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Kleine Monster: Roman

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Pia und Jakob sitzen im Klassenzimmer der 2B, ihnen gegenüber die Lehrerin ihres Sohnes. Es habe einen Vorfall gegeben, mit einem Mädchen. Pia kann zunächst nicht glauben, was ihrem siebenjährigen Kind da vorgeworfen wird. Denn Luca ist ein guter Junge, klug und sensibel. Sein Vater hat daran keinen Zweifel. Aber Pia kennt die Abgründe, die auch in Kindern schlummern, das Misstrauen der anderen erinnert sie an ihre eigene Kindheit. Sie lässt ihren Sohn nicht mehr aus den Augen und sieht einen Menschen, der ihr von Tag zu Tag fremder wird. Bei dem Versuch, ihre Familie zu schützen, wird Pia schließlich mit ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert. Ein fesselndes psychologisches Drama über die Illusion einer heilen Kindheit.

257 pages, Kindle Edition

Published July 22, 2024

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About the author

Jessica Lind

2 books8 followers

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Community Reviews

5 stars
431 (34%)
4 stars
578 (46%)
3 stars
189 (15%)
2 stars
33 (2%)
1 star
3 (<1%)
Displaying 1 - 30 of 153 reviews
Profile Image for Ernst.
645 reviews28 followers
November 24, 2025
Ein Pageturner, in dem nie ganz klar ist, wer was getan hat, wer „Schuld ist“. Sehr gut komponiert, man erfährt in Rückblicken, was damals in Pias Kindheit geschah. Bzw. man erfährt es immer nur in kleinen Happen. Das dunkle Ereignis, das über der Familie schwebt und sich nun in Pias eigener Familie fortsetzt.

Sprachlich war es mir auf die lange Strecke etwas zu einfach, deshalb nur 4 Sterne; man befindet sich halt in den Gedanken der Protagonistin, und die sind mal authentischer, mal etwas zu konstruiert, damit man als Leser der Geschichte folgen kann, aber es liess sich nichtsdestotrotz sehr flüssig lesen.

Mir hat besonders die etwas andere mütterliche Einstellung Pias gefallen, ihre teils sehr genauen Beobachtungen von Beziehungen und dem Auftauchen der kleinen Risse und Abgründe.
Profile Image for Literatursprechstunde .
196 reviews93 followers
August 17, 2024
Jessica Lind wirft mit „Kleine Monster“ die Frage auf, ob Kinder wirklich so unschuldige Wesen sind?!

Ein Vorfall in der Schule führt zu einer Unterredung der Grundschullehrerin mit den Eltern von Lucas. Aber wie hat sich der Zwischenfall mit dem Mädchen und ihm - allein im Klassenzimmer - nun wirklich zugetragen?
Pia, Jakob und ihr kleiner Sohn scheinen eine glückliche Familie zu sein - doch der Vorfall (über den wir nur wage Details erfahren) bringt sie in einen Strudel von unglückseligen Verkettungen. Sie werden aus der Klassen-WhatsApp-Gruppe entfernt - ihnen wird die Möglichkeit der Verteidigung ihres Sohnes entzogen.

Es kommen Zweifel in Pia auf - ist ihr Sohn wirklich so unschuldig, wie sie glaubt, oder steckt in ihm vielleicht doch ein „Kleines Monster“?! Hat er alles erzählt von dem Vorfall oder doch etwas verschwiegen? Wie manipulativ kann ein kleiner Junge sein?
Durch die Perspektive der Ich-Erzählerin Pia erfahren wir ihre innere Transformation. Ihr Blickwinkel ändert sich und sie beginnt den Vorfall akribisch unter die Lupe zu nehmen. Sie durchdenkt die kleinsten Kleinigkeiten und wird von einer unerschütterlich liebenden Mutter zu einer mit Skrupeln behafteten Erziehungsberechtigten. Eine Reflektion und Analyse ihrer eigenen Kindheit folgt, in der sie über ihr Verhalten als Schwester nachdenkt und sie zieht Bilanz: Sie erkennt ihre Adoptivschwester Romi in ihrem Sohn wieder, um die sich immer ein Geheimnis wob und spürt eine Verantwortung, es zu lüften.

In einem zweiten Handlungsstrang erfahren wir von Pias Kindheit - wie sie aufgewachsen ist und wie ihr Verhältnis zu ihren Eltern war. Sie ist Älteste von drei Schwestern: Romi war die Mittlere und Adoptivkind, das schon immer eigene Wege ging und die Jüngste, Linda, hat verblüffende Ähnlichkeit mit ihrem eigenen Sohn und ist auf tragische Weise mit nur vier Jahren in einem See in der Nähe des Elternhauses ertrunken.

Diesen Unfalltod würde ich als Herzstück des Romans bezeichnen. Auf traumatische Weise prägt er Pias Beziehungen, ihre Persepektive auf Erziehung und ihren Sinn für Familie.
Sie selbst erfuhr eine stringente Härte in der eigenen Erziehung, geprägt durch Peinigung und Maßregelung (auch für unwichtig anmutende Vergehen) - sie könnte ein Buch über all die Züchtigungen und Strafen schreiben, die ihre Eltern ihr auferlegten. Durch Härte versuchten die Eltern die Kontrolle zu behalten - aber ist das der richtige Weg, oder verliert man sie durch solches Verhalten eher?!
Pia verließ schließlich ihr Elternhaus.

Im Laufe der Lektüre ist mir immer klarer geworden, wie sehr wir von unserer Kindheit geprägt sind - erst recht Pia, deren Trauma ihr ständiger Begleiter ist und die von ihrer Vergangenheit eingeholt wird. Die Quintessenz ist eine ständige Neubewertung von Beziehungen, von Kommunikation (sei es aktuell oder vergangen) und ein Auseinanderklamüsern von Situationen, die mehr im Zentrum unseres Lebens stehen, als wir zunächst dachten.
Was sind die wahren „Kleinen Monster“ unseres Lebens?! Jessica Lind macht klar, dass wir uns in einem ständigen Prozess in Auseinandersetzung mit uns Selbst, prägenden Situationen und Beziehungen in unserem Leben befinden und dass wir auf dem richtigen Weg sind, wenn wir all die Zweifel, Ängste, Ärgernisse zulassen - denn nur so ist eine Weiterentwicklung unseres Selbst möglich und bildet die Basis für Zufriedenheit im Leben.




Profile Image for J M Notter.
82 reviews12 followers
December 6, 2025
4.5* bewegende Geschichte einer Mutter, die ihr Kindheitstrauma auf ihren 7jährigen Sohn projiziert. Und ja Kinder können immer mal wieder "Kleine Monster" sein.
Profile Image for LeserinLu.
322 reviews38 followers
August 27, 2024
Für mich hat sich der Roman, der eigentlich ein Familiendrama darstellt, wie ein Psychothriller gelesen. Ich fand ihn unheimlich spannend und atmosphärisch dicht geschrieben, da war kein Wort zu viel und trotzdem gab es immer wieder einfühlsame, kreative Sprachbilder und Beschreibungen.

Im Zentrum der Handlung stehen Pia und ihr Sohn Luca. Luca wird beschuldigt, ein Mädchen in der Grundschule bedrängt zu haben, schweigt jedoch beharrlich zu den Vorwürfen. Dieses Schweigen bringt Pia aus dem Gleichgewicht und lässt alte Wunden aus ihrer eigenen Kindheit wieder aufbrechen. Auch in Pias Kindheit wurde viel geschwiegen und gelogen. Die Erzählung entfaltet eine dichte Atmosphäre des Misstrauens und der Ungewissheit, was dazu führt, dass man sich als Leser:in immer wieder fragt: Was ist wirklich passiert? Besonders gelungen ist die Darstellung von Pias innerem Kampf als Mutter. Ihre wachsende Angst und das Misstrauen gegenüber ihrem eigenen Sohn haben mich selbst zunehmend unwohl werden lassen.

Der Roman wirft somit wichtige Fragen auf: Dreht sich die Spirale von Familientraumata immer weiter, weil diese von Generation zu Generation weitergegeben werden? Und wie geht man damit um, dass man nie genau wissen wird, was tatsächlich geschehen ist? In „Kleine Monster“ gibt es keine einfachen Antworten. Die Charaktere versuchen zu lernen, mit den eigenen Unsicherheiten und den Lücken in ihren Erinnerungen umzugehen, sich selbst und einander zu vertrauen. Bis zur letzten Seite bleibt es spannend, ob sie das schaffen oder ob die Familie dadurch auseinanderbrechen wird.
Profile Image for Ulla Scharfenberg.
155 reviews235 followers
September 7, 2024
Ufffff, was für ein Ritt! Ich konnte es nicht mehr weglegen und habe die letzten ~50 Seiten mit angehaltenem Atem gelesen.

"Kleine Monster" erzählt von Pia, Mutter vom siebenjährigen Luca, dem in der Schule ein schrecklicher Vorwurf gemacht wird. Der Vorfall mit einem gleichaltrigen Mädchen wird nicht konkret benannt, aber die Aufregung ist groß: was hat Luca gemacht? Sagt er die Wahrheit?

Jakob, Lucas Vater, vertraut seinem Sohn, doch Pia ist zunehmend unsicher. Sie weiß, dass in Kindern nicht nur Gutes schlummert und sie fragt sich, wie gut sie ihr Kind tatsächlich kennt.

Kinder* sind gruselig, nicht umsonst gibt es unzählige Horrorfilme, in denen Kinder plötzlich irgendwo stehen und creepy gucken. Die "lieben Kleinen" haben es nicht selten faustdick hinter den Ohren. Das weiß Pia aus eigener Erfahrung. Doch was, wenn sie ihrem Sohn unrecht tut? Verstellt ihr eigenes Kindheitstrauma ihr den Blick auf die Realität?

Jessica Lind erzählt von einer Familie, in der das Ungesagte wie ein Monster unter dem Bett lauert. In Rückblicken erfahren wir mehr und mehr, wie ein Vorfall in der Vergangenheit sich als Schatten über die Gegenwart legt. Fesselnd und abgründig, aber auch nicht weltbewegend. Empfehlung für Menschen, die unblutige Thriller mögen und die psychologische Spannung, die in zwischenmenschlichen Beziehungen liegt.

*not all kids, don't @ me
Profile Image for Marion.
164 reviews59 followers
December 7, 2025
Ein Unfall und eine vom Schweigen und Misstrauen geprägte Kindheit.
Oder war es gar kein Unfall?
Pia, die ihr Kindheitsttrauma auf ihren sieben jährigen Sohn überträgt.
Oder ist es Realtität?

Generell ging es mir bei „Kleine Monster“ darum, dass große Gefühle in Familien eben sehr nah beieinander liegen können. Liebe und Hass, Nähe und Distanz sind nur zwei Beispiele, und sich das anzuschauen in diesem Schmelztiegel Familie, wo das Ganze auch hochkochen kann, das interessiert mich sehr und deswegen mache ich das auch gerne zum Schauplatz meiner Geschichten.“ Jessica Lind SWR

Detaillierte Rezension folgt! Bin mir auch mit den Sternen noch nicht ganz sicher.
Profile Image for Babywave.
349 reviews131 followers
February 7, 2025
Mir hat die Geschichte um Pia und ihre Familie wirklich gut gefallen.
Eines Tages bekommt sie einen Anruf von der Schule ihres Sohnes. Es gab einen Vorfall. Und damit werden nicht nur Pia und ihr Ehemann vor Herausforderungen innerhalb ihrer Kernfamilie gestellt sondern es werden auch alte Wunden aufgerissen.
Pia muss sich ihrer Kindheit noch einmal stellen. Sie muss zurückschauen und beginnen zu verarbeiten, loszulassen und zu vertrauen.
Jessica Lind baut dabei Spannung auf. Ich wollte immer wissen, was mit Luca passiert und was in Pias eigener Kindheit geschehen ist.
Immer war da diese latente Ungewissheit, außerdem eine regelrechte Anspannung beim Lesen.
Für mich ein unheimlich spannendes Buch über Traumata und wie wir sie weiter tragen, zudem über regretting motherhood , Resilienz, Familie und Zusammenhalt.
Profile Image for Clarissa.
693 reviews20 followers
April 1, 2025
Wunderbarer psychologischer und literarischer Horror! Wir können uns denk ich alle darauf einigen, dass Kinder und Horror wunderbar zusammen gehen - die Vorstellung, ein Kind erschaffen und geboren zu haben und mit dessen zunehmenden Alter nicht mehr einschätzen können, was hinter ihren Augen an Gedanken vor sich geht, muss wirklich beklemmend sein. So, dass man an allem zweifelt.
Aber auch generationsübergreifendes schweigen in der Familie ist ein gigantisches Thema in diesem Buch, das mich sehr berührt hat. Das Finale ist furios. Nicht alle Charaktere sind für mich so stark wie Pia und ihre Mutter, aber dieser Roman funktioniert einfach für mich.
Profile Image for Wandaviolett.
468 reviews68 followers
September 4, 2024
Kurzmeinung: Thematisch kein Leichtgewicht und doch so federleicht geschrieben. Hat mir Spaß gemacht!
Eltern werden ist (meist) nicht schwer, Elternsein dagegen sehr
Pia Reiserer führt eine glückliche Ehe mit dem entspannten Musiker Jakob. Beide leben in St. Pölten, das ist charmant, denn auch die Autorin lebt an diesem Ort. Die beiden müssen sich dort wohl getroffen haben! Pia und Jakob lieben ihren siebenjährigen Sohn, Luka, wie gute Eltern ihren Sohn lieben, beide mussten in die Elternrolle jedoch erst hineinwachsen. Als er klein war, las Jakob Elternratgeber und drängte diese Bücher auch Pia auf. Aber Pia wurde durch diese Art von Literatur eher verunsichert. Schließlich beschloss sie, sich auf ihre Intuition zu verlassen.
Als Pia in die Schule gerufen wird, weil sich Luka „unangemessen“ gegenüber einem anderen kleinen Mädchen verhalten hätte, gerät Pia in einen Konflikt.

Der Kommentar und das Leseerlebnis:
Es wird schnell klar, dass die Autorin sich nicht auf Luka, sondern auf Pia konzentriert und dass es eigentlich völlig egal ist, was und ob überhaupt etwas in der Schule passiert ist, denn Zeugen gibt es keine und Luka sagt nichts. Hat das kleine Mädchen geflunkert, was könnte der 7jährige Luka gemacht haben, verletzt ist niemand.
Das Vorkommnis reicht jedoch aus, um Pia in ihre eigene Kindheit zurückzukatapultieren. Während sie im Folgenden Luka beobachtet, tauchen immer wieder Kindheitserinnerungen auf. Waren Pias Eltern wirklich liebevoll, war sie wirklich „das gute Kind“ und ihre Adoptivschwester Romi „das böse Kind“? Wie ist ihre kleine Schwester Linda als Vierjährige gestorben? Nur Romi war dabei. Aber Romi ist nicht mehr befragbar. Sie hat ihre Adoptiv-Familie im Streit verlassen. Was hat Romi getan, hat Romi etwas getan und warum hat sich nach Lindas Tod alles verzerrt und verändert? Pia stellt sich nach und nach ihren Erinnerungen und allmählich wird ihr klar, dass sie ihre Verunsicherungen nicht auf Luka projizieren darf. Aber das ist ein langer Weg.
Den Leser erwartet ein versöhnliches, offenes Ende. Es wird nicht alles geklärt, aber die wesentlichen Dinge kommen auf den Tisch und Pia versöhnt sich mit den Unwägbarkeiten in ihrem Leben und kommt sich selbst auf die Spur.
Der Roman ist flott geschrieben, erzeugt unterschwellige Spannung und macht Spaß. Muttersein fällt nicht jedem in den Schoß und es gibt keinen Führerschein dafür. So siehts aus.

Fazit: Schöner Roman über die Schwierigkeiten, Eltern zu sein.

Kategorie. Gute Unterhaltung mit Anspruch
Hanser Berlin 2024


Profile Image for Tobias.
86 reviews9 followers
September 11, 2024
Puuuh. Das ist ein emotionales „Brett“ was uns Jessica Lind in ihrem Roman „Kleine Monster“ liefert und so richtig weiß ich auch noch nicht, wie es mir wirklich mit diesen Worten geht.

Manchmal fühlt Mensch sich der Hauptprotagonistin Pia so nah und dann ist Mensch doch wieder so weit weg. Wer Romane über Traumata in Familien und deren Schweigen darüber so mag wie ich, der sollte eigentlich mehr begeistert sein von dem Buch, doch es gibt einige Momente, wo die Geschichte für meinen Geschmack zu sehr überspitzt und den roten Faden verliert. Deswegen auch nur 3/5 Sterne in der Bewertung.
Profile Image for Desastroeses Hörnchen.
55 reviews16 followers
August 15, 2024
Ich habe den Roman gerade beendet während mich der Inhalt so gar nicht loslässt. Ich bin noch total gefangen in den familiären Abgründen des Romans. Diese Abgründe gibt es vermutlich in allen von uns, in fast jeder Familie. Die Autorin schafft es präzise und sehr sehr intensiv die „dunklen“ Emotionen einer Person darzustellen. Besonders ergriffen hat mich die Tatsache, dass das emotionale Desaster der Hauptprotagonistin in ihrer Rolle als Mutter, Tochter, Partnerin und als Schwester so differenziert herausgearbeitet wurde.
Als Frau* die lediglich Tochter und aus bestimmten Gründen keine Mutter ist & leider niemals zur Schwester wurde, hat mich die Handlung mit enormer Wucht getroffen.
Ich mag es, wenn Abgründe sauber herausgearbeitet werden- aber hier wurde ich durch die klaren, knappen & prägnanten Sätze so dermaßen in den Abgrund geschleudert, dass ich zum Ende des Romans tatsächlich eine Pause brauchte.
Das Ende hat mir Hoffnung gegeben und ich hätte mir wohl kein anderes vorstellen können.
Gerne würde ich wissen, wie Luca und Pia ihr weiteres Leben meistern.
Profile Image for Mellers.
27 reviews9 followers
January 1, 2025
Zirka 5 mal fast geheult, das muss ein Buch auch erstmal schaffen.
Profile Image for Prusseliese.
427 reviews20 followers
January 14, 2025
Großartig!
Besonders gefällt mir der etwas zynische Blick auf die (heile) Familienwelt. Diese steten Zweifel... wunderbar!
Profile Image for Uralte  Morla.
365 reviews116 followers
January 23, 2025
Pias Leben verändert sich fundamental als ihre Schwester Linda stirbt. Nicht nur, dass sie vorher - wie im Märchen - drei Schwestern waren und jetzt nur noch zwei, auch die Beziehung zu ihrer Schwester Romi verschiebt sich. Wie und wann genau weiß Pia nicht mehr. Sie ist inzwischen erwachsen, verheiratet und Mutter eines siebenjährigen Sohnes mit Namen Luca.. Als die Eltern in die Schule gerufen werden, weil es einen (nie näher erklärten) Vorfall mit ihm und einem Mädchen aus seiner Klasse gab, beginnt Pia sich wieder an damals zu erinnern.

Ausgelöst durch ein plötzliches, immer aggressiver auftretendes Misstrauen ihrem Sohn gegenüber, kommen verdrängte Bilder an die Oberfläche. Von ihrer Schwester Romi, die ihre Eltern adoptiert haben und die bereits als junge Erwachsene aus dem Elternhaus ausgezogen ist. Zu der Pia keinen Kontakt mehr hat, ihr aber heimlich auf Instagram folgt. Romi, die immer etwas aufsässig war, die Geduld ihrer Mutter herausgefordert und Gemeinheiten ausgeheckt hat. Doch irgendwas an diesen Erinnerungen ist schief, das spürt Pia. Genauso schief, wie die Erinnerungen an ein heiles, durchgehend liebevolles Elternhaus. So richtig bekommt sie den Finger jedoch nicht drauf und droht in dem gleichen brutalen Misstrauen zu versinken, wie ihre Mutter damals nach dem Tod ihrer Schwester.

Jessica Lind hat mit "Kleine Monster" eine Aufarbeitungsgeschichte geschrieben. Über unverarbeitetes Familientrauma, zu lange unterdrückte Trauer, falsch platzierte Schuldzuweisungen und missbräuchliche Erziehung. Die titelgebenden kleinen Monster sind weniger die Kinder, wie es der Klappentext vermuten lässt, sondern die verdrängten Erinnerungen, die sich mit Gewalt Gehör verschaffen. Und vielleicht auch die Eltern - in diesem Fall die Mütter - , die in ihrer Überforderung unangemessen brutal reagieren.
Lind schreibt all das sprachlich gekonnt und besonders zu Beginn mit viel Spannung. Alles bleibt lange vage, wird nur angerissen, langsam schält sich Pias Vergangenheit aus den vielen Erinnerungsschichten. Man muss quasi weiterlesen, ob man will oder nicht. Irgendwann war mit das allerdings zu viel Bedeutungsschwangerei, zu viel Andeutung von Dingen, die nicht auserzählt werden. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich eine andere Geschichte erwartet hatte und unbedingt wissen wollte, was Luca nun eigentlich gemacht hat. Doch letztendlich spielt der Vorfall vom Beginn keine große Rolle, er dient eher als Mittel zum Zweck. Die Richtung des Romans ist eine andere und als mir das klar war, war der "Plottwist" am Ende dann nicht mehr wirklich überraschend.
Berührt hat mich das alles trotzdem - und einige Stellen haben mich sehr wütend gemacht. Insgesamt ein gutes Leseerlebnis mit Abstrichen und wieder mal eine Erinnerung daran, wie wichtig die Aufarbeitung von traumatischen Erlebnissen ist - für einen selbst und die nahestehenden Personen.
Profile Image for Rosa.
651 reviews41 followers
October 7, 2024
Ich fand die Geschichte sehr heftig aber richtig gut. Vor allem, weil recht lange unklar ist, wie verlässlich die Erzählerin ist und man einfach das ganze Buch hindurch ein sehr beklemmendes Gefühlt hat.
This entire review has been hidden because of spoilers.
Profile Image for Fiona.
131 reviews26 followers
October 20, 2024
Puh, diese Geschichte war keine leichte Kost. "Kleine Monster" liest sich wie ein spannender Psycho-Thriller – verzichtet dabei aber auf Blut oder Gewalt. Dass sich langsam ein Unbehagen und Misstrauen einschleicht, schafft das Buch nämlich auch ganz ohne.

Die Geschichte wird aus Pias Perspektive erzählt und wechselt dabei zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Aufgewühlt und verunsichert von den Vorfällen in der Schule ihres Sohnes wird Pia von ihren eigenen Kindheitserinnerungen eingeholt und verarbeitet das gespaltene Verhältnis zu ihren Eltern, ihrer Adoptivschwester Romi und all das Ungesagte zwischen ihnen.

"Kleine Monster" hat mich sehr oft an "Der Verdacht" (orig. "The Push") von Ashley Audrain erinnert – ein Buch, das ich auch in diesem Jahr gelesen und sehr gemocht habe. Es geht viel um Wahrheit, Illusion und die Trugbilder der eigenen Erinnerungen. Wie gut können wir einen Menschen wirklich jemals kennen? Und wie gut kennen wir uns selbst?

Fazit: Ein Roman über die Licht- und Schattenseiten der Kindheit, wie diese uns prägt und zu den Menschen macht, die wir später mal sind. Absolute Empfehlung, wer nach einem spannenden, ungemütlichen Buch mit Gänsehaut-Garantie sucht, das sich vor allem mit zwischenmenschlichen Beziehungen beschäftigt.
Profile Image for Tinstamp.
1,096 reviews
August 4, 2024
Bei vorablesen habe ich das Buch von Jessica Lind "Kleine Monster" entdeckt. Der Klappentext hat mich angesprochen und als ich las, dass die Autorin nur 30 km von meinem Heimatort entfernt geboren wurde und im Buch auch Sankt Pöltens als Setting gewählt wurde, wusste ich, dass ich meine Punkte einlösen und diesen Roman lesen muss.
Gestern, nach Beenden des Buches, habe ich auch noch Teile eines Interviews mit Mareike Fallwickl und Jessica Lind auf Instagram gesehen, welches sehr interessant war.

In "Kleine Monster" geht es um Pia und Jakob, die von der Lehrerin ihres Sohnes in die Schule beordert werden. Ihr siebenjähriger Sohn Luca soll mit einer Mitschülerin alleine im Klassenzimmer gewesen sein und es soll etwas passiert sein. Näheres erfahren wir als Leser:innen nicht. Pia und Jakob werden aus dem Elternchat der Klasse entfernt. Sie sind sprach- und hilflos, denn auch Luca schweigt zum Vorkommnis.
Durch diesen Vorfall, der vorallem Pia sehr beunruhigt, werden Erinnerungen aus ihrer Kindheit wieder lebendig. Sie weiß aus eigener Erfahrung, dass das Verhalten von Kindern widersprüchlich sein kann. Mit immer größer werdender Distanz beobachtet sie ihren Sohn und fühlt sich dabei immer schuldiger. Immer öfters erinnert sie sich an Szenen aus ihrer Kindheit. Gemeinsam mit ihrer Adoptivschwester Romi und ihrer kleinen Schwester Linda, die bei einem Unglück ums Leben gekommen ist, waren sie die "Wir drei sind eins" Mädchen. Durch das bis heute anhaltende Schweigen der Eltern über den Unfall von Linda, kommt in Pia wieder vieles hoch, was sie nicht los lässts. Doch wie zuverlässig sind Pias Erinnerungen?
Keiner der Familienmitglieder hat das Unglück richtig verarbeitet. Was ist an diesem Tag genau passiert, als Linda verunglückt ist? Warum wollte ihre Mutter nie darüber sprechen? Und wieso hat ihre Schwester Romi das Elternhaus so bald wie möglich verlassen und den Kontakt zu allen abgebrochen?

Viele dieser Fragen werden beantwortet, aber nicht alle bzw. nicht vollständig. Wer hier öfters mitliest weiß, dass ich offene Enden hasse. Trotz mancher nicht auserzählten Handlung war für mich die Geschichte trotzdem rund und passend.

Der Roman wechselt zwischen Gegenwart und der Kindheit Pias, die aus ihrer Sicht erzählt wird. In Rückblenden erleben wir Pias Gefühlswelt und die Sprachlosigkeit, die damals zwischen ihr und den Eltern herrschte. Die belastende Situation in der Gegenwart und Pias Misstrauen sind dadurch jederzeit greifbar.
Die Figuren sind lebendig und facettenreich gezeichnet. Mit Pias Handlungen war ich zum Ende hin immer weniger einverstanden, auch wenn ich ihre Unruhe verstand, ihre Handlungen aber nicht nur auf ihre traumatische Kindheit zurückführen konnte.

Jessica Lind erzählt in gefühlvoller und klarer Sprache, wie die eigene Kindheit in der neuen Familie, die man gründet, Raum einnehmen kann. Verhaltensweisen der Eltern werden übernommen oder ins Gegenteil umgekehrt. Es geht um Trauer, Schuld, fehlendes Vertrauen, Ausgrenzung, Mutter-Kind-Beziehung, zwischenmenschliche Beziehungen, Gerüchte und Verhaltensweisen. Manche Szenen sind düster und bereiten Gänsehaut.
Das Hauptaugenmerk liegt nicht, wie durch den Klappentext vermutet, in der Gegenwart, sondern eher im Vergangenheitsstrang. Dieser nimmt aber immer wieder Bezug zur aktuellen Handlung.

Das Setting war für mich spannend, weil ich selbst einige Jahre in Sankt Pölten gewohnt und auch gearbeitet habe. Viele Plätze waren für mich deshalb nicht fremd und ich hatte immer ein Bild vor Augen.

Erwähnenswert ist auch das interessante Cover mit dem Waldpanorama und dem See, der eine größere Rolle in der Geschichte spielt. Dazu ist das Bild wie ein Fenster geteilt, wo eine kleine Hand sich nach vorne schiebt. Man bekommt das Gefühl, dass dieses Kind das Fenster zu öffnen versucht.

Fazit:
Eine außergewöhnliche Geschichte auf nur 256 Seiten über Kindheitstraumata, Sprachlosigkeit und Selbstzweifel. Ich habe das Gefühl, dass dieser Roman noch lange nachhallen wird.
Die Autorin werde ich auf jeden Fall im Auge behalten und hoffen, dass sie bald in ihrer Heimatstadt eine Lesung abhalten wird.
Profile Image for Charlotte Herrmann.
12 reviews2 followers
June 4, 2025
Hab es innerhalb eines Tages verschlungen, ich konnte es gar nicht aus den Händen legen.
Es hat mich so sehr gefesselt, sowohl durch den Schreibstil an sich, der sehr flüssig ist, als auch durch die Geschichte. Es hatte ab Seite 1 eine Spannung in sich, die bis zur letzten Seite anhielt. Bisher eins meiner Favoriten für dieses Jahr, große Empfehlung!
Profile Image for auserlesenes.
364 reviews16 followers
August 22, 2024
Für Pia Reiserer ist es ein Schock: Ihr Sohn Luca (7) soll Alena, eine Mitschülerin, sexuell belästigt haben. Das Gespräch mit der Klassenlehrerin wühlt die Mutter sehr auf und bringt die Schatten ihrer eigenen Vergangenheit wieder zum Vorschein. Können Kinder bösartig sein? Was ist ihnen zuzutrauen?

„Kleine Monster“ ist ein Roman von Jessica Lind.

Die Struktur ist sehr klar: Drei Teile mit insgesamt 61 kurzen Kapiteln umfasst der Roman. Erzählt wird im Präsens in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Pia auf zwei Zeitebenen: einerseits in der Gegenwart, andererseits aus der Kindheit der Protagonistin. Die Handlung findet in und um St. Pölten in Österreich statt.

Die Sprache ist überwiegend ungekünstelt, gleichzeitig aber atmosphärisch dicht und eindringlich. Neben authentischen Dialogen und anschaulichen Beschreibungen beweist die Autorin vor allem in den emotionsgeladenen Passagen, dass sie vortrefflich mit Worten umgehen kann.

Protagonistin Pia ist mit großer psychologischer Tiefe angelegt. Ihre Gedanken und Gefühle erhalten viel Raum. Sie offenbaren schon früh, dass Pia ein unverarbeitetes Trauma erlitten hat und nach wie vor darunter leidet. Auch die anderen Figuren wirken lebensnah und vielschichtig, bleiben aber etwas blasser, was der Story geschuldet ist.

Zu was sind Kinder fähig? Und wie gut kennen wir unsere Söhne und Töchter? Diese zwei interessanten Fragen wirft der Roman immer wieder auf und bietet damit viel Stoff zum Nachdenken. Anders als der Klappentext vermuten lässt, geht es dabei jedoch weniger um den besagten sexuellen Übergriff, sondern um ein Drama, das sich in der Kindheit der Protagonistin ereignet hat. Die Herausforderungen der Mutterschaft und bedenkliche Familiendynamiken werden darüber hinaus ebenfalls beleuchtet. Diese und weitere Themen machen den Roman zu einer gleichsam bewegenden wie beklemmenden Lektüre.

Das Rätseln darüber, was genau im Klassenzimmer vorgefallen ist und was damals vor vielen Jahren passiert ist, sorgt für Spannung und verstärkt den Lesesog. Wegen einiger Redundanzen zieht sich der Mittelteil dennoch ein wenig. Der dritte Teil hingegen wird für meinen Geschmack zu kurz abgehandelt. Der Schluss ist insgesamt etwas unbefriedigend, da viel im Verborgenen bleibt, und inhaltlich nicht ganz rund.

Das ungewöhnliche, kreative Cover passt in mehrfacher Hinsicht hervorragend zum Buch. Das gilt ebenso für den Titel, wenn man ihn auch in metaphorischem Sinne versteht.

Mein Fazit:
Obwohl mich der Roman nicht in jedem Detail überzeugt hat, ist „Kleine Monster“ von Jessica Lind eine fesselnde und aufwühlende Lektüre, die mich gut unterhalten hat.
Profile Image for Aki.
1,008 reviews
December 8, 2024
Omg, diese Buch ... das Ende macht mich fertig und doch hat es mich auf eine gute Art emotional mitgenommen. Ich bin super leicht hinein gekommen und Teil 3 hab ich dann in Einem gelesen.
Es hat mich aufgewühlt und zum Nachdenken gebracht und es ging in eine ganz andere Richtung als ich nach den ersten Seiten gedacht hätte.

Auf jeden Fall eine Empfehlung für alle, die mit emotionalen Achterbahnfahrten und gerne mal die Protagonistin schütteln wollen.
This entire review has been hidden because of spoilers.
Profile Image for Lyra.
370 reviews46 followers
October 13, 2024
- Nicht schlecht, aber habe mir deutlich mehr erhofft! -

* Achtung, die Rezension enthält Spoiler, vor denen aber im Text noch einmal gewarnt wird! *

Inhalt

Ihr siebenjähriger Sohn soll ein Mädchen belästigt haben, deshalb werden Pia und Jakob in die Schule zitiert. Für Pia ändert das alles. Sie beginnt, Luca zu misstrauen, meint etwas Dunkles in ihrem Sohn zu erkennen. Sie hat immer mehr das Gefühl, dass er intelligenter ist, als man es einem Kind zutrauen würde, dazu noch berechnend und manipulativ. Wenn Luca wirklich ihre schlechten, dunklen Seiten (die sie sogar vor ihrem Partner verbirgt) geerbt hat, muss sie die anderen und ihn selbst unbedingt davor schützen…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Ich-Erzählweise, Präsens
Perspektive: weibliche Perspektive
Kapitellänge: kurz

Inhaltswarnung: Tierquälerei, Tod, Gewalt gegen Kinder, Vernachlässigung von Kindern, männliche Gewalt, Mobbing, s+xualisierte Gewalt
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: --- ♥

Diese Geschichte solltest du lesen, wenn dir folgende Themen/Dinge in Büchern gut gefallen:

- Rückblenden
- einfacher Schreibstil
- unheimliche Grundstimmung
- Themen: Kindheit, Schuld, Tod, Trauer, Elternschaft (besonders Mutterschaft) und Erziehung
- s+xualiserte Gewalt, Geschlechterrollen
- Gewalt gegen Kinder + Vernachlässigung
- Adoption, Geschwisterliebe
- Landleben

Lieblingszitate

„‘Wir wissen doch gar nicht, ob es wirklich so passiert ist. Ein Mädchen hat eine Geschichte erzählt und jetzt sind alle in heller Aufregung.‘
‚Glaubst du, sie hat es erfunden?‘“ Ebook, Position 64

„Wenn sich Luca erschreckt, wird er ganz still. Wenn wir schimpfen, zieht er die Schultern ein und senkt den Blick. Wie eine Schnecke, die sich in ihr Haus verkriecht.“ E-Book, Position 79

„Aber manchmal komt es mir doch so vor, als hätten zwei Bäume miteinander den Platz getauscht, oder es kommt eine Biege, die ich ganz woanders hingetan hätte.“ E-Book, Position 162

„Die Liebe ist keine Selbstverständlichkeit für mich. Die Mutterhaut, die ich trage, passt nicht wie angegossen. Ich bin nicht Aschenputtel, ich bin eine ihrer Schwestern, die sich erst die Ferse abschneiden muss oder den großen Zeh.“ E-Book, Position 519

Meine Rezension

Bei „Kleine Monster“ haben mich Klappentext und Leseprobe (s+xualisierte Gewalt im Kindesalter, Umgang der Eltern und Schule damit) vollkommen in ihren Bann gezogen! Deshalb war mir schnell klar: Dieses Buch muss ich unbedingt lesen! Die Nominierung für den Österreichischen Buchpreis (mit der ich fest gerechnet hatte) und die vielen positiven Rezensionen sowohl im Feuilleton als auch von anderen Blogger:innen haben mich nur noch neugieriger gemacht…

So, meine Lieben, ich mache es kurz und schmerzlos: Es ist wieder einmal Zeit für eine „unpopular Opinion“! Denn auch wenn sich Leser:innen und Literaturexpert:innen noch so vor Lob überschlagen – ich sehe es nicht, tut mir leid! Den großen Hype um „Kleine Monster“ kann ich leider nicht wirklich verstehen. Natürlich fragt man sich in so einem Fall schon: Nanu, stimmt etwas nicht mit mir? So viele Leute können doch nicht irren, oder? Fest steht, dass ich mir auch dieses Mal selbst treu bleiben und euch meine ungeschönte Meinung besonders gut erklären muss – und damit fangen wir sofort an!

Was mir an „Kleine Monster“ gefallen hat: Ich fand den Titel und den Einstieg in den Roman genial! Man ist sofort mitten in der Geschichte, hat gefühlt 1000 Fragen (was ist genau passiert? Warum hat Luca das getan? Wie geht man mit Vorfällen dieser Art und in diesem Alter richtig um? Wie werden sich die Eltern nun verhalten? Wieso ist Pia direkt so misstrauisch?) und möchte unbedingt wissen, wie es weitergeht!

Pluspunkte hat das Werk bei mir auch mit seiner (zumindest stellenweise) unheimlichen Grundstimmung (was weiß nie, was als Nächstes passieren wird, hat Angst, dass die Lage eskalieren könnte!) und dem sehr flüssig lesbaren Schreibstil gesammelt, ebenso mit seiner ehrlichen und ungeschönten Auseinandersetzung mit Themen wie s+xualisierte Gewalt, Tod, Schuld, weiblicher Wut, Mutterschaft und Gewalt in der Kindererziehung. Pias fast schon paranoides Misstrauen ihrem Sohn gegenüber wird sehr greifbar und eindringlich geschildert – ihre Gewaltausbrüche ihrem Kind gegenüber sind hierbei nicht immer leicht zu verdauen (Achtung, Inhaltswarnung!). Bei einer Lesung, die ich besucht habe, hat die Autorin (die übrigens eine unglaublich schöne Stimme und angenehme Art hat, sie sollte wirklich Hörbücher sprechen!) erklärt, dass sie in ihren Romanen jene negativen Muttergefühle wieder hervorholt und von allen Seiten ins Licht hält, die eigentlich nicht sein dürfen und die sie im Alltag sofort beiseiteschiebt – und von dieser Authentizität profitiert die Geschichte extrem, man spürt sie in jeder Zeile.

Positiv aufgefallen sind mir auch die vielen starken weiblichen Figuren, die gleichberechtigte Elternschaft zwischen Jakob und Pia und die Art, wie Rollenstereotype (besonders die der „aufopferungsvollen Mutter“ und des „natürlichen Mutterinstinkts“) immer wieder bewusst hinterfragt und gebrochen werden. Besonders Letzteres fand ich sehr erfrischend!

Was mir an „Kleine Monster“ nicht gefallen hat: Vielleicht bin ich durch die vielen positiven Bewertungen mit zu hohen Erwartungen an diese Geschichte, die viele Rückblenden enthält, herangegangen, jedenfalls ließ sie mich sehr unbefriedigt zurück und ich fragte mich am Ende ernüchtert: „Was? Das war’s schon?“ Wo andere die vielschichtige, tiefgründige Geschichte loben, sehe ich einen Schreibstil, der durch seine einfachen, kurzen Sätze und den Mangel an Details oberflächlich bleibt. Wo andere ein grandioses Buch sehen, nehme ich eine gute Idee wahr, aus der man aber so viel mehr hätte machen können.

Irgendwie hat mich das Buch auch nie richtig gefesselt (abgesehen von den ersten Seiten), zog sich und fühlte sich viel länger an, als es ist (es hat ja nur knapp 250 Seiten). Hier fehlte mir ein durchgehender Spannungsbogen. Außerdem bleiben für meinen Geschmack viel zu viele GRUNDLEGENDE Fragen offen! ACHTUNG, SPOILER ab hier: Warum quält Luca nun Tiere (Inhaltswarnung!)? Was steckt dahinter? Wie werden Pia und Jakob damit und mit dem Vorfall in der Schule umgehen? Dass das Kind große Probleme mit Empathie hat, war doch keine Einbildung? Hat es wirklich mehrmals bewusst seine Eltern angelogen (Wasserglas)? Was ist am Todestag der Schwester wirklich passiert? Hat Romy wirklich alles getan, um Linda zu retten? Wird Romy wieder ein Teil von Pias Leben werden? Fragen über Fragen – und eine Geschichte, die sich nur auf den ersten Seiten um s+xualisierte Gewalt dreht, danach aber eine vollkommen andere Richtung einschlägt und das Thema zur Nebensächlichkeit verkommen lässt. An meiner Enttäuschung ist deshalb sicher auch der (bewusst?) irreführende Klappentext schuld…

Mein Fazit

„Kleine Monster“ ist sicher kein schlechtes Buch (versteht mich nicht falsch, es hat durchaus seine Stärken!), doch von Begeisterungsstürmen bin ich meilenweit entfernt. Ich bleibe nach der Lektüre ernüchtert und mit vielen Fragezeichen zurück – ich habe mir einfach deutlich mehr erhofft… Eine explizite Leseempfehlung gibt es deshalb von mir nicht.

Bewertung (in Schulnoten)

Cover / Aufmachung (altes Cover): 3
Idee: 2
Inhalt, Themen, Botschaft: 3
Tiefe: 3
Umsetzung: 3
Worldbuilding: 2
Einstieg: 1+ ♥
Ende: 2
Schreibstil: 3
Figuren: 3
Spannung: 3-4
Pacing/Tempo: 3-4
Wendungen: 3
Atmosphäre: 2
Emotionale Involviertheit: 3
Feministischer Blickwinkel: 1-2
Einzigartigkeit: 2

Insgesamt:

Note 3
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2,235 reviews87 followers
July 20, 2024
Anhand eines Vorfalls in der Schule, über den Pias siebenjähriger Sohn sich ausschweigt, wird hier eine Geschichte über Vertrauen, Trauma, Gender, Elternschaft und Erziehung erzählt. Wie gut kennst du dein eigenes Kind wirklich? Tragen manche Kinder etwas „Böses“ in sich und benötigen daher eine besonders strenge Hand?

Kleine Monster ist elegant geschrieben und durch die Vorenthaltung gewisser Details aus Gegenwart und Vergangenheit über lange Strecken von Spannung und Neugier getrieben. Im Mittelteil nimmt das rasante Tempo etwas ab und der Fokus verlegt sich stattdessen auf die psychologische Entwicklung der Figuren und ihre Traumaaufarbeitung. Das Ende lässt mir eigentlich zu viel offen, nicht inhaltlich, sondern eher von den diskutierten Themen. Wie geht es denn jetzt mit Pia und ihrer Familie weiter? Ist die Beziehung zwischen ihr und Luca unwiderruflich verändert oder können sie noch die Kurve kriegen? Die spannendsten Diskussionsfragen werden eher angestoßen als tiefgehend ergründet.
Profile Image for Dani Wedemeier.
14 reviews10 followers
July 22, 2024
Die österreichische Autorin Jessica Lind hat mit „Kleine Monster“ einen aufwühlenden und emotionalen Roman geschrieben, der tief unter die Haut geht. Vorweg erst einmal das Wichtigste: Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!

In der Geschichte steckt so viel mehr, als der Klappentext vermuten lässt. Ich möchte jedoch nicht zu viel über den Inhalt verraten, um die Spannung nicht vorwegzunehmen. Das Buch beginnt mit dem im Klappentext erwähnten Elterngespräch und dem Vorfall zwischen dem kleinen Luca und einer Mitschülerin. Stück für Stück gibt uns Jessica Lind Einblick in eine Familie, die geprägt ist von Rissen und Vorbehalten, von falschen Entscheidungen und dem Umgang der Einzelnen damit.

Die im Buch erzählte Geschichte hat mich tief erschüttert und einmal mehr gezeigt, dass Gewalt nicht immer physischer Natur oder sichtbar sein muss. Auch psychische Gewalt kann tiefe Wunden hinterlassen.

Stellt euch auf menschliche Abgründe innerhalb einer Familie ein, die stellenweise kaum zu ertragen sind. Eine Szene gegen Ende hat mich als Mama besonders hart getroffen. Es gab eine Figur im Buch, die ich am liebsten angeschrien, geschüttelt oder mit eiskaltem Wasser übergossen hätte, um das Unerklärbare doch noch irgendwie abzuwenden. Andere Figuren hingegen wollte ich einfach nur in den Arm nehmen und sagen: „Alles wird gut, ich beschütze dich“.

Jetzt kommen mir doch die Tränen (das Buch ist noch ganz frisch in meinem Kopf). Ich kann euch das Buch wirklich sehr ans Herz legen. Euch erwartet ein ganzes Potpourri an Gefühlen. Haltet am besten Taschentücher bereit, falls ihr bei schmerzhaften Themen nah am Wasser gebaut sein solltet, - oder ein Kissen zum Hineinboxen für all den aufgestauten Frust und die damit einhergehende Ohnmacht. Ein wahnsinnig gutes Buch über Familie und was sie zusammenhält und auseinanderbrechen lässt.

Das Buch wurde mir von Hanser Berlin über NetGalley als E-Book zur Verfügung gestellt, vielen Dank dafür!
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