Von Generation zu Generation wird der Krieg in Palästina weitergetragen. Nach der jüngsten und schlimmsten Eskalation durch den Terrorangriff der Hamas macht sich Hoffnungslosigkeit Wird das immer so weitergehen? Nein, sagt Moshe Zimmermann, der große liberale Historiker.
Schonungslos – und nicht ohne Bitterkeit – benennt er zunächst die Schuldigen an der Da ist die Hamas, die Gewalt als einziges Mittel der Politik sieht und Israel auslöschen will. Da sind aber auch die jüdischen Siedler, die alle Israelis in Mithaftung nehmen für ihre radikale Politik, die Land und Leben der arabischen Palästinenser bedroht. Und da ist die rechte Regierung in Israel, die den Konflikt schürt, statt ihn zu dämpfen.
Daraus folgt, so Zimmermann, der Weg zur Lösung: Abkehr von der Siedlungspolitik, Abkehr von der bisherigen Politik in Gaza, Abkehr vom Islamismus, Hinwendung zur Zweistaatenlösung, verstärkte Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft. Juden und Araber müssen Palästina, diesen kleinen Streifen Land, untereinander aufteilen und miteinander leben – oder sie werden miteinander sterben.
Moshe Zimmermann geht hart ins Gericht mit der Teils Rechtsradikalen, teils religiös fundamentalistischen und teils nationalistischen Regierung Israels. Es sind viele wichtige Punkte gemacht worden in dem Buch. Wieso ich dennoch nur 2 Sterne vergebe ist, dass due Frage „Niemals Frieden?“ sehr einseitig beantwortet wird. Es ist eine noble Geste seine eigene Regierung zu kritisieren und ihr gewisse Schuldzuweisungen zu geben, aber es wird kaum bis wenig über die radikal-islamistische Terrororganisation in Gaza gesprochen. Es wird im geringen Maße über die PLO Bewegung gesprochen und man gewinnt den Eindruck, dass Yassir Arafat ein Demokrat war.
Der Autor liest sich sehr liberal-demokratisch eingestellt, in meinem erachten ist er naiv. Naiv weil er glaubt, dass wenn Israel die weichen für Frieden stellt, diese auch gelingen. Dem würde ich vehement widersprechen
Ich wollte ein Buch, das den aktuellen Konflikt und seine Geschichte aufzeigt und für Anfänger erklärt. Das Buch fokussierte allerdings auf die Fehler der israelischen Regierung und bezog stark Stellung (was okay ist, einfach nicht, was ich erwartete und suchte). Für "Anfänger" zum Thema ist es nicht so geeignet, viel Wissen wird vorausgesetzt. Die Sätze sind sehr langwierig und verschachtelt. Einfache Mittel wie ein kleiner Zeitstrahl und eine Karte der Region hätten das Verständnis massiv verstärkt. Trotzdem eine interessante Lektüre, aus der ich viel gelernt habe und etwas mitnehmen kann.
Mit "Niemals Frieden?" hat Moshe Zimmermann eine nachdenkliche, reflektierte und überaus lesenswerte Betrachtung des Nahostkonflikts geschrieben. Das tut gut angesichts der Polemik beider Seiten, die seit dem 7. Oktober nicht weniger geworden ist. Und umso schwerer ist es für diejenigen, die trotzdem nicht hassen wollen, sondern nach einem Ausweg aus einem scheinbar aussichtslosem Dilemma suchen.
Zimmermann wurde in Jerusalem geboren, als der Staat Israel noch gar nicht existierte, er beschreibt seine familiären Wurzeln als religiös-zionistisch und er hat, wie er im Vorwort verrät, sein Buch auf Deutsch geschrieben (seine Familie stammte ursprünglich aus Hamburg), vielleicht vor allem mit Blick auf eine deutsche Leserschaft, gerade in den Abschnitten über das deutsch-israelische Verhältnis und die deutsche Haltung im Nahostkonflikt. Er ist Sozialhistoriker, vielleicht hilft dieser akademische Hintergrund, sich nicht von tagesaktuellen Aufgeregtheiten zu einer vorschnellen Reaktion und lauten Meinung pushen zu lassen, sondern erst einmal die Gedanken zu sortieren.
Zimmermann analysiert die Vorstellungen des Zionismus zum künftigen Judenstaat und ordnet sie ein in die Zeit der Nationalbewegungen im 19. Jahrhundert, beschreibt die Siedlungsbewegungen von der Staatsgründung und die damaligen Kontakte zwischen den Neuankömmlingen und der arabischen Bevölkerung. Schon das ist angesichts mancher social media Post, in denen Palästinensern schlicht negiert wird, dass sie in der Region beheimatet wird, angenehm sachlich, ohne die schon damals auftretenden ersten Konflikte zu beschönigen.
Der Schwerpunkt des Buches liegt allerdings auf der Zeit seit der Staatsgründung, die unterschiedlichen Einwanderungswellen, die sowohl die israelische Gesellschaft als auch die politische Machtverteilung veränderten. Dabei geht es immer sowohl um die jeweiligen Vorstellungen zum Konflikt mit den Palästinensern, Siedlungsbau und Dialogbereitschaft über das Zusammenleben von Juden und Arabern.
Durchaus kritisch geht Zimmermann mit dem Begriff "Israel ist deutsche Staatsräson" um, gerade wenn automatische Solidarität einer eher problematischen Regierung ist: "Wenn die deutsche Regierung das Bekenntnis zu Israels Sicherheit als Staatsräson ernst nehmen will, muss sie auch einen Konflikt mit Israels Regierung in Kauf nehmen", schreibt der Historiker. "Mehr noch: Wenn Israels Sicherheit Teil der deutschen Staatsräson sein soll, bedeutet ein derartiger Konflikt nicht die Einmischung in die Angelegenheiten eines anderen souveränen Staates, wie es von israelischer Seite oft quasi automatisch behauptet wird, vielmehr handelt es sich dann um einen Konflikt im Rahmen einer gemeinsamen Interessensphäre. " Dass Zimmermann kein Anhänger der Regierungskoalition von Netanjahu mit Rechtsextremisten in der Regierung ist, darf man nach der Lektüre dieses Buches annehmen. Abgesehen von der klaren Verurteilung der Siedlungspolitik und der Siedler, die nach Ansicht des Autors das Land quasi als Geisel nehmen und mit Fanatismus jede Lösung des Nahostkonflikts torpedieren, warnt er vor Verhärtung der Positionen, auch nach dem 7. Oktober: "Finden keine Verhandlungen statt, befinden sich die Kontrahenten gewissermaßen im Vorhof der Hölle. Der einzige Weg, der dann noch frei ist, ist der Weg in die Katastrophe."
Das Fragezeichen hinter dem Buchtitel signalisiert die Suche nach Antworten. Dass Frieden möglich ist, will Zimmermann nicht ausschließen. Doch dass es seit dem 7. Oktober und durch den Krieg in Gaza alles andere als leichter geworden ist für diejenigen, die noch auf eine Verhandlungslösung setzen wollen, ist dabei klar. Ein Utopist ist Zimmermann sicherlich nicht. Aber auch keiner, der einfach resignieren würde. Trotz vieler Schachtelsätze ein sehr lesenswertes Buch, das zu Recht für den deutschen Sachbuchpreis nominiert wurde.
Kurzmeinung: So viel good will wie für Friedensgespräche, gar für Friedensverträge notwendig wäre, gibts gar nicht auf der Welt Palästina – Lebensraum für Juden und Araber Es ist begrüßenswert, dass im deutschen Raum, während allerorten junge Leute in pro palästinensischen Demonstrationen auf die Straßen gehen, meist ohne jegliche politische und geschichtliche Kenntnisse zu den Hintergründe des Nah-Ost-Konflikts zu besitzen, ein Historiker zu Wort kommt, der zur gegenwärtigen rechtskonservativen Regierung Israels (2024) ein kritisches Verhältnis hat. Das macht den Autor authentisch und glaubwürdig. Auf wenigen Seiten fasst Moshe Zimmermann, geb. 1943 in Jerusalem, die komplexen Vorgänge in Palästina zusammen. Bevor man demonstrieren geht, informiere man sich! Begriffsverwirrungen ergeben sich schon aus den Begrifflichkeiten. Palästina ist das Gebiet, auf dem sowohl der Staat Israel liegt wie auch die jetzigen Gebiete der Palästinenser. Beide leben in Palästina. Und beide sollen, wie der Autor es überzeugend darlegt, ein Recht auf einen selbstbestimmten Staat haben. Freilich sind nach dem 7. Oktober 2023, an dem die Hamas ein friedliches auf dem Staatsgebiet Israels stattgefundenes Musikevent mit einem unglaublich menschenverachtenden und brutalen Massaker überzog, eine Zäsur in der Geschichte, die Fronten verhärtet. Der 7. Oktober 2023 ist für Israel genau so bedeutend wie 9/11 in den USA. Man fragt sich, wie es so weit kommen konnte. Beide Seiten begingen im Vorausgehenden schwerwiegende politische Fehler. Die Großmächte waren manchmal hilfreich und manchmal nicht. Eine Zweistaatenlösung wird vom Autor letztlich als wahrscheinlich einzige Möglichkeit zu einem dauerhaften friedlichen Zusammenleben propagiert. Doch dazu wäre viel good will notwendig, der momentan auf beiden Seiten nicht zu finden ist.
Fazit: Wichtige Informationen zur momentanen Lage in Nahost mit kurzem historischem Abriss. All jenen besonders zu empfehlen, die einseitig Partei ergreifen, aber die Hintergründe kaum kennen. Schön kurz zusammengefasst, so dass man nicht von der bloßen Materialfülle erschlagen wird. Sprachlich freilich etwas holprig.
Kategorie: Sachbuch. Politik. Historie. Nahostkonfikt. Verlag: Propyläen Verlag am 28.02.2024 Nominiert für den Deutschen Sachbuchpreis 2024
Ich verstehe viele Kritiken irgendwie gar nicht; an welchen Stellen genau ist das Buch denn hoffnungsvoll oder stellt eine positive Zukunft in Aussicht? Der "konstruktive Pessimismus" - wie Zimmermann es nennt - ist generell eher ein Schlag in den Magen.
Was auf jeden Fall bemerkenswert ist, ist die Vielschichtigkeit mit der Zimmermann den Konflikt betrachtet. In einem Seminar zum Israeal & Gaza Konflikt wurden viele Zusammenhänge ähnlich bearbeitet, trotzdem finde ich eine pointierte Zusammenfassung und "neutral/objektive" Perspektive super interessant. Viele Blickwinkel und Informationen - vor allem das Kapitel über die gegenwärtigen politischen Geschehnisse der Netanjahu Regierung(sbildung) 2023 - waren für mich neu und wirklich schockierend.
Dafür, dass das Buch auch so kurz ist, geht es auch an vielen Stellen wirklich in die Tiefe und wirft ganz ganz viele Fragen auf.
konstruktiver pessimismus bringts ziemlich auf den punkt. teils viele wiederholungen & das kapitel über die wirtschaftlichen aspekte ist wirklich sehr verkürzt; ansonsten gute takes dabei & insgesamt gute zusammenfassung des teufelskreis in swana.
Erklärt die Lage in Israel auf eine übersichtliche Art und Weise, welche auch gut verständlich für Leser sind, die noch nicht so bekannt mit der derzeitigen Situation und der Geschichte des Staates sind.