Wer ist diese Frau? Ihre Stasi-Akten beschreiben Uta als „groß“, „schlank“, „sehr intelligent, z. T. auch sehr raffiniert“. Sie nennen sie „mannstoll“ und notieren, dass sie „sehr viel raucht und auch viel Alkohol verkonsumiert“. Aber ist das schon alles? Wie kann man einen Menschen voller Hoffnung und Lust beschreiben, der in die Widersprüche seiner Zeit gerät? Über vierzig Jahre war Uta Sexarbeiterin. Seit 1971 von der Stasi auf Männer angesetzt, war sie dabei Täterin und Opfer zugleich. In Clemens Böckmanns die Geschichte aufwühlendem Roman erzählen er, sie und die Akten gemeinsam ein Leben. Dabei gibt es keine Wahrheit über die DDR oder die Ausbeutung als Frau – aber Aufmerksamkeit für einen von allen vergessenen Menschen.
3,5* Ich habe dieses Buch im Zuge des Buchclubs vom Buchcafé Melange gelesen und war nach dem heutigen Treffen sehr erleichtert, dass ich nicht die einzige war, der es schwer gefallen ist in dieses Buch rein zu kommen. Ich bin eine notorische Bücher-zu-Ende-Leserin (außer ich finde sie wirklich richtig, richtig schlimm), hätte es also wahrscheinlich auch ohne den Druck des Buchclubs beendet, aber ich würde lügen wenn ich sage, dass es mir Spaß gemacht hat. Und dennoch ist es kein schlechtes Buch! Ab der Hälfte hat es auch durchaus einen Sog entwickelt, aber es sind eben doch über 200 Seiten bis sich dieser bei mir eingestellt hat. Verstehe jede:n die:der vorher aussteigt. Gleichzeitig wird einer Person und ihrer Geschichte Raum gegeben von der ich es wichtig empfinde, dass sie erzählt wird. Ich habe allerdings einige formale Kritikpunkte: Ich wünschte der Autor oder Verlag hätte sich dazu entschieden statt der abgetippten Stasi-Aktenauszüge entweder Bilder zu drucken oder immerhin die geschwärzten Namen auch im Buch als schwarze Balken grafisch darzustellen anstelle immer (schwarzer Balken) zu schreiben. Es fällt schwer den Text nicht zu lesen, behindert den Lesefluss aber sehr, weil es keine relevante zu verarbeitende Information gibt. Stichwort Information: es werden so viele spezifische Abkürzungen verwendet, ein Glossar wäre unfassbar hilfreich für mich gewesen. Manchmal hatte ich auch den Eindruck, dass der Autor alles was er an Informationen sammeln konnte im Text unterzubringen versucht hat, was sich dann in für mich endlos anfühlenden Aufzählungen von Straßen, Gebäudebeschreibungen und ähnlich irrelevanten Fakten niedergeschlagen hat. Die für mich stärksten Passagen des Buchs waren jedefalls immer diejenigen, in denen die Protagonistin Uta persönlich zu Wort gekommen ist, diese haben mich auch wirklich berührt. Leseempfehlung? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Wer sich sowohl inhaltlich als auch formal etwas schwierigerer Kost unterziehen mag und mehr über die perfiden Methoden der Stasi lernen möchte, dem sei es an Herz gelegt. Alle anderen dürfen gerne auch passen.
- was du kriegen kannst war für mich sehr besonders. Clemens Böckmann erzählt gemeinsam mit der Protagonistin Uta ihr Leben. Dabei fließen neben ihrer erinnernden Perspektive auch Stasi-Akten als Quelle ein, die auch in dem Buch mit abgedruckt sind. das Zusammenspiel dieser Erzählstränge sorgt für ein sehr eindrucksvolles und komplexes Leseerlebnis. I like
Schwierig zu erkennen, was der Autor damit dem Leser sagen will. Ist das Literatur? Reportage mit Interview, vielleicht mehr ein Bericht über ein interessantes Leben. Die Recherche ist eher eigenwillig. Aufarbeitung der DDR- und Stasi-Geschichte sollte es wahrscheinlich nicht sein, geht so auch nicht. Es gibt solche Frauen die nebenberuflich in die Sexarbeit gehen, obwohl sie niemand dazu zwingt in jeder Epoche und in jeder Gesellschaft. Für die Rolle der Frau in der DDR ist der Bericht nicht hilfreich, sollte er sicher auch nicht. Für die Rolle der Prostituierten/Sexarbeterinnen insgesamt ist der Bericht auch nicht hilfreich, sollte er sicher auch nicht. Wie gesagt bleibe ich als Leser mit der Frage zurück was sollte der Bericht dann? Ergänzung: Ich bin 1950 geboren und habe die ersten 40 Jahre meines Lebens in der DDR gelebt.