Inzwischen ist Martin Sonneborn nicht mehr so naiv: Als er 2019 zum zweiten Mal ins Europaparlament gewählt wird, weiß er bereits, wie in der EU Politik gemacht wird – und kennt alle Tricks. Das ist auch gut so, denn in seiner zweiten Amtszeit geht es in Europa um alles. (Fast).
Die Legislaturperiode beginnt mit einer Überraschung. Ursula von der Leyen wird Kommissionspräsidentin. Martin Sonneborn beschreibt, wie es dazu kommen konnte und stellt gleich noch die seltsamsten Kommissare vor. Und dann wird Politik gemacht: In Brüssel (und Straßburg) wird der Green Deal verhandelt, Position bezogen im Bergkarabach-Konflikt und die digitale Überwachung der Bürger in der EU neu geregelt. Hunderte Entscheidungen, die für Millionen EU-Bürgerinnen und -Bürger Alltag werden – und bei denen man gelegentlich sehr, sehr viel Humor braucht, um nicht in der MEP-Bar zur Flasche zu greifen. Oder die Sinnfrage zu stellen. Zum Glück hat Martin Sonneborn gute Ideen, um Europa in die richtige Richtung zu bewegen. Sein Vorschlag: EU-Verkleinerung statt EU-Erweiterung, Nobelpreise für Assange, Europa nicht den Leyen überlassen …
Das Buch ist eine Reise in ein paralleles Universum. Sie führt Leserinnen und Leser in die Büros der EU-Verwaltung, in das Londoner Hochsicherheitsgefängnis „Hellmarsh“ und sogar nach Ostdeutschland (mit Gregor Gysi). Sie ist informativ, schockierend und lustig.
Es ist erschreckend zu lesen, was bei der EU alles falsch läuft. Das Buch verschafft einen guten Überblick über die Skandale und Ereignisse der letzten Jahre mit einem Mix aus Zeitungsartikeln, Tweets und Erläuterungen von Sonneborn selbst. Sein Humor ist oft nicht meiner, aber ich habe durch die Lektüre viele politische Themen und Ereignisse besser verstanden bzw. erst von ihnen erfahren. Der erste Band war vielleicht unterhaltsamer und lustiger, aber dieser Band war definitiv informativer.
Satiriker Martin Sonneborn ist als Abgeordneter der „Partei“ im Europaparlament der Stachel im Fleisch der meisten übrigen Abgeordneten und der EU-Kommission. Mit beißendem Spott versucht er, Berichten und Artikeln über Machtmissbrauch, Korruption und sonstigen Defiziten der EU eine breitere Öffentlichkeit zu geben. Dieses Buch ist die Fortsetzung von „Herr Sonneborn geht nach Brüssel“ und behandelt weitgehend Sonneborns zweite Amtszeit als EU-Parlamentarier. Das Buch ist eine Art Tagebuch, gespickt mit Online-Zitaten, Redebeiträgen und sonstigen Veröffentlichungen von Sonneborn. Das ist mitunter etwas redundant und wer Sonneborn auch ansonsten verfolgt, wird sich an einige Dinge erinnern. Daher als Lektüre eher durchschnittlich, dennoch halte ich meine Stimme bei den letzten Europawahlen immer noch für gut angelegt.
Disclaimer: Ich war eine der Personen, die Martin Sonneborn ins Europaparlement gewählt haben. Schon seinen ersten Erlebnisbericht „Martin Sonneborn geht nach Brüssel“ habe ich daher 2019 mit Genuss gelesen. Wobei diese Wortwahl natürlich etwas missverständlich ist. Gute Laune kommt bei Sonneborns Schilderungen eher selten auf. Ja, DIE PARTEI ist eine Satirepartei und natürlich geht es da ums Lachen und um Humor. Aber Satire tut eben auch manchmal weh (meistens sogar), vor allem, wenn sie so den Finger in die Wunde legt, wie Sonneborn es hier tut.
Während das Buch zur ersten Legislaturperiode zumindest noch in Teilen vom Staunen des normalen Menschen im Angesicht des Europaparlaments-Wahnsinns lebte und man Sonneborn dabei über die Schulter sehen konnte, wie er sprachlos so viel machtvollem Politik-Irrwitz beiwohnt, hat sich der Ton nun in „Martin Sonneborn bleibt in Brüssel“ gewandelt. Die „Unschuld“ des ersten Buchs haben Autor und Leser hinter sich gelassen. Als alter Hase kennt sich Sonneborn in Straßburg und Brüssel nun schon ziemlich gut aus. Das gibt ihm die Gelegenheit, tiefer in die Machenschaften, Hintergründe und korrupten Seilschaften einzusteigen, aus denen sich der Politikbetrieb offenbar speist. Der Informationsgehalt dieses Buches ist immens. Will man alles, was Sonneborn hier aufdeckt und postuliert, nachrecherchieren, so ist man auf Monate hinaus beschäftigt.
Ja, Sonneborn ist Satiriker und es geht auch durchaus lustig zu – gerade wenn er Aktionen der PARTEI beschreibt. Da kann man schmunzeln, auch wenn manches ziemlich juvenil daherkommt. In großen Teilen jedoch ist „Martin Sonneborn bleibt in Brüssel“ eine bitterböse Abrechnung mit der Kaste der Berufspolitiker, die laut Sonneborn in jedem Fall korrupt, bestechlich und unmoralisch ist. Besonders hat er es auf Ursula von der Leyen abgesehen. Man erinnere sich – das ist die Frau, die niemand von uns gewählt hat, weil sie gar nicht zur Wahl stand. An von der Leyen arbeitet er sich immer wieder ab, man muss der Frau aber zugestehen, dass sie auch wirklich ein gutes Ziel abgibt. Darüber hinaus deckt er Kapitel für Kapitel Machenschaften und Hinterzimmergeschäfte auf. Von manchen hat man vielleicht in den Nachrichten gehört – die Sau, die für eine Woche durchs Dorf getrieben wird, um dann von etwas anderem verdrängt zu werden. Vieles aber bleibt dem armen Bürger allerdings stets verborgen, denn – auch das bemängelt Sonneborn – es gibt in der Presse keine vierte Gewalt mehr. Der Journalismus hat sich angebiedert, ist brav geworden, denn er profitiert selbst. Da wird er doch die Hand nicht beißen, die ihn füttert.
Und so klüngeln die Mächtigen vor sich hin und die von ihnen Regierten haben praktisch keine Chance, sich dagegen zur Wehr zu setzen. DIE PARTEI und damit auch Sonneborn haben es sich zur Aufgabe gemacht, diese Wahrheiten mit Humor und spitzer Zunge aufzudecken. Diesen Stiefel ziehen sie durch, immer und immer wieder. Es ist auch durchaus legitim, dies zu tun, doch kann die Arbeit der PARTEI eigentlich nur der erste Schritt auf einem Weg zur Besserung sein. Denn obwohl Sonneborn als Politiker ins Europaparlament gewählt wurde, scheint er relativ wenig Politik zu machen. Vielmehr beschäftigt er sich mit Recherchen, Beobachtungen und (politischen) Aktionen. Von tatsächlicher politischer Arbeit – also letztlich dem Zersetzen der Institution EU von innen heraus – erfährt man als Leser jedoch fast nichts.
Das ist schade. Schließlich kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass man es hier mit einem Mann zu tun hat, der das Herz am rechten Fleck trägt (nämlich links) und der sich von einem zielsicheren moralischen Kompass leiten lässt – etwas, dass Politikern in der Regel zu fehlen scheint. Wie wäre es, wenn er dies auch in wirklicher politischer Arbeit einbringen würde? Nun ja, vielleicht tut er das ja auch, nur erfährt man aus seinem Buch recht wenig davon.
Man muss nicht mit jeder von Sonneborns Positionen zu bestimmten Themen übereinstimmen. Die Lektüre dieses Buchs wird sich trotzdem lohnen, denn ein so geballter Schatz an gesammelten Geschichten zu Korruption, Bestechlichkeit und Vetternwirtschaft in unserer ach so hehren und demokratischen EU findet sich sonst selten. Es besteht während der Lektüre natürlich die Gefahr, dass man in eine politische Depression abgleitet. Dagegen kann – und will – scheinbar auch Sonneborn nichts tun. Die Wahrheiten, die er verkündet, kommen vielleicht mit einer Pointe daher, aber sie tun weh und machen wütend. Darauf sollte man auf jeden Fall gefasst sein, wenn man dieses Buch zur Hand nimmt.
Eine Pflichtlektüre für jeden, der in der nächsten EU-Wahl an die Urne tritt. Und auch für alle, die dies nicht tun werden.
Für mich fällt das Buch deutlich hinter dem ersten Teil ab, was aber auch an der ereignisärmeren Zeit während der Corona Jahre liegen könnte.
Grundsätzliche hat das Buch einen informativen Charakter. Liest man es als solches, ist es in Ordnung. Für mich persönlich blieb der Unterhaltungswert aber auf der Strecke.
Alles in allem eine lustige, satirische Kommentierung des Geschehens in der EU und seiner Mitgliedstaaten. An manchen Punkten vergreift sich Sonneborn meiner Meinung nach jedoch ein wenig im Ton.
So viel Potential. 2019 habe ich Martin Sonneborn und Nico Semsrott noch ins EU-Parlament gewählt, von Nico bin ich immer noch großer Fan, von Martin Sonneborn nicht mehr wirklich. Und das hat sich auch mit diesem Buch wieder bestätigt. Politisch ist das so wahnsinnig interessant, was va. die EU-Kommission fleißig verbockt, wie schlecht die Weltlage teilweise aussieht, ohne dass die breite Öffentlichkeit davon mitbekommt (oder Medien eben lieber davon berichten, dass PARTEI-Mitglieder in den Fernsehgartenpool gehüpft sind, statt über den Angriff auf und die Annektion von Bergkarabach durch den EU-Partner Aserbaidschan). Das ist wieder wirklich gut gemacht gewesen und locker erzählt, in einer Mischung aus persönlichem Erfahrungsbericht und Zeitungsartikeln oder bspw. Internetkommentaren. Und inhaltlich auch einfach wahnsinnig erschreckend. Aber dann kommt eben der Sonneberg'sche "Humor" durch, der wieder einmal beweist, dass Sonneberg auch ein alter weißer Mann ist. Von seinen fettfeindlichen oder aufs Äußerliche negativ reduzierten Beschreibungen oder Benennungen von ihm verachteter Politiker:innen (von der Leyens Betonfrisur, Peter Altmeiers Gewicht, Elmar "Brocken"s Gewicht), bis hin zu rassistischen Witzen und Seitenhieben (L/R-antiasiatische Kommentare, bewusst falsche Aussprachen,...) wegen denen ja letztlich auch Nico die PARTEI verlassen hat, das ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Und das Buch ist gespickt davon, inklusive - im Rahmen der Nico-Ausstiegs-Diskussion getätigten - Angriffen auf die ach so politisch korrekte Generation Z, die sich aber nicht um die Befindlichkeiten von Minderheiten kümmern soll, sondern um wichtige Dinge?! Ich mein wo sind wir hier, im BSW-Parteiprogramm? Dazu passend übrigens auch, dass Sonneborn sich verteidigt hat, weil er das unsägliche Pamphlet von Putinknecht & Schwartzer unterschrieben hat, das hatte ich schon wieder vergessen und das hat mich dran erinnert, dass ich Sonneborn eigentlich eh meiden wollte. Das war wirklich alles wahnsinnig anstrengend, und das Buch hätte so viel Potenzial gehabt - da aber dann vielleicht lieber Nico Semsrotts Buch "Brüssel sehen und sterben" lesen. Das kritisiert aber eher den EU-Apparat an sich statt die Weltlage und wie sich die EU da verhält.
Witzig, unangenehm und wichtig. Als spaßiger Krawallmacher angetreten, hat sich Sonneborn über die Jahre zum wichtigsten Kämpfer für Transparenz gegenüber den Machenschaften des EU-Parlaments gemausert. Das Buch ist deutlich schwermütiger als sein Vorgänger, dafür schärfer, treffender und relevanter.
Manche Dinge der letzten Jahre waren komplett an mir vorbeigegangen (zB Stanislav Tomáš, Stichwort "No Czech Floyd"), andere hatte ich schon fast wieder vergessen (Maskendeals, Cambridge Analytica) und wieder andere sind immer noch aktuell (Julian Assange, Bestechungen aus Aserbaidschan, Katargate, Verfahren gegen von der Leyen,......) Insgesamt ganz spannend. Die von der PARTEI initiierten oder unterstützten Aktionen haben mir fast am besten gefallen, aber am meisten beeindruckt war ich letztlich von der Beschreibung, dass es in Belgien scheinbar Drohnen der Polizei gab, die zu Coronazeiten Fußgänger aufgefordert haben Abstand zu halten.
5 Sterne - Favorit! UNBEDINGT LESEN - egal, was man für politische Ansichten hat! Leseempfehlung für alle! Sehr, sehr wichtige Einblicke, Infos und Analysen rund um EU-Politik, aber auch in deutsche, europäische Politik und das Weltgeschehen. Enthält Abdrucke von seinen Reden, YouTube-Videos und Artikeln von seiner Homepage, ergänzt um Annekdoten und Kommentare. (Ich lese viel lieber das Buch als mir bspw. die Videos anzuschauen.) Natürlich auch wieder witzig (bei der Schilderung von bitterernsten und fassungslosen Skandalen).
Besser als das erste Buch, da unnötige Kommentare, die nicht sein mussten und unter die Gürtellinie gehen, fehlen.
Ich verfolge DIE PARTEI und Martin Sonneborn schon länger und kenne auch das erste Buch. Trotz der Kritik um seine Person halte ich ihn für einen der wohl besten Abgeordneten in diesem Parlament.
Dieses Buch ist eindeutig die Fortsetzung des ersten, wenn auch mit weniger Witz und dafür mehr Kritik und Inhalt, der leider nötig ist angesichts der vielen Krisen der letzten Zeit. Es ist wirklich erschreckend wie wenig wir in Deutschland von den kurios illegalen Aktionen der EU mitbekommen. Ein grandioses Buch für jeden, der sich für Politik interessiert. Aber bitte erst den ersten Teil lesen/hören.
Ein Buch, das meine Überzeugung gestärkt hat, dass es richtig war, mit meiner Stimme den Autor erneut ins EU-Parlament zu wählen. Die satirischen Momente wechseln sich mit ernüchternden Beschreibungen des Politikalltags in Brüssel und dem Kampf um eine menschenwürdige und verantwortungsvolle Politik im Parlament ab. Gut geschrieben und inhaltlich durchdacht.
Vielen Dank Herr Sonneborn für diesen Einblick ins System. Doch was nun mit der Erkenntnis. Auch die entsprechende Prise Ironie gefällt mir sehr, vor allem die Reden, mit denen Sie das Parlament beglücken finde ich erfrischend, wenn auch wenig wirksam. Leider. Nun kommen Sie bitte noch ins Handeln.
Ein großartiges Buch, welches einen unerwartet tiefen Blick in die korrupten und intransparenten Machenschaften der EU gibt. Der Autor ist vom Satiriker zum wichtigsten deutschen Journalisten und Oppositionspolitiker des EU-Parlaments geworden. Ich freue mich schon auf die nächsten vier Jahre Zwingersmiley.
Das Buch ist im Prinzip ein Bericht über seine Arbeit in seiner 2. Amtszeit im Europaparlament. Dabei wird viel Humor mit sehr guter Oppositionsarbeit verbunden.