Wie kann die Zeit gleichzeitig stillstehen und so ungemein beschleunigt sein, rasen? Warum verhalten wir uns wie Verfolgte, während wir doch, wenn auch nur durch einen historischen Zufall, eigentlich die dieser Weltordnung sind? In unserem Zeitalter der «totalen Gegenwart» wird die Welt nur noch als kritisierbar, nicht aber mehr als veränderbar wahrgenommen. Welche grenzüberschreitenden Protestformen erscheinen noch gerechtfertigt, wenn die Realität eh alternativlos ist? Wie wir gegen die gefühlte Untergangsstimmung angehen können, zeigt Milo Rau in seinem neuen Buch. Entlang seiner Erfahrungen als Regisseur und Aktivist spricht er darüber, wie sich die Zukunft zurückerobern lässt. In seinem radikalen Essay macht er sich auf die Suche nach neuen Formen des Denkens, Fühlens und kollektiven Handelns. Eins ist Die bestehende Ordnung muss gestört werden, nachhaltig, ausdauernd, immer wieder.
Ein abscheuliches Machwerk, ein tief dummes Buch - es wird kein einziger origineller Gedanke darin geäußert, es ist ein einziges Wiederholen neoliberaler Gemeinplätze und Binsenweisheiten aus Kunst und Akademie, getragen von einem ultrareaktionären Politikverständnis, das sich kleidet in links anmutende Phrasen von "Revolte" und "radikaler Solidarität". Allerspätestens als Milo Rau von "diese[r] vollendete[n] Ideen- und Gedankenlosigkeit des Kapitalismus" schwärmt, als deren gelungenstes Beispiel er die Anbringung eines ungewollt an Auschwitz erinnernden Portals am Eingang eines der Holocaustüberlebenden Simone Veil gewidmeten Parks nennt, weiß man, woran man ist. In dem Versuch, Gutmenschentum und strikte Systemtreue zu vereinen, verstrickt er sich dabei des öfteren in allzu grobe Widersprüche, so wenn er zuerst behauptet, das Argument, Raubkunst könne nicht restituiert werden, da das Ursprungsland eine "Diktatur" sei, sei bösartige kolonialistische Selbstgerechtigkeit, und die Phrase "Es ist kompliziert" dabei ein heuchlerischer Vorwand, um danach ausführlich von den diktatorischen Verhältnisse Ägyptens und deren Unvereinbarkeit mit dem hehren europäischen Aufklärertum, das den Restitutionsprozess in Gang gesetzt hat, und die daraus resultierende Komplexität zu schwadronieren. Ekelhaft und unlesbar.
Ich bewundere Milo Rau. Nicht nur als Dramatiker. Sondern als Denker, als Aktivisten. Als jemanden, der nicht nur Werke in einem bestimmten Medium herstellt, sondern ständig versucht, es zu erleichtern, seine Möglichkeiten zu erzwingen und erforschen. Was Rau im und mit dem Theater macht, ist mutig und bemerkenswert. In diesem Buch versucht er zunächst zu definieren, wie wir in der Gegenwart fixiert, gefangen und eingesperrt sind. Staaten, die nicht denken, denen Ideen, Ideologien und Werte fehlen, haben keine Zukunft. Es liegt also an uns Bürgern. Wie wehren wir uns? Wie können wir uns unsere Zukunft zurückerobern? Mit welchen Mitteln, mit welchen Medien, mit welchen Aktionen? Ich fand diesen langen Essay nicht niederdrückend und hoffnungslos, sondern erfrischend, provozierend und anregend. Nicht alle Veränderungen sind unmittelbar und sofort sichtbar. Und selbst wenn, verliert sie nichts von ihrem Wert.