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400 pages
First published January 1, 1977
I’m young and rich and educated, and I’m unhappy, neurotic, and alone. I come from one of the very best families on the east shore of Lake Zurich, the shore that people call the Gold Coast. My upbringing has been middle-class, and I have been a model of good behavior all my life. My family is somewhat degenerate, and I assume that I am suffering not only from the influences of my environment but also from some genetic damage. And of course I have cancer. That follows logically enough from what I have just said about myself. There are two points I would like to make about my cancer. On the one hand, it is a physical disease from which I will most likely die in the near future, but then again I may win out against it and survive after all. On the other hand, it is a psychic disorder, and I can only regard its onset in an acute physical form as a great stroke of luck. By this I mean that in view of my unfortunate family legacy, getting cancer was by far the cleverest thing I have ever done in my life. No one, of course, is happy to get cancer; but since my life has never been very happy, I feel, after thinking things over carefully, that I’m better off now than I was before. I do not claim that my situation is a particularly happy one; but, given the choice between an utterly miserable state and a merely miserable one, the latter is preferable.
Ich bin jung und reich und gebildet; und ich bin unglücklich, neurotisch und allein. Ich stamme aus einer der allerbesten Familien des rechten Zürichseeufers, das man auch die Goldküste nennt. Ich bin bürgerlich erzogen worden und mein ganzes Leben lang brav gewesen. Meine Familie ist ziemlich degeneriert, und ich bin vermutlich auch ziemlich erblich belastet und milieugeschädigt. Natürlich habe ich auch Krebs, wie es aus dem vorher Gesagten eigentlich selbstverständlich hervorgeht. Mit dem Krebs hat es nun aber eine doppelte Bewandtnis: einerseits ist er eine körperliche Krankheit, an der ich mit einiger Wahrscheinlichkeit in nächster Zeit sterben werde, die ich vielleicht aber auch überwinden und überleben kann; anderseits ist er eine seelische Krankheit, von der ich nur sagen kann, es sei ein Glück, daß sie endlich ausgebrochen sei. Ich meine damit, daß es bei allem, was ich von zuhause auf meinen unerfreulichen Lebensweg mitbekommen habe, das bei weitem Gescheiteste gewesen ist, was ich je in meinem Leben getan habe, daß ich Krebs bekommen habe. Ich möchte damit nicht behaupten, daß der Krebs eine Krankheit sei, die einem viel Freude macht. Nachdem sich mein Leben aber nie durch sehr viel Freude ausgezeichnet hat, komme ich nach prüfendem Vergleich zum Schluß, daß es mir, seit ich krank bin, viel besser geht, als früher, bevor ich krank wurde. Das soll nun noch nicht heißen, daß ich meine Lage als besonders glückhaft bezeichnen wollte. Ich meine damit nur, daß zwischen einem sehr unerfreulichen Zustand und einem bloß unerfreulichen Zustand der letztere dem ersteren doch vorzuziehen ist.
Deshalb glaube ich auch, daß der Krebs primär eine seelische Krankheit ist und die verschiedenen Krebsgeschwüre nur als sekundäre körperliche Nebenerscheinungen des Leidens zu betrachten sind, denn der Krebs hat ja tatsächlich alle Charakteristika einer Gemütskrankheit.
Ich glaube, daß der Krebs eine seelische Krankheit ist, die darin besteht, daß ein Mensch, der alles Leid in sich hineinfrißt, nach einer gewissen Zeit von diesem in ihm steckenden Leid selbst aufgefressen wird.
Wenn ich mich frage, ob es denn für mich wirklich kein Glück, keinen Trost und keine Erlösung gibt, so kann ich der Antwort auf diese Frage nicht ausweichen; sie lautet: Nein. Diese Dinge hat mir das Leben nicht gewährt. Aber zwei Dinge hat es mir gebracht: Klarheit, die Fähigkeit, die Katastrophe meines Lebens klar zu erkennen, zu verstehen und mir nichts mehr vorzumachen. Und zweitens die Stärke, die Wahrheit dieser Erkenntnis zu ertragen. Mein Leben ist die Hölle; ich weiß es, und ich stehe dieser Tatsache ohne Verschleierungsmanöver gegenüber.