Was wird aus einem, der seine »Scheißjugend« überlebt hat? Natürlich ein Versager, ein Versicherungsbetrüger und Bücherdieb, einer, der sich ebenso erfolglos als Schauspieler wie als Dressman oder Spüler versucht. Ja, aber auch einer, der entdeckt, wie er wirklich leben will und zu einem der brillantesten Reporter und Reiseautoren unserer Tage wird. Andreas Altmann knüpft da an, wo sein Bestseller »Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend« aufgehört hat. Nie wieder Altötting, das war klar, aber was will er wirklich? Die Antwort heißt: LEBEN. Länder und Ideen, Drogen und Frauen, Missetaten und Mönchstum. Fast nichts, was er nicht ausprobiert hätte. Altmann schildert das mit Schonungslosigkeit gegen sich selber – und mit Leidenschaft und Witz. Es sind die Geschichten eines Davongekommenen, der beschlossen hat, ganz nah ranzugehen: ans Leben.
Altmann war Dressman, Schauspieler am Residenztheater München und am Schauspielhaus Wien, Jura- und Psychologiestudent, Gärtner, Taxifahrer, Privatchauffeur, Spüler, Kellner, Anlageberater, Straßenarbeiter. Er lebt heute als Auslandsreporter und Reiseschriftsteller in Paris. Unter anderem ist er ohne Geld von Berlin nach Paris gelaufen (34 Tage, 33 Nächte), durch Indien (Notbremse nicht zu früh ziehen) und durch Südostasien (Der Preis der Leichtigkeit) gereist. Zudem hat er Storys aus der weiten wilden Welt unter dem Titel Getrieben vorgelegt. Er war unterwegs in Kolumbien, Ecuador, Peru, Bolivien und Chile (Reise durch einen einsamen Kontinent).
Dieses Buch habe ich als Geschenk bekommen und habe ziemlich lange gewartet, bis ich Andreas eine Chance gab. Mein Zögern hatte zwei Gründe. Erstens lese ich normalweise kaum Biographien. Zweitens ließ ich mich von dem ersten Eindruck beeinflussen, der Andreas Altmann vermittelt. Mit Männern, die sich gerne als wilde, freiheitsliebende, individualistische Womanizer darstellen, kann ich nur wenig anfangen. Die Strategie, ein Buch unter dem Motto „schauen sie alle her, wie beschissen mein Leben war“ zu verkaufen fand ich auch nicht sympathisch. Man soll ein Buch jedoch nicht nach dem Einband beurteilen und so habe ich sehr vorsichtig angefangen das erste Kapitel zu lesen. Danach war ich verloren.
Andreas Altmann ist kein Durchschnittsbürger und kein Durchschnittsschriftsteller. Sein Lebensstil ist alles anderes als konventionell, seine oft kontroverse Ansichten werden immer klar ausgesprochen, seine Stärken und Schwächen (so lange man seiner Beschreibung der Wirklichkeit vertraut) unverschont dargestellt. Man kann nicht anders als von Andreas fasziniert zu sein. Er schafft es, den Leser für seine extraordinäre, oft sexual und kriminell angehauchte Geschichten zu begeistern. Man will nicht wie er leben, man will ihm aber zuhören und sich in seinen Erzählungen verlieren.
Das ist allerdings nicht der Grund, warum ich dieses Buch so hoch bewerte. Mit einem Teil des Buches - seiner Auseinandersetzung mit den angeblich lebensmüden Redaktoren - konnte ich überhaupt nichts anfangen. Dieses Kapitel entsprach zu sehr meinem (ich hoffe immer noch dem falschen) ersten Eindruck. Der Grund, warum ich fünf Sterne vergebe ist seine offensichtliche Liebe zu der Sprache. Seine schlichten und doch sehr durchgedachten Sätze und die Eleganz, mit der es Andreas schafft sehr sensiblen Situationen darzustellen, haben mir am meisten imponiert.
Es war mir eine große Freude einen so intelligenten und belesenen Reporter/Schriftsteller kennenlernen zu dürfen.