"Peter Scholl-Latour, der Altmeister des Journalismus, hat wieder zugeschlagen. Diesmal nimmt er in einem wahren Parforceritt zur Situation in und um Rußland Stellung. Der Bogen wird von der Lage Weißrußlands zwischen Rußland einerseits und der EU-Außengrenze andererseits, dem Verhältnis im Kaukasus, den neuen Staaten im ehemaligen asiatischen Teil der UdSSR, China, dem Fernen Osten bis, als Rückkehr, zur Ukraine geschlagen. P. S.-L. gelingt es auf ca. 400 Seiten die heutigen Konflikte durch Rückgriffe auf die Geschichte, aber auch auf eigene, frühere Begebenheiten und Begegnungen in der für ihn typischen Klarheit darzustellen. Daß er kein Freund politischer Korrektheit ist, kann in diesem Kontext nur wohltuend vermerkt werden. Auch sein überzeugter Antiamerikanismus, das Buch wurde noch zur Bush-Zeit geschrieben, dürfte durch die neuen Washingtoner Verhältnisse keinen Abbruch erleiden. Insbesondere widmet er sich der Entwicklung in den islamorientierten Staaten bzw. Regionen. Hier teilt er nicht die durchgängige westliche Ansicht des Demokratietransfers. Für ihn sind die Schwierigkeiten eine Gemengelage aus teilsäkularisierten Bevölkerungen, wachsenden Einflüssen religiöser Fanatiker, stammesgeschichtlichen Differenzen und indifferenten Wegen der örtlichen Potentaten. Hier gibt es nicht den einfachen Weg des westlichen Rechtsverständnis sondern nur eine Wandlung unter Berücksichtigung örtlicher Kultur- und Geschichtsbegebenheiten. Wer sich einen Überblick der jetzigen Situation in diesen Gebieten am Rande Rußlands verschaffen will und Wert auf Hintergrundwissen legt, ist mit diesem Buch gut beraten. Es hilft so manchen Bericht in den Medien besser zu verstehen."
Vor dem Zusammenbruch der ehemaligen Sowjetunion dienten die Grenzgebiete Russlands als wichtige Einflusszone und Kooperationspartner. Nach 1991 änderte sich alles fast über Nacht. In Europa wurde Russland durch die Osterweiterung der EU und NATO bedrängt. Im Kaukasus und Zentralasien gewannen die fundamental-islamistischen Ströme zunehmend an Macht, während die dünn besiedelten Gebiete im Nord-Osten unter der weiterhin schwierigen Beziehung zum übervölkerten Nachbarn China stehen. Unter der neugewonnenen Unabhängigkeit wurden die Verbündeten zu Gegnern und die Russische Föderation außenpolitisch isoliert und eingekesselt. Die USA spielten in diesem Prozess keine unbedeutende Rolle.
Peter Scholl-Latour bereist die Länder und schildert die Situation mit eigenen Eindrücken eingebettet in fundiertes historisches Hintergrundwissen und präziser Analyse globaler Geopolitik. Dabei stellt er eine wichtige Frage: „Ist es für die Europäische Union, ist es für Deutschland noch sinnvoll, der fragwürdigen Direktion der NATO untergeordnet zu bleiben und deren weltweite Strategie durch wahllose Einsätze „out of area“ zu unterstützen, die von Washington vorgegeben werden und mit den eigenen Interessen nichts zu tun haben?“