»Das Bleiben. Das Gehen. Ununterscheidbar, wo es beginnt, wo es endet.« Ein Hochhaus am Waldrand ist das Zuhause von Nanush und ihrer Urgroßmutter Babulya. Einst hat die Urgroßmutter ihre Urenkelin von Sibirien nach Deutschland getragen, nun deckt Nanush die alte Frau abends mit einer Steppdecke zu. Voller Wärme und Poesie erzählt Birgit Mattausch von einem unzertrennlichen Familienband und einer ganz besonderen Hausgemeinschaft. Wenn Babulya sagt, sie seien aus dem Frühling gekommen, weiß Nanush, dass ihre Urgroßmutter nicht nur sie beide damit meint, sondern alle Bewohner*innen des Oma Elsa, die weder Hochdeutsch noch Russisch spricht, Felek, die aus Kurdistan geflüchtet ist, Vitali, der sich von seinem Hund beschützen lässt, oder Gregorij, der weiß, wie man Sonnenblumenkerne im Mund schält. Jahrelang war Babulyas Küche der Mittelpunkt all ihrer Geschichten, mit den Tomatenpflänzchen am Fenster und dem Salbei an der Decke. Doch nun ist Babulya so alt, dass sie kaum noch ihr Bett verlässt. Was bedeutet es für die Hausgemeinschaft und was bedeutet es für Nanush, wenn die Hüterin ihrer Erinnerungen eines Tages nicht mehr da ist? Ein Familienroman, der bildstark vom Wurzelnschlagen auf betoniertem Terrain erzählt.
Wer von einem alten Hochhaus am Waldrand hört, in dem hauptsächlich Russlanddeutsche wohnen, der denkt vermutlich zunächst an Elend und Probleme. Bis wir Wald werden erzählt von so einem Haus und das Buch ist so ganz anders, als man es erwarten könnte. Es lebt von der Liebe zu Geschichten und dem Geschichtenerzählen. Die Erzählerin des Buchs, das ist Nanush, die Erzählerin der Geschichten ist Babulya, ihre Urgroßmutter. Sie erzählt von Sibirien, von Wäldern, Bären, vom Träumen und vom Fliegen. Doch nun ist sie sehr alt. Wer kann ihre Geschichten weitererzählen, damit diese einzigartige Hausgemeinschaft den Zusammenhalt nicht verliert? Bis wir Wald werden ist ein wunderbares, sehr poetisches Buch, durch dessen Seiten ich nur so geflogen bin. Ich mochte Babulyas Geschichten, ihre Beschreibung der Menschen, ich hätte ihr tagelang zuhören können.Sie zeigte mir Seiten Russlands, von denen man nur selten erfährt. Ich hätte nur manchmal gerne etwas mehr über die Biografien der einzelnen Personen gewusst, besonders der Bewohner, auch darüber, wie genau ihre Beziehungen untereinander sind. Das kam mir oft ein bisschen zu kurz. Eine große Empfehlung von mir, besonders für alle, die auf der Suche nach den etwas anderen Büchern sind.
Birgit schreibt einen Roman über eine russlanddeutsche Familie in einem Hochhaus am Rande des Waldes. Was ich besonders daran schätze: eine Frau, die nicht denselben Migrationshintergrund teilt, bietet der rd. Kulturgeschichte eine so große Bühne. Find ich stark! Was besonders auffällt: es ist ein poetischer Roman. M.E. verschwimmen Poesie und Erzählung in diesem Buch zu einem schönen Ganzen. Wer so einen Stil mag, ist mit dem Buch gut beraten.
Gern gelesen, die Autorin erzählt mit viel Empathie von einer Bevölkerung, der sie selbst nicht angehört (was ich zu Beginn schwierig fand, aber sie macht das einfach wirklich gut).
„So lieben wir unentwegt. Und selbst wenn dieses Land keine Anstalten macht, uns auch nur zu mögen, so liebt uns doch der Wald, der Schnee und nicht zuletzt der Wodka aus großen Gläsern. Und es liebt uns dieses Haus. Und wir lieben es zurück.“
Dieses Buch ist ein Glück. Wie es erzählt. Was es erzählt. Es ist Poesie. Es spielt alles in einem Haus. Einem Hochhaus. Einem mäßig modernen Plattenbau. Den seine Bewohnerinnen und Bewohner dennoch nicht hergeben wollen. Denn genau dieser Bau und die Hausgemeinschaft bilden die Heimat derjenigen, die aus einem Ort, der nicht mehr Heimat war, aufgebrochen sind, in ein Land, das scheinbar mehr Heimat schien, und wo sie wieder wurden, was sie in dem zurückgelassenen Ort nie waren.
Birgit Mattausch erzählt in „Bis wir Wald werden“ von Nanush und Babulya, ihrer Großmutter. Babulya ist mit Nanush einst nach Deutschland gekommen. Als Spätaussiedlerin. Russlanddeutsche. Mit vielen Narben und Traumata und schwere Schicksalsschlägen in dem scheinbar spärlichen Gepäck. Und Erinnerungen. Und um Babulya scharen sich die anderen Familien aus dem Haus. Nicht alles Spätausgesiedelte. Aber viele.
Sie lernen, dass sie in der Sowjetunion Deutsche genannt wurden, und hier jetzt wieder zu Russinnen und Russen erklärt werden. Von den Hiesigen, wie Nanush und ihre Gemeinschaft wie nennen.
Und so integrieren sie sich auf ihre Art. Gehen arbeiten (aber nicht mit der Karriere, die sie füreinander erträumt hatten), verticken Drogen (manche), nehmen Drogen (manche), trinken Wodka (die meisten) und halten ihre Geschichten und Erinnerungen am Leben (Babulya, vor allem).
„Feststellung: Ich lernte, ohne Akzent zu sprechen, ohne Akzent mich zu kleiden, zu schlafen, zu essen. Ich trieb mir die Wörter aus.“
Es ist ein leises Buch, das bewundernswert leichtfüßig die deutsche Sprache nutzt, um diese Gemeinschaft zu charakterisieren, die wenig mehr hat als einander - und Helene Fischer, eine von ihnen, die es geschafft hat, von den Hiesigen gesehen und geliebt zu werden. Es liest sich langsam, weil jedes Wort am richtigen Ort sitzt. Und es liest sich leicht, obwohl so viel Bitteres in den Erzählungen liegt. Bitteres aus der Vergangenheit, Bitteres aus dem Jetzt. Abschiede. Verletzungen. Leerstellen. Und das ist vielleicht das größte Kunststück von Mattausch.
„Bis wir Wald werden" von Birgit Mattausch ist ein hinreißend poetischer Roman, der von Geborgenheit erzählt und eine berührende Liebeserklärung an eine Urgroßmutter und ihre gemeinschaftsstiftende Kraft darstellt.
Die Geschichte spielt sich in einem Hochhaus am Waldrand ab, in dem Nanush und ihre Urgroßmutter Babulya zusammen mit anderen deutschstämmigen Russen leben. Das Leben im Hochhaus erinnert an die Verbundenheit und den Zusammenhalt einer Großfamilie. Babulya, mit ihrer Ausstrahlung und ihren Erinnerungen an Russland, ist die zentrale Figur, die die „Großfamilie" zusammenhält. Als Nanush klar wird, dass ihre Urgroßmutter bald sterben wird, sieht sie vor der Angst konfrontiert, diesen Halt zu verlieren, und erkennt am Ende, wie die.
Die Autorin erzählt mit einer poetischen, bildreichen und dennoch klaren Sprache die Geschichten der einzelnen Charaktere wie Oma Elsa, Felek, Vitali und Gregorij. Ihre Eigenheiten und teilweise traumatisierenden Erlebnisse werden liebevoll und in zutiefst berührender Weise dargestellt. Dabei werden die Metaphern des Hauses und des Waldes geschickt eingesetzt, um das Gefühl des Nichtankommens als Aussiedler sowohl in Deutschland als auch in Russland nachfühlbar zu machen. Man spürt aus jeder Zeile die Liebe, die Nanush für ihre Babulya und die anderen, einander Halt gebenden Bewohner des Hauses empfindet.
Ich habe den Roman „Bis wir Wald werden" von der ersten bis zur letzten Seite geliebt. Auch weil deutlich wird, wie sehr die Autorin selbst und ihre Emotionen aus diesen Zeilen sprechen. Das Werk berührt mit seiner poetischen Sprache, der einfühlsamen Darstellung der Charaktere und der emotionalen Verbundenheit zur Familie und Gemeinschaft. Eine absolute Leseempfehlung!
Poetisch - Bewegend Mal ein etwas anderes Buch, so mein Gedanke. Das Cover und der Klappentext haben mich hier angesprochen. Erzählt von einer Pfarrerin die mehrere Jahre in einem Stadtteil mit vielen Menschen der ehemaligen Sowjetunion gelebt hat. Das allein ist schon sehr beeindruckend und auf ihre Sicht der Dinge darf man gespannt sein. Ein Hochhaus am Waldrand, eine besondere Hausgemeinschaft. Die alte Babulya, im Herzen noch in Sibirien und ihre Urenkelin Nanushka, die nur Deutschland kennt. Viele andere skurrile Mitbewohner, die hier mit dabei sind.
Eine einzigartige Erzählkunst, wie ich sie noch nie gelesen habe. Beeindruckend so die Dinge hervorzuheben und genau den Nerv zu treffen um diese Menschen zu verstehen. Verschiedene Menschen, verschiedene Leben „Miteinander“ ist hier das Wort, was mir dazu einfällt. Zuhören und Verstehen. Nachdenklich macht es auch, natürlich ist ja auch sehr Geschichtsnah. Man träumt nicht nur von Bären sondern auch von den gefüllten Teigtaschen. Die Bedeutung des Waldes für Babulya wird verdeutlicht. Bin immer noch gefangen und sehr berührt von dieser Magie des Buches.
Fazit: Ein magisches Buch mit Poesie und viel Gedankengut. Klare Leseempfehlung von mir.
Danke an NetGalley und dem Klett – Cotta Verlag für das Leseexemplar.
»Bis wir Wald werden« von Birgit Mattausch ist ein schmales Büchlein, das mich mit seiner poetischen und feinfühligen Sprache sehr überrascht hat.
Ein altes Hochhaus am Waldrand mit einer ganz besonderen Hausgemeinschaft. Dies ist das Zuhause von Nanush und ihrer Urgroßmutter Babulya. Einst trug diese ihre Urenkelin von Sibirien nach Deutschland. Nun ist es Nanush, die die alte Frau abends zudeckt. Die meisten der Hausbewohner*innen kommen aus der ehemaligen Sowjetunion. Jede*r trägt die eigene Vergangenheit stets mit sich. Flucht und Ankommen. Wurzelnschlagen. Und doch sind sie eine eingeschworene Gemeinschaft und halten zusammen.
Erzählt wird aus der Perspektive von Nanush, doch lebt der Roman eigentlich von Babulyas Geschichten. Sie erzählt von Sibirien, von Wäldern und Bären, vom Fliegen. Babulya ist die Hüterin der Erinnerungen - nicht nur für Nanush sondern für die gesamte Hausgemeinschaft. Ihre Küche stets Mittelpunkt aller Geschichten.
Das Highlight an diesem schmalen Büchlein war für mich ganz klar die wundervolle, poetische Sprache. Die Geschichten von Babulya waren magisch. Doch hatte ich das Gefühl, den Plot und mich in der Poesie der Worte zu verlieren. Die Charaktere und ihre Biografien wurden nur oberflächlich skizziert und wirkten nicht greifbar. Zu Vieles lässt die Autorin unausgesprochen. Ein Buch mit Stärken und Schwächen.
Ich war sehr gespannt, dieses Buch zu lesen, da die Autorin eine Hildesheim-Alumna ist und ich einen Ausschnitt bereits bei einer Lesung von ihr hören durfte.
Das ganze Buch ist durchzogen von einem sehr poetischen, bildlichen Sprachstil und einem phantastischen Blick auf die Lebensrealität der Charaktere. Das Pacing am Anfang gefiel mir gut: Stück für Stück werden einem die Bewohner:innen des Hauses vorgestellt und die (Familien-)Geschichte nahbar gemacht. Es gibt auch einige sehr touching Momente – vor allem das Ende hat mich sehr berührt und traurig gestimmt.
Leider fand ich, dass das Buch ab der Hälfte bis kurz vor dem Ende ziemlich durchhing. Inhaltlich schien es nicht vom Fleck zu kommen, und die Dinge, die – wenn auch sehr literarisch – beschrieben wurden, waren immer die gleichen. Viele verschiedene Metaphern und Bilder ohne andere Aussage. Der streckenweise fehlende Plot ließ sich meiner Meinung nicht durch die schöne Verpackung der Sprache ausgleichen.
Ich hätte mir noch mehr gewünscht als ein reines Beobachten der Hauptfigur des Geschehens – vielmehr eine Veränderung, Konsequenz, Weiterentwicklung; etwas, das zeigt, was damit nun anzustellen sei.
In einem Hochhaus am Waldrand in einer namenlosen deutschen Stadt, die mich sehr an Marzhan und Berlin erinnert, lebt unter den schützenden Flügeln von Urgroßmutter Babulya eine zusammengesetzte Gemeinschaft. Die Küche der Alten, in der sich die neue Realität des gemeinsamen Auswanderungslandes mit den Düften der Vergangenheit (Sibirien, Krim, Kurdistan, Russland, Türkei) vermischt, ist das Zentrum der Gemeinschaft, der Ort, an dem sich die Identität bildet, verändert und in etwas Homogenes und völlig Neues verwandelt wird. Erzählt aus der Sicht der Enkelin Nanush, einer Nachfahrin der kleinen Gruppe kaukasischer Deutscher, die nach dem Zweiten Weltkrieg nach Deutschland deportiert wurden, ist der Roman ergreifend schön und seine Botschaft besonders wichtig in diesen Zeiten, die ohne Hoffnung zu sein scheinen.
4,5 Sterne Konnte mich bereits nach ein paar Zeilen gut hineinleben in das Zuhause der Protagonistin, einem Hochhaus mit Fenstern bei denen die Vorhänge immer zugezogen sind und dahinter Orchideen aus Plastik, mit dem Duft von eingemachten Essiggurken stehen. Die poetische Schreibweise trägt die Leser:innen ab und an raus aus dieser Welt in die Natur und ins Phantastische. Mir gefällt vor allem auch der Bezug zur heutigen Zeit der in den kleinen Details steckt. Besonders gefällt mir auch wie der Generationenkonflikt, wie wir ihn hierzulande oft haben, auf wunderschöne Weise widerlegt wird und das Altern so liebevoll beschrieben wird. Immer mal wieder hab ich mir allerdings etwas weniger Poetik und dafür mehr Handlungsstrang gewünscht.
Ein Hochhaus am Waldrand in dem hauptsächlich Russlanddeutsche wohnen - nirgendwo gehören sie hin. Hier sind sie Russen und in der Sowjetunion waren sie Deutsche. Die Geschichte um Nanush und ihre Urgroßmutter könnte interessant sein, da das Thema auch heute noch Gültigkeit hat. Doch konnte mich der Schreibstil so gar nicht abholen, dadurch wurde ich auch mit den Figuren nicht warm. Ich hatte mir nach dem Lesen des Klappentextes definitiv eine andere Geschichte vorgestellt. Schade, denn auch das Cover ist eigentlich sehr schön, doch so kann ich das Buch nur bedingt weiter empfehlen.
Nanush erzählt von dem Wohnhaus, in dem sie mit ihrer Familie lebt und gleichzeitig erzählt sie von Babulya, ihrer Urgrossmutter, die das Haus der Familie ist und sie alle zusammenhält. In poetischer Sprache fängt Birgit Mattausch die tiefe Liebe und Verbundenheit zwischen Nanush und ihrer Babulya ein. Ich fand «Bis wir Wald werden» einen sehr gelungenen Roman!
Zitat: Wir kamen von hier und gingen nach dort. Wir kamen von dort und gingen nach da.