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Gewässer im Ziplock

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Ein Sommer zwischen Berlin, Chicago und Jerusalem. Wie jedes Jahr verbringt die fünfzehnjährige Margarita ihre Ferien bei den Großeltern in den USA. Doch sie hat Heimweh, nach ihren Freunden und ihrem Vater, der in einer Berliner Synagoge die Gebete leitet. Die Mutter hat die beiden verlassen, als Margarita zwei Jahre alt war. Höchste Zeit, beschließt der Familienrat, dass sie einander besser kennenlernen. Und so wird Margarita in ein Flugzeug nach Israel gesetzt, wo ihre Mutter seit Kurzem lebt. Gleich nach der Ankunft geht alles schief, die Reise durchs Heilige Land reißt alte und neue Wunden auf, da müssen sie schon wieder zurück nach Chicago, wo sich alle um das Krankenbett der Großmutter versammeln und Margarita eine Entscheidung treffen muss.

Von großen und kleinen Lügen, von Zuneigung und Schmerz erzählt Dana Vowinckel in ihrem preisgekrönten Debütroman. Gewässer im Ziplock ist eine mitreißende Familiengeschichte zwischen jüdischer Tradition und deutschem »Gedächtnistheater«. Eine Geschichte voller Leben und Menschlichkeit.

359 pages, Paperback

Published October 13, 2024

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5777 people want to read

About the author

Dana Vowinckel

4 books37 followers
Dana Vowinckel wurde 1996 in Berlin geboren und studierte Linguistik und Literaturwissenschaft in Berlin, Toulouse und Cambridge. Beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb 2021 wurde sie für einen Auszug aus Gewässer im Ziplock mit dem Deutschlandfunk-Preis ausgezeichnet. Für ihre Erzählung In my Jewish Bag erhielt sie beim Wettbewerb »L’Chaim: Schreib zum jüdischen Leben in Deutschland!« den ersten Preis. 2023 wurde ihr ein Arbeitsstipendium des Berliner Senats zugesprochen. Dana Vowinckel lebt in Berlin.

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Community Reviews

5 stars
1,099 (42%)
4 stars
1,051 (41%)
3 stars
355 (13%)
2 stars
46 (1%)
1 star
11 (<1%)
Displaying 1 - 30 of 184 reviews
Profile Image for Schlimme Helena.
111 reviews110 followers
April 30, 2024
Ich habe dieses Buch geatmet bis zum letzten Wort. Jetzt vermisse ich es, obwohl es noch vor mir liegt
Profile Image for Meike.
Author 1 book4,788 followers
March 19, 2025
Soon Available in English: Misophonia
I had some issues with this one, but more importantly, I was intrigued by this multigenerational German-American-Israeli-Jewish family epic. Our protagonist is 15-year-old Margarita who is raised in Berlin by her father Avi, a hazzan from Israel. Her Jewish-American mother left the family when Margarita was still in kindergarten. When Margarita visits her maternal grandparents in Chicago, they and her father decide that she should get to know her mother, so she is sent to Israel, where her mother works at Hebrew University, and she tries to find out why her mother left.

Vowinckel's debut novel, which is based on a text that earned her the Deutschlandfunk Prize at the Bachmann Competition 2021, deals with Jewish identity in three different countries, with intersectional questions, intergenerational trauma, but also coming-of-age (Margarita has a boyfriend in Berlin and falls for Lior in Israel) and friendship (Margarita is constantly texting with her best friend Anna in Berlin, who is helping her cope through humor). Then, we have interesting depictions of Avi's job and what it entails and means to him, plus expertly placed flashbacks into the past of the family as well as a changing focus, mainly from Avi to Margarita and back.

I applaud Vowinckel for starting out with such an ambitious and complex work, although it suffers from some weaknesses. While the parents are very believable, Margarita remains all too implausible: Yes, puberty might explain parts of it, but there is so much screaming and sudden changes of behavior that her motivations partly become washed out. Also, the book starts a little too slow, and tends to be quite wordy in places.

Still, an exciting debut that ponders captivating questions and offers intriguing scenes and plotlines.

Discussion on the podcast: https://papierstaupodcast.de/allgemei...
Profile Image for Great-O-Khan.
449 reviews122 followers
February 8, 2024
Das Fundament des Romans "Gewässer im Ziplock" von Dana Vowinckel ist ähnlich wie das Fundament eines Hauses: wichtig, aber nicht besonders interessant. Die fünfzehnjährige Margarita lebt bei ihrem alleinerziehenden Vater Avi in Berlin. Anfangs ist sie zu Besuch bei den Großeltern in den USA. Danach besucht sie die Mutter Marsha, die derzeit aus beruflichen Gründen in Israel lebt. Die Vater-Mutter-Tochter-Geschichte ist das eher uninteressante Fundament.

Spannend und außergewöhnlich wird der Roman durch die unterschiedlichen Orte, an denen er spielt und vor allem durch die Schilderung des jüdischen Lebens. Anders als bei Deborah Feldmann geht es nicht um eine orthodoxe Welt. Der Vater ist Kantor in einer Synagoge in Berlin. Er betont, dass er kein Geistlicher ist. Die Tochter ist ein normaler Teenager. Die Gebote des Glaubens sind für Margarita nicht sehr wichtig. Da unterscheidet sie sich kaum von christlichen Teenagern. Wenn sie dann aber von ihrem Freund anschuldigend gefragt wird, ob sie etwa eine Zionistin sei, stellt sich doch die Frage nach ihrer jüdischen Identität. Sie merkt, dass sie ihr jüdisches Leben nicht von ihrem Teenager-Leben trennen kann.

Die äußeren Umstände werden zunächst fast beiläufig thematisiert. Wenn Avi auf dem Weg zu seiner Arbeit durch die Security-Checks der Synagoge muss, ist das durch die Normalität der Erzählung noch schmerzhafter, als es ohnehin schon ist. An anderen, späteren Stellen wird es expliziter und wütender.

Der Roman ist gut geschrieben. Nach und nach wird dadurch selbst das gewöhnliche Fundament doch noch interessant. Vowinckel hat ein erstaunlichs Gespür für die richtigen Szenen zur richtigen Zeit. Bei den jüdischen Begriffen hilft das Glossar am Ende des Buches. Die Komposition rückt in wechselnden Abschnitten mal die Tochter und mal den Vater in den Mittelpunkt. Mein Interesse war zunächst stärker beim Vater. Im Laufe des Buches änderte sich das immer wieder. Die Teenager-Tochter fand ich anfangs etwas nervig. Sie ist vielleicht zu weit von meiner Lebensrealität entfernt. Die Autorin schafft es aber, mir ihre (Gedanken-)Welt immer näher zu bringen. Das ist für mich ein Kriterium guter Literatur. Dana Vowinckel ist eine ganz eigene Stimme in der deutschen Gegenwartsliteratur. Ein großes Glück.

Das Buch wurde vor dem 7. Oktober 2023 geschrieben und veröffentlicht. Es ist ein Werk, das unabhängig von den Ereignissen gelesen werden kann. Aber es ist auch ein Text, der gerade in diesen Zeiten helfen kann.
Profile Image for Elena.
1,016 reviews409 followers
June 16, 2024
Dana Vowinckels Debüt "Gewässer im Ziplock" ist Sommerbuch und Coming-Of-Age-Geschichte zugleich und vereint noch so viel mehr in sich.

Die fünfzehnjährige Margarita verbringt wie jedes Jahr die Sommerferien bei ihren Großeltern in Chicago. Dieses Jahr ist ihr die Trennung von ihrem alleinerziehenden Vater Avi, ihrer Heimat Berlin und ihren Freund*innen zu Hause besonders schwer gefallen, die Zeit in den USA erscheint ihr unerträglich. Ihre Mutter Marsha bietet Margarita überraschend einen Ausweg aus den immer gleichförmigen Sommertagen: Sie läd ihre Tochter ein, mit ihr gemeinsam Israel zu besuchen. Doch um das Mutter-Tochter-Verhältnis steht es schlecht und der Aufenthalt in Israel wird bald zur Zerreißprobe für Margarita und Marsha.

Die Autorin geht in ihrem Roman Fragen nach Identität, Herkunft, jüdischem Leben in Deutschland, Elternschaft und Erwachsenwerden nach. Dabei gibt sie keine einfachen Antworten, ihre Figuren sind vielschichtig und markant, sie ecken an und sind gerade dadurch so lebensecht. Erzählt wird die Geschichte abwechselnd aus der Perspektive von Margarita und Avi, in Berlin, Chicago und Israel. Ich habe "Gewässer im Ziplock" sehr, sehr gerne gelesen, ein gleichermaßen schöner, unterhaltsamer und trauriger Roman, den ich nur empfehlen kann.
Profile Image for Ellinor.
740 reviews355 followers
September 4, 2023
Gewässer im Ziplock ist ein Buch, zu dem ich aufgrund des Covers wahrscheinlich nicht gegriffen hätte. Es ist so unscheinbar, im Buchhandel wäre ich daran vorbeigegangen. Inzwischen weiß ich, dass es perfekt zum Inhalt passt.
Die Geschichte spielt während eines Sommers, das Buch ist aber kein typisches Sommerbuch. Dazu ist die Geschichte viel zu komplex. Es ist eine Coming of Age-Geschichte, aber nicht nur das: es geht nicht nur um die Entwicklung der fünfzehnjährigen Margarita, auch ihre Eltern, vor allem ihr Vater Avi, entwickeln sich und müssen ihre Rollen neu überdenken. Am Ende des Sommers müssen alle wichtige Entscheidungen treffen und vieles verändert sich.
Ich fand nicht nur diese Entwicklungen äußerst gelungen beschrieben. Was mir auch besonders gefiel, waren die vielen Perspektiven hinsichtlich Holocaust und Nahostkonflikt, jüdischen Lebens in Deutschland, Israel und den USA. Vieles davon konnte aufgrund der Komplexität nur angerissen werden. Dennoch haben sich mir etliche neue Aspekte eröffnet, die ich vorher nicht bedacht habe, die mir nun aber ganz offensichtlich erscheinen. Toll ist auch, dass sich die ganzen Diskussionen im Buch dazu aus Personenkonstellationen ergeben, die auf keinen Fall konstruiert wirken, sondern sich aus den Umständen einfach so ergeben.
Wie so viele andere auch vermisse ich dieses Buch schmerzlich auf der Longlist des Deutschen Buchpreises.
Profile Image for Otto.
746 reviews50 followers
March 21, 2024
Ein Roman, den ich auch als Jugendbuch durchgehen ließe, könnte ihn mir auch als Schullektüre sehr gut vorstellen. Dana Vowinckel beschreibt hier die Zerrissenheit jüdischen Lebens in Deutschland, aus Deutschland heraus beeinflusst von der Shoah, die Art, wie Juden erleben, dass sie von deutschen Nichtjuden gesehen werden, sowohl was antisemitische Strömungen betrifft als auch was die philosemitische Sicht betrifft. Entspanntet gibt es da in keiner Richtung.
Vowinckel versteht es zusätzlich die pubertären Entwicklungsschwierigkeiten anhand der Figur der Margarita zu beschreiben, zwischen ersten Lieben, ersten Sexerfahrungen, Wunsch nach Erwachsensein und noch Verhaftet Sein im Kindlichen.
Ich würde diesem Roman wünschen, dass er durch den Preis der Leipziger Buchmesse geadelt wird (ist auf der Nominiertenliste).
Ergänzung 21.3.2024: Mit dem Ritterinnenschlag wurde es dann doch nichts. Trotzdem lege ich allen dieses Buch ans Herz.
Profile Image for Florian Lorenzen.
149 reviews131 followers
January 21, 2024
Das Geheimnis der kaputten Herkunft 😩

In dem 360 Seiten langen, vielbeachteten Romandebüt von Dana Vowinckel geht es vordergründig um die 15-Jährigen Margarita, ihrem Sommer zwischen drei Städten und dem komplizierten Verhältnis zu ihrer Mutter. Das eigentliche Thema, was in diesem Roman verhandelt wird, ist jedoch die Brüchigkeit (deutsch-)jüdischer Identitäten. Ob in Chicago, Jerusalem oder Berlin – an keinem der drei Handlungsorte erscheint ein jüdisches Leben ohne Abstriche als möglich. Dass die jüdische Identität insgesamt auf tönenden Füßen steht, wird von Vowinckel wiederum mit einem biografischen Detail eines Charakters elegant ins Spiel gebracht. Es wird deutlich, dass die jüdische Identität von bestimmten Voraussetzungen zehrt, welche die Identitätsfrage zusätzlich verschärft. Ich habe diesen Akzent vor allem als Verarbeitung der innerjüdischen Identitätsdebatte von 2021, die seinerzeit zwischen Maxim Biller, Mirna Funk und Max Czollek ausgefochten wurde, verstanden.

Ein weiteres Thema dieses Romans ist die jüdische Perspektive auf die deutsche Erinnerungspolitik, die mit deftigen Worten und mit Mitteln des schwarzen Humors kommentiert wird. Dabei offenbart sich zwar kein einheitlicher, aber ein doch kritisch bis abfälliger Blick auf die deutsche Vergangenheitsbewältigung. Besonders angenehm zu lesen waren diese Passagen für mich nicht, denn ich halte die deutsche Erinnerungskultur für eine Errungenschaft, die es trotz aller Mängel zu bewahren gilt. Bei mir setzte sich allerdings die Erkenntnis durch, dass die Perspektive der Täter (nie wieder Täter zu werden) eine gänzlich andere als die des Opfers (nie wieder Opfer sein zu müssen) sein kann – eine Differenz, die sich bspw. auch in der Außen- und Sicherheitspolitik beobachten lässt.

Auch wenn die verhandelten Themen des Buches nicht gerade von seichter Natur sind, kommt „Gewässer im Ziplock“ erstaunlich leichtfüßig daher. Für mich ein definitiv lesenswertes Romandebüt!

Review auf Instagram: https://www.instagram.com/p/C1t62YXNpEF
Profile Image for Anika.
958 reviews308 followers
October 24, 2023
Dana Vowinckel, noch ein Name vom '21er Bachmann-Wettbewerb, der mir sehr gut in Erinnerung geblieben ist. Und jetzt hat sie ein tolles Debüt hingelegt, dass mit tollen Einblicken in deutsches jüdisches Leben aufwartet. Der Plot über eine international zerrissene Familie überzeugt ebenso wie die wechselnden Erzählstimmen.

Mehr zum Buch in unseren ausführlichen Besprechungen @ Papierstau Podcast: #272
Profile Image for SusanneH.
504 reviews36 followers
April 4, 2024
Ein richtiges Lesehighlight war das für mich.
Eigentlich hatten weder Titel noch Einband mich neugierig aufs Buch gemacht. Es war einfach Zufall, dass diese Neuerscheinung in meiner Bibliothek als eBook verfügbar war und ich beim rumstöbern darauf stieß.
Toller Coming of age Roman. Kann gar nicht glauben,dass die Autorin so jung ist und das ihr Debüt ist.
Das wäre doch ein Buch für den deutschen Buchpreis, zumindest wenn ich was zu sagen hätte.
Profile Image for ari.
567 reviews68 followers
July 22, 2025
3.5 - I really liked this but there was also way too much going on. The ending felt abrupt.
Profile Image for Margarete.
54 reviews1 follower
January 5, 2024
Margaritas Kapitel mochte ich richtig gerne, Margarita als Figur war für mich total authentisch, von ihr hätte ich gerne viel mehr gelesen und erfahren. Avis Kapitel hätte es dafür für mich in dem Umfang nicht gebraucht, an einigen Stellen sind in seinen Kapiteln für mich Längen entstanden und ich habe das Interesse verloren, vieles kam mir sehr repetitiv vor. Trotzdem hab ich den Roman gerne gelesen.
Profile Image for Michel.
7 reviews2 followers
February 7, 2024
„Nur der süssliche Geruch seines Penis war ihr geblieben“

Dana Vowinckel hat ein für mich leider nicht beeindruckendes Debüt geschrieben. Sie erzählt die Geschichte der deutsch-amerikanischen Jüdin Margarita und ihrem Vater Avi. Dabei gelingt es Dana Vowinckel, die jüdische Lebenswelt und Liturgie in den Fluss ihrer Erzählung einzubauen, ohne dass man das Gefühl hat, einer Vorlesung zu lauschen, auch wenn manche Passagen von Avis liturgischer Tendenz etwas pastos wirken (was aber nicht heißt, dass der Versuch, sich durch und durch liturgisch gegen die allgemeine Kontingenz des Lebens zu stabilisieren für einen Chasan nicht durchaus realistisch sein kann – mich langweilt es irgendwann nur ein bisschen).

Die sprachliche Gestaltung des Werks fand ich am Anfang ansprechend. Dana Vowinckel hat ein gutes Gefühl für Rhythmus, ihre Sätze wirken melodisch und interessant und entfalten manchmal sogar poetisches Potenzial. Weil ich gerade Özge Inans Debüt „Natürlich kann man hier nicht leben“ gelesen habe: Inans Sätze wirken monoton, parataktisch, dialoglastig. Vowinckels Sätze sind melodisch, poetisch, abwechslungsreich und manchmal ein wenig prätentiös. Für mich gewinnt Vowinckel im Feld der literarischen Gestaltung mit einem großen Vorsprung. Auch, wenn ich die Gestaltung ihrer Absätze nach der Hälfte des Buchs nicht mehr so gut fand, weil sie immer den gleichen Absatz gestaltet: Erst kommt irgendeine Beschreibung und dann eine beliebige Aufzählung von Adjektiven, die eine tiefere Bedeutung heraufbeschwören sollen. Beispiel: Margarita schaut sich an, schaut: „In ein Gesicht, das sie schon lange nicht mehr aufmerksam betrachtet hatte, zu abgelenkt von allem anderen, und das ihr jetzt unvertraut vorkam, kantig, verschlossen.“ (S. 142)

Bevor ich mich inhaltlich mit dem Buch auseinandersetze noch zwei Dinge: Erstens handelt es sich bei dem Werk um den Versuch, eine trilinguale Lebenswelt darzustellen (American English, Deutsch, Hebräisch). Wenn man das also machen möchte, was ja für eine jüdische Biographie durchaus plausibel ist, steht man vor der großen Aufgabe, die Komplexität dieser trilingualen Lebenswelt auf ein realistisch erträgliches Maß zu reduzieren, damit man eine potenzielle Leser:innenschaft nicht verliert. Ich finde, dass Vowinckel das Problem relativ gut gelöst hat, auch wenn die mit der jüdischen Liturgie unvertrauten Leser:innen trotzdem noch einer kognitiven Doppelbelastung aus teilweise trilingualem Anspruch und liturgischem Naturalismus ausgesetzt sind – der flow stagniert also ja auch an Begriffen wie Gabbai, Kiddusch, Jeschiwa, Schiur, Kaddisch, Tefille oder Amida.

Also, was ich sagen will, ist: Ich sehe, dass Dana Vowinckel dieses Problem gehabt haben muss und ich sehe, dass sie es zufriedenstellend gelöst hat, auch wenn ich glaube, dass sie mit ihrem Debüt vielleicht eine größere Leser:innenschaft hätte für sich gewinnen können, wenn sie die kognitive Doppelbelastung aus liturgischem Naturalismus und trilingualem oder bilingualem Anspruch etwas heruntergeschraubt hätte, aber das ist auch eine unprofessionelle Mutmaßung meinerseits, vielleicht hat sie ja einen wirklich durchschlagenden Erfolg gehabt und meine Ansicht geht daher ins Leere.

Zweitens: Auf S. 67 heißt es, „Ihr Schlaf war köstlich und schwarz.“ In dem Satz kommen für mich zwei Dinge zur Sprache. Erstens das poetische Potenzial von Dana Vowinckel und zweitens die Belanglosigkeit und Banalität desselben. Oft empfinde ich die Sprachspiele expressiv und nicht kommunikativ und daher etwas prätentiös, Vowinckel schafft es für mich noch nicht, ihr poetisches Potenzial auch sinnvoll zu übersetzen und damit komme ich zu meiner inhaltlichen Kritik:

An der Geschichte hat mich inhaltlich wenig überzeugt und spannend oder schön zu lesen fand ich leider noch weniger. Margarita lernt Lior im Flieger kennen. Also so eine klassische Reiseromanze, ein tausend über tausend mal bedientes Sujet. Wenn man ein solches Sujet bedienen will, dann muss man es auch extrem gut machen und ich finde das gelingt hier nicht, weil Margarita für mich zu schnell bei Lior landet oder unter ihm oder wie auch immer, ich finde es nicht gut. Ich finde auch die Innenwelt Margaritas dabei nicht gut erzählt. Das mündet dann in so einen unerträglichen Kitsch wie auf S. 118: „Nur der süssliche Geruch seines Penis war ihr geblieben“.

Ich finde auch den letzten Abend von Marsha und Margarita sehr kryptisch. Dann folgt der Roadtrip, den ich nicht weniger made-up und glanzlos finde. Dass Vowinckel Margarita Wasser holen schickt, um so eine empörte Mutter-Tochter-Sache daraus zu bauen, finde ich nicht gelungen. Das Fluchen von Marsha wirkt nicht weniger artifiziell. Genau wie die linguistischen Betrachtungen des Wortes Manyak als Intermezzo beim Fluchen. Ich könnte lange mit Dingen fortfahren, die ich nicht gelungen finde, aber ich belasse es jetzt mal dabei und betrachte nun Avi.

In einer Szene denkt Avi an Sex mit Marsha, dann folgt ein naturalistisches Zoomout, das einfach inkonsistent ist – Avi denkt, Erinnerungen seien nur ein naturalistisches Korrelat seines Nervensystems und realiter vergangen und das ist nicht nur erkenntnistheoretisch fragwürdig, weil es eine epistemische Differenz zwischen der Erinnerung und der Art und Weise ihrer Speicherung gibt. Was mich aber noch mehr daran stört ist, dass Avi ja vorgibt, sich liturgisch immer wieder zu stabilisieren – er betet und betet und singt und singt – das sind Rituale, die ja genau so tradiert sind wie seine Erinnerungen, letztlich also genau die gleichen physischen Residuen einer längst vergangenen Zeit wären, was ihn einfach komplett infrage stellen würde. Ich muss deshalb feststellen, dass das Erzählen hier technisch nicht gut vollzogen ist. Es geht auch nicht um einen kleinen zu duldenden Widerspruch, sondern eine Ansicht, mit der die Figur steht und fällt.

Die ganze Avi und Hannah-Sache überzeugt mich leider gar nicht.

Abschließend: Ein für mich leider nicht gelungenes Debüt. Es gibt zu viele Dinge, die mir auf der Reise mit dem Buch einfach im Weg rumliegen.
This entire review has been hidden because of spoilers.
Profile Image for Rachel.
459 reviews116 followers
June 27, 2025
An ambitious look at the Jewish diaspora through the lens of a fractured family spread out across the world.

What worked for me here were the conversations of what it’s like to be Jewish in current day Germany. 15 year old Margarita was raised in Germany, German is her first language, but to her American mother—who left her and her father and has been absent most of her life—German and Jewish are irreconcilable descriptors. Vowinckel explores what it means to claim both of these identities in a nuanced and informative way that I imagine only someone with that lived experience could do.

What worked less for me were the father’s chapters, giving so much attention to his story gave the book a bit of a bloated feel. The extra details added through his perspective weren’t compelling enough to offset the loss of momentum experienced every time we jump to his POV. Additionally, if you’re doing this on audio, the jumps between Margarita and her father’s chapters are quick and there’s no indication we’ve switched POV so you’re constantly trying to get oriented.

Impressive for a debut, though personally it gets a bit too melodramatic too often for my tastes.
Profile Image for Clarissa.
664 reviews20 followers
January 14, 2025
Eine sehr berührende coming of age Geschichte mit zusätzlich sehr viel Einblick in jüdisches Leben auf sehr vielschichtige Weise.
Die Konflikte und Beziehungen sind so komplex und es gab so viele Sätze die sich mir sofort ins Gehirn gebrannt haben, zum Beispiel, dass in einer jüdischen Familie alle traumatisiert sind, also ist niemand traumatisiert. Auch das Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne ist interessant.
Ich hatte gigantische Schwierigkeiten mit der Figur Avi, aber Väter neigen nun mal dazu, kompliziert und irgendwie schwierig zu sein. Wieder mal ein Debüt, das einen aus den Socken haut.
Profile Image for jøner.
165 reviews4 followers
January 9, 2025
Ich hab das Buch sehr gerne gelesen (danke Ilka!), es hat mich langsam aber stetig reingezogen und ich würde allen das Buch empfehlen.
Muss aber sagen, dass mich die letzten 50 Seiten nicht mehr wirklich gecatcht haben, deshalb von mir 4,5 ⭐️
Profile Image for hand.verlesen.
221 reviews34 followers
August 23, 2024
4,5 ⭐️

„Gewässer im Ziplock" erzählt die Geschichte der fünfzehnjährigen Margarita und ihrem alleinerziehenden Vater Avi. Avi ist Kantor in einer Berliner Synagoge. Margarita verbringt den Sommer wie immer bei ihren Großeltern in Chicago. Doch in diesem Jahr steht zusätzlich eine besondere Reise an: Zusammen mit ihrer Mutter Marsha soll sie nach Israel reisen. Da Mutter und Tochter einander fremd sind, tritt Margarita die Reise mit gemischten Gefühlen an.

Trotz leichter Probleme im Pacing habe ich das Buch sehr gerne gelesen. Die Geschichte wird abwechselnd aus Margaritas und Avis Perspektive erzählt und behandelt u.a. die Themen Herkunft, jüdisches Leben im heutigen Deutschland, Identität, Elternschaft und das Erwachsenwerden auf feinfühlige und einnehmende Art und Weise. Die Charaktere wuchsen mir ans Herz und ich muss auch nach dem Ende immer wieder an sie denken. Ich finde, der Begriff „bittersweet“ trifft es sehr gut - gleichzeitig unterhaltsam, schön, traurig, und nachdenklich stimmend.

Von mir gibts eine Empfehlung für dieses gelungene Buch, das Spaß macht, betroffen macht und in die Tiefe geht.
Profile Image for Hanna.
640 reviews83 followers
August 22, 2023
4,5*
Die besten Bücher sind meist die, bei denen ich während des Lesens keine Notizen mache, weil ich zu sehr in die Handlung des Buches vertieft bin. Bei Gewässer im Ziplock erging es mir genau so.
Vowinckel gelingt es, dass ich innerhalb weniger Seiten eine unfassbare Nähe zu all ihren Protagonist*innen aufbauen konnte. Die Plastizität der Figuren war so greifbar, dass ich mich regelmäßig daran erinnern musste, dass es sich dabei um fiktive Charaktere handelt.
Ein halber Stern Abzug dafür, dass ich den stereotypen, heteronormativen Blick, den Margarita in Bezug auf sich, und vor allem ihren Körper und ihr Begehren anwendet, zu gern schon überwunden sehen würde, und es mir schwer fällt dieses Dynamiken in aktuellen Texten weiterhin reproduziert zu sehen.
Dennoch ein wahnsinnig lesenwertes Buch, das sowohl Herz und Hirn gleichermaßen berührt. Ich durfte viel über jüdische Kultur lernen und war magisch in den Bann gezogen von Vowinckels leichtfüssiger Prosa.
Profile Image for Anni K. Mars.
409 reviews89 followers
February 27, 2024
Der alleinerziehende Avi leitet in einer Berliner Synagoge die Gebete. Seine fünfzehnjährige Tochter Margarita soll nun zum ersten Mal nach Israel reisen, um dort ihre Mutter kennenzulernen, die die Familie vor Jahren verlassen hat. Viele kleine und große Katastrophen später ist Margarita ein Stück erwachsener geworden und Avi muss einsehen, dass seine Tochter in Bezug auf das Leben und die Zukunft ganz eigene Ansichten hat.
Die zwei unterschiedlichen Perspektiven – Avi mit dem eher konservativen Blick und Margarita mit einer liberalen, modernen Sicht – machen den Roman dynamisch und informativ, ohne dass es dem Geschriebenen an Leichtigkeit und Schwung mangelt. Im Gegenteil sind die Figuren nahbar und lebendig, manchmal sogar schmerzhaft menschlich.
Dana Vowinckel erschafft eine multigenerationale Familiengeschichte, die aktuelle Themen und Konflikte mit interessanten Aspekten bereichert und ein vielschichtiges Bild modernen jüdischen Lebens ergibt.
Profile Image for Ilka.
32 reviews1 follower
March 9, 2024
Ich würde 10 Sterne vergeben, wenn es möglich wäre
Profile Image for Clara.
25 reviews1 follower
March 3, 2024
to live a life by first aid kit starts softly playing in the background
Profile Image for Cyndy Schnampf.
9 reviews
October 5, 2024
Will es so gern meiner Mama zum Lesen geben, weil sie die Geschichte bestimmt mag! Bin mir aber unsicher wegen der Sexszenen
Profile Image for Elisabetta.
48 reviews17 followers
July 22, 2024
Grad nicht in der Mood für mega lange Rezensionen (wegen Klausurenphase bla bla 🙄) aber ein wunderschöner Roman! (⭐️⭐️⭐️⭐️ bis ⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️)
Man könnte ihn als Coming-of-Age-Roman lesen, weil es um die 15-jährige Margarita und ihre Frage nach Zugehörigkeit zwischen Deutschland, USA, Israel geht; die Hälfte des Buches ist aber aus der Perspektive von Margaritas Vater (Kantor einer jüdischen Gemeinde) erzählt, den ich einen wahnsinnig zarten und schönen Charakter fand. Generell die Vater-Tochter-Beziehung Dana Vowinckel sehr schön und einfühlsam gezeichnet ❤️‍🩹

Besonders in Erinnerung geblieben sind mir außerdem
- das Ineinanderweben von leichten und schweren Themen: jugendliche topics wie das erste Mal Sex, Sommerferien, gleichzeitig der Bezug zur Shoah, zur Härte der politischen Situation in Israel, zum Attentat in Halle - dabei fand ich nice, dass es nicht ein einfaches Aneinanderklatschen von Kontrasten war sondern wirklich ein organisches Nebeneinandersein
- dass das Buch einen als nichtjüdische Leserin mitnimmt in eine andere Welt, aber ohne dass das das explizite Ziel ist, nichtjüdischen Deutschen „eine Führung zu geben“ oder hier überall Erklärbär gespielt wird. Einige Begriffe usw musste ich nachschlagen. Andere Rezensionen beschweren sich darüber, aber ich finde es nice dass Vohwinckel sich hier nicht zur „jüdischen Fremdenführerin“ gemacht hat
46 reviews
April 8, 2025
Dana Vowinckels Debüt erlaubt Einblicke in die trilinguale Lebensrealität einer jüdischen Familie und thematisiert dabei intergenerationales Trauma, deutsches Erinnern und Vergessen sowie Antisemitismus. Die melodische Sprache trägt durch den Alltag und die Rituale der Figuren. So sehr ich den Roman mögen wollte, bin ich an seinem Ende vor allem frustriert.

Während Margaritas Erzählstrang – bis auf die Allgegenwärtigkeit von Sexualität – überraschend gut geschrieben ist (überraschend, weil die Perspektive von Teenagern so häufig misslingt), verliert sich Avis Erzählstrang wiederholt in schwer greifbaren Erinnerungsschleifen. Die Atmosphäre ist über den gesamten Roman hinweg bedrückend, alle Figuren zeigen unheimlich destruktive Kommunikationsmuster, und es gibt keine Aussicht auf Besserung oder Charakterentwicklung. Die für mich spannendsten Szenen – der unerwartete Streit zwischen Avi und Hannah sowie der Dissens zwischen Lior und Marsha – werden sofort wieder fallengelassen, ohne Konsequenzen für die Figuren oder den weiteren Verlauf.

Ich denke (leider und zum Glück), anderen fällt der Zugang leichter, weil sie bereits einen Bezug zu den genutzten Vokabeln, besprochenen Ritualen und dem intergenerationalen Trauma haben. Ich denke, andere finden Sanftheit darin, über Menschen zu lesen, die sich lieben, es sich aber nicht zeigen können. Für mich war es schwer.
This entire review has been hidden because of spoilers.
Profile Image for Lese lust.
556 reviews36 followers
August 28, 2024
Zwischen drei und vier Sternen...
Die Geschichte wird abwechselnd aus der Perspektive der 15jährigen Margrita und ihrem Vater Ari erzählt, der Kantor n der Synagoge ist.

Da ist einerseits ein Einblick in aktuelles jüdisches Leben in Berlin, das isch ausgesprochen interessant fand, aber auch "ganz alltäglichens" Ternagerverhalten - nochmal dadurch verschärft, dass Margrita kaum Kontakt zu ihrer (amerikanischen) Mutter hat, diese sie in diesem Sommer aber einlädt, ein paar Wochen mit ihr in Isreal zu verbringen.

Da läuft dann auch einiges gehörig schief, aber gleichzeitig werfen auch offene Fragen gelöst...

Hat mir überraschend gut gefallen!
Profile Image for flora.
25 reviews3 followers
June 11, 2025
i really liked this, the characters immediately felt so familiar, i think i will miss them
Profile Image for Markus.
50 reviews
Read
August 6, 2024
35 Sätze aus dem schönsten Exemplar des Buchs:

„Als würden die Sätze ihn ausfüllen, aus der Welt nehmen.“ (Vowinckel 2023: 24)

„Sie redete sich ein, dass es so war, das Erwachsenwerden: Man übte es tagsüber, nachts wurde man zum Kind.“ (Vowinckel 2023: 29)

„Im Schlaf sprach Margarita mit ihm am Esstisch, schrie ihn an, warf Sachen, kurz überlegte er, sie zu schlagen, schreckte auf, schlief weiter, traumlos.“ (Vowinckel 2023: 37)

„An der Gepäckausgabe fuhr ihr Koffer allein im Kreis, beinahe menschlich, wie er auf sie wartete.“ (Vowinckel 2023: 52)

„Sie warfen das Gras über die Schulter, es hatte kaum Gewicht, schwebte in der Luft, wie die Worte, die er sang.“ (Vowinckel 2023: 72)

„Es hatte sich ein Kämmerchen in den Lungen aufgetan, aus dem eine neue Stimme kam, mutiger, zugleich sanfter.“ (Vowinckel 2023: 101)

„In seiner Erinnerung roch auch dieser letzte Sex vor Margaritas Geburt nach Zimt und Kirschen, es war mitten am Tag gewesen.“ (Vowinckel 2023: 112)

„Würde es immer so weitergehen, dass eigentlich jede Erinnerung wie ein Film aus einem anderen Leben war, das sie niemals jemandem komplett offenbaren könnte?“ (Vowinckel 2023: 123)

„Sie spürte das Spannen der Haut an ihren Oberschenkeln, während sie an Liors Körper dachte, wie sie es jedes Mal tat, wenn sie auch nur kurz die Augen schloss, sogar, wenn sie blinzelte, tauchte er auf, wie er in sie stieß, seine dreckigen Fingernägel und das dichte Haar über seinem Penis.“ (Vowinckel 2023: 130)

„Mittlerweile gab es keine Zelle mehr an seinem Körper, die Marsha einmal angefasst hatte, keinen Zentimeter, den Marsha einmal begehrt hatte, so, wie er sie begehrt hatte, ein gieriges Verlangen, die Erinnerung an Sex mit Marsha beinah schmerzhaft, er hatte damals unverhohlen berührt und hatte sich noch unverhohlener berühren lassen.“ (Vowinckel 2023: 135)

„Er fragte sich, ob er auch im Dunkeln mit Hannah am Esstisch sitzen würde, ob sie ihr helles Lachen in seine Küche lachen würde.“ (Vowinckel 2023: 150)

„Die Stille, die Brise, die den Vorhang vor der Balkontür hereinwehte — so stellte sie sich das Erwachsensein vor, erleichternd.“ (Vowinckel 2023: 152)

„Sie starrte auf das Weinglas vor ihrer Mutter, stellte sich vor, wie sie hineinbiss, wie das Glas in ihrem Mund zerbrach, wie sie die Scherben schluckte, wie es sie von innen zerriss, es wäre viel einfacher, als diese Unterhaltung zu führen.“ (Vowinckel 2023: 166)

„Geborgen, der Kuss. Bergend.“ (Vowinckel 2023: 172)

„Während sie überlegte, was eigentlich war, dämmerte sie weg und erwachte einige Stunden später ungläubig: dass sie eingeschlafen war, dass sie geschlafen hatte, dass sie nun aufwachte, wie fragil der Zustand zwischen Wach und Schlaf, kein Schwarz und kein Weiß und kein Grau, eher ein Indigo und ein Royal, ein wacher Schlaf, ein schläfriges Wach.“ (Vowinckel 2023: 184)

„Stattdessen nur eine Sehnsucht, nicht nach Marsha, sondern nach den Erinnerungen an sie, lange hatte es so viele gegeben, dass er sich aussuchen konnte, an welche er sich beim Einschlafen klammerte, doch sie waren immer weiter verschwunden, wie sehr er sich auch daran festgehalten hatte mit Greifarmen, stark wie Margaritas kleine Babyfinger.“ (Vowinckel 2023: 184)

„Wie gut sie ineinandergepasst hatten, ihre Arme und Beine, ihre Lippen, alles andere.“ (Vowinckel 2023: 188)

„Wenn man sich nur selbst verlassen könnte, dachte er, er täte es.“ (Vowinckel 2023: 189)

„Doch er war so lange weitergetaumelt, bis es ein gutes Leben wurde, dem nur eines fehlte, nämlich die Liebe, aus der es entstanden war.“ (Vowinckel 2023: 190)

„[S]ein Gehirn stolperte, wollte keine Sprache finden, es trank bloß Marshas Stimme, wurde wortlos, sinnlos, bis sie auflegte.“ (Vowinckel 2023: 191)

„Er wäre nie endgültig satt geworden, wäre Marsha geblieben, er hätte begehrt, bis er gestorben wäre. Er war nur satt, weil er Angst vor dem Hunger hatte.“ (Vowinckel 2023: 195)

„Ihre Mutter zog sie zu sich heran, wurde schwerer und schwerer, Margaritas Nacken nasser und nasser, bis lautes Hupen die Umarmung beendete.“ (Vowinckel 2023: 199 f.)

„Griff nach der Trauer in Hannahs Augen, eine Trauer wie ein Spiegel, der Spiegel eines Vaters, wurde Harry, wurde Hannah.“ (Vowinckel 2023: 209)

„Oder er würde sich einen Hund kaufen und die Jahre bis zu seinem Tod abwarten, erst die Jahre bis zum Tod des Hundes, dann bis zu seinem eigenen.“ (Vowinckel 2023: 216)

„Sobald sich ihre Blicke trafen, begann sie, schnell zu sprechen, verhedderte sich, die Sprache plötzlich doch keine Vater-, sondern eine Fremdsprache, die Worte noch kehliger, weil sie am Kloß im Hals vorbei herausgepresst werden mussten.“ (Vowinckel 2023: 220)

„Als sie sich sicher war, dass er schlief, schmiegte sie sich an ihn, verzweifelt, schob ein Bein über seines, er schob es weg, nun schwebte es in der Luft, und sie wusste nicht, wohin damit, wenn es nicht klammern durfte, nicht schlingen, nicht liegen.“ (Vowinckel 2023: 227 f.)

„Kinder konnten das, er erinnerte sich an das befreundete Ehepaar, das nur wegen des komplizierten Beinbruchs ihres Sohnes nicht die Scheidung eingereicht hatte, später dann doch, als er wieder laufen konnte, in eine eigene Wohnung, in der er sie nicht mehr brauchte.” (Vowinckel 2023: 231)

„Margaritas Leben kam ihm plötzlich trostlos vor, während er betete, also betete er, der Trost möge zurückkommen, sie möge dieses Deutschland irgendwann einmal verlassen, damit auch er nicht mehr daran gefesselt sein würde.“ (Vowinckel 2023: 256)

„Sie beobachtete ihre Eltern dabei, wie sie durch die Ausstellung schritten, Marsha beinahe zu aufrecht, sie sah selbstzufrieden aus, wie sie mit wissenschaftlichem Blick die Exponate betrachtete, die Tafeln scheinbar in einem Affenzahn las oder nur überflog, der Vater, der immer wieder stehen blieb, sich die Lippen rieb, sich hinsetzte und die Interviews ansah.“ (Vowinckel 2023: 272)

„[S]ie wünschte sich, sie wäre freundlicher gewesen, nicht immerzu geflohen, sie hätte öfter ihr Essen gelobt und auf der Schaukel gesessen, die sie nur für sie in den Garten gebaut hatten.“ (Vowinckel 2023: 273)

„[…] wie jemand, der wusste, was Habitus war, aber nicht, wie er roch.“ (Vowinckel 2023: 286 f.)

„[W]enn ich ein Laut wäre, dann wäre ich ein Plosiv, dachte Margarita, aber keiner, der Bedeutung unterschied, sondern ein Zusatzplosiv, der alles zerhackte — die Worte und die Welt, die Menschen, sie selbst.“ (Vowinckel 2023: 306 f.)

„‚There is no such thing as poetic justice’, sagte Marsha, ‚and, my darling, that is the cruelest and the kindest thing about our lives.‘“ (Vowinckel 2023: 317)

„Er war voller Tage. […] Vielleicht passten keine Tage mehr in ihn.“ (Vowinckel 2023: 341)

„Es war, als hätte sie sich am Leben verschluckt.“ (Vowinckel 2023: 355)
17 reviews1 follower
June 3, 2025
Yes!

Teenager sollten nicht einen ganzen Sommer lang nur mit deutlich jüngeren oder älteren Menschen verbringen. Vermutlich hatte jeder schonmal dieses (Un)Vergnügen und kann sich allein deshalb in der Story wiederfinden. Das Buch hat mein Fernweh hart getriggert, mehr als es irgendeine andere Sommerlektüre zuletzt geschafft hat. Dabei bitte nicht missverstehen, dies ist keine banale "Ich-pubertiere-chillend-am-Strand-Lektüre". Ganz im Gegenteil. Trotzdem hat das Buch es geschafft, dass ich mich nach Tel Aviv und Jerusalem gesehnt habe, obwohl ich nie da gewesen bin und aufgrund der weltpolitischen Lage vermutlich auch erstmal nicht dorthin reisen werde. Absolut lesenswert.
Profile Image for Antonia.
46 reviews12 followers
March 1, 2024
wirklich der beste Roman den ich seit Jahren gelesen habe
Profile Image for Isa ◡̈ .
229 reviews39 followers
September 15, 2023
»Es war immer das Gleiche mit ihr [Marsha], dachte er [Avi]. Sie ging, ohne sich zu verabschieden, und kam, ohne sich anzukündigen, und am Ende freute man sich umso mehr über sie, weil sie so unzuverlässig war, dass es immer auch eine Gnade war, wenn sie sich dazu herabließ, sich mitzuteilen. »Yofi.«« S. 286

In ihrem Debütroman »Gewässer im Ziplock« schreibt Dana Vowinckel über eine amerikanisch und deutsch-jüdische Familie. Abwechselnd lesen wir aus Sicht des alleinerziehenden Vaters Avi, der für seinen Job als Chasan aus Israel nach Deutschland gezogen ist, und seiner Tochter Margarita (aka Rita, 15 J.), die als Jüdin in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, die Story rund um diese Familie. Diese beginnt mit dem all-jährlichen Besuch Ritas ihrer Großeltern (mütterlicherseits) in Chicago. Die US-amerikanische Mutter Marsha hat Avi und Rita früh verlassen und ist in die USA zurückgekehrt. Bei ihrem Besuch der Großeltern sieht Rita häufig auch ihre Mutter, dieses Jahr hat diese sie nach Israel für einen Roadtrip eingeladen. So spannt sich eine Story mit nicht wenig Drama vor den Lesenden auf, die sich aus Ritas Sicht wie ein Coming-Out-Of-Age Roman liest. Der Schmerz über die Trennung der Eltern wird immer wieder auf beiden Seiten - Rita & Avi - deutlich und gibt dem Roman eine weitere Nuance.

»»There is no such thing as poetic justice«, sagte Marsha, »and, my darling, that is the cruelest and the kindest thing about our lives.« Dann ging sie.« S. 317

Besonders an dem Buch hat mir der Blick auf jüdisches Leben, Kultur und Traditionen in Berlin, Chicago und Israel gefallen. Auch wie unterschiedlich, Glaube und Religion interpretiert werden können, fand ich sehr stark beschrieben. Kunstvoll wird dies mit der Story verwoben, ebenso wie jüdische Wörter selbst. Was mir nicht gefallen hat, war der ‚Good Parent - Bad Parent‘-Part, bei dem zeitweise die Mutter überhaupt nicht gut davon kommt, dann aber der Vater zu streng ist und Margarita nicht nur zwischen den umabgestimmten Eltern zerrissen ist, sondern sich gefühlt ständig auf eine Seite schlagen muss. Das fand ich sehr anstrengend, ebenso wie der nicht gelöste Konflikt zwischen den Eltern, der mal mehr mal weniger schlummert.

Insgesamt ist »Gewässer im Ziplock« ein spannender und schön geschriebener Roman, der gekonnt Themen wie jüdische Identität, Traditionen und der Suche nach Heimat verhandelt, aber dennoch einige Längen hat und mich damit in Gänze leider nicht ganz so überzeugen konnte. Empfehlung gibt es aber natürlich trotz der Längen ♡
Profile Image for Emma Gutmann.
14 reviews
May 19, 2025
In dem Buch geht es vordergründig um Margarita und ihren Vater Avi. Die beiden leben zusammen in Berlin. Sie geht noch zur Schule und der Vater ist Kantor in einer berliner Synagoge. Die Sommerferien verbringt Margarita meist in Chicago bei ihren Großeltern. Doch dann läd ihre Mutter sie nach Jerusalem ein um den restlichen Sommer mit ihr zu verbringen, obwohl die beiden sonst keinen Kontakt haben und sich das letzte Mal vor etlichen Jahren nur kurz gesehen haben.

Es fällt mir schwer meine Meinung zu dem Buch aufzuschreiben, weil es vielschichtiger ist, als es vielleicht am Anfang wirkt.
Es geht um zerrissene Familienverhältnisse, dementsprechend um komplexe Personenkonstellationen. Die Szenen werden so realistisch beschrieben, dass die Gefühle zum Greifen nah sind.
Es geht um die Zerrissenheit der Zugehörigkeit und um ein vielschichtiges Bild modernen jüdischen Lebens. Um aktuelle Konflikte aus vielen Blickwinkeln geschrieben. Darum, dass die jüdische Identität von bestimmten Voraussetzungen zehrt und dass die deutsche Aufarbeitung an vielen Ecken viel zu kurz kommt.
Ein Buch das zum Nachdenken anregt. Ein Buch, dass einen versuchen lässt Gefühle zu verstehen, die man aber niemals nachempfinden kann.
Der Schreibstil hat mir auch richtig gut gefallen.Das Ende war ein bisschen lang.

Definitiv eine Empfehlung.
Displaying 1 - 30 of 184 reviews

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