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Oben ohne

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Nippel sind banal – oder erotisch. Normal – oder skandalös. Alltag – oder Gerichtssache. Was den feinen Unterschied macht, ist das (zugeschriebene) Geschlecht des Menschen, zu dem die Nippel gehören. Und es ist auch dieser feine Unterschied, der den Nippel immer wieder zu einem Politikum macht.
Als Gabrielle Lebreton sich 2021 an einem Berliner Wasserspielplatz oben ohne neben ebenfalls halbnackten Männern sonnen will, wird sie ermahnt, die Polizei wird gerufen und sie verliert im Nachgang vor Gericht – zumindest in erster Instanz. Im gleichen Jahr erstreiten Aktivist*innen in Göttingen, dass in Schwimmbädern alle Geschlechter oben ohne baden dürfen – allerdings nicht am Wochenende. Und während Social-Media-Konzerne sich beim Eindämmen von Hate Speech und Fake News schwer tun, müssen weibliche Nippel sorgfältig zensiert werden. Aus Angst wovor eigentlich?
Julia Fritzsche blickt zurück in die Geschichte der Ver- und Enthüllung menschlicher Körper, um Rückschlüsse auf einen politischen Kampf im Heute zu ziehen. Wann wurde die weibliche Brust erotisch, wann dominierte historisch Scham und wann Befreiungsdrang? Lassen sich weibliche Nippel im öffentlichen Raum entskandalisieren ? Wie die aktuellen Kämpfe um #FreeTheNipple ausgehen, ist offen. Klar ist Der Umgang mit unseren Brüsten ist politisch – und es geht um mehr als um die Badeordnung.

230 pages, Kindle Edition

Published May 16, 2024

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About the author

Julia Fritzsche

4 books4 followers

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Displaying 1 - 7 of 7 reviews
Profile Image for Jodi.
2,282 reviews43 followers
June 14, 2024
Sobald die Temperaturen steigen, sehen wir sie überall: Männer ohne Shirt. Manchmal auch im Club, im Fitnessstudio, beim Einkaufen - sie sind überall, nicht nur im Freibad. Sobald aber eine Frau ihr Shirt, und vielleicht sogar ihren BH, in der Öffentlichkeit auszieht, ist dies ein Skandal.

Warum ist dies so? Wieso ist das "Nippel-Thema" so wichtig? Wieso fühlen wir uns unwohl, wenn Frauen sich oben ohne zeigen? Diesen und anderen Fragen geht Julia Fritzsche in diesem Buch auf den Grund. Und brachte mich damit zum Staunen, denn vieles, was ich als normal betrachtet habe, entblösst ein schreckliches Antlitz.

Denn tatsächlich verbirgt sich sehr viel hinter diesem Phänomen. Es ist ein klarer Machtanspruch von männlich gelesenen Personen und eine Diskriminierung gegenüber jenen, welche weiblich gelesen werden. Gemeinsam mit Fritzsche begeben wir uns auf eine Spurensuche, welche sehr weit zurück reicht.

Das Buch ist klar und sachlich geschrieben, auch wenn Fritzsches Standpunkt deutlich unterstrichen wird. An manchen Stellen brachte mich der Zynismus auch ein wenig zum Lachen, auch wenn es hier eigentlich nichts zu Lachen gibt. Mir ist nun viel bewusster, in welchen kleinen Details sich das Patriarchat zeigt. Oftmals ist es noch nicht einmal Oben Ohne-Martin bewusst, was er mit seiner blanken Brust aussagt.

Ein wirklich lesenswertes Buch, das mir die Augen weit aufgerissen hat. Auch wenn mir bewusst, dass ich noch weit von Fritzsches Mut entfernt bin, so möchte ich doch die Lektüre im Hinterkopf bewahren und mir die gegebenen Informationen immer wieder vor Augen führen.
Profile Image for Rici.
17 reviews2 followers
November 25, 2024
Smart und umfassend aufklärend. Ab jetzt wird mehr oben ohne getragen 🩷
Profile Image for Feline Fleck.
19 reviews1 follower
September 26, 2024
Habe diesen Sommer seit dem Buch kein Bikinioberteil merh getragen :)
99 reviews1 follower
August 5, 2024
"Männer tragen Nippel, Frauen tragen Risiken."

"Jede dritte Frau in Deutschland erfährt laut Dunkelfeldstudien mindestens einmal in ihrem Leben Gewalt. Oft geschehen diese Taten, weil die Täter denken, dass sie über die Frau verfügen können. Oft wollen sie mit Erniedrigung ihre Macht aufrechterhalten oder herstellen. Diese Idee der male supremacy braucht eine hierarchisch verfasste Zweigeschlechtlichkeit, und diese hierarchisch verfasste Zweigeschlechtlichkeit braucht Symbole. Das Oben-ohne-Verbot für Frauen ist ein solches Symbol. Und die Kraft dieses Symbols geht sogar über körperliche Fragen hinaus. Wenn wir die Freiheit einer Gruppe in einer Angelegenheit einschränken, liegt es nahe, dass wir sie auch in anderen Angelegenheiten einschränken können. Wenn sie nicht mal über ihren Körper bestimmt, das Existenziellste überhaupt, dann steht in Frage, ob sie in anderen Lebensbereichen selbst bestimmen sollte, was sie macht, ob sie arbeiten darf oder wählen."

"“Wieviel Dekolleté darf eine Kanzlerin zeigen?”, titelte die Welt. »Merkel will Großmacht werden«, spottete die Zeit. Denn wir dulden vor allem dann mächtige Frauen, wenn sie nicht aussehen wie Frauen. Denn wer in erster Linie Körper ist, kann nicht gleichzeitig Geist haben. Der Mann schon.
Denn in unserer Kultur gilt: Der Mann hat einen Körper, die Frau ist ein Körper. Für Frauen aber gehen Körper und Geist nicht zusammen. Auch und gerade in der Politik wirst du entweder ernstgenommen oder du hast Brüste.
Dabei ist doch das bekannteste Sinnbild für Freiheit und Demokratie in Europa, die »Marianne«, eine Frau oben ohne. Wie kann das sein?"

"Dass es trotz feministischer Bewegungen und Errungenschaften immer noch so oft gelingt, Frauen für ihren Körper mit Scham zu erfüllen, hat mit der tiefsitzenden dichotomen Vorstellung Mann=Geist und Frau=Körper zu tun.
Während Männer sich in unserer Gesellschaft leichter für sanftmütige Gefühle beschämen lassen, weil das bedeute, dass sie ihren Verstand nicht unter Kontrolle haben, lassen sich Frauen leichter für ihren Körper beschämen - und Nicht-Binäre für ihre ganze Existenz, weil sie ja nicht vorgesehen ist. In diesem Narrativ dürfen Männer nicht weinen und Frauen nicht auf ihr Äußeres scheißen."

"Denn wer einen Körper nicht einfach nur hat, sondern ein Körper ist, beweist seinen Wert damit, dass er diesen Körper für den Blick von außen in Ordnung hält. Tun Frauen das nicht oder nicht ausreichend, erklären wir ihre Körper für verbesserbar, falsch, obszön. Ignorieren sie Beschämungen, zum Beispiel indem sie sich einfach selbstbestimmt obenrum ausziehen wie Männer, erklärt das Patriarchat dies als
verstörend«, »provokant«, »belästigend« oder zum »öffentlichen Ärgernis«. Denn: »In einer patriarchalen Gesellschaft werden insbesondere Frauen beschämt, weil es ein Instrument zum Erhalt von Macht und Herrschaft ist und es in dieser Gesellschaft wichtig ist, das Verhalten oder die Körper von Frauen zu kontrollieren. (...) Scham ist eine Methode, Menschen auf ihren Platz zu verweisen«, so Schamforscherin Laura Späth. Dabei würden aber selten nur einzelne Facetten einer Person beschämt, beschreibt sie, sondern Scham beziehe sich auf die ganze Person. Beim Schamgefühl steht eigentlich unsere Identität als Ganzes auf dem Spiel.« Wann insbesondere weiblich gelesene Menschen sich für nackte Körperstellen schämen sollen, unterschied sich in der Geschichte und je nach Kultur immer wieder, mal sollten sie sich für Knöchel schämen, mal für Schenkel, mal für Nacken, mal für Dekolletés, mal für Haare. Ob wir aber den ganzen Oberkörper zeigen, diese Frage stellte sich für alle Geschlechter im kalten Europa vor allem zur warmen Zeit - und zum Baden und Sonnenbaden."

"Wie unsere Körper repräsentiert werden und wie wir sie selbst präsentieren dürfen, ist zentral für feministische Kämpfe, so Nead: »Wenn Feminist-innen den weiblich gelesenen Körper zurückerobern, heilst das, dass sie die Autorität patriarchaler Grenzen herausfordern, Grenzen der Ge-schlechter, Grenzen der Identitäten, Grenzen von Kunst und Obszönem, Grenzen von Erlaubtem und Verbotenem.«" Über den weiblichen und queeren Körper selbst zu bestimmen, trifft ins Herz des Patriarchats und seiner Grundprinzipien, wonach wir uns dem männlichen Willen und Blick fügen. Heute, wo wir uns alle günstig selbst fotografieren, filmen und diese Bilder verbreiten können, scheinen diese eigenen Bilder in unserer Hand zu liegen. Doch tatsächlich bestimmen auf der Straße immer noch Justiz und Öffentlichkeit, was wir zeigen dürfen, und im Netz die unsichtbare Algorithmen-Hand des digitalen Marktes. Und nach wie vor sind körperliche Liberalisierungen wie in den 70ern und 80ern oder die heutigen queerfeministischen, sexpositiven und bodypositiven Bewegungen bedroht durch konservative, religiöse, rechte und faschistische Stimmen, die diese Freiheiten ablehnen. Denn die Rechte ahnt mehr als sie weiß: Körperliche und sexuelle Freiheiten sind mit sozialen und gesellschaftlichen Freiheiten verbunden und damit Teil - und oft Beginn - sozialer Revolutionen."

"Sich oder etwas nicht der binären Ordnung unterzuordnen, beschrieb die bulgarisch-französische Theoretikerin Julia Kristeva als das Abjekt: nicht Subjekt, nicht Objekt, sondern etwas dazwischen. Oft empfinden wir dabei Abneigung, analysiert sie, weil etwas nicht das eine oder das andere ist, zum Beispiel Demenzkranke (nicht tot, aber auch nicht richtig lebendig), Schleim (nicht flüssig, nicht fest) sowie alle Elemente, die mal in uns sind, mal außerhalb von uns (Tränen, Urin, Blut, Fäkalien). Dazu gehört für Kristeva auch Schwangerschaft, zeigt sie doch den Übergang zwischen Existenz und Inexistenz sowie zwischen Selbst und Anderem. Dabei sind all diese fließenden Übergänge menschlich - wie eben die fließenden Übergänge zwischen den Geschlechtern. Doch reaktionäre und faschistische Stimmen entwickeln bei all dem körperlich Fließenden, Konturlosen Ekel und Ablehnung, wie auch Theweleit beschreibt."

"Gerade Verhüllung ist ja oft erotisch, denn es drückt einen individuellen Stil aus und lässt Raum für Phantasie. Deswegen kommt Angezogensein meist mit dem Angezogensein. Selten hören wir, ein Pärchen hätte sich in der Sauna kennengelernt."

This entire review has been hidden because of spoilers.
Profile Image for lena.
23 reviews1 follower
November 28, 2024
Wichtig und richtig! Das Buch hat mir auf jeden Fall meine eigenen blinden Flecken in meinem Feminismus gezeigt, die ich aufgrund meiner Sozalisation von mir aus sonst wahrscheinlich nie gesehen hätte.
Displaying 1 - 7 of 7 reviews

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