Welch ein Anblick für die Welt», notierte Joseph Goebbels geschockt in seinem Tagebuch. «Ein geistig zerrütteter zweiter Mann nach dem Führer. Grauenhaft und unausdenkbar.» Da war Rudolf Hess soeben zu seinem mysteriösen Flug nach England aufgebrochen, um im Alleingang Frieden zu stiften. Wer war dieser von Rätseln umgebene Mann, der wie ein Schatten Hitlers wirkte, in Nürnberg zu lebenslanger Haft verurteilt wurde und nach seinem Tod in Spandau zu einer Ikone der Neo-Nazis werden sollte? Manfred Görtemaker legt die erste grundlegende Biographie vor, die mit neuen Quellen einen außergewöhnlich präzisen Einblick in die Chefetage des NS-Regimes ermöglicht.
Der Potsdamer Zeithistoriker Manfred Görtemaker hat fast zwanzig Jahre lang an dieser akribisch recherchierten Biographie gearbeitet. Erstmals konnte er ca. 4.100 Briefe und 50.000 Blatt Schriftwechsel aus dem Hess-Nachlass im Berner Bundesarchiv auswerten und mit einer Sondergenehmigung die Papiere von Lord Selkirk of Douglas einsehen, dem Sohn des Duke of Hamilton, zu dem Hess nach Schottland flog. Zudem hat er eine beeindruckende Zahl von weiteren bislang unerschlossenen Archivalien herangezogen. Das Resultat ist ein ungemein plastisches Lebensbild des Mannes, der von Anfang an mit Hitler durch dick und dünn ging, dessen wachsende Machtfülle wie ein Alter Ego verwaltete und über dessen Einfluss als «Stellvertreter des Führers» sich kein Rivale Illusionen machte.
Ich habe lange überlegt, ob ich das Buch beenden möchte. Nun habe ich mich dagegen entschieden. Der Zugang den der Autor wählt, entspricht nicht meinen Vorstellungen für eine Herangehensweise zu Personen des dritten Reiches. Ich empfinde die Biografie auch deshalb als veraltete Möglichkeit, weil sie einzelnen Menschen zu viel Bedeutung beimisst, aber dabei das Personengeflecht in der NSDAP außer acht lässt. Persönlich sehe ich keinen Mehrwert in der Art und Weise wie sich Görtemaker der Person Rudolf Hess nähert. Ein so starker Fokus auf reine Fakten, lässt außer acht, das Hess ein Mensch war, der sich sehr bewusst der NS Ideologie angenähert hat und auch sehr bewusst mit Menschen etwa seiner Frau, umgeben hat, die sie teilen. Für mich kamen gesamtgesellschaftliche Entwicklungen zu kurz, die aber letztendlich dazu führten, das Einzelpersonen wie Rudolf Hess, der Meinung waren, sich der NSDAP anschließen zu müssen, um Änderungen herbei zu führen. Für mich fehlt der Zugang zum heutigen Blick auf diese Entwicklungen und die Gesellschaft, die daran beteiligt war. Wenn man sich zu sehr auf einzelne Personen fixiert, lässt man meiner Meinung nach die Möglichkeit für Bezüge zu heutigen Entwicklungen nicht zu. Und das empfinde ich als ziemlich fatal. Für wissenschaftliche Zwecke vermutlich ein Nachschlagewerk, das Verwendung finden wird. Aber für mich, ein Buch das ich nicht weiter lesen möchte.
Ein tolles Buch über das Leben von Rudolf Hess, ein Mann, der für mich immer als ein Grauer Eminenz der NS-Regierung galt. Dieses Buch erzählt meisterhaft das Leben von Hess von seiner Kindheit bis zu seinen Jahrzehnten in Spandau.