Märchen erzählen von den Urdingen und Tabus, verstecken das Unaussprechliche in Geschichten. Dabei bewahren sie stets ihr Geheimnis – was sie unsterblich macht. Michael Maar geht diesen Geschichten auf den Wie in den «Kinder- und Hausmärchen» der Brüder Grimm oft schon zu Beginn nicht nur der gesunde Menschenverstand, sondern auch die simpelsten Gesetze der Mathematik suspendiert werden; warum ihre demonstrative Grausamkeit nur vor dem Hintergrund des Dreißigjährigen Krieges zu verstehen ist; dass «Rotkäppchen» von weiblicher Geschlechtsreife und «Hänsel und Gretel» auch von einem wichtigen Übergangsritus erzählt; warum Hans Christian Andersens «Die Kleine Meerjungfrau» nicht wie die Volksmärchen ein uraltes menschliches, sondern ein ganz privates Tabu verhandelt; und wo Scheherazades Erzählungen aus «Tausendundeiner Nacht» noch bei Marcel Proust nachklingen – all das erfahren wir in Maars Essay, der uns die vermeintlich vertrauten Erzählungen in ganz neuem Licht zeigt.
Michael Maar is a literary scholar and Germanist, the son of children's author Paul Maar. A member of the German Academy, he is the author of a dozen books, of which The Two Lolitas; Speak, Nabokov; and Bluebeard’s Chamber: Guilt and Confession in Thomas Mann have been translated into English.
Sind Stiefmutter und Hexe in Hänsel und Gretel eine Person? Haben verkaufte Schatten etwas mit Homosexualität zu tun? Nur zwei von vielen Fragen, die Maar aufwirft und versucht zu beantworten. Kenntnisreich, sehr amüsant, zuweilen respektlos und stets weitere Lektüre anregend, fehlen mir in diesem "Märchenbuch" höchstens ein paar Illustrationen.