Frauen an die Macht. Lilly Gollackner spiegelt in ihrem Debütroman zerrbildhaft die feministischen Kämpfe der Gegenwart in eine dystopische Zukunft. Ein erschreckend realitätsnahes literarisches Gedankenexperiment. Das Jahr 2068: Sengende Hitze, überdachte Städte, rationiertes Wasser. Und keine Männer mehr. Eine mysteriöse Seuche hat sie vor Jahrzehnten dahingerafft. Nur künstliche Fortpflanzung sichert den Fortbestand der Menschheit. Ruth, langjährige Präsidentin dieser Welt, bereitet die Amtsübergabe an die junge Ania vor. Die Junge möchte die Männer mit allen Mitteln zurückholen. Ruth stemmt sich dagegen, und sie hat gute Gründe. Der Generationenkonflikt zwischen den Frauen um Ressourcen, Macht und Identität stellt beide vor schicksalhafte Entscheidungen.
Wow, was für eine spannende Geschichte hat sich die Autorin in Form einer feministischen Dystopie einfallen lassen. Der Plot hat mich regelrecht vom Hocker gerissen.
Wir befinden uns in einer sehr nahen Zukunft. Durch den Klimawandel sind große Teile des Planeten nach und nach unbewohnbar geworden, im Rahmen der Verteilungskämpfe gab es viele Kriege und Unterdrückung von Frauen durch gewalttätige und kriegstraumatisierte Männer. Letztendlich hat eine rätselhafte Seuche jedoch alle Menschen mit Y-Chromosomen ausgelöscht. Die Geschichte präsentiert der Leserschaft also eine reine Frauengesellschaft mit ungefähr 280.000 Mitgliedern, die die noch bewohnbaren Reste der Erde bevölkern und postapokalyptische Probleme wie Wassermangel, Hitze, Trockenheit, Lebensmittelversorgung und Reproduktion meistern muss. Ja, es gibt Reproduktion, denn die Samenbanken der Vergangenheit liefern Sperma bis in die nächsten Jahrhunderte.
Nach und nach enthüllt die Autorin, wie die Gesellschaft aufgebaut ist und wie sie nachhaltig ihr Überleben in all den oben genannten Bereichen sichert. Ein Frauenrat von mehreren Ältesten, die die Welt noch vor der Katastrophe kannten, lenkt die Geschicke des Volkes. Mit Ruth an der Spitze als Präsidentin. Nach und nach wird das Führungsgremium nun, da die Anführerinnen schon alt werden, verjüngt und die Amtsübergabe an die Auserwählte Ania steht bevor. Die junge Protagonistin wurde vom Rat gekürt, weil sie klug und mutig ist, sie eckt aber in der Einführungsphase mit ihrer kompromisslosen Ehrlichkeit, ihrer unbändigen Wissbegier, ihrer eigenen Meinung und der mangelnden Unterwürfigkeit, die sie natürlich für den Präsidentenjob in Zukunft qualifizieren werden, bei der derzeitigen Präsidentin Ruth ordentlich an, die einfach noch nicht das Heft aus der Hand geben will. Was als Generationenkonflikt, der beigelegt werden kann, beginnt, artet allmählich in einen verbissenen Machtkampf aus.
Nebenbei enthüllt uns die Autorin durch drei extrem spannende Plottwists, dass vieles in der Frauengesellschaft anders ist, als es die Analen und das historische Narrativ überliefert haben. Ich werde nur einen davon verraten, denn sonst würde ich zu viel spoilern. Die Andropoden, also neue Männer könnten eigentlich sehr einfach reproduziert werden, denn die Seuche ist vorbei, aber die herrschende Alt-Frauenriege, die die Gräueltaten der Männer nach den Kriegen im Verteilungskampf erlebt hat, will sich nie mehr unterbuttern lassen und sortiert alle männlichen Embryonen, so wie bei uns im Rahmen der Legehennen aus. Auf diesen unterschiedlichen Positionen fußt auch der Generationenkonflikt, weil sich die jüngeren Nachfolgerinnen allen voran die zukünftige Präsidentin Ania patriarchale Muster und Unterdrückungsmechanismen gar nicht vorstellen können, da sie noch nie einen Mann gesehen und erlebt haben. Extrem interessanter Ansatz im Gedankenexperiment.
Ania sagt: „Es wären unsere Kinder, wir würden sie erziehen.“ „Und sie würden trotzdem zu Männern heranwachsen.“ „Wir könnten sie formen.“ Ruth lacht, die Augen halb geschlossen. „Biologie frisst jede Sozialisation zum Frühstück, Ania.“
Die ständigen Diskussionen, Verhandlungen zwischen Ania und Ruth bezüglich der Zukunft der Gesellschaft, die Parteienbildung, die Intrigen im Konflikt von allen Frauen des Rats inklusive Pola und Alev und die Erinnerung an die Vergangenheit von Ruth und Pola, die die Gemeinschaft gegründet haben, geben einen grandiosen Einblick in dieses Matriarchat und wie es konkret auch ausgehend von unserer Gegenwart dazu kommen konnte. Wie schon gesagt, mit ein paar sehr überraschenden, grandiosen Wendungen.
Die Figuren sind sehr tief und facettenreich entwickelt, die Sprache hat mir sehr gut gefallen, ich finde also tatsächlich keinen einzigen Kritikpunkt.
Fazit: Ein extrem spannender, klug gemachter, feministischer Pageturner, dessen Dystopie nicht ganz so grausam ist, als dass ich ihn nicht jedem empfehlen kann. Buchstoffhöhepunkt!
EINE SCHWALBE MACHT NOCH KEINEN SOMMER Kurzmeinung: Wo bleibt der Esprit, der Schwung, die Erzählung? Lilly Gollackner greift die Idee des Romans „Die andere Hälfte“ (2021) von Christina Sweeney-Baird auf (guter Roman), legitimerweise selbstredend, und verändert sie: eine Welt ohne Männer legt sie uns vor- wie Christina. Die Hälfte der Menschheit ist beim sogenannten „Großen Sterben“ verschwunden. Seitdem sind die Frauen unter sich. Ruth, einst Wissenschaftlerin, kann sich gut an die alten Zeiten erinnern, jetzt ist sie im Führungsgremium diejenige, die das Zepter in der Hand hält, in wichtigen Angelegenheiten gilt ihre alleinige Entscheidung. Ihr Gremium möchte sie nun gerne durch eine Jüngere ersetzen. Kann das gut gehen?
Der Kommentar und das Leseerlebnis: Das Gute an dem Roman sind seine starken Schlagworte, „das große Sterben“, „der Verdichtungskrieg“, zum Bespiel. Aber schon der Verdichtungskrieg wird höchstens verbalisiert und nicht gezeigt. Gezeigt wird sehr wenig, etwas Handlung gibt es schon, natürlich, aber das Gros der Story wird erzählt, nicht gezeigt (show, don’t tell) und das in leider recht langweiligen, anspruchslosen Dialogen. Abgesehen von der überaus kurz gehaltenen Darstellung eines neuen Familienmodells wird nicht ausgeführt, wie eine männerlose Gesellschaft funktioniert und aussieht. Es funktioniert, basta. Und den Männern mit ihrem testosterongesteuerten Auftreten muss nicht nachgeweint werden. Basta.
Der Roman „Die Schattenmacherin“ ist eine Dystopie und keine Dystopie kommt ohne Kuppeln aus, in denen die Menschheit jetzt lebt. Ich bin kurz amüsiert. Jedoch: Der Fokus des Romans liegt einzig und allein auf dem Konkurrenzkampf bzw. auf dem von Ruth geführten Abwehrkampf gegen die künftige Chefin, Ania, die Ruth, gemäß dem Wunsch/Befehl des Regierungsgremiums aufbauen und auf die künftige Aufgabe vorbereiten soll. Aber Ruth hat ein Geheimnis. Natürlich. Und Ania kommt ihr auf die Spur. Natürlich. Davon lebt der Roman. So halb, so ganz lebt er nirgendwo. Ich seufze. So lapidar. So vorhersehbar. So öde. Was gar nicht stimmig ist, ist die Zeitspanne, innerhalb derer eine so gewaltige Umwälzung von Kultur und Gesellschaft stattgefunden haben soll. Im Alter von 30 Jahren ist Ruth noch in der alten Welt beheimatet und mit 70 Jahren, also nur 40 Jahre später soll sie wieder abtreten und innerhalb dieser doch sehr kurzen Zeitspanne soll sich quasi alles verändert haben, wie ging dies vonstatten? Zumal auch noch eine Atombombe gefallen sein soll. Mehr als Andeutungen und Behauptungen werden nicht geliefert. Die Neuordnung, der Kampf darum, das wäre alles so interessant gewesen! Genau so wie der Kampf um das Überleben! Aber nix! Wie sieht heute die Kultur aus, die Wirtschaft, der Fortschritt, die Kunst, die Wissenschaft? Wie ist das gesamtsoziale Gefüge, wie wurde alles geordnet? Im gesamten Roman gibt es kein Volk, keine Menge, keine Rassen, keine Massen, keine Probleme, keine Politik, nur die Führungsriege tänzelt ein wenig herum, erinnert sich und beharkt sich. Das ist zu wenig. Viel zu wenig. Dazu kommen Stilfragen. Gefühlt auf jeder Seite wird phrasenhaft tief Luft geholt und geatmet. Klar, es muss geatmet werden. Aber ohne alle die anderen Körperfunktionen gehts auch nicht; von denen aber nicht die Rede ist. Wann streichen die Lektoren diese sinnfreie Phrase des Luftholens aus den Romanen? Abgesehen von den Phrasen ist der Stil leider immer noch flach, hölzern und vor allem vollkommen witzfrei. Bester Satz: „Wir betraten die Wälder nicht mehr“. Aber wie sagt man so schön - ein Satz macht noch keinen Sommer, äh, Schwalbe.
Fazit: So gern ich Dystopien habe, diese hier macht keinen Spaß. Ich bin enttäuscht. Der Ansatz ist ganz ok, aber man hätte den Roman mehr ausformen und ausführen, stilistisch bereinigen und insgesamt hochwertiger schreiben müssen. Vielleicht das nächste Mal.
Obwohl ich keine Biologin bin, habe ich einmal aufgeschnappt, dass Männer Mangelwesen seien und dass das ihnen eigene Y-Chromosom quasi nur ein kaputtes X sei. Die weitaus geringere Lebenserwartung von Männern und die höhere Sterblichkeit männlicher Säuglinge unterstreichen diese These. Dass es einmal keine Männer mehr geben könnte, weil sie quasi einer biologischen Auslese zum Opfer gefallen sind, ist dennoch eine seltsam groteske Überlegung - aber ist sie wirklich so weit hergeholt? Genau ein solches Szenario - eine Welt, die nur noch aus weiblichen Wesen besteht - entwirft Lilly Gollackner in ihrem Roman “Die Schattenmacherin”, erschienen im März 2024.
Die Welt im Jahr 2068 ist eine andere, wie wir sie heute kennen. Männer gibt es schon lange nicht mehr, im Jahr 2034 wurden alle “androtoken Homo Sapiens” von einer mysteriösen Seuche hinweggerafft. Eine Welt, die durch Klimawandel, Verdichtungskriege und Umweltzerstörung ziemlich klein und fast unbewohnbar geworden ist, in der Pflanzen ein Vermögen kosten und man sich ohne “Protektionscreme” und Schutzmaßnahmen keinesfalls der unbarmherzig brennenden Sonne aussetzen darf - ein Horrorszenario. Eine Welt, in der nur noch 283 469 Menschen leben…
Im Mittelpunkt der Handlung steht zum einen Ruth, seit 2036 “die Präsidentin” der noch bewohnbaren Welt, die mit ihren 70 Jahren von einer Jüngeren, Ania, abgelöst werden soll. Die Präsidentin hat in dieser potenziellen Zukunftswelt die Entscheidungsgewalt über “die fünf Bereiche, auf denen unsere Gemeinschaft fußt: Versorgung, Technologie, Wasser, Fortpflanzung und Sicherheit” (S. 66). Ruth hat Probleme mit ihrer Absetzung, mit ihrem “zukunftslosen” Dasein: “Was sie nicht akzeptieren kann, ist der emotionale Kontrollverlust. Dieses Fallen, Stürzen in die Erinnerung, ausgelöst durch Blicke und Gerüche. Als würde sich das Hier und Jetzt zersetzen in den Nebelgranaten des gelebten Lebens.” (S. 42)
Mir hat diese Klima-Dystopie literarisch sehr gefallen und mich thematisch gleichzeitig schockiert. Sie holt uns aus unserer gedanklichen Komfortzone und führt uns mit erschreckend nüchterner Präzision die möglichen Folgen eines menschengemachten Klimawandels vor Augen. Natürlich können nicht mal Zukunftsforscher:innen voraussagen, wie genau die Zukunft tatsächlich wird, aber Gollackner zeichnet in ihrem Roman eine mögliche Version derselben: Die freie Natur ist aufgrund der unbarmherzigen Sonneneinstrahlung ohne Schutzmaßnahmen unbetretbar geworden, die verbliebenen (weiblichen) Menschen leben unter gläsernen Kuppeln, Wälder sind absolute Schutzzonen, Wasser ein seltenes Gut. Ruth erinnert sich wie sie vor 40 Jahren (also etwa in unserer Gegenwart) Pola kennenlernte und diese damals schon vor der Wasserknappheit gewarnt hatte: “Versiegelung, trockene Böden, ausbleibende Regenphasen. Leergepumpte Grundwasserreservoirs.” (S. 48) Außerdem wird der Menschheit in dieser Phase klar, dass das “Patriarchat als Mittäter an der Vernichtung der Lebensgrundlagen” (S. 48) anzusehen ist: “Eine Frau zu sein, war das schon ein politischer Akt?” (S. 48)
“Die Schattenmacherin” ist ein feministisches Manifest, das für Vielfalt - auch menschliche - plädiert. Außerdem werden moralisch-ethische Fragen und der menschliche Umgang mit schweren Verlusten anhand der Protagonistin Ruth thematisiert. Das Buch macht außerdem mehr als deutlich, dass wir unsere Zukunft letztlich selbst in der Hand haben. Wir dürfen nicht zulassen, dass es eine solche Horror-Zukunft wie in “Die Schattenmacherin” sein wird und deswegen sollten wir sofort alles dafür tun, unseren Planeten zu retten. Wenn das nur so einfach getan wäre wie gesagt und nicht die größte Kollektivaufgabe, vor der die Menschheit vermutlich jemals gestanden ist…
Ich muss die Lektüre dieses Romans wohl etwas länger sacken lassen. Wenn einem eine solch erschreckende Zukunftsvision in so klaren und eindrücklichen Bilder vorgezeichnet wird, dann macht das etwas mit einem. Auch bin ich mir sicher, dass der Terminus “Androtoke” niemals mehr aus meinem passiven Wortschatz verschwinden wird. Schwere Themen auf relativ wenig Seiten sehr gekonnt umgesetzt - ich bin begeistert, bedrückt und bezaubert von diesem Buch. Letzteres vor allem von seinem Ende, das Hoffnung macht, Hoffnung auf eine bessere Zukunft!
“Die Schattenmacherin” von Lilly Gollackner spielt in einer nicht allzu fernen Zukunft, im Jahr 2068. Nachdem in den 30er Jahren eine Seuche sämtliche Männer dahingerafft hat, übernahm ein Rat aus fünf Frauen die Aufgabe, den Rest der Menschheit in eine neue Gesellschaft zu ordnen. An ihrer Spitze steht Ruth. Doch es kommt die Zeit für eine neue Generation - eine, die ohne Männer, ohne Krieg aufgewachsen ist. Und Ania, die für Ruth nachrückt, hat Fragen. Und sie lässt genauso wenig locker, wie Ruth ihre Geheimnisse enthüllen will.
Dieser kurze Roman - 156 (ebook) Seiten - aus dem Verlag Kremayr&Scheriau (vielen Dank für das Rezensionsexemplar!) hat mich unerwartet umgehauen. Stilistisch war das Buch zwar erst etwas gewöhnungsbedürftig, da es nicht dem vertrauten Mainstream folgt. Sprachlich war es aber genau deshalb so eindringlich, dass ich es kaum aus der Hand legen konnte. Die Worte fliessen und kreieren eindrückliche Bilder und philosophische Gedankenkonstrukte, lassen bedrückende und schmerzende Emotionen aufwallen und dezente Spannung entstehen. Man möchte meinen, dass die Seiten für die Konstruktion und Ausführung eines komplexen Zukunftsszenario mit zugehöriger Historie und dazu einer packenden Story und vielschichtigen Charakteren nicht reichen sollten. Doch weit gefehlt! Gollackner schreibt dicht und eindringlich, verwebt mehrer Erzählebenen in einem Satz und taucht tief in ihre Protagonistinnen, deren Vergangenheit und Gegenwart ab. Offen blieben für mich einzig einige Logikfragen zur globalen Logistik. Diese stören aber weder das Setting als solches, noch die Geschichte, ihre Thematik oder Message. Sie sind mir auch erst hinterher aufgefallen.
“Die Schattenmacherin” redet über das Patriarchat, über die Rolle der Männer und Frauen darin, über Kriege, die auf den Körpern von Frauen ausgefochten werden. Das Buch spricht über eine Gesellschaft ohne die einen, über Macht und Trauma - und was beides mit uns macht. Und es überzeugt mit sanfter Klugheit, einfühlsamer Sprache, lebendigen Charakteren, einem spannenden Setting und Szenario und einer unterschwelligen und zugleich atemlosen Spannung.
Eine Welt ohne Männer, die funktioniert oder eben auch nicht. Das Machtkampfdrama unter Frauen zwischen der jungen Nachfolgerin Ania und der einstigen Trümmerfrau Ruth, 70, jetziger Führerin einer Welt ganz ohne Männer spült tödliche Geheimnisse ihrer Amtszeit ans Tageslicht. In Rückblicken geht es um vergangene Kriegs-und Aufbauphasen unter männlicher Regentschaft, um Klimaveränderungen und um eine Seuche, nur. Männer dahin raffend. Das Jahr 2068 ist geprägt von Wasser- und Nahrungsrationierung unter sengender, tödlicher Sonneneinstrahlung. Mit derzeit 283469 nur weiblichen Personen ist das Zusammenleben durch ein starkes Reglement geprägt. Das patriarchale System wird als sehr problembehaftet voran gestellt, doch auch unter Frauen kommt es durch Ruth zu Machtmissbrauch, zur Verletzung der Regeln ohne bisherige Konsequenzen für sie. Die Nachfolgerin Ania strebt eine Neuordnung der Gesellschaft an. Inwieweit es unter einem reinen Frauenregime tatsächlich gerechter hinsichtlich Ressourcenverteilung, Bildungs- und Arbeitsmarktchancen etc. zugehen würde, kann man hier nur spekulieren, regt zum Nachdenken an. Zweifel bestehen auch, ob Machtmissbrauch, Gewalt und Unterdrückung tatsächlich nur ein männliches, anerzogenes oder angeborenes Phänomen sind. Viele Thematiken werden angeschnitten mit viel Interpretationsspielraum.
Die Schattenmacherin entführt uns in eine dystopische Welt des Jahres 2068, geprägt von sengender Hitze und rationiertem Wasser. Doch das Fehlen der Männer ist das bemerkenswerteste Merkmal dieser Welt, denn eine mysteriöse Seuche hat sie vor Jahrzehnten ausgelöscht. Im Mittelpunkt stehen zwei starke Frauen. Ruth, die langjährige Präsidentin dieser Welt, und die junge Ania, die die Männer um jeden Preis zurückbringen möchte. Zwischen ihnen entbrennt ein Generationenkonflikt, der Fragen nach Ressourcen, Macht und Identität aufwirft. Während Ania für Veränderung und Neuanfang steht, stemmt sich Ruth gegen diesen Wunsch, und es wird auch klar, dass sie Gründe dafür hat. Der Autorin gelingt es meisterhaft, eine faszinierende Welt zu erschaffen, die nicht nur mit ihrem futuristischen Setting, sondern vor allem mit den komplexen Charakteren zu fesseln weiß. Die Schattenmacherin ist ein packender Roman, der eine düstere Zukunftsvision präsentiert, gleichzeitig aber auch zum Nachdenken anregt. Die Autorin verwebt geschickt Spannung und Emotionen zu einer mitreißenden Geschichte, die noch lange nach dem Lesen im Gedächtnis bleibt. Wer dystopische Romane mit starken Charakteren und tiefgründigen Themen liebt, wird von Die Schattenmacherin begeistert sein.
Zunächst: Ich muss zugeben, dass ich diesem kleinen Roman nur sehr wenig Aufmerksamkeit schenken konnte. Vielleicht lag es daran, dass ich vor allem in der ersten Hälfte ein Slipstream-Gefühlt hatte (von der Autorin intendiert?). Gegen Ende hat die Geschichte dann schon noch an Fahrt und Klarheit aufgenommen. Das ABER ist unabhängig davon: Wir haben da ein großes Gedankenexperiment vor uns? Was ist, wenn es keine Männer mehr gibt, der letzte Mann schon einige Zeit her ist? Wie entwickelt sich die Gesellschaft? Ist es vorbei mit den Kriegen? Wie arbeiten die Menschen, die Frauen jetzt nur mehr, zusammen? Wie entwickelt sich die Politik im Allgemeineren? Wie entwickeln sich die Medien? …? - In diesem Text erhalten wir aber nur Einblick in die Mühen der obersten Führungsriege. - Ein Königinnendrama.