1943 träumt die junge Südtirolerin Lene von einer glücklichen Zukunft auf dem Hof ihrer großen Liebe Elias. Wie hart das Schicksal ist, das in der rauen Bergwelt auf sie wartet, ahnt sie nicht. Viele Jahrzehnte später baut ihre Enkelin Anna in ebendieser kargen Landschaft mit viel Hingabe und Ausdauer Äpfel an. Als sie die Mittfünfzigerin Lis kennenlernt, die eine schwere Schuld mit sich trägt, gewährt sie ihr ohne viele Fragen Unterschlupf. Ein ganzes Jahr verbringen die Frauen auf dem Hof, im steten Wechsel der Jahreszeiten und im Einklang mit der Natur. Mit ihrer behutsamen Art ermöglicht Anna Lis, sich zu öffnen und zu heilen. Denn auch sie kennt die Last einer fremden Schuld und den Schaden, den das Schweigen anrichten kann.
Ein einfühlsamer Roman über die heilende Kraft der Natur und die Befreiung von einer vererbten Schuld
Die Autorin Nicole Wellemin erzählt, was hat Sie dazu inspiriert hat, diesen besonderen Roman zu
»Vor fünf Jahren las ich zum ersten Mal von einem Südtiroler, der auf über 1.000 Höhenmetern gegen alle Widerstände sortenreine Apfelsäfte für die Hochgastronomie keltert, und war sofort fasziniert. Die Landschaft kenne ich noch aus dem Familienurlaub als Kind. Schon damals wirkten die Dolomiten auf mich wie die Grenze zwischen einem unsichtbaren Hier und Dort. Aus all den Bruchstücken in meinem Kopf setzte sich dann nach und nach eine Geschichte zusammen. Über Dinge, die nicht gesagt werden können, die aber doch die Macht haben, Menschen für immer zu entzweien, über den Anbau besonderer Äpfel und eine Schuld, der jede Generation etwas hinzufügt.«
Mein erstes Buch in meinem Sommerurlaub dieses Jahr ist Späte Ernte von Nicole Wellemin gewesen. Für die vier Sterne habe ich mich entschieden, weil es mich total gepackt hat und perfekt als Urlaubsbuch war.
Wer mich kennt weiß, dass ich immer wieder Romane über Frauen Generationen in Familien lese. Und so fällt auch dieser Roman in die Kategorie. Die Geschichte ist fesselnd, aber auch nichts neues und nicht so fein ausgearbeitet wie andere Romane dieser Art. An manchen Stellen für mich auch etwas zu viel Kitsch und Dramatik. Der Plot ist relativ vorhersehbar. Was mich aber so gefesselt hat, sind einerseits die Naturbeschreibungen von Südtirol (Berge!!) in denen die ganze Geschichte auch eingebettet ist. Andererseits auch die Geschichte der Frauen im Roman, sowie die Fragen zu Schuld und Scham. Ich fand es erfrischend, dass feministische Themen behandelt wurden, ohne zu plakativ zu sein. Etwas genervt hat mich die Entscheidung der Autorin romantische Beziehungen zu Männern in den Leben der Hauptfiguren noch mit "rein zu quetschen". So hat es sich für mich beim Lesen auf jeden Fall angefühlt (I might be biased :D).
Insgesamt also ein Roman den ich gerne gelesen habe, welcher aber eher nicht zu sehr anspruchsvollen Leserinnen passt.
Anna hat den Hof ihrer Familie auf dem Ritten zum Apfelhof umgestaltet und vertreibt sortenreine Apfelsäfte. Als sie eines Tages während eines starken Gewitters von einem befreundeten Hotelier zurückkommt findet sie Lis im Wald, vollkommen unpassend gekleidet und ohne Gepäck. Sie nimmt Lis bei sich auf und diese nutzt die Abgeschiedenheit, um sich in ihrem Leben wieder zurecht zu finden.
Parallel dazu lernen wir Lene, Annas Großmutter kennen, die ihren Mann in den Krieg ziehen lassen muss und als er wiederkommt mit ihm gemeinsam aus den Trümmern eben jenes Krieges ein neues Leben aufbaut.
Ich muss sagen, mich hat das Buch sehr berührt. Angezogen worden bin ich von der Gegend in der es spielt. Südtirol ist und bleibt für mich eine zweite Heimat, ein Ort zum Runterkommen und Abstand gewinnen. Annas Idee sortenreine Apfelsäfte zu vertreiben und auch mit Cuvees zu experimentieren finde ich ganz grandios. So kann man auch einmal besondere nicht-alkoholische Getränke genießen. Annas Hof hat ein reales Vorbild, der die Autorin zu dieser Geschichte inspiriert hat. Daher werde ich das Ganze weiter im Auge behalten.
Zusätzlich zur Entwicklung von Annas Ideen, erfahren wir auch viel über das Leben von Anna und von Lis. Und nicht zu vergessen von Lene, Annas Großmutter. Ein lang gehütetes Familiengeheimnis belastet Annas gesamte Familie und wir erfahren, wie Anna sich wenigstens zum Teil daraus lösen konnte. In Lenes Geschichte erfahren wir, wie es dazu kam.
Lis Leben wurde von einem Tag zum anderen auf den Kopf gestellt und sie hat sich dabei einfach selbst verloren. Die Ruhe und Abgeschiedenheit auf Annas Hof, die Tätigkeiten, die so wenig mit ihrem alten Leben zu tun haben, helfen ihr, sich klar zu werden, inwiefern auch sie Schuld auf sich geladen hat.
Man sieht, Schuld und wie es dazu kommt ist ein zentrales Thema des Romans. Was wird vererbt, kann man auch durch wegschauen Schuld auf sich laden, wie geht man mit bestimmten Dingen um. Mir hat das sehr gut gefallen, da das Thema ganz unterschiedlich beleuchtet wird.
Die Charaktere des Buches haben Ecken und Kanten, man kann, muss sie aber nicht mögen. Manches würde man selbst wohl anders machen, aber einiges hat wohl jeder auch schon selbst erlebt und ähnliche Erfahrungen gemacht. In der Leserunde mit der Autorin kamen hierzu interessante Diskussionen hoch, die das Leseerlebnis noch vertieft haben.
Die starken Frauenfiguren, die sich gegenseitig unterstützen, fand ich besonders gelungen. Endlich mal eine Frauengemeinschaft, in der kein Zickenkrieg aufkommt, sondern die andere einfach so genommen wird, wie sie ist. Und in der man voneinander auch lernt. Für mich haben sie sich perfekt ergänzt.
Alles in allem hat mir das Buch sehr gut gefallen und es ist sicher eines meiner Jahreshighlights. Ich kann es wirklich nur empfehlen.
Nach dem Klappentext hatte ich mir von dem Roman etwas mehr versprochen. Letztendlich entpuppte sich die Geschichte dann aber recht schnell als anspruchslose Zwischendurchlektüre. Die Handlung folgt den üblichen Plotmustern und ist damit ziemlich vorhersehbar. Elisabeth, eine Mitfünfzigerin, findet erst nach Jahrzehnten heraus, dass ihr Ehemann ein A…loch ist (was weder für die Lebenserfahrung, noch für die Intelligenz der Protagonistin spricht). Nach einer übereilten Flucht nach Südtirol wird sie von Anna, einer Bio-Apfelbäuerin Anfang Dreißig, buchstäblich von der Straße aufgelesen. Anna ist die Superfrau schlechthin und auch in dem Südtiroler Bergdorf scheint es augenscheinlich nur Gutmenschen zu geben, die nichts hinterfragen und Elisabeth mit offenen Armen aufnehmen. Natürlich steht hier auch schon ein neuer Mann für Elizabeth bereit, der irgendwie auch keine Fehler zu haben scheint. Die Charaktere in der Geschichte sind durch die Bank alle recht eindimensional und klischeehaft gezeichnet.
In Rückblenden wird immer wieder Annas Familiengeschichte erzählt, hier insbesondere die ihrer Großeltern, denn natürlich gibt es bei Anna das große Familiengeheimnis, das aber letztendlich so groß nicht ist, weil es recht schnell zu durchschauen ist, wenn man bisschen mitdenkt beim Lesen. Irgendwann erfahren die Südtiroler Gutmenschen dann auch die wahren Hintergründe der Flucht Elisabeths, aber das löst sich alles sehr schnell in Wohlgefallen auf und hat keine großen Konsequenzen. Friede, Freude, Eierkuchen! Alles in allem eine leider ziemlich oberflächliche und hier und da mal mit schlauen Kalendersprüchen versehene Geschichte, die das Thema Schuld, die noch nachfolgende Generationen belastet, nur sehr oberflächlich abhandelt und nicht in die Tiefe geht.
Was mir zudem immer wieder negativ auffiel, waren die inflationär auftretenden grammatikalischen Fehler. Die Autorin steht definitiv mit dem Genitiv auf Kriegsfuß und „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“ ist hier Programm. Eigenartig ist es nur, dass dies dem Lektorat des Verlages nicht aufgefallen ist. Mein Hirn hat beim Lesen dann irgendwann auf Automatik geschaltet und hat den Genitiv gelesen, auch wenn da der Dativ stand. Sprachliche Stilblüten gibt es auch einige, aber da der Sprachstil sowieso eher schlicht gehalten ist, fallen die nicht so stark auf. Eigentlich wäre es nur ein Zweisterne-Buch gewesen, aber da mich die Geschichte ganz gut unterhalten hat und sie stellenweise auch unfreiwillig komisch war, gibt es noch einen Bonusstern obendrauf.
Hm - der Dialekt funktioniert einfach nicht, der ist einfach so hin und wieder dazwischengesprenkelt, sodass es irgendwie awkward wirkt.
Liest sich tatsächlich wie ein Reisebericht eines Urlaubers der in Südtirol ein paar Mal Urlaub gemacht hat. Viel Abgedroschenes, aber die Natur glänzt zwischendrin so wunderschön hindurch, dass man das alles kurz vergisst und wirklich völlig in den Text eintauchen kann.
Die erste Szene (eigentlich alle Teile mit Lene) ist so eindrucksvoll, alles danach kommt an diese Qualität leider nicht mehr heran.
Super schönes Setting und tolle Charaktere. Leider war mir an manchen Stellen das Geschehen und die Reaktionen etwas zu „unemotional“ geschrieben für die eigentlich aufwühlenden Vorkommnisse. Trotzdem 4,5 Sterne
Als die junge Lene 1943 ihrem Elias das Ja-Wort gibt, träumt sie von einer wundervollen und glücklichen Zukunft mit ihm auf seinem Hof in den Südtiroler Bergen. Viele Jahre später baut ihre Enkelin Anna auf diesem Hof mit Hingabe trotz seines kargen Bodens verschiedene Apfelsorten an, um daraus Apfelsäfte herzustellen. Bei einem Unwetter rettet sie die verunglückte Lis und nimmt sie mit zu sich auf den Hof. Lis ist sehr in sich gekehrt und scheint schwere Probleme mit sich zu tragen. Sie bleibt bei Anna und mit der Zeit freundet sie sich mit ihr an. Es gelingt ihr, Vertrauen zu fassen und sich mit der Zeit zu öffnen. Die teils dramatische Handlung wechselt in regelmäßigen Zeitsprüngen zwischen Lene und Anna. Dabei fügen sich die Ereignisse nach und nach wie bei einem Puzzle zusammen, um zum Schluss zu einer Einheit zu werden. Die Autorin schreibt in diesem Buch eine sehr gefühlvolle Geschichte über die Lasten fremder Schuld, die das ganze Sein verändern können, wenn man glaubt, sie auf sich nehmen zu müssen. Und über das Erlernen von Vertrauen. Sie hat die Charaktere sehr detailliert und lebensecht beschrieben, so das man sie zu kennen glaubt und mit ihnen die Gefühle teilen kann.Der Schreibstil ist flüssig und führt locker durch diesen interessanten Roman. 4 Sterne und eine Leseempfehlung.
Habe das Buch gekauft, weil mir Südtirol ans Herz gewachsen ist. Bozen und Meran sind immer eine Reise wert.... ob in der realen Welt oder in Gedanken beim Lesen eines Buches. Ganz gleich ob im hier und jetzt oder 80 Jahre zurück in der Zeit. Deshalb habe ich dieses Buch gekauft.
Die Beschreibungen der Landschaft, der Natur und diese vom Tagwerk der Schaffenden sind wirklich sehr gut gelungen. Ich habe diese mit großem Interesse angehört (das Hörbuch ist rundherum ein Genuß) und dabei tatsächlich viele interessante Dinge erfahren, die ich noch nicht wußte. Dafür hat sich die Anschaffung des Buches gelohnt.
Was mir nicht gefallen hat, ist das ganze Drama, welches hier heraufbeschworen wurde. Klar ist es das, was eine Vielzahl Leser sich wünscht. Meine Empathie für Annas Großmutter hält sich jedoch total in Grenzen. Es ist das, was sie unbedingt wollte. Nicht auf diesem Weg, aber es ist das, was wohl den Sinn ihres Lebens ausmachte. Wenn es tatsächlich darum gegangen wäre, einen Erben für den Hof zu bekommen, hätte es auch ein Kind aus einem Kinderheim getan (diese gab es bereits vor 1945 in Südtirol und auch in Tirol). Und ich dachte tatsächlich eine Weile, dass Annas Großvater eines Tages ein Kind mit auf den Hof bringen würde.
Und Elisabeths Probleme waren mir auch zu überzogen und zu fremd. Sie waren für mich nur bedingt nachzuempfinden. Ich hatte keine Empathie für sie.
Die Nebenfiguren sind hingegen recht farbenfroh und wirklich aus dem realen Leben gegriffen. Das sorgt für einen schönen Ausgleich.
Fazit: Die eigentliche Problematik des Buches in zwei verschiedenen Zeitebenen hat mich nicht überzeugt oder mitfiebern lassen. Die Hauptpersonen blieben mir gleichgültig. Die Rahmenhandlung hat mir hingegen sehr gut gefallen und erinnerte mich in einer guten Weise an Kubsovas Bergland.
Per Zufall in der Stadtbibliothek entdeckt und ohne große Erwartungen mitgenommen: Dann wurde ich überrascht. Die Geschichte handelt von Lis und Anna, von zwei unterschiedlichen Frauen, die durch das Thema "Schuld" geeint werden. In Rückblicken erfährt man von Annas Oma Lene, ihrer Schuld, und welche Folgen damit verbunden sind. Auch Lis Geschichte ist gefüllt von Schuld und der Frage, wie man sich selbst für etwas vergeben kann, woran man keine Schuld trägt. Besonders berührt hat mich die Tatsache, dass sich alle Frauen für das Vergehen anderer schuldig fühlen, und ihr Leben danach ausrichten. Auch zeigt das Buch, welche Stärke im Aussprechen liegt, sich zu öffnen und somit Vergeben zu können. Untermalt wird die Geschichte durch viel Wissen zu Apfelanbau und Apfelsorten und die Landschaft in Südtirol. Nicole Wellemin schafft das Portrait starker Frauen aufzuzeichnen, ohne Kitsch und Dramatik. Von mir eine ganz klare Leseempfehlung.
Ein wirklich schöner Roman mit tollem Setting. Annas Geschichte habe ich am liebsten gelesen, Lenes wurde nach und nach interessanter. Elisabeths Geschichte fand ich bis zum Schluss eher langweilig (und ihre "Schuld"-Geschichte uninteressant). Schade, dass ausgerechnet ihr mit der "Ich-Perspektive" am meisten Gewicht gegeben wurde.
Die Hörbuchversion hat mir leider nicht gefallen. Ich habe das Buch parallel als Hardcover zum Verschenken gekauft und viel lieber das gelesen. Tolle Story, langweilige Hörbuchumsetzung.
Trope: Mittelalte Frau bricht nach Schicksalsschlag aus ihrem gewohnten Leben aus und flieht aufs Land / eine Insel / die Berge. Dort schließt die Freundschaft mit älterer/jüngerer Frau und macht bei deren Land/Insel/Bergleben mit. Dort lernt sie etwas über das Leben, die Geheimnisse der anderen Frau und findet meist noch einen interessanten Mann. Beide Frauen wachsen in der Zeit des Zusammenseins und sind bereit für die Zukunft. So simpel. Und es funktioniert meistens. Ein bisschen schade, dass es diese Art Buch nicht mit Männern gibt, aber was soll man machen. Sehr schöne Geschichte.
Ein wunderschönes Buch, in der Nicole Wellemin die Geschichte von Anna und Lis erzählt - verletzlich, nahbar, voller Selbstzweifel, Mut und Liebe. Trotz der Last der Vergangenheit, die beide mit sich tragen, schaffen sie es, neu anzufangen.