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Weltalltage

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Mit Wärme, Wucht und Witz erzählt Paula Fürstenberg in »Weltalltage« von einer besonderen Freundschaft und deren Zerreißprobe. Davon, was es heißt, nicht zu funktionieren in einer Welt, in der alles funktionieren muss; vom Körper und wie wir mit ihm umgehen; von der Kraft der Worte und davon, wo Empathie beginnt – und wo sie enden muss.

Sie sind beste Freunde seit der Schulzeit. Jetzt, mit Anfang dreißig, teilen sie sich eine Wohnung. Max ist Architekt, sie ist Schriftstellerin und seit ihrer Kindheit chronisch krank. Immer wieder wird sie von heftigen Schwindelanfällen heimgesucht und ist auf Max angewiesen. Er ist der Gesunde, sie die Kranke. So war es schon immer. Doch dann erfährt Max vom Tod seines Onkels, und in ihm wächst eine Finsternis. Er muss ins Krankenhaus. Mit einem Mal gerät alles ins Wanken.

Was der Schriftstellerin im aufkommenden Freundschaftskummer hilft, ist das Schreiben, das versuchsweise Ordnen der Vergangenheit in Listenform. Also erzählt sie ihre Geschichte, und damit auch die von Max, von der Nachwendekindheit im Osten bis in die schwankende Gegenwart. Sie denkt über die gesellschaftlichen Verhältnisse nach, die sie zu denen haben werden lassen, die sie sind, über das Kranksein – und die Sprache der Körper.

Doch durch Denken und Schreiben allein lässt sich einem Kummer nicht beikommen. Dafür muss sie aufstehen und tanzen gehen, muss sie loslassen und alles vergessen. Ein paar Stunden nur, ein paar Tage. Und dann steht Max plötzlich wieder in der Tür …

320 pages, Hardcover

Published February 8, 2024

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About the author

Paula Fürstenberg

6 books13 followers

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Community Reviews

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Displaying 1 - 30 of 61 reviews
Profile Image for Great-O-Khan.
466 reviews126 followers
February 19, 2024
Das Buch setzt sich intensiv mit Depressionen und Suizid auseinander. Wer sich damit nicht beschäftigen kann oder möchte, sollte auf die Lektüre verzichten.

"Weltalltage" von Paula Fürstenberg ist die Geschichte der Freundschaft zwischen der Ich-Erzählerin und dem depressiven Max. Die beiden lernen sich 1999 in der siebten Klasse kennen. Beide leben zunächst bei alleinerziehenden Müttern in prekären Verhältnissen im Osten Deutschlands. Später werden sie in einer gemeinsamen WG leben. Sie sind Freunde, kein Paar. Die Ich-Erzählerin hat regelmäßige Schwindelanfälle. An den Weltalltagen, ihren Krankentagen, ist sie schwerelos. Max ist jahrelang der Gesunde, der auf die Erzählerin achtet. Max' Depression beginnt nach dem Selbstmord seines Onkels. Da ist Max siebenundzwanzig Jahre alt. Er erlaubt der Ich-Erzählerin über ihn zu schreiben. Sie sucht nach der richtigen Form. Sie legt ihr Ich ab und tauscht es gegen ein Du. Sie erzählt, sie theoretisiert. Sie schreibt Listen. Oft enthält ein Kapitel mehrere Versuche. Sie kämpft mit und um Max. "Das habe ich nicht gemeint, als ich dir erlaubt habe, über mich zu schreiben, sagt er. Lass meine Familie da raus."

Was anstrengend experimentell sein könnte, ist erstaunlich gut lesbar. Sofern man das von diesem Thema sagen kann. Nur eine strukturiert erzählte Geschichte darf man nicht erwarten. Das Buch ist nicht nur Roman, manchmal ist es auch Sachbuch und manchmal Pamphlet. Dennoch fällt es nicht auseinander. Kapitel heissen hier schon mal "Verlauf des Jahres, in dem du die Zeichen übersiehst, die erst im Nachhinein, in einer Linie mit anderen Zeichen, als Zeichen für etwas lesbar werden", "Zweiunddreißig Erinnerungen an eine durchtanzte Nacht" oder "57 Krankenhausgeschichten, die Max dann doch noch erzählt".

"Weltalltage" ist ein ungewöhnlicher Roman über Krankheit, was diese in der Gesellschaft bedeutet und warum sie oft versteckt wird. "Krank zu sein wäre nur halb so schlimm, wenn die Gesunden nicht wären." Der Roman handelt aber auch von Freundschaft und vom Schreiben. Der Versuch des Schreibens spiegelt sich in der Form. Der Roman geht einem sehr nahe und ist gleichzeitig hochintellektuell. Das Thema ist bedrückend und oft macht die Lektüre keinen Spaß. Trotzdem war ich am Ende froh, das Buch gelesen zu haben.
Profile Image for Literatursprechstunde .
196 reviews94 followers
April 16, 2024
Etwas ganz besonderes ist dieser Roman Paula Fürstenbergs für mich, der Themen wie Freundschaft, Depressionen und Krankheit behandelt. Ich hoffe diesem Meisterwerk mit meinen folgenden Worten gerecht zu werden.

Wir verfolgen in diesem Roman die Freundschaft zweier Kinder, die in der Nachwendezeit aufwachsen. Ihre alleinerziehenden Mütter müssen sich den existenziellen Grundlagen in dieser strukturlosen Gesellschaft zuwenden, was zu Überforderung in der Erziehung und Vernachlässigung führt. Das schweißt die Kinder, die sich in der Schule kennenlernen, eng zusammen. Denn sie sind nun die Familie füreinander, die ihnen zu Hause fehlt.

Die Erzählerin spricht über sich selbst in der 2. Person, was eine gewisse Distanz zwischen sich selbst als Person, ihrem Körper und ihrer Krankheit führt. Sie leidet seit ihrer Kindheit unter Schwindel, welcher trotz ganzer Ärzteodyseen nicht diagnostiziert werden kann. Dies beeinflusst sie stark negativ, denn sie darf z.B. nicht am Sportunterricht teilnehmen, nicht alleine schwimmen gehen aufgrund von Lebensgefahr und auch als sie älter wird, keinen Führerschein machen. Ihr Freund Max fungiert in dieser Zeit immer in der Rolle des Helfenden, er macht u.A. einen Rettungsschwimmerkurs, um ihr das Schwimmen jede Woche zu ermöglichen. Er (Max) ist somit immer der Gesunde und sie die Kranke - bis Max im Verlauf, fast unmerklich, Depressionen entwickelt. Die Rollenverteilung in der Freundschaft funktioniert so plötzlich nicht mehr und wir erleben die Auswirkungen.

Der Roman ist vollständig in Listen aufgeteilt und beginnt z.B. mit der „Liste aller möglichen Anfänge dieser Geschichte“. Die Erzählerin ist gleichzeitig Schriftstellerin und wir verfolgen dadurch die Entstehung dieses Romans auf einer Metaebene.

Die Thematiken die hier behandelt werden reichen von misogyner Medizingeschichte, über die soziologische Rolle von Krankheit in der Gesellschaft, ganzen Ärztemarathons, bis zu Krankheit als Metapher in literarischen Texten, welche durch das ganze Buch Erwähnung finden in Form von Zitaten von Autorinnen wie Virginia Woolf, Susan Sontag oder Annie Ernaux.

Für mich stellt dieses Werk Fürstenbergs ein ganz großes Highlight (wahrscheinlich sogar Jahreshighlight, aber ich möchte es noch etwas in mir arbeiten lassen, um das sagen zu können) dar. Es behandelt mit seinem kreativen Konstrukt Thematiken, die mir auf diese Weise noch nie vermittelt wurden.

Jeder der mit chronischer Krankheit, Depressionen oder tiefer Freundschaft zu tun hat, wird von diesem Buch abgeholt.
Ich würde dem Ganzen gerne noch mehr Ausdruck verleihen mit meinen Worten, aber da ich nicht weiß wie, schreibe ich: Lest es!
Profile Image for Lotte.
631 reviews1,132 followers
June 2, 2024
ein neues absolutes lieblingsbuch über das kranksein in einer gesellschaft, in der man immer funktionieren muss, über freund:innen als lebenspartner:innen, über das leben mit depressionen und vieles mehr. es ist wirklich lange her, dass ich mich von einem buch so gesehen und verstanden gefühlt hab. ich lieb's so so sehr und würde es gerne allen menschen in meinem leben in die hand drücken und sagen lest das!
Profile Image for Sophie.
117 reviews6 followers
December 10, 2024
Liste von Dingen, die du gemacht hast, nachdem du im Café neben deinem Wohnblock die zweite Hälfte dieses Buches wie gebannt fertig gelesen hast:

-Das Buch geschlossen, tief durchgeatmet
-Das Buch wieder geöffnet, durchgeblättert, die markierten Stellen nochmals gelesen und versucht dabei nicht zu weinen (erfolgreich)
-Wie in Trance, die anderen sechs Bücher, die du mitgenommen hast, zusammengepackt, nach Hause gegangen, weil du wusstest, du kannst jetzt nicht einfach ein anderes Buch in die Hand nehmen und so tun, als wäre nichts
-Beim Haustür aufschliessen beschlossen, deine körperlichen Aussetzer von nun an auch als "Weltalltage" zu bezeichnen
-Zu Hause deine Bauchtasche kontrolliert, die Tabletten darin angeschaut, dabei daran gedacht, wie du heute morgen Nachschub deiner Endometriosemedikamente abholen gegangen bist
-Gott gedankt, für deine Medikamente, obwohl du Atheistin bist
-Eine Wäsche runtergebracht und angestellt
-Wieder oben in deiner Wohnung, dich auf dein Bett gesetzt und das Buch nochmal durchgeblättert
-Einem Kollegen geschrieben, dabei gelacht, dabei die Trance ein wenig abgeschüttelt
-Mit klarerem Kopf hast du folgende Zitate aus dem Buch herausgeschrieben, weil dir für eine Rezension die Worte fehlten:

"Es gibt Drehschwindel, Schwankschwindel und Liftschwindel. Deiner ist am ehesten ein Schwanken, hinzu kommt das Gefühl, zu schweben, weshalb du es einen Schwebschwankschwindel nennst, und weil du dir so das Weltall vorstellst, sprichst du von deinem Weltallkörper, der Weltalltage hat."

"Bevor du die Tür zu einer Praxis öffnest, erinnerst du dich daran, dass du davon ausgehst, dass es wieder nichts bringt. Doch die innere Leere, die sich zuverlässig nach jeder befundlosen Untersuchung einstellt und dich tagelang von der Arbeit abhält, ist der Beweis dafür, dass du insgeheim doch gehofft hast."

"Das Zweite, was sie zu dir sagt, ist, dass Gesundheit in deinem Fall nicht mit Beschwerdelosigkeit gleichzusetzen sei. Es sei eher unwahrscheinlich, dass du nach all den Jahren gänzlich vom Schwindel geheilt werden könntest. Ziel der Therapie sei es daher, die bestmögliche Lebensqualität herzustellen. Erst bist du fassungslos, dass sie schon aufgibt, bevor ihr überhaupt angefangen habt. Dann heulst du wieder los, und zwar nicht aus Verzweiflung, sondern aus Dankbarkeit, denn sie ist die erste Ärztin, die dich nicht mit Heilungszuversicht überhäuft, die dir nichts verspricht, was sie später nicht halten kann."

"Du kennst den Wunsch, den Körper zu tauschen, um deinen los zu sein, wenigstens kurz, nur vorübergehend, nur eine klitzekleine Pause möchtest du. Und du möchtest einen Vergleich haben, du möchtest wissen, was du in einem schmerzfreien Körper für ein Mensch wärst. Du stellst dir vor, wie sich jemand fünf Minuten in deinem Körper aufhält und danach zu dir sagt: Ach, jetzt verstehe ich. (...) Du hast deinen Freund:innen oft chronische Erkrankungen an den Hals gewünscht, und ja, du schämst dich dafür."

"Du sollst der Krankheit also den Kampf ansagen und du sollst nicht aufgeben. Gleichzeitig sollst du die Krankheit als einen Teil von dir und deinem Leben akzeptieren. Du sollst dich aber auch keinesfalls in ihr einrichten und sie so sehr zu deiner Identität werden lassen, dass du sie womöglich behalten willst. Du sollst also gegen etwas ankämpfen, das du akzeptieren sollst. Das ist paradox. Du hast ein strukturelles Nähe-Distanz-Problem mit deinem Körper, du führst eine Fernbeziehung zu dir selbst, du kannst es nur falsch machen."

"Du konzentrierst dich aus deinem Körper hinaus, bis die Tablette endlich wirkt, bis der Schmerz nachlässt, es ist das schönste Gefühl, das du kennst. Langsam kehrst du in deinen Körper zurück, und du fragst dich, wie du einen solchen Tag überstanden hättest, wenn du fünfzig, hundert oder tausend Jahre früher geboren worden wärst. Du denkst an all die Frauen, die der Hysterie und Hypochondrie beschuldigt wurden, bevor die Endometriose in den 1920ern einen Namen bekam. Du denkst an jene, die wegen sogenannter Frauenleiden in Nervenheilanstalten gesteckt wurden, denen bei Topektomie, Lobotomie, Ovariektomie und Klitoridektomie Körperteile herausgeschnitten wurden und deren Genesung nur daran gemessen wurde, wie bereitwillig sie ihre Haushaltspflichten wieder aufnahmen. (...) und du denkst an all die Frauen, die trotzdem aufbegehrt und gegen misogyne Medizin gekämpft haben, damit du jetzt eine Wahl hast, zu welchem Schächtelchen auf deinem Nachttisch du greifst, von wem du dich behandeln lässt und welche Eingriffe du durchführen lässt. Du stehst für immer in ihrer Schuld. Auf ihren Schultern bist du krank, auf ihren Schultern bleibst du liegen, auf ihren Schultern lässt dein Schmerz nach. Mit einem Gefühl tiefer Dankbarkeit schläfst du ein."

-Nach dem Zusammentragen der Zitate wolltest du weinen, aus Trauer für dein früheres diagnoseloses Du, aus Erleichterung und Dankbarkeit, für dein jetziges diagnostiziertes Du, dem es so viel besser geht, aber du konntest nicht weinen.

-Statt zu weinen hast du also deine Wäsche geholt und sie aufgehängt.
Profile Image for svenniko.
15 reviews2 followers
December 29, 2024
3,5⭐️ Einige Passagen hab ich leider gar nicht gefühlt.
Profile Image for Felicitas.
79 reviews10 followers
May 7, 2024
Der Roman „Weltalltage“ (2024) von Paula Fürstenberg erzählt die Geschichte der unbenannten Erzählerin und ihres besten Freundes Max. Die beiden verbindet neben einer langjährigen Freundschaft eine Reihe biographischer Aspekte: Beide sind Kinder alleinerziehender Mütter und im Nachwende-Ostdeutschland sozialisiert. Mit Anfang 30 leben sie in einer WG. Beide scheinen füreinander die wichtigsten Bezugspersonen zu sein. Während Max‘ Körper immer funktioniert hat, kämpft die Erzählerin seit ihrer Kindheit mit Schwindelanfällen unklaren Ursprungs, ihren „Weltalltagen“. Als Max eine Depression diagnostiziert wird, verschiebt sich das eingespielte Gefüge.

Sehr gut hat mir gefallen, dass die zentrale Beziehung dieses Romans keine (romantische) Liebesbeziehung ist, sondern eine Freundschaft. Das Buch zeigt auf, dass wir für Konflikte in Freundschaften („Freundschaftskummer“) nicht annähernd so differenzierte Umgangsweisen haben wie für Konflikte in Liebesbeziehungen. Durch die Fokussierung auf Paarbeziehungen scheinen uns das Vokabular, die Fähigkeiten und die Empathie zu fehlen, um Freundschaft in ihrer Komplexität zu erfassen und zu leben. „Weltalltage“ stellt dagegen die Freundschaft in den Mittelpunkt. Sie wird hier nicht als weniger oder Ersatz für (romantische) Partnerschaft konstruiert.

Darüber hinaus spricht das Buch sehr viele interessante Themen an, geht aber nicht unbedingt in die Tiefe. Wie wirken Strukturen - architektonische, ökonomische, soziale - auf den Körper ein? Wie körperfreundlich ist der öffentliche Raum? Was passiert, wenn Körper nicht mehr so funktionieren, wie sie sollen? Fehlt uns die Sprache, um über Körper und Krankheit zu sprechen? Warum sonst meinen „Was hast du?“ und „Was fehlt dir?“ dasselbe? Wie können sich (psychisch) kranke Menschen als handlungsfähig erleben, ohne sich selbst die Schuld an ihrer Krankheit zu geben? Wer darf sich wessen Geschichte literarisch aneignen? Diese Fragen wirft das Buch immer wieder auf, wenn auch oft eher schlaglichtartig. Dennoch fand ich „Weltalltage“ schön zu lesen und vor allem durch die Grundkonstellation der verbindlichen Freundschaftsbeziehung zukunftsweisend.
Profile Image for Lukas.
25 reviews3 followers
April 28, 2024
Zart feinfühlig geistreich

(selbst wenn ich Bücher mittlerweile nicht mehr abkann, in denen Schriftsteller_innen vorkommen oder gar die Hauptfigur sind, kann ich Paula Fürstenberg nach den ersten 50 Seiten und durch die besondere Struktur des Romans nicht mehr böse sein und auch nicht mehr weglegen)
Profile Image for silja.
63 reviews26 followers
Read
March 8, 2024
»Weltalltage« ist ein Roman über chronische Krankheiten, über Freundschaftskummer, über Depressionen, über das Aufwachsen als Nachwendekind im Osten Deutschlands und vor allem über Freundschaft, die manchmal so viel wichtiger als Liebe sein kann. Paula Fürstenbergs Schreibstil ist eher ungewöhnlich, die Kapitel sind in Listen und Aufzählungen eingeteilt, wodurch das Buch nicht nur Roman, sondern auch teilweise Sachbuch oder Pamphlet ist. Diese Absätze haben sich eher gezogen, ich persönlich hätte sie in der Geschichte nicht gebraucht.
Umso besser haben mir aber die anderen Kapitel gefallen, in denen die Erzählerin von ihrem chronischen Schwindel und ihrer Endometriose berichtet. Da ich selbst von Endometriose betroffen bin, fand ich es unglaublich bereichernd einen Roman zu lesen, in dem dieses Thema so gut aufgegriffen wird. Auch die Depressionen von ihrem besten Freund und Mitbewohner Max sind gleichzeitig einfühlsam und schonungslos beschrieben. Ein Buch über Krankheit, aber vor allem über Freundschaft. Eine Empfehlung (nicht nur) fürs Lesen im Wartezimmer.
Profile Image for nachtbibliothekar.
68 reviews30 followers
March 4, 2024
Wir lauschen den Selbstgesprächen einer namenlosen Erzählerin, die sich immer wieder mit "Du" anspricht, aus vielen Büchern zitiert (Danke für die tolle Literaturliste am Ende) und über ihren Freund Max berichtet. Die ersten Kapitel eine Freundschaft, die geprägt ist von ihren Krankheiten, seiner Unterstützung und dem Wendepunkt, als ihr Freund ein Sack Finsternis trägt und sie sich von ihren Krankheiten frei tanzen kann. Überhaupt: Tanzen! Das kann Dir keiner nehmen - so wie die Lektüre dieses klugen, wunderbaren Buches über das Leben und den Umgang mit Krankheiten, über Medizin, über Überleben und - ganz zum Schluss - über Plumploris mit ihren großen Augen. Danke!
Profile Image for Uralte  Morla.
365 reviews112 followers
January 15, 2025
Die Erzählerin dieses Romans erlebt einmal im Monat Weltalltage. Tage, an denen ihr sehr schwindelig ist, an denen sie Schmerzen hat und sich irgendwo außerhalb ihres Körpers befindet. Seit ihrer Kindheit ist das so und während die Ärzte eher ratlos sind, ist ihr bester Freund Max kompromisslos immer für sie da. Die beiden eint ein vaterloses Aufwachsen mit DDR-geprägten Müttern und eine innige Freundschaft, die bisher jede Hürde überlebt hat.
Doch fünf Jahre nachdem Max' Onkel sich das Leben genommen hat, wird nun plötzlich Max krank. Eine starke Depression hat ihn fest im Griff, er bräuchte Hilfe, das sehen sowohl seine beste Freundin als auch die Therapeutin so - bis er es selbst einsieht, braucht es einige Zeit.
Das, und die Umkehrung der gewohnten "Paar"-Dynamik rüttelt ganz schön am Fundament der langjährigen Freundschaft - was vielleicht aber sogar notwendig ist. Vor allem dann, wenn ein Buch darüber geschrieben werden möchte.

Paula Fürstenberg hat mit "Weltalltage" ein kluges Buch über Freundschaft, das Schreiben, jüngere deutsche Geschichte und Krankheit geschrieben und dafür eine sehr besondere Form gefunden: Die Liste.
Klingt komisch, funktioniert aber gut - auch wenn der Roman dadurch manchmal wie ein Sachbuch anmutet. Man hat das Gefühl ein sortiertes Tagebuch zu lesen und den Protagonist*innen des Buches so besonders nahe zu sein. Dabei liest es sich noch super fluffig durch - trotz der schweren Themen. Das mochte ich ziemlich gerne.

Besonders wichtig: Fürstenberg hat hier ein Buch geschrieben, welches chronische und/oder psychische Krankheiten stärker ins öffentliche Bewusstsein rücken und dafür bin ich (die auch erst mit Mitte Dreißig in einer Klinik begriffen hat, wie Schwindel, Durchfall und Psyche zusammenhängen können) sehr dankbar!

Ein Buch der Stunde, würde ich sagen!
Profile Image for Annelie Herrmann.
39 reviews3 followers
October 25, 2025
Erste wichtige Erkenntnis: Es geht keineswegs um Welt-alltage, sondern um Weltall-tage. Und Weltall-tage kenne ich wie kaum etwas anderes.

Das Buch ist sehr speziell geschrieben, da jedes Kapitel eine in sich geschlossene Liste (noch nie sowas gelesen, cool!) darstellt, nicht unbedingt was mit dem Kapitel davor zu tun haben muss und am Ende trotzdem ein großes Ganzes entsteht. “Weltalltage” ist ein Roman, aber irgendwie auch mehr als das. Das Buch hinterlässt bei mir auch wegen der medinizinischen und historischen Facts sowie der aufgeworfenen Fragen einen bleibenden Eindruck.

Ich war mir zu Beginn des Lesens nicht sicher, ob das wirklich was für mich ist. Zum Schluss hatte ich dauerhaft einen Stift in der Hand, habe mir Wörter und Sätze angestrichen und das Buch mit Tränen in den Augen beendet. Ich fand es ganz toll. Ein wirklich lesenswertes Werk für diejenigen, die Lust haben, sich mal auf “was Neues” einzulassen.

Mehr 💛 für unsere Körper und dafür, was sie täglich leisten und sich von uns anhören müssen.
Profile Image for Jule.
339 reviews14 followers
August 10, 2024
Ein Buch, wie ich es noch nie gelesen habe: der Roman hat einen eher weniger linearen Verlauf, sondern ist quasi in Listenform aufgeteilt. So lernt man nach und nach die beiden Protagonist*innen kennen. Kapitel heißen beispielsweise "32 Erinnerungen an eine durchtanzte Nacht" oder "Liste aller möglichen Anfänge dieser Geschichte". Zusätzlich ist eine Metaebene beim Lyrischen Ich eingezogen, denn die Protagonistin schreibt im Roman über die Entstehung des Romanes.
Thematische Schwerpunkte sind Freund*innenschaft, Krankheit, Aufwachsen in der DDR. Darüber hinaus werden auf beiläufige, teils witzige oder anklagende und immer sehr kluge Art eine Vielzahl weiterer Themen verhandelt.
Im Text sind immer wieder Zitate anderer Personen verarbeitet, die an sich schon lesenswert sind.
Eine Lektüre, die mich sehr begeistert hat - in meinem Buch kleben jetzt viele Post-Its an den besonders guten Stellen. Absolute Leseempfehlung!
Profile Image for Glitterregen.
88 reviews6 followers
December 4, 2024
Okay ciao, das hat mich umgehauen. Als grosse Listenliebhaberin konnte ich der Form dieses "Romans" (in Anführungszeichen, weil es schon etwas losgelöster ist) ja schon mal sehr viel abgewinenn und die tolle Sprache hat dann den Rest erledigt.
Profile Image for Hänna.
84 reviews3 followers
May 3, 2025
ich les paula fürstenbergs text, als wär sie meine beste freundin. und weil sich das ganze buch wie eine feste umarmung anfühlt, ist es fast schön, dass es sich manchmal ein wenig zieht. ich mochte die überlegungen zu krankheit im kapitalismus und diese überaus romantische erzählweise von freundschaft sehr gern. bin jetzt noch mehr fan von meinem (und anderen) körper(n) als eh schon.
17 reviews
March 9, 2025
*6, habe das Gefühle etwas neues über Bücher im Allgmeinen aber auch Kranksein im Spezifischen gelernt zu haben
Profile Image for Juli.
51 reviews
May 16, 2024
"Du fühlst dich unbeobachtet und kannst loslassen, du tanzt mit Stützrädern und liebst es."

3.5 ⭐ Vielleicht wäre meine Bewertung höher ausgefallen, wenn ich der Protagonistin die Instrumentalisierung der Lebens- und Leidensgeschichte ihres besten Freundes verzeihen könnte.

Paula Fürstenbergs Geschichte über Freundschaft(-skummer), chronische Krankheiten (psychisch und körperlich) und ein sanfter Einblick in den Osten nach der Wende hat mich voll abgeholt. Ich bin noch immer ganz verliebt in ihre Sprache und den Umgang mit der Versprachlichung von Körperlichkeit bzw. des Unvermögens Körper in Worten auszudrücken.
Ich konnte so vieles aus dem Leben von Max und der Protagonistin nachempfinden. Vielleicht ein wenig zu viel, um den Roman einfach nur genießen zu können.

Allerdings hat mir (teilweise) der Umgang der beiden miteinander wirklich sauer aufgestoßen, weil ein Bild erzeugt wird, dass Freundschaft als reines "Geben und Nehmen" und Aushalten porträtiert. Außerdem empfand ich den Verlauf der Geschichte streckenweise als zu unkoordiniert und sprunghaft, obwohl sehr viel mit Aufzählungen und Listen gearbeitet wird.

Trotz allem eine wunderbare Geschichte die v.a. Freundschaft und Grenzen von Freundschaft und Verständnis aufzeigt und sowohl den Kampf mit körperlich chronischen (diagnoselosen) Erkrankungen realistisch aufzeigt sowie auch das Thema Depression - ohne aber die Depression zu sehr in den Mittelpunkt zu stellen.
Profile Image for Mika.
4 reviews
April 8, 2024
Ich habe das Buch gekauft, weil der Protagonist so heißt wie der aus der Geschichte, an der ich seit zwei Jahren sitze. Und, weil ich in einer Rezension gelesen habe: Freundschaftskummer. Das waren meine Kaufgründe, und ich hätte richtiger nicht liegen können, denn ich hab‘s geliebt. Wir brauchen mehr Bücher über Freundschaftskummer, ehrlich. Der Schreibstil war auch super angenehm, anfangs war ich etwas verwirrt, aber dann habe ich gelernt, diese Art der Erzählung einfach auf mich wirken zu lassen. Und was soll ich sagen, sie wirkt nach. Die Dialoge zwischen Max und der namenlosen Protagonistin sind etwas, worüber ich noch eine ganze Weile nachdenken werde. Ein Buch, von dem ich mir wünschte, ich hätte es geschrieben.
Profile Image for Seitenmusik.
381 reviews19 followers
February 15, 2025
"Weltalltage" von Paula Fürstenberg ist ein Roman, der sich intensiv mit den Themen Gesundheit, Freundschaft, Körperwahrnehmung und Gesellschaft auseinandersetzt. Fürstenberg, Jahrgang 1987, ist eine preisgekrönte Autorin und hat mit ihrem Debütroman "Familie der geflügelten Tiger" bereits auf sich aufmerksam gemacht. Ihr zweiter Roman "Weltalltage" ist ebenso von tiefgründiger, reflektierender Literatur geprägt. Fürstenberg ist eine aktive Stimme in der deutschen Literaturszene und engagiert sich in verschiedenen sozialen und politischen Bereichen.

Worum geht’s genau?

Die Erzählerin und Max sind beste Freund:innen, die schon seit der Schulzeit eine enge Verbindung teilen. Sie leben gemeinsam in einer Wohnung, wobei sie aufgrund ihrer chronischen Krankheit immer wieder auf Max angewiesen ist. Max, der bisher gesunde Part, ist Architekt, während sie selbst als Schriftstellerin mit ihrer Krankheit kämpft, die sie körperlich und mental stark belastet. Als Max vom Tod seines Onkels erfährt, gerät ihr Alltag aus den Fugen und die Beziehung zwischen ihnen wird auf die Probe gestellt. Um mit den Veränderungen und den Gefühlen der Überforderung umzugehen, beginnt die Erzählerin, ihre Gedanken und Erinnerungen in Listen zu ordnen, die einen Weg finden, ihre Vergangenheit zu begreifen und sich der eigenen Erkrankung sowie den gesellschaftlichen Bedingungen zu stellen. Dabei hinterfragt sie nicht nur ihre persönliche Geschichte, sondern auch die gesellschaftlichen Strukturen, die sie geprägt haben.

Meine Meinung

Der Roman behandelt viele interessante Themen – von Körperwahrnehmung über Gesundheit bis hin zu Freundschaft und Gesellschaft. Besonders die Art, wie Krankheit sowohl auf mentaler als auch auf körperlicher Ebene thematisiert wird, hat mich zum Nachdenken angeregt. Es wurde sehr anschaulich gezeigt, wie tief die Auswirkungen einer Depression auf den Körper, den Alltag und die Beziehungen einer Person sein können, was mir sehr gefallen hat. Diese Details, die sich wie aus dem Leben gegriffen anfühlten, haben mich emotional berührt.

Allerdings war die Form des Buches für mich eine große Hürde. Der Verzicht auf eine klassische Kapitelstruktur zugunsten von Listen und Aufzählungen war anfangs interessant, aber nach einer Weile sehr ermüdend und es fiel mir schwer, dranzubleiben und den roten faden nicht zu verlieren. Durch die gewählte Form ist es mir nicht richtig gelungen, tief in die Geschichte einzutauchen. Die ständigen Wechsel zwischen reflektierenden Gedanken und Momenten aus der Vergangenheit gaben dem Roman eine gewisse Zerrissenheit, was zwar beabsichtigt sein mag, aber mich in meinem Lesefluss behindert hat.

Trotzdem gibt es Passagen, die wirklich gut gelungen sind und die die schleichende Depression und die innere Zerrissenheit nachvollziehbar machten. Die Ich-Form und das Schreiben in der „Du-Form“ haben mich anfangs irritiert, auch wenn die Autorin dies später im Buch erklärte. Es ist eine ungewöhnliche Wahl, die jedoch einen gewissen intimen Zugang zur Geschichte und zu den Gefühlen der Erzählerin schafft.

Was ich ebenfalls sehr gelungen fand, war die kritische Auseinandersetzung mit der Frage, wem Geschichten gehören und wer das Recht hat, sie zu erzählen. In Anbetracht der feministischen Perspektiven, die im Buch aufgegriffen werden, war es fast selbstverständlich, dass auch das Thema Gendern und das Bewusstsein für gesellschaftliche Diskurse über Geschlechterrollen und Rechte thematisiert wurde.

Was mich jedoch an diesem Buch störte, war, dass die Erzählweise oft zu sehr in den inneren Monologen der Erzählerin verhaftet blieb. Hier hätte ich mir mehr Dialoge und eine stärkere Interaktion zwischen den Figuren gewünscht, um das Geschehen lebendiger zu gestalten. Viele Passagen schienen mir etwas zu abgehoben und verloren sich in der Selbstreflexion. Das war zwar teils interessant, aber an manchen Stellen fühlte es sich auch wie ein Zuviel an, was das Lesetempo ausbremste.

Fazit

"Weltalltage" von Paula Fürstenberg ist ein tiefgründiger Roman, der sich mit wichtigen gesellschaftlichen und persönlichen Themen auseinandersetzt. Die Sprache der Autorin ist eindrucksvoll und transportiert die emotionalen Tiefen der Geschichte. Dennoch war die Struktur des Buches für mich problematisch, da ich den Lesefluss durch die ungewohnte Form und die zahlreichen inneren Monologe gestört fand. Insgesamt ein wirklich lesenswerter Roman, der jedoch aufgrund seiner Form und des etwas zähen Erzählflusses nur 3,5 von 5 Sternen erhält.
Profile Image for ms_svensson.
46 reviews8 followers
March 20, 2024
In Paula Fürstenbergs Roman "Weltalltage" begleiten wir eine namenlose Erzählerin, die ihre langjährige Freundschaft mit Max reflektiert. Durch die konsequente Verwendung der zweiten Person wird die Dynamik ihrer Beziehung deutlich, während sich ihre Rollen im Laufe der Zeit verändern. Die Protagonistin sucht nach einer neuen Identität und einer passenden Sprache, um ihre Geschichte zu erzählen.

Die Erzählung nimmt Fahrt auf, als Max schwer erkrankt und die Freundschaft der beiden auf eine harte Probe stellt. Dabei werden nicht nur persönliche Gefühle und Erfahrungen beleuchtet, sondern auch gesellschaftliche Themen wie die politischen Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland.

Fürstenberg gelingt es, durch ihre einfühlsame und tiefgründige Erzählweise eine vielschichtige Geschichte zu präsentieren, die die Leser*innen zum Nachdenken anregt. "Weltalltage" ist ein bemerkenswerter Roman, der mit seinem innovativen Erzählstil und seiner thematischen Tiefe überzeugt und eine Empfehlung verdient.
This entire review has been hidden because of spoilers.
Profile Image for Janina.
864 reviews80 followers
September 3, 2025
3.75 Sterne. Ich habe das 'Geheime Verzeichnis eurer Schulden' am Ende sehr geliebt, am meisten vom ganzen Buch. Im Gesamten habe ich den Roman gemocht, aber nicht geliebt. Am meisten gefallen, haben mir die Abschnitte: Verlauf des Jahres, in dem du die Zeichen übersiehst; Metaphern beim Routinecheck 1: Liegen; Pathobiografisches Alphabet und Verzeichnis einiger Krawall-Barbies. Ich mochte auch, dass über Endometriose gesprochen wurde. Etwas zu lang meiner Meinung nach, aber guter Endpunkt.

tw/cw: Depression, Tod, Suizid, Schwindel, chronische Erkrankungen, Angst, Trauer, Schmerz, Endometriose
Profile Image for yonci.
5 reviews
March 20, 2025
was bedeutet es eigentlich in der heutigen gesellschaft “krank” zu sein? eine besondere freundschaft wird auf die probe gestellt und es wird gezeigt, was es eigentlich heißt, wenn wir nicht so funktionieren, wie die welt es von uns erwartet. zudem werden gesellschaftspolitische themen angerissen und die autorin besitzt einen sehr tollen, metaphorischen schreibstil, der zum denken anregt
Profile Image for Fiona.
130 reviews26 followers
Read
May 12, 2025
dnf 🙃
Profile Image for Banikoe.
162 reviews1 follower
April 12, 2025
Ich habe dieses Buch sehr gemocht. Vielleicht ist es auch das perfekte timing. Wenn man sich krank fühlt, ermutigt es sehr ein Buch über den Umgang mit chronischen Krankheiten und Depressionen zu lesen. Und eine Freundschaft m ups and downs. Feinfühlig und reflektiert, mit Humor.
Profile Image for Samson.
38 reviews1 follower
March 9, 2024
Fand das echt überraschend schön. Und gut.
Profile Image for Pauline .
14 reviews
August 21, 2025
Ganz klare Lese-Empfehlung! Habe mir direkt ein zweites Buch von Paula Fürstenberg bestellt 🫶🏼
3 reviews
February 23, 2024
Ein großartiger Roman über zwei zentrale Themen: Freundschaft und Krankheiten (i.e.S. Depression). Einfühlsam geschrieben, experimentierfreudig in der Struktur und pointiert in der Darstellung. Weltalltage ist fordernd und zugleich gefällig. Die 2 befreundeten Protagonist*innen (netterweise stehen keine Liebesbeziehung(en) im Vordergrund) wachsen schnell ans Herz - beide Perspektiven sind feinfühlig ausgearbeitet, bedingen einander und machen zugleich individuelle Standpunkte deutlich. Die Figuren laden zum Mitdenken ein, wie es auch der Roman in seiner Grobstruktur tut: Er bettet die persönliche Geschichte der beiden Freunde in eine Gesellschaftskritik ein, die bestehende Strukturen hinterfragt und anklagt, teils Alternativen aufzeigt und andere Male offene Fragen stehen lässt. Es ist ein feministischer Roman, der Trost spenden kann und zugleich weh tut. Ein großartiges Buch, das ich wärmstens weiterempfehlen möchte. Dabei spielt es keine Rolle, ob Menschen selbst an Depressionen leiden und sich in Schilderungen wiedererkennen oder Personen in ihrem Umfeld damit ggf. besser verstehen lernen. Zugleich bietet der Roman in seiner Kapitelstruktur ein paar Finessen, die ich so bislang noch nicht gelesen habe.
Profile Image for Néri.
63 reviews
March 20, 2024
Die Erzählerin wohnt mit ihrem besten Freund Max zusammen. Beide kennen sich seit der Schulzeit. Fünf Jahre nach dem tragischen Tod von Max’ Onkel, entwickelt dieser eine Angststörung. Besonders zu schaffen macht ihm die Aussage seiner Großmutter, dass er nun der letzte Mann in der Familie sei. Deshalb schläft Max fortan mit im Bett seiner besten Freundin, die selbst mit einer chronischen Erkrankung zu kämpfen hat. Sie möchte ihm beistehen, er zieht sich immer mehr zurück. Beide stoßen an Grenzen und müssen lernen, für sich selbst einzustehen, sich abzugrenzen und einander neu zu finden.

Paula Fürstenberg hat einen Roman geschrieben, indem sie Gesundheit und Krankheit sprachlich neu definiert. Ihre Gedanken beschäftigen sich vornehmlich mit dem gesellschaftlichem Umgang und der Ursachenforschung. Sie schreibt über die Geschichte von Max und seiner Erkrankung und erzählt gleichzeitig die Geschichte einer Freundschaft in der Zerreißprobe. Die namenlose Erzählerin kennt Max seit 1999, beide gingen damals in die siebte Klasse und beide sind die Kinder alleinerziehender Mütter aus der ehemaligen DDR. Sie müssen früh selbstständig sein und lernen einander zu unterstützen. Sie leidet an einem Schwindel, dem keine Diagnose zu Grunde liegt, er lässt sie deshalb beim Schwimmen und Fahrradfahren nie allein. Grundsätzlich stellt Max für sie einen Fels dar, jemanden, den so leicht nichts umhauen kann.

In der Gegenwart angekommen ist es Max, der plötzlich auf Hilfe angewiesen ist, der, nachdem sein Onkel fünf Jahre zuvor freiwillig aus dem Leben schied, eine generalisierte Angst entwickelt, die ihn daran hindert, einen mühelosen Alltag zu bestreiten. Er verfällt in eine Depression, gegen die beide machtlos scheinen. Sie findet Kraft im Schreiben und möchte Max´Geschichte erzählen. Ob es sich bei der Figur von Max nur um eine Metapher handelt, einen Anker für die Erzählerin, jemanden, der ihr Erklärungen liefert und das Verständnis in Person darstellt, die vom gesellschaftlichen Umfeld oft fehlt, darf spekuliert werden. Jedenfalls finde ich diese Idee sehr spannend. Paula Fürstenberg findet eine gute Mischung aus anspruchsvoller Erzählweise, schreibt mit großer Wärme und lässt auch ihrer Wut freien Lauf. Im Fokus stehen psychische und körperliche Erkrankungen, deren Ursache die Autorin in der eigenen Biografie, aber auch der Gesellschaft zu finden versucht.


18. März 2024

Weltalltage – Paula Fürstenberg
Hey ihr Lieben, der März fing bei mir lesetechnisch etwas schleppend an, was zum Einen daran lag, dass ich selbst und andere mir nahe stehende Menschen Geburtstag feierten und deshalb einige Vorbereitungen anstanden und zum zweiten, dass ich mir bei dem im Folgenden besprechenden Titel ausreichend Zeit nehmen wollte, weil es thematisch kein Buch ist, das man nebenher weg liest. »Weltalltage« von Paula Fürstenberg, veröffentlicht bei Kiepenheuer & Witsch vor wenigen Wochen, erzählt von den Herausforderungen von Freundschaft und psychischer Gesundheit.

Inhalt zusammengefasst
Die Erzählerin wohnt mit ihrem besten Freund Max zusammen. Beide kennen sich seit der Schulzeit. Fünf Jahre nach dem tragischen Tod von Max’ Onkel, entwickelt dieser eine Angststörung. Besonders zu schaffen macht ihm die Aussage seiner Großmutter, dass er nun der letzte Mann in der Familie sei. Deshalb schläft Max fortan mit im Bett seiner besten Freundin, die selbst mit einer chronischen Erkrankung zu kämpfen hat. Sie möchte ihm beistehen, er zieht sich immer mehr zurück. Beide stoßen an Grenzen und müssen lernen, für sich selbst einzustehen, sich abzugrenzen und einander neu zu finden.



Wie war »Weltalltage«?
Paula Fürstenberg hat einen Roman geschrieben, indem sie Gesundheit und Krankheit sprachlich neu definiert. Ihre Gedanken beschäftigen sich vornehmlich mit dem gesellschaftlichem Umgang und der Ursachenforschung. Sie schreibt über die Geschichte von Max und seiner Erkrankung und erzählt gleichzeitig die Geschichte einer Freundschaft in der Zerreißprobe. Die namenlose Erzählerin kennt Max seit 1999, beide gingen damals in die siebte Klasse und beide sind die Kinder alleinerziehender Mütter aus der ehemaligen DDR. Sie müssen früh selbstständig sein und lernen einander zu unterstützen. Sie leidet an einem Schwindel, dem keine Diagnose zu Grunde liegt, er lässt sie deshalb beim Schwimmen und Fahrradfahren nie allein. Grundsätzlich stellt Max für sie einen Fels dar, jemanden, den so leicht nichts umhauen kann.

In der Gegenwart angekommen ist es Max, der plötzlich auf Hilfe angewiesen ist, der, nachdem sein Onkel fünf Jahre zuvor freiwillig aus dem Leben schied, eine generalisierte Angst entwickelt, die ihn daran hindert, einen mühelosen Alltag zu bestreiten. Er verfällt in eine Depression, gegen die beide machtlos scheinen. Sie findet Kraft im Schreiben und möchte Max´Geschichte erzählen. Ob es sich bei der Figur von Max nur um eine Metapher handelt, einen Anker für die Erzählerin, jemanden, der ihr Erklärungen liefert und das Verständnis in Person darstellt, die vom gesellschaftlichen Umfeld oft fehlt, darf spekuliert werden. Jedenfalls finde ich diese Idee sehr spannend. Paula Fürstenberg findet eine gute Mischung aus anspruchsvoller Erzählweise, schreibt mit großer Wärme und lässt auch ihrer Wut freien Lauf. Im Fokus stehen psychische und körperliche Erkrankungen, deren Ursache die Autorin in der eigenen Biografie, aber auch der Gesellschaft zu finden versucht.

Sprachlich ist der Roman von großer Feinheit, er erzählt von Krankheit und fordert mehr Verständnis ein, er klagt eine Gesellschaft an, in der jeder funktionieren muss und in der Gesundheit wie selbstverständlich vorausgesetzt wird. Ich empfand das Geschriebene als sehr kraftvoll, konnte mich mit den Aussagen der Autorin identifizieren und viele wichtige Erkenntnisse mitnehmen. Die Bedeutung von Gesundheit, aber eben besonders von Krankheit und der oft verheerende Umgang damit, wurde mir einmal mehr schmerzlich bewusst. Klug, tabulos und mit viel Einfühlungsvermögen erzählt. Eine große Leseempfehlung!

Schonungslos, direkt und voller interessanter Sichtweisen liefert Paula Fürstenberg einen Roman, der Empathie einfordert und unsere Verwundbarkeit vergegenwärtigt.
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