Noch nie gab es so viel Reichtum – und das ist ein Problem für uns alle!
In kaum einem anderen westlichen Land ist Vermögen so ungleich verteilt wie in bei uns – und die Schere geht immer weiter auf. Dieses Buch zeigt das schockierende Ausmaß der Ungleichheit in Deutschland. Dass die Vermögen der Reichen von Generation zu Generation immer weiter wachsen, während jeder Sechste in Armut lebt, ist gesellschaftliches Dynamit. Martyna Linartas zeigt, dass es von unserem politischen Willen abhängt, daran etwas zu ändern, und wie eine gerechte Lösung aussehen könnte.
In dieser hellsichtigen und fundierten Analyse wird das politische Tabuthema unserer Zeit Dass wir die Reichen nicht besteuern, gefährdet unseren Wohlstand, unsere Umwelt und unsere Demokratie. Aber es geht auch anders – wenn wir nur wollen! Anhand von exklusiven Interviews mit der mächtigen Wirtschaftselite über Ungleichheit und das Zusammenspiel von Wirtschaft und Politik sowie einer einmaligen historischen Analyse zeigt sich, wie eine Besteuerung von Überreichen funktionieren kann. Dieses Buch gibt uns alle Argumente an die Hand, um jetzt zu handeln.
«Ganz wenige haben zu viel. Zu viele haben ganz wenig. Dieses Buch verdeutlicht dies grandios und zeigt die Auswege aus dem Wahnsinn auf.» - Tilo Jung
Der Titel des Buches „Wie der Weg aus der Erbengesellschaft gelingen kann“ weckte in mir die Hoffnung, ein Werk zu lesen, das einen pragmatischen, realitätsnahen und kosteneffizienten Weg zur Einführung einer Vermögenssteuer aufzeigt. Der Titel suggeriert eine lösungsorientierte Perspektive. Diese Erwartung wurde jedoch enttäuscht.
Erwartung im Vergleich zur tatsächlichen Ausrichtung: Bereits im ersten Teil des Buches wird die Vermögenssteuer thematisiert. Ich ging davon aus, dass diese auch im Mittelpunkt stehen würde. Nach rund einem Drittel des Buches verschiebt sich der Fokus jedoch fast vollständig auf die Erbschaftssteuer. Das hat mich stark irritiert, denn Vermögens- und Erbschaftssteuer sind zwei unterschiedliche Instrumente. Bei der Erbschaftssteuer muss das Vermögen nur einmal beim Übergang bewertet werden, bei einer Vermögenssteuer hingegen in regelmäßigen Abständen, zum Beispiel alle fünf Jahre oder sogar jährlich. Diese praktischen Unterschiede werden im Buch kaum berücksichtigt.
Fehlender Bezug zur praktischen Umsetzung: Anstatt sich differenziert mit der realistischen Einführung einer Vermögenssteuer auseinanderzusetzen, dominieren moralische Appelle. Schätzungsweise 200 der insgesamt 287 Seiten widmen sich im Wesentlichen der Argumentation, warum große Vermögen gesellschaftlich problematisch seien. Viele relevante Fragen, die für eine mögliche Umsetzung zentral wären, bleiben unbeantwortet. Dazu zählen unter anderem:
-Wie kann man illiquide Vermögenswerte wie Immobilien oder Unternehmensanteile überhaupt sinnvoll besteuern? -Wie erfolgt eine rechtssichere und effiziente Bewertung dieser Vermögen, und in welchen Zeitabständen? -Welche staatlichen Institutionen müssten aufgebaut oder erweitert werden, um Bewertungsfehler zu verhindern, wie sie bei der Grundsteuerreform aufgetreten sind? -Wie kann vermieden werden, dass, wie vom Bundesrechnungshof berechnet, bis zu 30 Prozent der Einnahmen durch Verwaltungskosten verbraucht werden? -Gibt es belastbare Untersuchungen, wie sich eine deutlich höhere Besteuerung großer Vermögen auf die Gründungsdynamik und Innovationskraft in Deutschland auswirkt? Könnte es sein, dass das wirtschaftliche Potenzial vieler Neugründungen sinkt, wenn absehbar ist, dass ein erheblicher Teil des erwirtschafteten Vermögens später stark besteuert wird?
Diese Fragen hätten aus meiner Sicht eine zentrale Rolle einnehmen müssen. Stattdessen werden sie kaum angesprochen.
Besonders enttäuscht hat mich die Behauptung, große Vermögen würden jährlich Renditen von sieben bis zehn Prozent erzielen. Auf dieser Grundlage schlägt die Autorin eine Vermögenssteuer von sechs Prozent vor, die ihrer Ansicht nach problemlos tragbar wäre. Wer sich jedoch mit Kapitalmärkten, Private Equity oder der Vermögensverwaltung auskennt, weiß, dass solche Renditen nur in Ausnahmefällen und meist bei hochriskanten oder extrem illiquiden Anlagen erreichbar sind. Zudem unterliegen Kapitalmärkte erheblichen Schwankungen und Risiken. Diese wirtschaftlichen Realitäten bleiben im Buch weitgehend unberücksichtigt.
Positive Ansätze, aber nicht weiterverfolgt: Einige Vorschläge im Buch halte ich grundsätzlich für interessant. Besonders die Idee eines staatlich finanzierten Grunderbes für junge Erwachsene finde ich vielversprechend. Dieses Konzept könnte tatsächlich dabei helfen, bestehende strukturelle Ungleichheiten abzumildern. Leider bleibt auch dieser Vorschlag auf einer rein moralischen Ebene. Fragen nach Finanzierung, Zielgenauigkeit, Anreizwirkung und konkreter Umsetzung werden nicht thematisiert. Das ist aus meiner Sicht eine vertane Chance.
Die im Buch enthaltenen Interviews mit Geschäftsführer*innen gehören zu den stärkeren Passagen. Es werden darin verschiedene Denkansätze diskutiert, etwa die Einführung einer hyperbolischen Steuerkurve auf Einkommen. Leider greift die Autorin diese Vorschläge nicht analytisch auf, sondern nutzt sie vor allem als Ausgangspunkt, um ihre normative Sichtweise zu wiederholen. Die moralische Bewertung dominiert erneut das inhaltliche Argument.
Fazit: Das Buch wirkt wie ein Bubble-Buch, das vor allem für ein Publikum geschrieben wurde, das sich in seiner moralischen Sicht auf soziale Gerechtigkeit bestätigt fühlen möchte. Eine fundierte, realitätsnahe Auseinandersetzung mit der Frage, wie Vermögens- oder Erbschaftssteuern in der Praxis tatsächlich eingeführt und umgesetzt werden könnten, findet kaum statt. Wer konkrete, umsetzungsorientierte Antworten sucht, wird enttäuscht. Einige der Impulse, die im Buch angeschnitten werden, hätten deutlich mehr analytische Tiefe und praktische Diskussion verdient.
Stark! wichtiges Thema, gut recherchiert / informativ/ einige Studien, zugänglich aufbereitet. Nachm Lesen finde ich es unerwartet wichtig, dass Erbschaften höher besteuert werden. Mir ist auch ein Licht aufgegangen, dass Investition in Bildung nicht die Lösung aller Probleme wäre.
Irgendwie so lala, die narrativierung der politischen Strategie ist ja intuitiv, aber der Turn von der Vermögens zur Erbschaftsteuer die im zweiten Teil des Buches zentral war, war nicht so nachvollziehbar
Außerdem eher normativ an vielen Stellen, einige Fragen zur ganz konkreten Umsetzung hätte ich eher spannend gefunden
Die Interviews mit den spitzen Managern waren nice, aber leider nicht so ganz in der Tiefe ausgewertet, hätte gerne auch dahingehend noch mehr erfahren weil der Turn originell ist
Die zwei reichsten Familien Deutschlands verfügen über mehr Vermögen, als die gesamte ärmere Hälfte der Bevölkerung. Gemessen am Gini-Koeffizient der Vermögensverteilung ist Deutschland so ungleich wie Mexiko. Das führt nicht nur zu prekären Lebenssituationen großer Teile der Bevölkerung, was auch das Erstarken extremistischer Parteien befeuert. Es ist auch im Kern undemokratisch, da mit Überreichtum auch großer politischer Einfluss erwächst. Dem zu Grunde liegt unter Anderem die verfassungswidrige, effektiv regressive Erbschaftssteuer Deutschlands.
Das Buch ist in vier Teile aufgeteilt. Im ersten Teil stellt Martyna Linartas anschaulich die extreme Vermögensungleichheit Deutschlands dar. Im zweiten Teil gibt sie einen detaillierten historischen Überblick über die Geschichte der Erbschaftssteuer in Deutschland und welche Narrative zu welchem Zeitpunkt die politische Entscheidungsfindung dominiert haben. Im dritten Teil lässt sie 18 einflussreiche Mitglieder der deutschen Wirtschaftselite in Interviews zu Wort kommen und beleuchtet deren Aussagen kritisch. Im vierten Teil stellt sie ein effektives Werkzeug zur Verringerung der Vermögensungleichheit vor und diskutiert technische Details zur Umsetzung: Ein Eltern-unabhängiges, Erbschaftssteuer-finanziertes Grunderbe, gepaart mit einer Reform der Erbschaftssteuer, die diese endlich nicht mehr verfassungswidrig, sondern progressiv und fair gestalten würde und die Überreichen stärker zur Kasse bitten würde.
Ich empfehle jedem und jeder, der oder die sich für Vermögensungleichheit und die langfristige Stärkung der Demokratie interessiert, wärmstens, dieses Buch zu lesen.
Ganz klare Empfehlung!!! Ein beeindruckendes und tiefgründiges Werk, das sich mit den sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheiten beschäftigt, die durch ererbtes Vermögen entstehen. Das Buch zeigt eindrucksvoll auf, wie Erbschaften und Vermögenskonzentrationen in wenigen Händen die Gesellschaft spalten, Chancen für viele Menschen begrenzen und die Demokratie gefährden. Es bietet nicht nur eine fundierte Analyse der Probleme, sondern stellt auch konkrete Lösungsansätze vor. Für alle, die sich für soziale Gerechtigkeit und nachhaltige Veränderung interessieren, ist dieses Buch ein absolutes Muss. Für mich wahrscheinlich mein Buch des Jahres.
Das Hauptthema in diesem gut geschriebenen Buch ist die Steuergerechtigkeit, die in all ihren Aspekten analysiert wird. Die Schere Armut-Reichtum wird nicht nur in DE immer größer, sondern überall. Die Reichen "fair" zu besteuern, um diesen Reichtum fair unter allen zu verteilen sollte die erste Aufgabe einer gerechten und zivilisierten Gesellschaft sein, der die Demokratie am Herzen liegt. Ein technisches, aber wichtiges Buch, das ich sehr empfehlen kann.
Ich starte das Review mit einer Kaufempfehlung. Ich glaube es wäre viel gewonnen, wenn jeder Mensch in Deutschland einmal über die Fakten der Vermögensungleichheit, wie in diesem Buch dargelegt, informiert wäre. In „Unverdiente Ungleichheit“ verfasst Martyna Linartas eine hervorragende Dekonstruktion der Illusion unserer Meritokratie. Einfach und verständlich geschrieben, geeignet für jede Person, unabhängig vom politischen Interesse und Bildungsstand. Ich bin ein großer Fan der Autorin und ihrer Arbeit wie ungleichheit.info und war sogar bei der Buchvorstellung anwesend. Trotzdem besitzt das Buch für mich eine große Schwäche – es kann sich vom Neoliberalismus, den es kritisiert, nie vollständig entkoppeln.
Das Buch ist gegliedert in vier Abschnitte. Der erste Abschnitt ist meiner Meinung nach der stärkste. Schonungslos wird hier dargelegt, wie tiefgreifend die Ungleichheit in Deutschland ist. Das Buch verwendet durchgehend hochwertige Quellen. Deswegen bin ich etwas verwundert, dass es im ersten Kapitel heißt, dass die Ungleichheit zwischen den Ländern gesunken ist, hat sich doch die globale Einkommensungleichheit vervierfacht in den letzten 60 Jahren. Die Autorin legt einen hohen Wert auf Intersektionalität, welche in beeindrucken Grafiken dargestellt wird. Ich kann nur betonen, dass jede einzelne der erstellten Grafiken das Potenzial besitzt, die Sicht auf Ungleichheit für viele Menschen komplett zu verändern. Dennoch geht das Buch für mich teilweise zu sehr in das Identitätspolitische, und greift somit neoliberale Normen auf. Das Problem ist nicht, dass nur 20% der Milliardäre Frauen sind – das Problem ist ein System, welches Milliardäre und Gender-Pay Gap überhaupt ermöglicht.
Die beiden folgenden Abschnitte behandeln die Erbschaftssteuer und gehen etwas genauer auf die Doktorarbeit der Autorin ein. Dafür wird im zweiten Teil zunächst der historische Kontext der Erbschaftssteuer erläutert. Um die politische Theorie zu erklären, wird die Metapher des Theaterstücks verwendet. Im Gegensatz zum brillanten ersten Abschnitt sind diese Kapitel etwas unfokussierter. Das Buch verfängt sich in zu vielen Diskussionen zu Themen, die ein eigenes Buch verdient hätten, wie etwa Kapitalismus gegen Sozialismus. Als Methodik zur Geschichtserklärung wird das sogenannte „Repertoire an Narrativen“ verwenden. Damit werden die Argumente pro und contra Erbschaftssteuer im Laufe der Zeit kategorisiert. Dies gibt einen guten Überblick über das Meinungsbild im Wandel der Geschichte. Die liberale Einstellung der Autorin wird in diesen Kapiteln besonders deutlich. Als Materialist bin ich der Meinung, dass die Narrative aus den materiellen Konditionen entstehen, nicht umgekehrt. In einer „Great Man Theory of History“ Theory erklärt sie den Genius von Erzberger als hauptverantwortlich für die Reformen der Erbschaftssteuer 1919. Als ob die Reformen von seiner Performance in einem freien Marktplatz der Ideen abhingen. Dabei können die Reformen genauso gut mit Lenin erklärt werden – in ihrer Lesung hat die Autorin noch darauf hingewiesen, dass diese Entwicklungen global gleichzeitig stattfinden. Das Politiker auf drohende Revolutionen reagiert haben, erscheint mir doch etwas wahrscheinlicher, als das überall gleichzeitig Genies am Regieren waren.
Der dritte Teil startet mit Interviews der „Wirtschaftselite“, Vorstandsmitglieder in großen Unternehmen. In einer großartigen narrativen Entscheidung werden somit zuerst Pro und Contra Argumente zur Erbschaftssteuer nochmal genauer ausformuliert, bevor die Kontra Argumente anschließend entkräftet werden. Es wird klargestellt, dass auch die „Professional-managerial class“ (wie ich sie bezeichnen würde) keine monolithische Einstellung gegenüber Politik hat. So sind viele Aussagen natürlich in Handelsblatt und co. zu finden, andere sind aber überraschender. Die wirkliche „Finanzelite“, welche wohl den Großteil der Lobbyarbeit, vor allem bezüglich der Erbschaftssteuer betreibt, kommt aber nicht zu Wort. Etwas überraschend fand ich die Entscheidung, ausgerechnet Südkorea, die mit ihrem Jaebolsystem eigentlich als Warnung dienen sollten, als Positivbeispiel zu erwähnen.
Im letzten Abschnitt wird ein Mittel zur Bekämpfung der Ungleichheit vorgestellt – das Grunderbe. Die Autorin macht einen guten Job, ihre Leserschaft von der Effektivität dieses Mittels argumentativ zu überzeugen. Doch in diesen Kapiteln wird für mich am deutlichsten, dass die Ideen in einem limitierten kapitalistischen Rahmen bleiben. Es wird auschließlich über nachträgliche Verteilungsmethoden (Steuern/Grunderbe) diskutiert, nicht über die Form des Besitztums bzw. den Produktionsmodus. Für mich wirkt das Grunderbe wie ein toller reformistischer Ansatz, in einer neoliberalen Welt, die einen solchen Reformismus nie ermöglichen wird. Ich teile nicht den Glauben, dass es einfach nur einen „modernen Erzberger“ braucht, einen Finanzminister der das Narrativ so überzeugend präsentiert, dass die Politik plötzlich den Neoliberalismus fallen lässt. Genau so teile ich nicht die Einschätzung, dass wir „Finanzen, Steuern und Miete“ in Schulen beibringen müssen. Um die Kinder alle zu Entrepreneuren, zu Ich-AGs zu erziehen? Die Repetition von diesem neoliberalem Narrativ ist umso frustrierender, weil dem historischen Kontext ein ganzes Kapitel gewidmet ist: Es gab ja damals nicht weniger Ungleichheit, weil die Leute eine bessere Finanzbildung haben. Es passt auch nicht zu dem restlichen Buch, welches unser aktuelles System scharf kritisiert. Ich hätte mir außerdem noch eine internationalistische Perspektive gewünscht: Die materiellen Konditionen zwischen Deutschland und China sind zwar zu unterschiedlich, um einen direkten Vergleich zu ziehen, dass aber das größte Programm zur „gezielten Armutsbekämpfung“ (und damit gegen die Ungleichheit) keine Erwähnung findet, irritiert mich etwas. Und zeigt für mich erneut die Limitation der Autorin innerhalb des Systems, in dem Süd-Koreas Politik akzeptabel ist, Chinas aber nicht.
Final lässt sich sagen, dass „Unverdiente Ungleichheit“ ein hervorragendes Buch ist, welches sowohl informiert als auch argumentativ überzeugt, auch wenn ich persönlich einige Kritik „von Links“ habe. Vor allem als Einstieg in die Thematik kann ich das Buch stark empfehlen.
Martyna Linartas analysiert in "Unverdiente Ungleichheit: Wie der Weg aus der Erbengesellschaft gelingen kann" scharfsinnig und aufrüttelnd die extreme Vermögenskluft in Deutschland. Sie dekonstruiert überzeugend den Mythos der reinen Leistungsgesellschaft und belegt, wie stark Herkunft und Erbe den Wohlstand bestimmen, während die eigene Arbeitsleistung für viele kaum noch zum Vermögensaufbau reicht. Das Buch zeichnet das Bild einer zementierten "Erbengesellschaft", die den sozialen Aufstieg blockiert, und liefert mit dem Vorschlag eines steuerfinanzierten Grunderbes einen ebenso radikalen wie notwendigen Lösungsansatz, um diese vererbte Chancenlosigkeit zu durchbrechen. Die gesellschaftliche Sprengkraft, die Linartas diagnostiziert, ergibt sich dabei nicht nur aus der rein ökonomischen Schieflage. Das Kernproblem, das sie implizit adressiert, ist die Metastasierung dieses extremen Reichtums in politische Macht. Wenn Vermögen direkten Einfluss auf Gesetzgebung, Medien und den öffentlichen Diskurs kauft, erodiert das demokratische Prinzip zugunsten einer Plutokratie. Gleichzeitig zerreißt diese Kluft den sozialen Zusammenhalt: Es entstehen Parallelgesellschaften der Eliten, die den Bezug zur Lebensrealität der Mehrheit verlieren, während das permanent empfundene Auseinanderdriften die Solidarität in der Bevölkerung untergräbt. Damit einhergehend wird das Fundament der Leistungsgesellschaft selbst ausgehebelt – ein zentraler Punkt der Autorin. Wenn Herkunft und Erbe über die Lebenschancen entscheiden, verliert der eigene Einsatz an relativer Bedeutung, und die soziale Mobilität wird faktisch blockiert. Ökonomisch gesehen führt diese Konzentration an der Spitze – entgegen dem oft bemühten "Trickle-Down"-Mythos – zu einer Lähmung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage. Das Kapital wird in unproduktiven Anlagen geparkt oder zur Monopolbildung genutzt, anstatt in Innovation oder fairen Wettbewerb zu fließen, was die Aufstiegschancen für alle anderen weiter schmälert. Besonders wertvoll wird die Argumentation durch ihre zweigleisige Vorgehensweise. Linartas begnügt sich nicht mit der reinen Zustandsbeschreibung, sondern liefert eine präzise historische Herleitung, wie die deutsche Erbschaftsteuer überhaupt erst entstehen konnte und dann – von einem ambitionierten Umverteilungsinstrument nach dem Ersten Weltkrieg – über die Phasen des Ordoliberalismus und Neoliberalismus systematisch zu einem "hölzernen Kochlöffel" degradiert wurde. Diesen historischen Befund koppelt sie clever an eine soziologische Analyse der "Blackbox Wirtschaftselite" und dekonstruiert gezielt die Narrative und Mythen, mit denen Vermögende ihre Privilegien öffentlich verteidigen. Der Lösungsansatz, das "Grunderbe", wird nicht nur als abstraktes ökonomisches Werkzeug, sondern fast schon als "gerechte Wunderwaffe" und als notwendiger Akt der gesellschaftlichen "Versöhnung" präsentiert. Das Buch hat zudem einen starken didaktischen Anspruch: Mit plakativen Experimenten und Visualisierungen versucht Linartas, die unvorstellbaren Dimensionen extremer Ungleichheit für jeden greifbar zu machen. Das Buch ist somit nicht nur Analyse, sondern auch ein passionierter Appell, die Debatte über Gerechtigkeit und die Frage, "welche Gesellschaft wir wollen", fundamental neu zu führen. Trotz seiner analytischen Schärfe und der Dringlichkeit des Themas bleibt das Buch jedoch ein lobenswerter Versuch, der im politischen Klima Deutschlands im Jahr 2025 kaum Gehör finden dürfte. Die Forderungen nach echter Umverteilung durch höhere Erbschafts- und Vermögenssteuern treffen auf den erbitterten Widerstand etablierter Kreise. Ohne "Schwergewichte Lobbyisten", die ein Gegengewicht zu den mächtigen Verbänden der Vermögenden bilden können, fehlt diesem Weckruf die nötige Durchschlagskraft, um über eine theoretische Debatte hinauszukommen und tatsächliche politische Veränderungen anzustoßen. Man könnte der Autorin entgegenhalten, dass ihr Plädoyer für "Gerechtigkeit" und "Versöhnung" zwar im gesellschaftlichen Diskurs zwingend notwendig ist, jedoch in der Sphäre, die sie eigentlich adressiert, einem strategischen Irrtum unterliegt. Moral ist die Sprache des Gemeinwohls; die Sprache des globalen Kapitals ist jedoch die der Rendite, der Macht und der systemischen Zwänge. Ein moralischer Appell an Akteure, deren Position und Erfolg im System ausschließlich auf der Maximierung von Vermögen beruht, ist, als würde man versuchen, einen Investment-Algorithmus von der Schönheit eines Sonnenuntergangs zu überzeugen. Die Ablehnung ist nicht einmal böswillig, sie ist systembedingt – der Algorithmus ist für diese Art von Input nicht programmiert. Will man das Ergebnis ändern, muss man den Code (die Steuergesetze und Eigentumsregeln) ändern, nicht an das 'Bewusstsein' der Maschine appellieren.
Ich benutze den Begriff Überreiche statt Superreiche weil an Überreichtum nichts super dran ist. Überreichtum schädigt das Klima und gefährdet die Demokratie. Mehr muss man eigentlich nicht sagen.
Was ist zu tun? 1. Vermögenssteuer wieder einführen / scharf schalten 2. Erbschaftssteuer wieder einführen / scharf schalten 3. Grunderbe einführen
Alles kein Hexenwerk oder Rocket science. Das Problem ist nur, dass die Politik noch nicht so weit ist weil die Gesellschaft noch nicht so weit ist. Also lesen und mithelfen, dass die Schere sich wieder schließt!
Wirklich ein klasse Buch! Sie führt einen durch die Geschichte und erklärt den Verlauf der Erbschaftssteuer. Außerdem Interviewt sie große CEOs, dessen Antworten mit unter sehr überraschen.
Super spannendes und gut geschriebeneres Buch! Tolle Illustrationen zu Statistiken. Nicht nur, dass Linartas das erschreckende Problem klar und deutlich darstellt. Sie präsentiert zum Ende des Buches auch eine tolle Alternative (Grunderbe).