Ein Militärlazarett in Venedig. Desinfektionsmittel, Fieberschweiß, der unerträgliche Gestank von Wundbrand. Der Sohn liegt im hintersten Bett, er schläft. Die Mutter hebt die Decke am unteren Ende an. Zwei Beine, zwei Füße. Eins, zwei, drei, sie zählt die Zehen – bis zum zehnten. Vorsichtig legt sie die Decke zurü Endlich kann sie in Ohnmacht fallen.
Im Winter 1942/43 flohen italienische Soldaten in Schuhen mit Pappsohlen vor der Roten Armee, Zehntausende erfroren. Der »Rückzug aus Russland« hat sich als Trauma im kollektiven Gedächtnis Italiens eingebrannt – auch in der Familie von Francesca Melandri. Ihr Vater hat ihn überlebt.
Doch erst als Anfang 2022 Bilder und Orte des Kriegs in der Ukraine omnipräsent sind, wird ihr Es ist vor allem die Ukraine, in der der Vater gewesen ist. Was hat er dort wirklich erlebt, warum war er überhaupt dort?
Francesca Melandris »Kalte Füße« ist ein berührendes Zwiegespräch mit einem geliebten ein unerschrockenes Buch über das, was der Krieg gestern wie heute in Körpern und Köpfen anrichtet, über das Erzählen als Überlebenskunst – und unsere historische Pflicht angesichts des Angriffs auf die Ukraine, die Stille zum Sprechen zu bringen.
Francesca Melandri was born in Rome in 1964. She started writing very young, working first as a screenwriter, and has worked on films and television series, as well as a number of prize winning documentaries.
In 2010 she published her first novel, 'Eva dorme' ("Eva Sleeps"), set in the border regions of Northern Italy and Austria, a sweeping story about family, forgiveness, conflict and the search for truth. The novel, which won several literary prizes in 2010 and 2011, has been translated in German, Dutch, French and English.
Melandri's second novel, 'Più alto del mare', was published in 2012 and it has also won several literary prizes.
Ein empfehlenswertes Buch mit interessantem Konzept und klarer Haltung, elegant komponiert, manchmal mehr Geschichtslehrbuch, als Roman/Essay/Erinnerungsbuch. Einzig: Das dauernde explizite Ansprechen des Vaters im Text hätte ich als Leser nicht gebraucht.
In „Kalte Füße“ schreibt Francesca Melandri einen emotionalen Brief an ihren verstorbenen Vater, um den wahren Kern seiner Kriegserzählungen aufzudecken. Ihr Vater, Franco Melandri, kämpfte im Zweiten Weltkrieg gegen Russland, gehörte also als Teil der faschistischen Armee Mussolinis zu den Besatzern. Auslöser für diese Auseinandersetzung war der Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022. Erst durch die Nennung von Orten bzw. Kriegsschauplätzen in der Berichterstattung wird ihr klar, dass ihr Vater als italienischer Gebirgsjäger im Zweiten Weltkrieg in der Ukraine, nicht in Russland, war. Unter dem Eindruck der aktuellen Situation, erinnert sie sich an die Erzählungen über die Kriegserlebnisse des Vaters in ihrer Kindheit, liest nochmals seine Bücher, in denen er über seine Kriegserfahrungen berichtet und versucht, zu ergründen, was er dort wirklich getan bzw. möglicherweise sogar verbrochen hat. Francesca Melandri hat ein zu Herzen gehendes Vater-Tochter Buch geschrieben, was mich sehr berührt hat. Eine ganz andere Herangehensweise an das Thema Krieg als man es sonst kennt. Empathisch und klug analysiert sie glasklar und mutig, welche Verantwortung gegenüber einem bedrängten Land wir tragen. Sie empört sich zwar vor allem darüber, dass die italienische Politik und auch die Zivilgesellschaft so wenig Solidarität mit der Ukraine zeigen, aber vieles trifft natürlich auch auf Deutschland und auch andere Länder zu. Ein absolut lesenswertes Buch, das viel Stoff zum Nachdenken liefert.
Im Winter 1942/43 flohen italienische Soldaten in Schuhen mit Pappsohlen vor der Roten Armee, Zehntausende erfroren. Der «Rückzug aus Russland» hat sich als Trauma im kollektiven Gedächtnis Italiens eingebrannt - auch in der Familie von Francesca Melandri, einer der wichtigsten Autorinnen Italiens. Ihr Vater hat ihn überlebt. Doch erst als Anfang 2022 Bilder und Orte des Kriegs in der Ukraine omnipräsent sind, wird ihr klar: Der Vater ist vor allem in der Ukraine gewesen. Sie tritt mit ihrem verstorbenen Vater in ein Zwiegespräch, wobei sie den Krieg damals mit dem Heutigen in der Ukraine vergleicht.
«Zwei, nur zwei Episoden deines Krieges waren es wert, in die epischen Dichtungen der Familien aufgenommen zu werden.»
Was hat der Vater dort wirklich erlebt, warum war er überhaupt dort? Francesca Melandris «Kalte Füße» ist ein berührendes Zwiegespräch mit einem geliebten Menschen: ein unerschrockenes Buch über das, was der Krieg gestern wie heute in Körpern und Köpfen anrichtet. Das Buch ist auch eine Abrechnung mit der italienischen Linken, die Putin hinterherhecheln und ein falsches Geschichtsbild präsentieren. Der Vater berichtete davon, vor dem Feind geflohen zu sein. Letztendlich war doch so, dass die Italiener, die Faschisten, in ein fremdes Land eingefallen waren, ergo die Feinde waren, die anderen lediglich ihr Land verteidigt hatten. Melandri findet Parallelen zwischen damals und heute. Immer wieder die Ukraine, die überfallen wird! Und sie geht noch viel weiter zurück in der Geschichte.
«Was bringt es, uns als stolze Antifaschisten zu fühlen und Bella Ciao zu singen, aber dann einen lupenreinen Faschisten wie Putin nicht zu erkennen, wenn er direkt vor uns steht?»
Francesca Melandri eröffnet im Zwiegespräch kluge Gedanken zum Krieg, zur Ukraine, erinnert an historische Eckdaten. Sie erinnert sich an die heroischen Kriegsgeschichten und seziert sie – denn der Vater konnte gut erzählen – aber er hat sich auch jede Menge zurechtgebogen. Er hatte ein Buch geschrieben, damals, mit frischen Erinnerungen, das so gar nicht zu den anderen Geschichten passt, die später erzählt wurden. Viel Schlimmes erleben Soldaten und das Erzählen, das Verklären, ist ein Teil der Strategie der Überlebenskunst. Die Autorin hält der Linken den Spiegel hin, greift sie an, bezüglich ihrer Einstellung zum Ukrainekrieg, zu ihrer Treue zu Putin. Und das macht sie völlig sachlich mit guten Argumenten. Ihre Intension ist ihre historische Pflicht angesichts des Angriffs auf die Ukraine, die Stille zum Sprechen zu bringen, nicht wegzuschauen, sich für die Ukraine einzusetzen, es laut auszusprechen. Denn die Stille wäre genau das, was Putin erreichen möchte. Historisch gut erklärt, philosophisch eine erhellende Auseinandersetzung mit klugen Schlussfolgerungen. Spannend zu lesen, ein politisches Buch. Ich kann nur sagen: Lest es unbedingt, ihr werdet begeistert sein!
«Nicht ich bin diejenige, Papa, die diese Verbindung herstellt zwischen der Invasion in der Laraine und dem Zweiten Weltkrieg. Es sind die deutlichen, ruhig und überlegt ausgesprochenen Worte eines Mannes, der sich als Abgesandter der großen Geschichte versteht, von jemandem, der - wie er gerne betont - im Geist der Zaren Peter, Katharina und Alexander III. handelt: Wladimir Wladimirowitsch Putin. Wer weiß, wie du reagieren würdest, wenn er dir sagte, dass der von ihm begonnene Krieg eine Fortsetzung deines Krieges sei.»
Francesca Melandri, geboren in Rom, gehört zu den beliebtesten italienischen Autorinnen der Gegenwart. Melandri hat sich in Italien zunächst als Autorin von Drehbüchern für Kino- und Fernsehfilme einen Namen gemacht. Mit ihrem ersten Roman »Eva schläft« wurde sie auch einem breiten deutschsprachigen Lesepublikum bekannt. Ihr zweiter Roman »Über Meereshöhe« wurde von der italienischen Kritik als Meisterwerk gefeiert. Ihr dritter Roman »Alle, außer mir« wurde 2018 zum Lieblingsbuch des unabhängigen Buchhandels gewählt, erlebte zahlreiche Nachauflagen und stand zehn Wochen lang auf der SPIEGEL-Bestsellerliste.
Guerre a confronto. Le guerre, che si parli della seconda mondiale, o una delle tante in attuale esplosione, o quella del quotidiano sopruso russo sull’ucraina, sono tutte uguali. Distruzioni, sofferenze, terrore, cattiverie, disumanità si ripetono invariate. Questo libro di Francesca Melandri, scrittrice che sa usare le parole, è un dialogo con suo padre (o monologo, visto che il padre non c’è più ma ha lasciato ricordi tangibili della sua guerra). Lei racconta e paragona atti e avvenimenti della guerra del padre alla vilissima “operazione speciale” che la Russia ha imposto all’Ucraina. Racconti durissimi, avvilenti, dolorosi, che pure non riesci a mettere da parte, ti imponi di sapere. Lo sto leggendo con rispetto e di mia volontà, lo sapevo anche prima che non sarebbe stata una lettura rilassata. Eppure questo svelamento mi ha preso per mano fin da subito, mi accompagna nel sapere, non mi trascina ma mi obbliga lì, a guardare e conoscere. Sferza la mia voglia di distogliere il pensiero, solletica il mio desiderio di giustizia, evidenzia l’esistenza di un senso di colpa latente (che fortuna essere nati in un Paese pieno di difetti ma sufficientemente democratico). E’ un libro da leggere e subito dopo rileggere, ricco com’è di pensieri che rispecchiano i tuoi (o almeno, i miei). E’ un libro per riflettere, per misurarsi e decidere cosa si vuol fare da grande.
For me this is not a novel, but an essay from Francesca Melandri. The book is written in the form of a very long letter and is addressed to someone she loves very much, her father. Her father was involved in the Nazi war against the Soviet Union or as we incorrectly say today, against the Russians, since fascist Italy under Mussolini was an ally of the Germans. The Second World War is compared with today's war of invasion by the Russians against Ukraine and the father, who was a supporter of fascism, wants to remind him what war meant then and what it means now. It also shows the hypocrisy of Western Europeans, especially the left, regarding the war in Ukraine and the standards used to argue it. Through this book, Francesca Melandri would like to convey what responsibility we have when it comes to our freedom and the defense of Western democracy. What I didn't like were some political positions or general condemnations and repetitions that World War II was a war in Ukraine. As a reader, after two or three repetitions, I understand what is meant. At some point I felt stupid. But definitely a book worth reading and recommended.
Nach den wunderbaren Leseerlebnissen von Melandris Büchern spürte ich zunächst Widerstand ,mich auf diesen Text einzulassen.Verwirrend die Zitate aus den Büchern des Vaters , auf die die Autorin Bezug nimmt.Sie arbeitet sich und ihre Familiengeschichte aus einer Art Nachgeborenentrauma ab und gleichzeitig dokumentierr sie italienische ,osteuropäische Geschichte. Warum wollten ihr ebenso wie mein Vater uns nichts über ihre Teilnahme am Zweiten Weltkrieg erzählen ? Gleichzeitig engagiert sich die Autorin gegen russische Erzählnarrrative,wo es um ukrainische Literatur ( Tschechow,Gogol, Tolstoi ), Kultur und Geschichte geht. Die Aurorin schöpft durch Studien , Social Media , persönliche Kontakte und Erfahrungsreichtum . Mag sein, dass manchen die Fakten zeitweilig erschöpfen. Trotz dieses Dokumentationscharakters zeigt das Buch Spannungsbögen,einen Aufbau mit Wendungen , sprachliche Feinheiten. Ein leidenschaftlicher Friedensappell, mögen die europäischen Verwandten keine kalten Füße bleiben.
È stata sicuramente colpa mia: conoscendo (e amando) altri libri di Francesca Melandri, mi sono interessata a questo libro senza informarmi sulla trama. Non sapevo quindi che si trattasse di una sorta di ricerca sulla vita del padre defunto, in cui l'autrice approfondisce soprattutto la sua partecipazione alla guerra in Russia/Ucraina durante la Seconda guerra mondiale e il suo rapporto con il fascismo, come in una sorta di dialogo diretto con lui. Le emozioni a volte sono molto forti.
Molti dettagli sull'Ucraina, la sua storia, la sua popolazione... interessante in questo periodo di invasione della Russia, ma non era assolutamente il tipo di testo che volevo leggere.
“E forse capire non è sempre la cosa più importante”.
Das ist ohne Untertreibung eines der wichtigsten Bücher zum russischen Angriffskrieg. So einsichtig, sensibel und vielschichtig. Besonders lehrreich für alle, die eine linke Haltung zu diesem Krieg und der „Zeitenwende“ formulieren und mehr zum russischen Imperialismus erfahren möchten. Die Parallelen zum zweiten Weltkrieg und der Rolle des faschistischen Italiens sind dabei besonders hervorzuheben. Wunderschön geschrieben mit viel Empathie und in der besonderen Form des Dialoges mit dem verstorbenen Vater.
Eins der besten Bücher, die ich bislang gelesen habe. Feinfühlig, differenziert, aber niemals relativierend. Ich kann es nur jedem ausdrücklich ans Herz legen.
I piedi freddi sono quelli del padre dell'autrice, Franco, alpino nella ritirata di Russia. Il libro parla di allora, 1942-'43, e... di oggi, perché in parte i luoghi di guerra sono gli stessi: allora Hitler invase da ovest, ora Putin invade da est, per "denazificare" - dice lui...
Questo libro verrà letto da poche persone purtroppo. Invece è un libro straordinario: con semplicità, amore e attenzione l’autrice percorre pezzi di storia che vanno capiti, e pezzi di presente che vanno analizzati. È uno schiaffo in piena faccia che ti sveglia dal torpore, è un bagno di realtà. Leggetelo se non vi interessa la guerra Russa in Ucraina.
Che è quello che ho fatto io come i Mapuche quando sono arrivate le navi. Qualcosa che non rientra nel mio comprendere e allora mi volto dall’altra parte come se non stesse avvenendo.
Mi mette alle strette anche con il discorso che il comunismo è stato, ed è, una dittatura che va condannata come il nazismo. Bello anche il discorso dei sensi di colpa che sono l’altro lato della vanità. Non abbiamo colpe ma responsabilità da prenderci oggi, non piangerci addosso.
Una scrittura intensa, una lettura faticosa dentro ma non difficile.
Vorrei dedicare più tempo ai libri, leggere e rileggere, digerire, invece li consumo come il cibo, ingordamente.
Questo merita tempo, rilettura, attenzione. Vorrei davvero che lo leggessero in tanti.