»Durch die Fenster waren nun der graue Himmel und die regennassen Bäume zu sehen. Bei so einem Wetter wusste man nicht, wohin mit sich, es blieb also nichts anderes übrig, als zu erzählen und zuzuhören.« Atmosphäre, Stimmungen, Gefühle, Wie kein anderer vermag Cechov ganze Leben in einem Halbsatz einzufangen. Ein feiger Forsthüter, wacklige Partien und stürmische Verhä Im Herbst wird mit den Gefühlen abgerechnet. Der Lebensbogen tritt zutage.
Bin ehrlich gesagt nicht sonderlich begeistert über die Auswahl der Geschichten in dieser neuen Anthologie. "Auf dem Friedhof", "Die Mondfinsternis", "Statistik" & "Gejammer" sind vier wunderbar illustre Kurztexte, die hier überzeugen durch Tschechows Witz. Die Langerzählungen über unglückliche Liebe(n) oder Affären reizten mich leider nicht: weder "Ariadna" noch "Späte Blumen" überzeugten. Das Sujet von Ariadna ist in "Die Dame mit dem Hündchen" so viel besser umgesetzt. Tschechow als Beobachter der widrigen Zustände in der russischen Landbevölkerung, die Verarmung des Adels, der Standesdünkel ist nach wie vor gut porträtiert, aber der Band machte so gar keine Lust auf mehr. Bin etwas ratlos, was die Intention dieser Zusammenstellung war. (Unglückliche) Liebesgeschichten sind außerdem nicht seine größte Stärke. Ach.
Die Herbstgeschichten sind gar nicht schlecht, und Späte Blumen ist wirklich ziemlich gut. Trotzdem war es nicht so überraschend und hatte ich eigentlich mehr erwartet. Vielleicht lese ich in die Zukunft noch mal etwas von Čechov.