Eva Herbergen ist Strafverteidigerin mit ganzer Seele. Ihre Aufgabe ist es, Menschen vor Strafe zu die berühmte Schriftstellerin, den gebrechlichen Millionär, die überforderte Stiefmutter. Sie weiß, es braucht nicht viel, dass aus einem Menschen ein Verbrecher wird, vielleicht sogar ein Mörder. Es genügt ein dunkler Moment, der die Wendung markiert – zum Opfer oder zum Täter. Auch Eva kämpft mit diesen Grenzen, die sie selbst schon überschritten hat, mit den blinden Flecken unserer moralischen Verurteilung. Mit jedem Fall, den Eva erzählt, in dem die Grenze zwischen Gerechtigkeit und Recht verschwimmt, lösen sich ihre Gewissheiten auf. Bis sie sich fragt, welche Konsequenzen sie ziehen muss. »Dunkle Momente« ist ein packender Roman über die ethischen und moralischen Dilemmata jedes Einzelnen, darüber, dass Recht und Gerechtigkeit nicht immer das Gleiche sind. Mit unbestechlichem Blick stellt Elisa Hoven die Eindeutigkeit infrage und zeigt, dass ein Mensch immer mehr ist als seine Tat.
Dunkle Momente hatte ich ursprünglich gar nicht auf dem Schirm. Erst durch mehrere äußerst positive Besprechungen fiel es mir auf. Beim Lesen der Beschreibung musste ich als erstes an Ferdinand von Schirach denken. Auch dort gibt es eine Zusammenstellung von Fällen aus der anwaltlichen Praxis. Elisa Hoven erzählt von der Anwältin Eva Herbergen. Zu Beginn des Buches ist sie dabei, ihre Anwaltszulassung zurückzugeben. In diesem Zusammenhang blickt sie auf die interessantesten Fälle ihrer Karriere zurück. Diese sind unterschiedlichster Natur: Ein Rentner, der in angeblicher Notwehr einen Einbrecher erschießt. Ein ehemaliger Kindersoldat. Ein nie entdeckter Mord. Allen diesen Fällen ist gemein, dass die Lage zunächst völlig klar ist. Doch die Opfer sind häufig nicht so unschuldig wie es scheint, die Täter dagegen meist weniger schuldig als erwartet. Alles ist sehr geschickt aufgebaut und äußerst spannend erzählt. Wie bei Zusammenstellungen von kurzen Erzählungen etc. häufig der Fall, gab es auch hier Geschichten, die ich weniger gut oder zu unwahrscheinlich fand (der zweite Fall und vor allem der fünfte Fall, zu dem die meisten das reale Vorbild kennen dürften). Demgegenüber stehen Fälle, die unglaublich gut beschrieben sind (vor allem der achte Fall) oder extrem zu Nachdenken anregten und auch wütend machten (der vierte und der siebte Fall). Zu Beginn des Buches fand ich die Rahmenhandlung etwas störend. Wie sie zum Abschluss gebracht wurde, besonders im Zusammenspiel mit dem letzten Fall, war jedoch wieder gelungen. Auch wenn das Buch so spannend war, dass ich einmal fast meine S-Bahn-Station verpasst hätte, blieb bei mir vor allem zu Beginn immer ein wenig der Gedanke, dass die Fälle teilweise ein wenig lehrbuchartig seien. Das ist nicht böse gemeint, es resultiert hauptsächlich daher, dass die Autorin Juraprofessorin ist. Es sind Fälle, die zum Nachdenken und Hinterfragen anregen sollen. Nicht alles ist immer nur schwarz oder weiß, in der Regel gibt es mehrere Seiten. Genau dies darzustellen ist Elisa Hoven hervorragend gelungen.
4.5* eine Rechtsverteidigerin lässt neun Fälle Revue passieren. Es geht dabei um die klassische Frage zwischen Recht und Gerechtigkeit sowie Schuld und Ethik. Alle Fälle sind sehr interessant und in der Regel mit einem Twist versehen, was sie manchmal etwas konstruiert wirken lässt.
Was für ein Highlight!! Ich mochte schon immer Gerichtsdramen und die Einsicht in die Arbeit einer (wenn auch fiktionalen) Strafverteidigerin in Deutschland war hochinteressant für mich. Die moralischen Dilemmata, die Arbeit mit Presse und der Staatsanwaltschaft, die Verschränkung von beruflichem und privatem… Ich war obsessed. Für mich hätte das Buch noch zehn Fälle mehr behandeln können. Auch die scharfsinnigen Charakterisierungen der Personen und ihrer Leben hat mich begeistert und immer innerhalb von Sekunden in den neuen Fall reingezogen.
Ich kann die Fortsetzung kaum erwarten! Lest das alle. … aber gegebenenfalls bitte content notes checken
Eva Herbergen (62) hat beschlossen, ihre Zulassung als Anwältin nach mehr als 30 Jahren zurückzugeben. Für die Strafverteidigerin ist die Zeit gekommen, ihren Beruf aufzugeben. Bei der Entscheidung spielte nicht nur ihr Alter eine Rolle, sondern vielmehr die Tatsache, dass sie in der Vergangenheit mehrere Fehler in ihrem Job gemacht hat…
„Dunkle Momente“ ist ein Roman von Elisa Hoven.
Eingerahmt von einem Pro- und einem Epilog, gliedert sich der Roman in neun Kapitel, die jeweils einem Kriminalfall gewidmet sind. Sie sind immer gleich aufgebaut: Zunächst wird der jeweilige Fall mehr oder weniger ausführlich geschildert, danach Herbergens Vorgehen, der Prozess und die abschließende Darstellung, was falsch gelaufen ist. Erzählt wird überwiegend in der Ich-Perspektive aus der Sicht der Strafverteidigerin, allerdings nicht in chronologischer Reihenfolge. Dennoch fällt die Orientierung dank der Zwischenüberschriften leicht.
Neben den jeweiligen Opfern und Tätern ist Protagonistin Eva eine der Hauptfiguren. Sie ist keine klassische Sympathieträgerin, denn es wird schnell deutlich, dass sie sich sowohl in ihrem Beruf als auch im Privaten Verfehlungen geleistet hat. Ihre Gedanken und Motivationen sind für mich sehr gut ersichtlich, wenn auch nicht immer nachvollziehbar.
Die neun Fälle zeigen die Diskrepanz zwischen Recht und Gerechtigkeit, zwischen Moral und Gesetz. Sie sind allesamt interessant und gleichzeitig vertrackt. Immer wieder wird ein Dilemma geschildert. Es handelt sich jeweils um Situationen, die die Strafverteidigerin gefordert, sie auf die Probe gestellt und in eine knifflige Lage gebracht haben. Das regt zum Nachdenken und Diskutieren an.
Jeder Fall ist dabei unterschiedlich gelagert: Mal geht es um Notwehr, mal um Vergewaltigung, mal um Mord, mal um Wirtschaftskriminalität usw. Die Schilderungen lesen sich spannend. Es gibt unerwartete Wendungen und überraschende Entwicklungen, was die rund 300 Seiten kurzweilig gestaltet. Allerdings machen die dargestellten Fälle auch betroffen und schockieren. Besonders dann, wenn man weiß, dass die Geschichten zumindest zum Teil lose auf realen Fällen beruhen. Leider bleibt die Autorin ein Nachwort schuldig, was Aufschluss über Fakten und Fiktion gegeben hätte.
Die Sprache des Romans ist unauffällig, aber klar, authentisch und anschaulich. Die Erklärungen sind trotz juristischer Details für Laien leicht verständlich. Eine Schwäche des Romans sind jedoch die Rahmenhandlung und insbesondere die erzählerische Verbindung der Fälle, die für meinen Geschmack zu wenig ausgearbeitet ist. Vor allem erscheint es insgesamt als wenig glaubwürdig, dass eine einzige Strafverteidigerin mit gleich neun solch recht spektakulärer Fälle zu tun gehabt haben soll. Möglicherweise hätte ein Sachbuch dem Konzept besser Rechnung getragen.
Überaus gelungen ist in meinen Augen dagegen das symbolträchtige, reduzierte Covermotiv. Auch der prägnante Titel passt hervorragend zum Buch.
Mein Fazit: „Dunkle Momente“ von Elisa Hoven ist ein inhaltlich interessanter Roman, der einige Denkimpulse liefern und Aha-Momente hervorrufen kann. Durchaus lesenswert, jedoch auf erzählerischer Ebene ausbaufähig.
Großartige Geschichten zur Gerechtigkeit vor Gericht, verbunden in Romanform. Wer die Bücher von Ferdinand von Schirach und Ursula März liebt - dringende Leseempfehlung!
Ich mochte das Buch, habe mir aber einfach mehr erwartet. Mein Problem mit dem Buch war, dass ich während der ersten Hälfte nicht so recht wusste, ob es sich um einen Roman oder ein Sachbuch handelt. Mir fehlte der rote Faden, der die verschiedenen Fälle miteinander verbindet. Der Fairness halber muss ich sagen, dass das in der zweiten Buchhälfte wesentlich besser war und ich verstanden habe, was die dargestellten Fälle verbindet. Zum Ende des Buchs fand ich das Konzept auch richtig gut. Ich hätte mir nur gewünscht nicht 50% des Buchs darüber zu rätseln.
Inhaltlich hat mich die Darstellung durchaus erreicht. Ich finde es spannend darüber nachzudenken, was Recht und was richtig ist. Die Fälle waren auch gut gewählt, um zu zeigen, dass die Entscheidung in einem einzigen Moment immense Folgen haben kann. Ein wenig hat mein Lesevergnügen gelitten, weil einige Fälle - insbesondere bei der Auflösung - recht konstruiert sind. Das war sicherlich notwendig, um eine eindeutige Wertung zu ermöglichen. Mir war es dann doch manchmal zu viel.
Auch wenn hier „Roman“ draufsteht, habe ich solch eine Form von Roman noch nie gelesen und müsste eigentlich eine neue Bezeichnung für die von Elisa Hoven gewählte Erzählweise geschaffen werden. Für mich las es sich wie eine Art Mischung aus einem True-Crime-Buch, Roman, und noch etwas Anderem, das ich nicht genau greifen kann.
Wir haben hier keine „klassische Handlung“, sondern das Buch ist in „Fälle“ untergliedert, die unsere Protagonistin und Strafverteidigerin Eva Herbergen in den letzten 20 Jahren ihrer Profession begleitet hat. Ausschließlich anhand dieser Fälle erfahren wir quasi „im Hintergrund“ auch immer mehr über Eva Herbergen, was sie als Privatperson und Strafverteidigerin ausmacht und was die Fälle mit ihr „machen“. Die Abfolge der Fälle folgt keiner Chronologie, sodass wir von der „Hintergrundhandlung“ nimmer nur Happen zugeworfen bekommen, die dann erst am Ende ein Ganzes bilden; denn vor 20 Jahren gab es einen Fall, der Eva Herbergen verändert hat und der ihr professionelles Handeln in den darauffolgenden Jahren beeinflusst und bestimmt hat. Der Fokus des Buchs liegt aber letztendlich nicht unbedingt auf Eva Herbergen, sondern auf den Fällen selbst. Die Autorin Elisa Hoven ist Professorin für Strafrecht an der Universität Leipzig und Richterin am Sächsischen Verfassungsgerichtshof und viele der hier geschilderten Fälle sind durch wahre Fälle inspiriert; und das merkt man auch! Jeder Fall ist für sich erschreckend und bringt eine überraschende Wendung mit sich. Dabei werden die Fälle nicht einfach „nur geschildert“, sondern es werden Grundsatzfragen aufgeworfen und es geht in die Tiefe.
„Der Täter wird reduziert auf die Tat, die er begangen hat, meist in seinem schlechtesten oder schwächsten Moment. Wenn jemandem ein Mord vorgeworfen wird, interessiert uns nicht mehr, ob er sich liebevoll um seine Kinder gekümmert hat, ein verlässlicher Freund war oder seine alten Eltern gepflegt hat. Alle guten Taten zählen nicht mehr neben der einen bösen. Und auch die ist fast immer weniger monströs, als sie auf den ersten Blick erscheinen mag.“ (S.53)
Der ein oder andere Fall hat mich schockiert zurückgelassen und auch mit einem Gefühl der Unentschlossenheit bezüglich der „Gerechtigkeit“ die hier verübt wurde. Und ich denke auch, dass genau das die Intention der Autorin ist. Zum Denken anzuregen, was wir uns evt. anmaßen als „gerecht“ zu bezeichnen, denn die Wahrheit ist oft so komplex und manchmal ist die Wahrheit vielleicht auch unwichtig und es zählt etwas Anderes viel mehr. Ein sehr beeindruckendes Buch, das mich zum Nachdenken gebracht hat und mir noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Ich check, dass das nur teilweise von echten Fällen inspiriert ist, aber bei manchen Fällen dachte ich "was zur Hölle" weil das kann doch so nicht passiert sein, das ist zu krass. Das wär was für nen Steve Cavanagh Krimi gewesen aber nicht hier für. Und wie kann diese Strafverteidigerin 1. noch ruhig nachts schlafen nachdem was sie getan hat und 2. ihren Job noch haben nachdem was sie getan hat. Meeiin Gottt als hätte ich ne Ahnung vom deutschen Rechtssystem, nur dank Paulina und Laura, aber wer bin ich schon hier zu urteilen was realistisch und was unrealistisch ist. Und es ist immer noch ein Roman und ausgedacht. Overall hatte ich aber ne gute Zeit beim Lesen :)
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Ganz knapp an Schirach - richtig starkes Buch, durchgehend eine Achterbahnfahrt an Spannung, dass man es ungerne aus der Hand legt! Durch und durch Fesselnd. Ganz klare Empfehlung!
Lange habe ich nach einem Buch gesucht, das von Schirachs „Verbrechen“, „Schuld“ und „Strafe“ ähnelt. Ich habe es gefunden.
Unbestritten gehen von Schirachs kurze, prägnante Sätze ohne Schnörkel und Umwege noch ein wenig mehr ins Mark. Dennoch, die Geschichten in „Dunkle Momente“ verdienen ihren Titel und haben mir in einigen Fällen den Boden unter den Füßen weggerissen. Ich habe es an einem Tag verschlungen und werde über die Geschichte von Sophia Wankert noch lange nachdenken.
Vielen Dank an Netgalley und Argon Verlag AVE GmbH für das kostenlose Rezensionsexemplar. Dieses Hörbuch hält genau das, was es verspricht. Ich hatte eines der Hörerlebnisse, bei der man die Tätigkeit, bei der man Hörbuch hört, in die Lange zieht, um weiter hören zu können. Ich fand die Fälle spannend und zugleich berührend und sie hatten oft einen unerwarteten Ausgang. Die Sprecherin war sehr angenehm. Wenn die Beschreibung dieses Buches einen auch nur im Geringsten anspricht, sollte man es unbedingt lesen oder horen.
Ok wow Ich hatte das Buch bei dem Magazin "Büchermenschen" gesehen und dachte mir "kann man mal machen". Nach einer Ewigkeit habe ich es endlich angefangen und bereue es das ich es nicht früher gehört/gelesen habe. Die Handlungen sind an sich einzeln abgeschlossen, gehören aber dennoch in ein Gesamtbild. Alles hat eine klare Struktur und man kommt auch nach einer längeren Pause einwandfrei wieder rein. Die Fälle sind super interessant, nah an der Realität und man kommt teilweise aus dem Kopfschütteln nicht mehr raus. Das Ende finde ich sehr gut gelungen.
Die Hörbuchsprecherin mit ihrem Erzählstil passt wie die Faust aufs Auge. Mit einer klaren Stimme und einer 1a Betonung spiegelt sie die klaren Worte der Autorin wieder.
auch wenn mich die gestelzen twists am ende jedes falles gestört haben, hat mich die klare, aber ausdrucksstarke sprache gefesselt. elisa hoven zeigt die nüchterne realität des rechts und das keine justiz zu gerechtigkeit verpflichtet ist. für fans von ferdinand von schirach auf jeden fall das richtige buch!
"Dunkle Momente" hat mir sehr gut gefallen. Vom Konzept her, hat mich die Geschichte ein bisschen an "Verbrechen" von Ferdinand von Schirarch erinnert, wobei mir die Umsetzung bei diesem Buch deutlich besser gefallen hat. Der Schreibstil und die Fälle sind total fesselnd. "Dunkle Momente" regt nicht nur zum kritischen Nachdenken an, sondern wirft auch spannende moralische Fragestellungen auf, über die man stundenlang diskutieren könnte. Absolute Empfehlung!
4/5✨ Ein typischer Jurist*innenroman, jedoch mit einer Tiefgründigkeit, die jeden Fall einzigartig gemacht hat. Die Fälle regen zum Nachdenken an und ich finde es schön, dass die Verantwortung, die man sowohl als Strafverteidigerin als auch in der Justiz trägt, mit jedem Fall deutlicher wurde und sich die Protagonistin ihrer Konsequenzen schmerzlich bewusst wird. Der Roman bringt einem dabei laienfreundlich ein paar Grundpfeiler unseres Rechts- und Strafsystems näher. Klare Leseempfehlung!
Eine Strafverteidigerin erzählt von den neun größten Fällen ihres Lebens, dabei ist keiner so klar, wie er am Anfang erscheint. Sie sind wohl an reale Fälle angelehnt, aber wo genau die Grenze der Fiktion liegt, wird nicht erklärt. Thematisch schon harter Tobak, da ist so ziemlich jede Form von Gewalt dabei, an die man denken könnte.
Der Aufbau der einzelnen Geschichten ist immer gleich und ich sehe auch die Kritik, dass das Ganze ein bisschen lehrbuchhaft wirkt. Die Autorin ist Professorin für Strafrecht, das passt.
Ich fand’s aber echt spannend, habe die meisten Twists nicht kommen sehen und werde bestimmt noch länger darüber nachdenken. Und super Hörbuch-Sprecherin!
Dieses Buch sollte deutlich mehr Aufmerksamkeit kriegen! Mehrmals dachte ich, ich könnte den Plot oder die Twists vorhersagen – und wurde dann doch in den meisten Fällen überrascht. Besonders spannend fand ich, dass es teilweise so extreme Situationen waren, bei denen man sich unweigerlich fragt, wer hier eigentlich die „Guten“ sind und auf welcher Seite man selbst stehen würde. Das hat mir wirklich lange zu denken gegeben.
Ein sehr gutes Buch, dass mich sehr schnell gepackt hat. Die Geschichte ist schlüssig und die einzelnen Fälle und Schicksale super spannend und ergreifend! Zum Teil wird von sehr harten und moralische verwerfliche Taten berichtet, deswegen vlt nicht für jeden etwas. Aber wenn man damit gut umgehen kann auf jeden Fall eine Empfehlung!
Was für ein außergewöhnlicher Roman. Tatsächlich liest er sich gar nicht wie eine fiktive Geschichte, sondern eher wie ein True Crime Buch oder die Memoiren einer Strafverteidigerin. Denn genau das ist der Inhalt: Eine Anwältin erzählt von mehreren Fällen die sie nicht mehr losgelassen haben, vom gesetzlichen Hintergrund, vom moralischen Dilemma das einige Fälle mit sich bringen, und von teilweise zweifelhaften Entscheidungen die sie getroffen hat. Nebenbei werden auch immer wieder Andeutungen über einen bestimmten Fall aus der Vergangenheit gemacht, bei dem irgendetwas Schlimmes passiert ist. Ich fand alle vorgestellten Fälle fantastisch. Da war keiner dabei, der mich weniger interessiert hat, und alle haben mich nachdenklich gemacht - manche waren auch sehr verstörend, gerade weil die Autorin auch immer die Gesetzeslage dazu erklärt hat. Ich hätte nie gedacht, dass daraus so ein spannender Roman werden kann.
Das Hörbuch dazu ist ausgezeichnet, da die Sprecherin eine so klare und ausgeprägte Erzählweise hat, die einerseits die Erklärung des Gesetzes klar und verständlich macht, und auf der anderen Seite die Geschichten spannend und lebendig werden lässt.
Ein sehr spannendes und kurzweiliges Buch, das ich irgendwo zwischen Roman, Krimi und True-Crime verorten würde. Es geht um die klassische Frage nach Recht und Unrecht, Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit. Man schüttelt so oft den Kopf, aber doch bringt es einen zum Nachdenken, wie man selbst in solchen Situationen handeln würde.
„Dunkle Momente“ von Elisa Hoven, erschienen 2025 im S. Fischer Verlag, kann für mich leider nur im Mittelfeld der Frühjahrsneuerscheinungen mitspielen. Hoven stellt uns hier ein solides Buch vor, auf der Grenze zwischen Erzählung und Episodenroman tanzend, das zwar grundsätzlich gut geschrieben und sauber konstruiert ist, mich aber leider zu keinem Zeitpunkt überraschen und in den Bann ziehen konnte.
Protagonistin des Romans ist Eva Herbergen, die als Strafverteidigerin immer wieder mit schwierigen Fällen konfrontiert ist und aufgrund eines Traumas dabei in ihren Dunklen Momenten immer wieder die Professionalität verliert und deshalb weit über ihren eigentlichen Auftrag hinaus in ihre Fälle eingreift bzw. sich hineinziehen lässt. Das Buch ist unterteilt in neun solcher Fälle, erst der letzte wird Aufschluss darüber geben, warum Eva sich verhält wie sie sich verhält. Das ist kein Spoiler, denn Hoven wird nicht müde am Ende eigentlich jeden Falles auf den Fall „Stefan Heinrich“ zu verweisen – und das Inhaltsverzeichnis zeigt uns diesen als neunten und abschließenden Fall des Buches auf.
Die neun Fälle haben für mich persönlich nichts Neues erzählt, was daran liegen kann, dass ich mich als Theaterschaffende permanent mit den Grenzen des menschlichen Handelns beschäftige, so waren mir viele der Themen sehr vertraut. Auch die Fragen, für die sich Hoven zu Recht interessiert, wie schnell kommt der Mensch mit Moral an seine Grenzen, gibt es Recht und Unrecht denn überhaupt und wer legt das fest, rechtfertigt Leid, das man selbst erfahren hat, das Leid, das man anderen antut, darf man Menschen das Recht auf Wahrheit und Erkenntnis verweigern, wenn man glaubt, dass sie mit den Erkenntnissen nicht gut umgehen könnten, ist Tötung auf Verlangen auch dann okay, wenn man selbst einen Lustgewinn daraus zieht – um nur einige der Fragen zu nennen – diese Fragen sind für mich leider auch ein alter Hut, und Hoven macht einen Fehler im Grundkonstrukt, der bei mir dazu führt, dass die Antwort auf die Fragen irrelevant wird.
Denn die Strafverteidigerin Eva Herbergen ist eine Figur, die dringend therapiebedürftig ist und jegliche professionelle Distanz, die sie in ihrem Job bräuchte, längst verloren hat. Da dieses so ist, kommt zum einen keinerlei Spannung auf, alle Fälle verlaufen nach dem gleichen Muster, so dass wir nach den ersten zwei Fällen immer schon wissen, wie der Verlauf sein wird. Zum anderen werden die Fragen nie bei klarem Verstand gestellt, sondern sind immer durch ein Trauma (das ich persönlich auch nicht nachvollziehen konnte) geprägt, weshalb ich Eva Herbergen leider nicht ernst nehmen konnte. Die einzige Frage, mit der ich aus diesem Buch ging, war die, wie wir unser Rechtssystem davor schützen können, dass labile Personen auf verantwortlichen Positionen arbeiten. Insgesamt habe ich das Buch auch als sehr redundant erlebt.
Positiv möchte ich festhalten, dass es in der Leserunde, in der ich das Buch las, auch andere Stimmen gab, die fanden, durch die Fälle und die Position der Verteidigerin würde eine Debatte über Recht und Ethik angestoßen. Mir selbst ging das nicht so, aber ich möchte dem Buch gern zugutehalten, dass es diese Perspektive gibt. Hoven schreibt auch gut und flüssig, ich finde ihr dramaturgisches Grundkonzept nicht sinnvoll, in diesem schreitet sie aber konsequent und logisch voran. Es mag also meiner Bubble und meiner eigenen Biografie geschuldet sein, dass dieses Buch bei mir so gar nicht geklickt hat. Der Vergleich zu Büchern des Autors Ferdinand von Schirach drängt sich auf, die erzeugen bei mir etwas ganz anderes, da dieser nüchtern und neutraler schreibt.
Ein Lob noch für das Cover! Dieses ist schlicht, aber eindringlich und das Motiv ergibt am Ende des Romans noch einmal einen tieferen Sinn. Wer sich also vielleicht noch nicht so viel mit der Frage nach Recht und Unrecht und den Grenzen von Ethik auseinandergesetzt hat, könnte hier ein Buch zum Lesen gefunden haben. Mich selbst hat es leider nicht überzeugt.
Ein großes Dankeschön an whatchareadin.de und den S. Fischer Verlag für das Rezensionsexemplar!
"Dunkle Momente" von Elisa Hoven behandelt verschiedene Fälle, die aufzeigen, wie die Grenze zwischen Recht und Gerechtigkeit verschwimmt.
Wir begleiten Eva Herbergen, eine Strafverteidigerin aus ganzer Seele, bei ihren verschiedensten Fällen, die deutlich machen, dass hinter jedem Menschen mehr als nur die Tat steckt.
Ich fand beinahe alle Fälle sehr spannend und wollte immer wissen, was dahinter steckt. 1 oder 2 Fälle konnte ich nicht greifen, dennoch waren diese packend geschrieben. Durch die verschiedenen Erzählungen, den Hintergründen und den Taten kam ich sehr zum Nachdenken. In die Schilderung der Straftaten ist detailliert, was für mich die Greifbarkeit der Straftatbestände deutlich einfacher gemacht hatte. Das Buch kann man gut ohne jegliches juristisches Vorwissen lesen. Die Geschichten kommen dennoch ohne Ausschweife aus und somit ist jeder Fall wirklich gut auf den Punkt gebracht.
Von mir gibts eine Empfehlung.
Buchdetails: ET 26.02.2025 im S. Fischer-Verlag - gelesen als eBook (21,99 €, HC: 22,00 €) - 336 Seiten
Das Buch ist in die verschiedenen, bewegenden Fälle der Anwältin Eva Herbergen unterteilt. Gerade für Jurist:innen wird oft schon innerhalb der ersten Sätze eines Falles klar, in welche Richtung dieser Fall gehen wird - dachte ich. Aber jeder der Fälle hat einen Twist, den man so nicht kommen sieht und der unser Verständnis von Recht und Gerechtigkeit enorm auf die Probe stellt. Man bekommt spannende Einblicke in das Rechtssystem und die Hintergründe von Taten, die in der Presse oft auf wenige Sätze heruntergebrochen werden. Ich fand das Buch sehr bewegend, aber es hat mich auch sehr zum Nachdenken angeregt. Elisa Hoven hat es geschafft, die Gefühle der Personen realitätsnah und nachvollziehbar darzustellen. Das macht das Lesen aber auch oft nur schwer erträglich. Daher möchte ich auch kurz anmerken, dass keine Triggerwarnungen enthalten sind manche Themen wie Vergewaltigung sehr bildlich beschrieben werden.
Schon das cleane Cover gefällt mir sehr gut und hat mich auf Anhieb angesprochen. In dem Buch werden fiktive Fälle einer Strafverteidigerin in verschiedenen Zeiten erzählt, welche sie und ihre Karriere besonders geprägt haben. Da ich selbst Juristin bin, fand ich das ganze umso spannender aber auch für jeden verständlich geschrieben. Die Fälle erinnern oft an große und medienwirksame Fälle und immer wieder steht die Protagonistin vor juristischen aber auch moralischen Problemen. Jeder Fall wird mit dem Fokus auf die Schicksale der Täter und der Geschädigten erzählt aber ebenso mit dem notwendigen Maß an juristischen Abläufen. Auch der Schreibstil gefällt mir sehr gut und ist eher locker gehalten. Dadurch lässt sich das Buch sehr schnell und flüssig lesen. Mir hat es sehr gut gefallen und ich empfehle es allen, die ein wenig Interesse an juristischen Themen Aber auch an True Crime haben, denn alle Fälle sind an echten Fällen orientiert.