Ein Weinanbaugebiet, irgendwo in der deutschen Provinz: Während eines Kurzbesuchs in ihrem Heimatdorf muss die Studentin Ika feststellen, dass ihr Vater immer weiter in die Tiefen des Internets abgetaucht ist und sich dabei in Verschwörungsideologien verloren hat. Im Alltag geben sich zwar alle große Mühe, Diskussionen zu Krieg, Impfen und Politik aus dem Weg zu gehen, doch die zunehmende Entfremdung des Vaters und der Familie scheint unaufhaltbar. Während ihre Mutter sich ein harmonisches Wochenende wünscht und ihre Schwester nur ihre Ruhe will, versucht Ika herauszufinden, was eigentlich der Stand der Dinge ist: Hat ihr Vater etwa das Haus verkauft und will auswandern? Oder ist das nur Gerede?
Gefühlvoll, aber auch mit herrlich trockenem Humor und schonungslosem Blick gelingt Ika Sperling mit "Der Große Reset" eine intime Erzählung, die im Schatten eines gesellschaftlichen Konflikts innerfamiliäre Beziehungen und Emotionen freilegt und dabei das Große im Kleinen widerspiegelt.
Sehr, sehr gut. Ich war durchgehend sowohl traurig als auch beeindruckt, wie realitätsnah die Beschreibungen leider waren - die Art zu reden, die Scheinargumente, die ausgelösten Gefühle etc. Authentische Familiendynamik. Toller eigener Zeichenstil. Genau so könnte ich mir irgendwo eine deutsche Familie vorstellen. Hat mehr als nur eine Prise Traurigkeit und Frustration in mir ausgelöst. Aber genau deshalb auch sehr wichtig als Erzählung über Verschwörungsideologien.
tw/cw: Coronaleugner, erwähnte Nazis, Schwurbler, Manipulation, Propaganda, Impfgegner, Populismus, Rassismus, Tod eines Haustiers, Trauer, Verschwörungsideologien
"Der große Reset" war für mich ein besonderer Einstieg ins (Wieder-)Lesen von Comics. Ich habe zuletzt als Kind viele Comics gelesen und erst jetzt wieder neu Freude daran gefunden – und dieses Buch hat mich darin sehr bestärkt. Neben der Geschichte sind es vor allem die Zeichnungen, die mich beeindruckt haben. Die Aquarellbilder haben eine enorme Aussagekraft, wirken ruhig und gleichzeitig emotional dicht. Der künstlerische Stil hat mich sofort angesprochen und trägt die Geschichte auf eine sehr eigene, subtile Weise. Thematisch geht es um Beziehungen, die sich während der Corona-Zeit verändern, Distanz, Sprachlosigkeit, innere Verschiebungen. Viele Leser:innen kennen vermutlich Menschen – oder Situationen –, auf die das zutrifft. Trotzdem fühlt sich das Buch ehrlich und persönlich an, nicht konstruiert. Beim Lesen hatte ich kurz das Gefühl, „late to the party“ zu sein, weil mir das Thema schon so lange her vorkam. Gleichzeitig wurde mir bewusst, dass es das eigentlich gar nicht ist – vieles wirkt noch nach. Genau darin liegt für mich die Stärke von "Der große Reset": Es schaut ruhig zurück, ohne abgeschlossen zu sein. Ein sensibles, visuell starkes Comic, das nachhallt.
Corona hat eine Spaltung in dieser Familie ausgelöst. Der Vater ist in Verschwörungstheorien abgedriftet, verbringt seine Zeit überwiegend vor dem Computer, was die Tochter - zu Besuch aus der Stadt - kaum aushält. Die anderen Familienmitglieder haben nicht den „Luxus“ der räumlichen Distanz, gut beobachtet wird ihr Umgang mit dem Vater (und den Leuten im Ort) bzw. der Situation geschildert. Der Zeichenstil ist grob realistisch - nur der Vater wird als durchsichtige, mal mehr oder weniger aufgefüllte unförmig Figur dargestellt; Pastelltöne überwiegen. Die Geschichte hat mich wegen des Inhalts (Realitäts- und in der Folge Kontaktverlust) sehr angerührt, da sehr realistisch und entsprechend traurig.
Den Zeichenstil dieser autofiktionalen Graphic Novel finde ich persönlich völlig unansprechend, dafür aber das Thema interessant: ein Besuch bei den Eltern in der Provinz enthüllt das Abdriften des Vaters in Verschwörungstheorien aus dem Internet, bis die Kluft in der Familie unüberbrückbar wird. Ich bin froh, dass ich diesen schonungslosen Comic zur Hand genommen habe.
Ein Szenario, das sicherlich viele in ihrem Umfeld beobachten konnten oder sogar hatten: die Dorfidioten vernetzen sich und treten aus dem Schatten. Aber warum sie als Stilmittel diese durchsichtige wassergefüllte Person für ihren Vater verwendet hat, erschließt sich mir nicht richtig.
Außerdem stirbt der Hund durch diesen Idioten und das ist völlig unverzeihlich.
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Die Zeichnungen waren nicht so meins, aber den Vater als halbvolle Glasfigur darzustellen, fand ich gut. Und die Geschichte ist natürlich traurig, das kennen wohl viele seit Corona. Der Plot hat mich nicht klüger oder gedankenreicher zurückgelassen nach dem Lesen.
I could feel for the protagonist and I could see what the artist was trying to do, but it felt like it wasn't enough *there* - something was lacking from the story. Still liked reading it though.