Why do we actually use emojis? And where do they come from? In the graphic novel "Face with Tears of Joy" by Karla-Jean v. Wissel, emojis are examined from the perspectives of history, language, philosophy, emotion research and pop culture, reflecting on their impact on our communication and perception.
(Rezension ursprünglich verfasst und eingesprochen für freigeistern! Der Podcast für Kinder- und Jugendliteratur, lesen und lesen lassen-Ausgabe vom 26.06.2025)
Ich bin heute das Emoji mit dem Monokel.
(Um Missverständnisse zu vermeiden, hier die wonky Erklärung auf emoji-terra.com: “Das Emoji-Gesicht mit Monokel zeigt ein gelbes Gesicht mit gehobener Augenbraue und einem Monokel, was genaues Betrachten, Unterscheidungsvermögen, Skepsis oder einen Hauch von Wissen andeutet.“)
In diesem Sinne eine Anekdote mit einem "Hauch von Wissen":
Als das Internet damals „neu“ war, naja, nicht mehr ganz so neu, eher war ich „neu“ im Internet, war ich von der allgemeinen Emoji- und Emoticon-Nutzung auf Youtube, Facebook und den üblichen Verdächtigen irritiert und abgeschreckt. Auf jeden Fall erinnere ich mich, dass ich mich (als der Snob, der ich war) ziemlich lange standhaft geweigert habe, in meinen Einträgen ins Netz auf Emojis oder Emoticons zurückzugreifen. Das kam mir wohl irgendwie unliterarisch vor, als nähme ich eine Abkürzung, schlimmer als Adjektive. (Wir wissen ja alle hier, der Weg in die Hölle ist mit Adjektiven gepflastert!)
Mittlerweile sind viele Emoji-Generationen ins Land gegangen und ich bin weichgespült von abertausenden von Forumsdiskussionen, Insta-Kommentaren und WhatsApp-Nachrichten, doch scheint die Sorge, dass Emojis letztendlich sprachverarmend wirken, gar nicht so selten zu sein. Tatsächlich steht am Anfang der Graphic Novel „Face with Tears of Joy“ der Berliner Comickünstlerin Karla-Jean von Wissel eine ebensolche leicht alarmierte skeptische Selbstbefragung, die sich direkt aus ihrer zeichnerischen Praxis ergibt.
Der an ihrem Schreibtisch vor sich hinzeichnenden Karla-Figur fällt auf, dass sie beim Zeichnen von Emotionen immer wieder auch an Emojis denken muss und diese teilweise unwissentlich reproduziert. Doch inwiefern deckt sich das mit der Wirklichkeit? Hat sie zum Beispiel jemals beobachtet, dass eine Person GRÜN wurde, wenn ihr übel war - sowie es das entsprechende Apple-Emoji behauptet? Wie beeinflussen Emojis ihr Zeichnen, und damit eingeschlossen auch ihre Beobachtung, ihr Sehen? Machen uns Emojis kreativer oder schränken sie unsere Ausdrucksmöglichkeit ein? Reduzieren sie nicht komplexe Sachverhalte (wie Emotionen) auf eine einfache Zeichenanordnung? Führen sie nicht zu mehr Missverständnissen?
Auf diese (und andere) Fragen versucht Karla in ihrem wunderhübschen kleinen Buch "Face with Tears of Joy – eine Graphic Novel über Emojis und Kommunikation", das letztes Jahr im Hamburer Ankerwechsel-Verlag erschienen ist, Antworten zu finden. Ein Comic voller detailreicher schwarzweiß-Zeichnungen und vielen alten und neuen Emojis, diewiederum bunt gedruckt sind, komplett handgelettert, mit freundlichen sonnen- oder smileygelben Kladden.
Auf der Suche nach Antworten geht Karla einerseits sehr methodisch vor: Sie erklärt die relevanten Begrifflichkeiten, gibt einen Überblick über die Entstehung der Emojis, ihre mögliche Verwandschaft mit älteren Zeichensystemen wie z.B. Hieroglyphen, klärt ihre besondere Position zwischen Schrift und Bild und warum sie eigentlich so niedlich sind. Wir lernen: Emojis sind die kleinen Bildzeichen, die man aus Messenger-Diensten wie WhatsApp, Signal etc. kennt, Emoticons hingegen setzen sich aus bestehenden Zeichen zusammen, wie zum Beispiel der klassische Smiley aus Doppelpunkt, Bindestrich und Klammer zu. Und: Das Fritten-Emoji sieht nicht umsonst so aus, als ob es McDonalds-Fritten seien; wenig verwunderlich sind auch die unschuldig aussehenden Emojis durch die Tech-Unternehmen, die sie anbieten, verstrickt in kapitalistische Strukturen. Das ganze wird abgerundet durch ein umfangreiches Emoji-Verzeichnis, in dem alle aktuellen Emojis inklusive ihres Unicodes aufgelistet sind, QR-Codes für wichtige Links und Sticker, sowie Quellenangaben auf jeder Seite. Damit erfüllt das Buch durchaus auch wissenschaftliche Ansprüche.
Andererseits sind da überall kleine Tiere, weitere Zeichnungen und schlaue Anmerkungen zu entdecken. Das ganze Buch wimmelt und quirlt über vor kleinen Figuren, neukombinierten Emojis und Emoticons und Miniatur-Anekdoten. Das ließe sich aus einer puristischen 🧐-Perspektive als visuelle Geschwätzigkeit abtun, steht aber formal in deutlichem Bezug zum Inhalt. Denn warum ist das Ganze überhaupt ein Buch, so ein analoges Ding? Schließlich handelt es sich bei Emoticons und Emojis um Bildphänomene des Digitalen, ihre natürlichen Habitate sind Chats und Social Media Platformen. Was hat die Illustration damit am Hut?
Zu diesem Zusammenhang äußert sich die Karla-Figur an einer Stelle zwar auch selbst, vor allem gibt der Band aber eine deutliche formale, unmittelbar visuell erfahrbare Antwort.
Karlas filigrane Zeichnungen zeigen die Freude an der Fabulation, der Re-Kombination und dem assoziativen, metaphorischen Umgang mit Emojis, den sie als "soziales Spiel" zwischen Personen beschreibt. Folgerichtig illustrieren ihre Zeichnungen im besten, erhellenden Sinne die Praxis, zu der sie aufruft: Sich die Emoji-Bedeutung von den Tech-Konzernen nicht vorschreiben zu lassen, sondern sie sich kreativ anzueignen, zu hinterfragen, neue Bedeutungen zu generieren und Missverständnisse als produktive Kraft zu verstehen. Im Grunde verhält es sich da mit den Emojis nicht anders als mit der geschriebenen Sprache, die ständig im Wandel ist und mit der gespielt werden darf und muss, um sie integrativ, offen und beweglich zu halten. Da es sich nun aber bei Emojis um Bildschriftzeichen handelt, kann diese Auseinandersetzung eben nicht nur über die Schriftsprache stattfinden, sondern muss strenggenommen auch die Bildsprache miteinbeziehen. Meine gewagte These wäre nun, dass für eine solche „Bildsprachen-Reflektion“ das freie Zeichnen und Illustrieren ein ganz wesentliches Mittel darstellt. Wie das aussehen kann, wird hier spielerisch vorge-zeichnet und macht Lust, zeichnend, schreibend und/oder emoji-tippend in die Konversation miteinzusteigen.
Ein guter Grund, über diese gelungene Graphic Novel ein paar TEARS OF JOY zu verdrücken, kleiner als drei uwu.
Heutzutage, in einer Welt, in der digitale Endgeräte aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken sind, gehören Emojis zum Alltag hinzu. Ganz oft werden diese kleinen Zeichen verwendet, um eine Rückmeldung zu geben. Dabei geht es gar nicht mehr nur um Emotionen, sondern einfach nur um Feedback.
In dieser Graphic Novel wird die Welt der Emojis näher beleuchtet. Es beginnt mit einigen Begrifflichkeiten, die zu diesem Thema einfach dazugehören. Mehr oder weniger geht es über in die Geschichte der Emojis. Schon bei diesem Thema fängt es an, ein wenig philosophisch zu werden, denn es gibt einiges an Interpretationsspielraum, wer wann als erstes welches Zeichen verwendet hat.
Noch philosophischer wird es bei der Frage, ob die Emojis eine eigene Sprache oder Schrift darstellen. Immerhin gibt es heutzutage hunderte von Emojis, die je nach Anwendung und Betriebssystem anders aussehen. Da liegt es auf der Hand, dass es mit einer Kategorisierung weitergeht. Am Ende wirft die Autorin einen kurzen Blick auf die Verniedlichung innerhalb der Welt der Emojis und gibt abschließend ein persönliches Fazit zu der Welt der Emojis.
Teilweise wird diese Graphic Novel sehr textlastig und beschränkt sich zeichnerisch auf eine Vereinfachung, was zur Welt der Emojis recht gut passt. Der potentielle Leser muss natürlich eine gute Portion Neugier mitbringen, um sich in die Welt der Emojis einzufinden.
Diese Graphic Novel erzählt die Geschichte des Emojis. Auf unterhaltsame weise taucht man ein in die Vergangenheit und erfährt viel über die Entwicklung der Emojis.
Es hat einen ganz eigenen Zeichenstil, der wunderbar zur tiefgründigen Natur passt. Diese regt wirklich zum Nachdenken über unsere alltägliche Kommunikation und deren zukünftige Entwicklung an.
Danke an den Ankerwechsel Verlag für das über NetGalley zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar.