In einer winzigen blauen Wohnung lebt Theresa Neges. Ihr Name, der übersetzt »Du solltest Nein sagen« lautet, scheint nicht ohne Einfluss auf ihr Leben. Einen Beruf hat sie nicht, auch kein Geld. Sie hat nur Josef, ihren Freund, und auch den nicht ganz, trotz Liebe. In ihrem großen grauen Mantel läuft Theresa durch Wien. Liegt im Hallenbad auf dem Beckengrund und übt das Luftanhalten, sucht den Schwindel auf einem Karussell. Denn eigentlich möchte sie ins All: leicht sein, schweben. Und Beteigeuze näher sein, dem gleißend roten Riesenstern im Sternbild Orion, dem sie sich seit ihrer Kindheit verbunden fühlt.
Zeman hat verstanden wie das mit der Sprache funktioniert. Eine der wenigen Autor*innen bei denen es mir herzlich egal ist worum es geht. Es funkelt in hell und dunkel, im Zentrum ein tanzender Stern. Und alles nur weil die Protagonistin die Medikamente abgesetzt hat. Das hat sich ausgezahlt.
Kurzmeinung: Die beste Krankheit taugt nichts, sagte meine Großmutter. Versuch einer Annäherung
Eine psychisch kranke Frau namens Theresa Neges, setzt das Medikament ab, das ihr hilft, sich in der Gegenwart zu verorten. Dass sie das Medikament absetzt, Zyprexa, hat gute Gründe; es hat so viele unangenehme Nebenwirkungen, zum Beispiel anhaltende Schlaflosigkeit oder das Gefühl unter Wasser zu sein, dass das Nutzen-Nachteil-Verhältnis nicht adäquat zu sein scheint.
Im Folgenden muss die Leserschaft mit durch Theresas Obsessionen und Gefühle. Wird es ihr gelingen trotzdem zurechtzukommen? Ihre Beziehung zu dem etwas jüngeren Josef, der sich seiner früheren Freundin Wera immer noch verpflichtet fühlt und hauptsächlich auf sexueller Basis funktioniert, ist nicht wirklich hilfreich, ihr Job in einer Bäckerei mit angeschlossenem Café ist langweilig, und nur ihre Hobbies trösten sie. Denn Therese übt sich im Apnoetauchen und verstört den Bademeister im örtlichen Schwimmbad als sie 3 Minuten regungslos auf dem Grund des Beckens liegen bleibt und sie schaut zu den Sternen auf. Ihr Lieblingsstern ist Beteigeuze, ein roter Riese, der sich in einem langsamen Sterbeprozess befindet und mit dem sie sich deshalb identifiziert.
Der Kommentar und das Leseerlebnis:
Der Roman funktioniert vor allem auf der assoziativen Ebene. Wenn man sich mitnehmen lässt in und von Theresas Stimmungen und impulsiven Handlungen. Man erfährt sehr wenig von Theresa, dabei hätte man doch gerne mehr über die Krankheit gewusst. Auch sonst ist die Handlungsebene spärlich, einzig Theresas Beobachtungen bezüglich ihrer Umwelt machen ein wenig Laune.
Ansonsten wird man eingesogen in ein Konglomerat aus Hoffnungslosigkeit, Traurigkeit und Düsternis.
Fazit: Kein Roman für düstere Regentage. Doch vielleicht hilft der Roman ja, psychisch kranke Menschen und deren Befindlichkeiten besser zu verstehen.
Diesen Roman zu lesen ist wie in einer Schüssel Glasscherben rumzuwühlen. Manche werden sich nur die Hände aufschneiden. Andere werden feststellen, dass sie eigentlich ein Kaleidoskop vor sich haben.
„Und der Himmel ist still und das Meer ist still, nur mein Atem geht laut, und als ich mich umdrehe, schwankt der Boden ein bisschen unter dem Gewicht des Meeres und dem von mir.“ (Zitat Seite 19)
Inhalt Theresa Neges ist vierzig Jahre alt und lebt mit ihrem fünf Jahre jüngeren Freund Josef, einem Austellungsarchitekten für Künstler, in einer kleinen Wohnung in der Wiener Taborstraße. Ursprünglich hat Theresa an der Wiener Angewandten Mode studiert, doch irgendwie hat sich ihr Leben in den Jahren sehr verändert. Seit drei Tagen hat sie wieder Arbeit gefunden, in einem Wiener Café, doch am liebsten lebt sie ein Leben nach ihren eigenen Vorstellungen, füllt den Tag mit spontanen Einfällen und wartet darauf, dass im späten Herbst ihr Lieblingsstern am Himmel auftaucht, Beteigeuze, rot leuchtend im Sternbild Orion.
Thema und Genre Ein Roman in Fragmenten, Skizzen, Gedankenschnipseln. Es geht um Tagesabläufe und sich spontan ergebende, teilweise skurrile Ereignisse im Leben einer Vierzigjährigen, die beschlossen hat, die Medikamente abzusetzen, die sie auf Grund ihrer psychosozialen Beeinträchtigung nehmen sollte.
Erzählform und Sprache Die Geschichte versetzt uns in die innere Welt der Hauptfigur Theresa und so besteht eine Art von Handlung ausschließlich aus den vielen Bewusstseinsströmen Theresas. Auch Gespräche und Dialoge werden von Theresa zuerst in ihren Gedanken interpretiert, umformuliert und kommentiert, sie hört nur, was und wie sie es hören will. Auf mich wirkt diese Figur wie eine in die Jahre gekommene, tragische und deprimierende Pippi Langstrumpf, die sich ihre eigene Welt erschafft, in der sie sich bewegt, wie es ihr gerade passt. Von den Menschen in ihrem Umfeld erwartet sie, dass sich alle ihren skurrilen Ideen und ihrem eigenartigen Verhalten, das sie selbst oft lustig findet, unterordnen. Mich konnte diese Hauptfigur teilweise nicht erreichen. Da es sich bei der Erzählform ausschließlich um die Wiedergabe der Gedanken und inneren Monologe der Wienerin Theresa handelt, ist auch die Sprache entsprechend einfach, ergänzt durch Theresas Wissen zu Themen, die sie interessieren, Lexika-Einträge, die sie in ihren Gedanken wiederholt.
Fazit Ich habe das Buch auf Grund der Inhaltsbeschreibung des Verlages und der begeisterten Besprechungen in literarischen Fachkreisen und Medien gekauft und kann diese Begeisterung nur bedingt nachvollziehen.
das war toll. sprachlich wahnsinnig schön, inhaltlich ging mir die beschreibung der psychischen erkrankung der protagonistin nahe, ich habe viele szenen mehrfach gelesen, weil sie so schön beschrieben waren. ein fragmentarischer, assoziativer roman, von dessen autorin ich mehr lesen möchte.
Verwirrt und unsicher hat es mich zurückgelassen, dieses Buch. Teresas Abstieg in die Tiefen ihrer psychischen Erkrankung als Leserin zu begleiten war schwer, ungemütlich, und eigentlich wollte ich die ganze Zeit aufhalten, dass es passiert. Für mich ist „Beteigeuze“ ein Buch, das ich wahrscheinlich ein zweites Mal lesen sollte, um mich komplett darauf einlassen zu können. Jetzt, wo ich die Geschichte abgeschlossen habe, gefällt sie mir rückblickend besser, als ich es während des Lesens empfunden habe. Sehr begeistert haben mich die Sprache und der Stil der Autorin. 3,5/5
„Wurzeln wachsen (…) und ich sehe, wie sie sich hell und haarig durch meine Sohlen bohren, durch das Parkett, Decken und Keller, tiefer, Schotter, Erdreich, Felsen, unweit des Erdkerns wärmen sie sich und saugen etwas vom Gestein, das halb fest, halb flüssig ist. Dies verleiht Theresa Nages eine göttinnengleiche Unsterblichkeit. Bin riesengroß. Spüre alles, was ist. Das Rotieren der Erde. Das Drängeln der Gezeiten. Wie der Mond die Meere formt, mit seinem Silberlicht zieht er das Wasser dicht an sich (…) - Josef schaut mich an. Da fallen all die Wurzeln wieder ab!“ 290f.
Es ist schwierig, ein Sprachkunstwerk, bestehend aus einer Überzahl an Szenen, Bildern und Tableaus, in einen Roman zu fassen, wenn es dabei keine Handlung gibt, die sich sinnvoll entwickelt. Vielleicht sind die meisten Szenen auch zu kurz, um auf den Erzählkosmos einzuzahlen. Wollte der Verlag wohl unbedingt einen Roman haben?