Vor 75 Jahren wurden zwei deutsche Staaten gegründet. Ursula Weidenfeld legt eine Geschichte des doppelten Deutschland vor, wie sie so noch nicht geschrieben wurde. Bisher gibt es, zumindest in der westdeutschen Erinnerung, die Bundesrepublik (oder ganz «Deutschland») und daneben die DDR, üblicherweise als der «zweite deutsche Staat» bezeichnet. Deren Geschichte wird immer von hinten erzählt, vom Ende her – das ist die übliche Strafe für gescheiterte Staaten. Dagegen wird die Geschichte Westdeutschlands von Beginn an geschrieben, ihre Eckpunkte sind die Eckpunkte «Deutschlands» von der Staatsgründung bis heute. Diese Sichtweise aber ignoriert das Offene in der Entwicklung beider politischer Systeme. Ursula Weidenfeld macht es deshalb Sie schildert eine einzigartige Parallel- und Wettbewerbssituation, in der sich zwei Staaten wie die beiden Teile eines Magneten gleichzeitig anzogen und abstießen. Diese beiden Länder einander gegenüberzustellen, sie miteinander und nebeneinander zu betrachten, ergibt eine neue deutsche Geschichte von 1949 bis heute. Gerade weil es keine oder nur wenige gemeinsame Erinnerungen gibt, ist das eine besondere Herausforderung. Ursula Weidenfeld stellt sich ihr und öffnet so einen neuen Blick auf das doppelte Deutschland.
Ursula Weidenfeld, geboren 1962, studierte Wirtschaftsgeschichte, Germanistik und Volkswirtschaftslehre in Bonn und München. Sie war u.a. Berlin-Korrespondentin der «Wirtschaftswoche» sowie Ressortleiterin Wirtschaft und stellvertretende Chefredakteurin des Berliner «Tagesspiegel». Heute arbeitet sie als freie Wirtschaftsjournalistin, daneben ist sie als Moderatorin und Kommentatorin für Fernseh- und Hörfunksender tätig. 2007 wurde Ursula Weidenfeld mit dem Ludwig-Erhard-Preis für Wirtschaftspublizistik ausgezeichnet. 2017 erschien «Regierung ohne Volk».
Ursula Weidenfeld schildert sehr eindrücklich den Werdegang der Ost-West Beziehungen und führt den Leser*innen dabei deutlich vor Augen, wie oft die Deutsche ‚Demokratische’ Republik kurz vorm Kollaps stand.
Ich habe nur zwei Punkte auszusetzen, die weniger mit der Qualität des Werks zu tun haben und mehr mit der Art wie es beworben wurde. 1. Am Anfang ihres Buches erzählt Weidenfeld dass sie versucht hat mit möglichst vielen Zeitzeugen aus Ost und West zu sprechen. Diese sollten meiner Erinnerung nach auch zu Wort kommen, direkte Zitate oder persönliche Geschichte sind jedoch eher rar. 2. Auch eine aktuelle gesellschaftliche Analyse wird angekündigt, gar ein Verständnis der großen Kluft zwischen Ost und West soll man erlangen. Die kontemporäre gesellschaftliche Analyse fällt jedoch eher sparsam aus.
Dies sind jedoch wie gesagt kommunikative Probleme. Das Buch ist und bleibt eine sehr gute Abhandlung über die Geschichte des Wechselspiels zwischen DDR und BRD.
—————————English Version 🇬🇧 —————————
Ursula Weidenfeld describes the development of the German East-West relations very impressively and shows readers how often the German 'Democratic' Republic was on the verge of collapse.
I only have two points to criticize, which have less to do with the quality of the work and more to do with the way it was advertised.
1. At the beginning of her book, Weidenfeld says that she tried to speak to as many contemporary witnesses from East and West as possible. As I recall, they were also supposed to have their say, but direct quotes or personal stories are rather rare.
2. A current social analysis is also announced, and an understanding of the great gap between East and West is even supposed to be gained. The contemporary social analysis, however, is rather sparse.
Nonetheless, as I said, these are communication problems. The book is and remains a very good treatise on the history of the interplay between the GDR and the FRG.
I recently finished reading this book and it took me more time that I expected to spend on it. When I bought the book in summer, the premise of a parallel story of what was happening on each one of the two Germanies caught my attention. It is, as the author states, a seldom discussed and studied approach to the German partition as most of the school system teaches the wessie perspective of the history after WW2. We are taught that the Bundesrepublik was the superior state and won the contest, but we do not question if there was a contest at all and why are we taught that the DDR failed. We just asume it. This book delves into the question based on the testimonies of the people who lived through the divided Germany. But nonetheless, the book does fail, in my taste on books, to write a parallel history. It surely describes two histories but I do not see a shared history. The book delves into the testimonies of people (sometime too much different people so the reader gets lost) and the cultural histories of the two states, but it lacks a bit of facts and hard historical events. Surely my biased look on history does its part too, as I tend to see history on the grand scale. The book talks a lot on cultural events (football, music, literature) and less on politics, economy and geopolitics. But overall, it is not a bad book. It is sometimes hard to read as a lot of quotations and characters people the narration, but it is an interesting and reflektive approach to the German history and the biased canon German history.
Ein wirklich tolles Buch. Ich habe dieses Jahr 18 Bücher gelesen und dieses war vermutlich das wichtigste. Die DDR wurde in meiner Schulbildung wenig thematisiert. Viele Geschichtsmomente und Stichwörter sind bisher kleine Puzzlestücke für mich gewesen. Das Buch beschreibt die parallele Geschichte sehr spannend und eindrücklich.
Eine parallel erzählte Geschichte von Deutschland Ost und West - vom Kriegsende bis zur Wiedervereinigung. Ein kleiner Augenöffner für die Unterschiede zwischen Ost und West - wie unterschiedlich der Start in das wiedervereinigte Deutschland sich anfühlte