal wie verdächtig jemand ist – vor Kassandra und ihren Mitstreitern packen alle bereitwillig aus und so weiter und so fort. Für das Buch spricht der interessante Blick über das Fischland, über Wustrow und die alte Seefahrtsschule sowie die Ahrenshooper Künstlerszene. Aber leider geht der Krimiteil trotz einer an sich guten Idee völlig daneben.
2,5* Auf der Plus-Seite verbuche ich, dass die Autorin mich ziemlich schnell ins Geschehen brachte und ich auch dabei blieb. Ich wollte schon wissen, wer der Täter war und welche anderen Geheimnisse aufgedeckt werden. Auch grundsätzlich schön: das Setting in Wustrow, auch wenn ich den Ort nur vom Durchfahren kenne und mehr mit dem Zingst und etwas mit dem Darss vertraut bin. Aber: Das Setting, der Spaziergang am Strand, der Blick über den Bodden oder das Lauschen der Brandung etc. blieben für mich leider bloße Beschreibungen ohne Echo, sie riefen in mir kein Fernweh, keine Sehnsucht nach der Ostsee und der Boddenlandschaft wach, wirklich schade. Und auch wenn ich neugierig dem Romangeschehen gefolgt bin, war der Krimiplot mir zu ... überdimensioniert. Kann man das so sagen? Für mich gab es ein Zuviel an Wendungen, an Konstruktion bei der "Ermittlungstätigkeit" und auch bei der Auflösung.
Daneben musste feststellen, dass mich eine fiktive Autofahrt von Rostock zurück nach Wustrow gefühlt beinahe genauso beschäftigt hat wie die Täterfrage. Mit Termindruck müssen Kassandra u. Begleiter von Rostock-Altstadt (also Mitte) zurück nach Wustrow. Sie nehmen die Autobahn. Und ich saß da und überlegte: Welche Autobahn? Wieso überhaupt Autobahn? Wie würde ich fahren? Nicht über die A20 oder A19/A20, wenn ich aus der Stadtmitte kommend nach Wustrow wollte. Da würde ich ja erst nach Süden, dann Osten, dann über Land wieder Richtung Norden an Ribnitz vorbei, also einen ziemlichen Bogen, fahren müssen, wobei man zwischen Sanitz und Ribnitz auch nicht wirklich schnell vorankommt. Weshalb nicht gleich aus Rostock-Mitte ostwärts über die Rövershagener Chaussee, die in die Bundesstraße 105 übergeht, von welcher man hinter Altheide und noch vor Ribnitz auf das Fischland abbiegen kann (Ortskundige wie Kassandras Begleiter kennen viell. sogar Schleichwege). Die A19 Richtung Norden und dann über Hinrichshagen Richtung Graal Müritz hätte ich auch nicht genommen, da sich die Strecke meiner Erinnerung nach nicht so gut bei Termindruck fährt. Diese fiktive Autofahrt hat es mir offensichtlich angetan. ;)
Sehr leichte Lektüre. Und ein bisschen romantisch-verträumt in der Geschichte, sodass es doch sher der Fantasie entsprungen zu sein scheint. Gerade zum Ende hin, wenn diverse Charaktere ausführlich ihre Beweggründe erzählen.
Insgesamt fand ich die Protagonisten und die Handlung super. Es war für mich etwas Neues, dass nicht die Polizei mit ihrer Ermittlungsarbeit im Fokus steht, sondern Privatpersonen. An manchen Stellen fand ich die Zusammenhänge etwas schwierig zu verstehen. Ansonsten eine tolle Kombination von "Hintergrundgeschichte" der Protagonisten und den Ermittlungen zum Toten.
Eigentlich bin ich mir gar nicht mehr so sicher was in der Geschichte genau passiert oder worum es geht, aber von Agnes Mann vorgelesen ist selbst das Telefonbuch ein Hochgenuss.