«Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen. Rahn schießt. Toooor!»
Jeder Fußball-Fan kennt diese Sätze. Der deutsche Triumph 1954 gilt bis heute als ein Wunder. Manche sehen in ihm sogar die wahre Geburtsstunde der Bundesrepublik. Tobias Escher gelingt es, anhand der legendären Weltmeisterschaft ein Stück deutscher Geschichte zu erzählen - schließlich waren fast alle deutschen Spieler noch als Soldaten im Krieg, fünf Jahre zuvor war Deutschland noch besetzt gewesen, von einer Bundesliga konnte man in den Fünfzigerjahren nur träumen. «Das Wunder von Bern» schildert auch das Leben nach dem Erfolg, das nicht selten wenig glamourös war, manchmal sogar in den Alkoholismus führte. Was waren das für Spieler, die aus einem zerstörten Land ohne Profi-Liga kamen und die als unschlagbar geltenden Ungarn besiegten? Und was wurde aus ihnen? Tobias Escher verknüpft ihre Lebenswege mit dem Fokus auf Rahn und den Walter-Brüdern zu einer großen Erzählung über das Deutschland jener Zeit und die Auswirkungen unverhofften Ruhms.
Die Weltmeister von Bern startet mit dem offensichtlichsten Prolog, den man sich hätte aussuchen können. Natürlich mit dem Zimmermann-Kommentar, natürlich die üblichen Sätze über einen Moment, den vermutlich jeder Deutsche absolut auswendig kennt. Erstmal nicht der spannendste Einstieg in ein Buch über das Wunder von Bern (auch wenn der Begriff Wunder die Fähigkeiten des deutschen Teams doch ein wenig geringschätzt), aber Tobi Escher hat das clever gemacht, denn nachdem auf den Prolog für die erste Hälfte des Buchs die Lebensgeschichten von (vor allem) Ottmar Walter und Helmut Rahn folgen, kommen die Leser wieder bei diesem Moment an und das funktioniert echt gut. Da war zwar wenig Neues dabei, aber für die vielen Stunden, die ich als Kind Bücher über das Turnier, den FCK und Fußball generell gelesen habe, kann das Buch nichts. Insgesamt ist Escher da ein guter Mix gelungen. Fußball macht natürlich ein Gros des Inhalts aus, aber entgegen meiner Erwartungen lässt er auch den Jahren nach den Karrieren viel Raum und erzählt echt packend wie die Spieler mit ihren Dämonen zu kämpfen hatten. Insgesamt eine positive Überraschung, kann Tobi gerne wieder machen.