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Sprach- und bildgewaltig zeichnet Jean-Marc Ligny die Zukunft eines von Naturkatastrophen heimgesuchten Europas. Die Spanierin Elia Barceló spekuliert über die Konsequenzen einer ungewöhnlichen Verjüngungskur, bei der der Geist eines alten Menschen in einen jugendlichen Körper verpflanzt wird. Eine kompromisslose Cyberpunk-Geschichte mit einem ebenso überraschenden wie bitterbösen Ende stammt aus der Feder des griechischen Autors Thanassis Vembos. Die Belgierin Sara Doke hingegen entwirft die Vision einer friedlichen Globalisierung, die alle Völker der Welt vereinen könnte.
Auch die deutschsprachige Science Fiction ist bestens vertreten. In Eschbachs Titelgeschichte erhält das von einer neuen Eiszeit bedrohte Europa von außerirdischen Handelsvertretern ein verlockendes, wenn auch etwas überteuertes Angebot. Mit einer ähnlich zweifelhaften Investition sieht sich der Protagonist in Marcus Hammerschmitts Beitrag konfrontiert. Michael Marrak denkt über die kommerziellen Möglichkeiten des Weltraumtourismus nach und Wolfgang Jeschke entwirft die fremdartige Welt einer hunderttausend Jahre alten Zivilisation, deren Harmonie vom Eindringen menschlicher Raumfahrer gestört wird.
Eine Trillion Euro bietet dem Leser einen Blick über den Tellerrand des angloamerikanischen Marktes, von dem die Science Fiction gemeinhin beherrscht wird. Schließlich sind Übersetzungen aus dem Französischen, Spanischen, Griechischen oder gar Finnischen hier zu Lande eher selten. Dass dies nicht etwa an mangelnden literarischen Qualitäten der Autoren liegt, beweist diese Anthologie aufs Eindrucksvollste. Internationale Science Fiction auf höchstem Niveau in ausgezeichneten Übersetzungen steht Seite an Seite mit einigen der renommiertesten Autoren des deutschsprachigen Raums. Abgerundet wird der Band außerdem durch eine ansprechende Gestaltung und informative Einleitungen des Herausgebers zu den einzelnen Autoren. Ein Genuss für jeden Liebhaber des Genres! --Sara Schade
463 pages, Paperback
First published June 1, 2004
Eine knallharte Cyperpunk-Story hat der griechische Autor Thanassis Vembos geschrieben. Sie datiert noch in die Achtziger Jahre, als die besagte Bewegung noch großen Einfluss hatte. Vembos gelingt es, den bekannten Versatzstücken neue Aspekte abzuringen. In seiner Version vom low life und high tech übergibt sich der Mensch freiwillig dem alles verzehrenden Informationsnetz. Der Mensch ist wenig mehr als Material in dieser Welt.
Vom Titel haben sich einige Autoren inspirieren lassen, aber zum Glück nicht alle. Es gab ja auch keine Themenvorgabe. Aber das Thema Europa und seine Rolle durchzieht die ganze Anthologie. Was auch auffällt, sind die vielen alten Menschen als Handlungsträger. Sie sind zum einen Nutznießer neuer Technologien, stehen der neuen Zeit und ihren Erscheinungen recht hilflos gegenüber. Beispielhaft dafür ist die Geschichte „Die Mauer für eine Trillion Euro“ von César Mallorqui über ein Kolonie von deutschen Pensionären in Spanien, die eine lebensverlängernde Behandlung erhalten, aber keinen Kontakt zur veränderten Gegenwart der Zukunft haben.
Durch die Anthologie führt Eschbach souverän und mit Spaß an der Sache, schafft Verbindungen zwischen den Geschichten und informiert über die meist unbekannten Autoren und Autorinnen. So ist ein Band entstanden, der wohl einzigartig dasteht, von dem man sich aber wünscht, dass er nicht einzigartig bleibt.
Nicht alle Geschichten mögen gleich gut sein. Jeder Leser wird zudem andere Geschichten den Vorzug geben. Diese Anthologie erfüllt ihren Zweck jedoch vorbildlich, nämlich die Vielfalt literarischer Formen zum Ausdruck zu bringen, hier in diesem Fall im Genre Science Fiction auf (kontinental)europäischen Boden.