Jump to ratings and reviews
Rate this book

Hier draußen

Rate this book
Eine weiße Hirschkuh, eine dunkle Prophezeiung und ein Dorf, das kopfsteht

In Fehrdorf scheinen alle zu wissen, wo sie hingehören. Nur Ingo und Lara, die mit den Kindern von der Großstadt aufs holsteinische Dorf gezogen sind, haben Schwierigkeiten. Vor allem Ingo strapaziert die Pendelei zu seinem Start-Up nach Hamburg. Als er eines Abends eine weiße Hirschkuh anfährt, bringt das die gesamte Dorfgemeinschaft aus dem Gleichgewicht. Denn wer so eine tötet, heißt es, hat nur noch ein Jahr zu leben. Und plötzlich fragen sich auch der Dorfjäger, die Vorzeige-Landfrau und die Überbleibsel einer Öko-WG, ob sie das Landleben wirklich glücklich macht.

Warmherzig und lebensklug entwirft Martina Behm das Porträt eines Dorfes und erzählt von Menschen, die alle auf ihre Art das gute Leben suchen.

Raffiniert verbindet Martina Behm verschiedene Perspektiven zu einem beeindruckenden für Leser*innen von Juli Zeh, Mariana Leky und Dörte Hansen.

477 pages, Kindle Edition

Published March 13, 2025

21 people are currently reading
533 people want to read

About the author

Martina Behm

14 books1 follower

Ratings & Reviews

What do you think?
Rate this book

Friends & Following

Create a free account to discover what your friends think of this book!

Community Reviews

5 stars
115 (36%)
4 stars
128 (40%)
3 stars
65 (20%)
2 stars
6 (1%)
1 star
3 (<1%)
Displaying 1 - 30 of 55 reviews
Profile Image for Elena.
1,030 reviews409 followers
May 15, 2025
Lara und Ingo haben den Schritt gewagt und sind mit ihren beiden Kindern von der Hamburger Reihenhaussiedlung auf einen Restehof in einem kleinen Dorf in Holstein gezogen. Die Zukunft dort haben sie sich sehr rosig ausgemalt: mehr Zeit, mehr Platz, mehr Natur. Ganz so, wie sie es sich erhofft haben, ist das Dorfidyll dann aber doch nicht und nach einigen Jahren in Fehrdorf tritt die Ernüchterung ein. Lara fühlt sich oft einsam und hat keinen Anschluss zu den anderen Dorfbewohner*innen gefunden. Ingo leidet unter der ständigen Pendelei nach Hamburg. Als er eines Abends eine weiße Hirschkuh anfährt, die dann erschossen werden muss, nimmt das Unglück seinen Lauf. Denn eine alte Dorfweisheit besagt: Wer eine Weiße schießt, der ist innerhalb eines Jahres tot.

Nicht nur die Zugezogenen Lara und Ingo spielen in Martina Behms Debütroman "Hier draußen" eine Rolle, sondern auch alteingesessene Dorfbewohner*innen kommen zu Wort: Uwe, der Jäger, der mit Ingo die Hirschkuh erschießt und ganz allein auf seinem Hof lebt, Tove, die seit Jahren unter ihrem cholerischen Mann leidet, aber bei ihm bleibt, "weil man das halt so macht", Sönke, der in seinem Hühnerstall wegen Burnout zusammenklappt - das sind nur einige der Stimmen, die in diesem Roman vereint werden. So entsteht eine perspektivenreiche Geschichte, die das Dorfleben einerseits entromantisiert, andererseits aber auch die ganze Vielfalt von Menschen aufzeigt, die auf dem Land leben. Durch die Vielstimmigkeit kommt im Buch nie Langeweile auf, jede Person ist mit viel Empathie und Liebe zum Detail gestaltet und verkörpert ein Thema, das Martina Behm in ihrem Roman aufgreift, sei es Work-Life-Balance, Care-Arbeit, Sexismus, Krankheit oder Tod. Ich habe "Hier draußen" wirklich gerne gelesen, zwar zieht sich das Buch um die Mitte etwas, am Ende hätte ich die verschiedenen Figuren aber dann doch gerne noch weiter begleitet, so sehr sind sie mir ans Herz gewachsen. Von mir gibt es eine Leseempfehlung!
Profile Image for auserlesenes.
364 reviews16 followers
May 8, 2025
Fehrdorf in Schleswig-Holstein: Mit großen Erwartungen sind Lara und Ingo Fenske mit ihren Kindern Erik und Erin in die 200-Seelen-Gemeinde gezogen. Der selbstständige Wirtschaftsinformatiker und die freiberufliche Grafikdesignerin sind der Großstadt Hamburg entflohen und erhoffen sich auf einem ehemaligen Bauernhof am Ortsrand Ruhe und Entschleunigung. Doch die gewünschten Effekte wollen sich nicht einstellen. Als Ingos Auto mit einer weißen Hirschkuh kollidiert, macht er Bekanntschaft mit Jäger und Landwirt Uwe Hennemann. Mit den anderen Bewohnern kommt die Familie Fenske nun ebenfalls intensiver in Kontakt. Dabei wird deutlich, dass auch die Einheimischen nicht frei von Problemen sind…

„Hier draußen“ ist der Debütroman von Martina Behm.

Der Roman ist sinnvoll strukturiert. Er gliedert sich in fünf Teile mit ingesamt 47 kurzen Kapiteln. Erzählt wird aus wechselnden Perspektiven und in chronologischer Reihenfolge. Die Handlung umfasst ein Jahr und spielt vorwiegend, aber nicht ausschließlich im fiktiven Ort Fehrdorf und dessen unmittelbarer Umgebung.

Obwohl das Personal des Romans erstaunlich umfangreich ist, geht die Orientierung beim Lesen nicht verloren. Alle Charaktere erscheinen äußerst lebensnah, in sich stimmig und psychologisch ausgefeilt dargestellt. Der Mix an Figuren unterschiedlicher Generationen, Professionen und Konstellationen
erzeugt ein interessantes Dorfpanorama.

Auf der inhaltlichen Ebene ist der Roman sehr facettenreich. Es geht einerseits um wirtschaftliche und finanzielle Probleme, vor allem die Rentabilität in der Landwirtschaft, aber auch um persönliche Herausforderungen wie Eheprobleme und gesellschaftliche Konflikte wie die Unvereinbarkeit von Familie und Beruf. Dabei entwirft die Autorin ein sehr authentisches und umfassendes Bild des heutigen Landlebens. Der Roman schafft damit vielerlei Anknüpfungspunkte.

Trotz der immerhin fast 500 Seiten kommt die Geschichte ganz ohne Längen und Redundanzen aus. Sie ist nicht nur unterhaltsam, sondern auch berührend, ohne ins Kitschige abzudriften. Die Handlung ist durchweg schlüssig und glaubwürdig.

Gut gefallen hat mir zudem der unaufgeregte, anschauliche Schreibstil. Die ungekünstelte Sprache mit plattdeutschen Zitaten, eindrücklichen Beschreibungen und realitätsnahen Dialogen passt hervorragend zur Geschichte.

Auch der prägnante Titel ist eine sehr gute Wahl. Das ungewöhnliche Covermotiv ist hübsch, legt aber zu sehr den Fokus auf die Hirschkuh, die - anders als es der Klappentext vermuten lässt - nur eine untergeordnete Rolle im Roman spielt.

Mein Fazit:
Mit „Hier draußen“ hat Martina Behm ein in mehrfacher Hinsicht gelungenes Debüt abgeliefert. Definitiv eine lohnende, sehr empfehlenswerte Lektüre!
Profile Image for Ulla Scharfenberg.
155 reviews235 followers
July 20, 2025
"Hier draußen" von Martina Behm ist ein Dorfroman im besten Sinne. Erzählt durch ständig wechselnde Perspektiven der Dorfbewohner*innen von Fehrdorf, einem bäuerlichen Kaff in Schleswig-Holstein. Da ist zum Beispiel Uwe, der Schweinebauer und Jäger, der ein bisschen einsam und auf der Suche nach Freundschaft, nicht aber Romantik zu sein scheint. Und Tove, deren Söhne längst erwachsen sind und deren Mann sie lieblos behandelt, sie kontrolliert und am Skatabend vor allen Nachbar*innen demütigt. Jutta und Armin, die mal als "Hippies" aus der Stadt kamen, damals mit mehreren anderen in einer WG lebten, doch jetzt nur noch zu zweit auf dem großen Hof wohnen und statt Batik- heute Schlachtkurse anbieten. Lara und Ingo sind gerade erst hergezogen mit den Kindern und realisieren langsam, dass das Landleben längst nicht nur Idylle ist und partnerschaftliche Aufteilung der Care-Arbeit hier auch nicht besser funktioniert als in Hamburg.

Martina Behm verwebt ihre und die Geschichten vieler weiterer Fehrdorfer*innen zu einem Kaleidoskop des Landlebens, das ist - wie in der Realität - auch mal langweilig, denn so richtig viel passiert hier nicht: Feuerwehrfeste, saisonale Traditionen, ein Vortragsabend im Landfrauenverein, ein ausgebüchster Ochse, ein Notarzteinsatz im Stall. Trotzdem hat die Geschichte einen gewissen Sog und es ist fast, als wäre man plötzlich Teil vom Dorf, ist neugierig auf den Klatsch, will wissen, was da los ist bei den Nachbar*innen.

Und so plätschert der Roman einerseits vor sich hin, andererseits fällt es schwer, ihn wegzulegen. Ein paar Längen hat er und am Ende bleibt nicht allzu viel hängen, aber dank der hervorragenden Beobachtungsgabe der Autorin und ihrer Fähigkeit, die Figuren und ihr Innenleben plastisch werden zu lassen, ist es durchaus unterhaltsame "Sommerlektüre", die sicher auch im tiefsten Winter funktioniert.
Profile Image for Prusseliese.
427 reviews20 followers
March 26, 2025
Endlose weinerliche Tiraden über Alltäglichkeiten und Belanglosigkeiten der Dorfbewohner

Es fehlen ein roter Faden, Melancholie oder Humor in der Geschichte und Poesie in der Sprache.

Ich habe nicht erfahren, was mir die Autorin mitteilen möchte, außer dass Landleben gar nicht mehr so schön wie früher ist bzw. wie es sich Städter vorstellen. Die Geschichte mit dem Aberglauben, an welcher angeblich der Roman hängt, geht auch nicht über "Spinne am Morgen..." oder "schwarze Katze von links..." hinaus. Schade. Einfach nur eine oberflächliche triviale Nörgelei am Landleben.
Profile Image for Ellinor.
758 reviews361 followers
March 14, 2025
Stadt oder Land? Wo würdet ihr lieber leben? Mir persönlich sind der Stadtrand oder die Vororte am liebsten: man ist nah an der Natur, genießt aber auch die Vorzüge wie Einkaufsmöglichkeiten oder kurze Wege zu Schule, Ärzten etc. Gleichzeitig kennt man die Leute, genießt aber dennoch eine gewisse Anonymität.
In Hier draußen haben Lara und Ingo den Schritt gewagt und sind aus der Hamburger Reihenhaussiedlung auf einen Resthof irgendwo in Schleswig-Holstein gezogen. Sie wollten mehr Platz, vor allem für die Kinder. Lara arbeitet vom Home Office aus, Ingo pendelt. Eigentlich wollten sie auch einen Coworking-Space eröffnen, doch bis jetzt wurde nichts daraus. Ganz so idyllisch wie sich die beiden das Landleben vorgestellt haben, läuft es allerdings nicht. Ingo ist von der vielen Fahrerei stark gestresst, Lara fühlt sich oft einsam und findet nicht so recht Anschluss im Dorf. Dann fährt Ingo eines Tages auf dem Heimweg eine Hirschkuh an, die nun erschossen werden muss. Der herbeigerufene Jäger Uwe macht dies aber nur gemeinsam mit Uwe. Denn wer eine Weiße erschießt, so weiß es der örtliche Aberglaube, ist selbst innerhalb eines Jahres dran.
Hier draußen zeigt sehr gekonnt die unterschiedlichen Aspekte des Landlebens auf. Der enge Zusammenhalt der Einheimischen, wobei allerdings auch jeder und vor allem jede seine oder ihr Aufgabe zu erfüllen hat und auch am jeweiligen Platz zu bleiben hat. Da ist zum Beispiel Tove, die schon seit Jahren unter ihrem Mann leidet, aber bei ihm bleibt, weil man das halt so macht. Maggie hat ins Dorf hineingeheiratet, ist dort sehr glücklich. Sie ist diejenige, die sich am stärksten um die Organisation von Festen und dergleichen kümmert, um nur ja dazuzugehören und akzeptiert zu werden. Jutta lebt mit Armin in einer alten Schmiede. Die beiden sind der Rest einer freigeistigen WG und mittlerweile fester Bestandteil des Dorfes, auch wenn sie manchmal noch etwas skeptisch beäugt werden.
Die Geschichten all dieser Personen beschreibt Martina Behm in ihrem Debüt. Sie macht dies erzählerisch sehr schön, immer mit wechselnden Perspektiven, teilweise mit Rückblicken. Dabei schafft sie es, die einzelnen Personen sehr lebensnah und vielseitig darzustellen. Besonders die Frauen stehen im Vordergrund, mit ihrer ganzen täglichen Belastung durch die Carearbeit. Aber auch die Männer sind durch die unterschiedlichsten Dinge belastet. Ein sehr gut zu lesender Roman, der lediglich in der Mitte etwas knapper gehalten werden könnte.
Profile Image for Alexa.
158 reviews15 followers
April 2, 2025
Bisher mein Hörbuch Highlight in diesem Jahr, ganz zauberhaft gelesen von Julia Nachtmann
Profile Image for Britta.
17 reviews
March 9, 2025
Schicksal?

Das Leben auf dem Land schien für Lara so verlockend. Den Kindern ein sorgenfreies Leben bieten, dörfliche Gemeinschaft, zur Ruhe kommen.
Auch Ingo zieht mit, pendelt zwischen dem Resthof und dem Büro in Hamburg.
So ganz idyllisch wie gedacht ist es dann aber nicht. Das alte Haus lässt sich nur schlecht beheizen, die favorisierte Alleinlage ist dann doch ganz schön weit vom Schuss. Und Anschluss im Dorf zu finden ist auch nicht so leicht. Zu anders sind die Lebenslinien der ehemaligen Städter und der Dörfler, die seit Generationen ihre Höfe bewirtschaften.
Auf einer der ungeliebten Pendelfahrten läuft Ingo dann auch noch eine Hirschkuh vors Auto. Als Nachbar Uwe das verletzte Tier erlösen soll muss er feststellen - ausgerechnet eine weiße Hirschkuh. Wer ihr den Tod bringt, wird selbst binnen eines Jahres sterben. Dorftratsch - ganz klar. Oder vielleicht doch nicht?

Martina Behm setzt die vermeintliche Dorfidylle perfekt in Szene. Sie schaut hinter die Gardinen eines jeden Hauses, zeigt die Verflechtungen und nimmt den Leser mit auf die Lebensreisen von Lara, Ingo, Uwe und Co.
Ein ruhiges, aber wunderbar portraitierendes Buch


This entire review has been hidden because of spoilers.
Profile Image for papilionna.
721 reviews25 followers
April 2, 2025
Kaum zu glauben, dass dies ein Debütroman ist! Martina Behn hat einen lässigen Schreibstil, der von einer guten Auffassungsgabe, Tiefgründigkeit und Empathie zeugt.

Aus verschiedenen Perspektiven der Dorfbewohner wird still und unaufgeregt das Bild eines Dorfs gezeichnet, dessen scheinbare Idylle im Inneren wankt.
Mir haben vor allem die Darstellungen der Beziehungen gefallen, auch wenn sie mich teilweise ziemlich wütend gemacht haben. Was für viele Frauen Realität ist, wird hier eindrucksvoll aufgezeigt.

Ich war überrascht von der Dicke des Buchs und habe dementsprechend ein bisschen länger zum Beenden gebraucht, war aber keine Sekunde gelangweilt. Der Mythos der weißen Hirschkuh, die Dorfgeschichten, die im Hintergrund brodeln und nicht zuletzt die Handlung um die Protagonisten Lara und Ingo haben mich ans Buch gefesselt.
Ganz große Leseempfehlung!
Profile Image for an Anna Blume.
150 reviews12 followers
September 25, 2025

Unspektakulär, authentisch und aufmerksam erzählt Behm über Menschen auf dem Land, ihre Beziehungen zueinander, ihre Gedanken zum Alltag und dem Leben der Anderen.
Zart überschattet dieses Leben von einem Mythos, der immer mal eine Bedrohlichkeit in die Geschichte webt. Für meinen Geschmack könnte diese sich etwas mehr zuspitzen. Vielleicht ein wenig magischer Realismus? Aber Behm bleibt sachlich. Ich mag die Solidarität gerade der Frauen, über Generationen und Herkommen hinweg, die Hoffnung, die auch in gewachsenen, verwachsenen Lebensentwürfen Platz finden darf.
Profile Image for Vivi.
93 reviews1 follower
November 28, 2025
Ein Roman über ein Dorf, viel passiert nicht, der Fokus ist eindeutig auf den vielen Figuren. Hat ein bisschen den Vibe von einer Serie, bei der man auch mal kurz wegdösen kann, ohne viel zu verpassen. Genau das hab ich gesucht, also fand ich’s nett. Und die Hörbuchsprecherin Julia Nachtmann ist top.
Profile Image for Lisa Sophie.
82 reviews1 follower
November 4, 2025
Der Beginn der Geschichte war spannend, aber das eigentliche Thema aus dem Klappentext „hat nur noch ein Jahr zu leben“ rückt doch relativ schnell in den Hintergrund.
Man kann sich eher auf ein Buch über das Bauernleben mit seinen aktuellen Problemen und komplexen Verhältnissen von Familie, Ehe und Nachbarschaft einstellen. Eine sehr interessante Schreibweise mit vielen Perspektiven, sodass man am Ende die ganze Gemeinschaft und alle Verhältnisse zueinander kennt. Allerdings habe ich auch viel Zeit gebraucht, bis ich die Personen zuordnen konnte.
Für mich insgesamt ein bisschen zu langatmig und distanziert. Wer gerne mal hinter verschlossene Türen schaut, wird an dieser Geschichte Freude finden.
Der Hörbuchsprecherin „Julia Nachtmann" konnte ich gut zuhören.

Vielen Dank an „Hörbuch Hamburg“ für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars über NetGalley. Diese Rezension ist meine freie Meinung in eigenen Worten.
Profile Image for erik.
60 reviews7 followers
August 8, 2025
3.5

entspannte story mit interessanten figuren. maus bekommt ein bisschen einblick in ein dorf/-leben.

es wird gemütlich erzählt, manchmal dann doch etwas langatmig. zeitsprünge schaffen etwas tiefe, aber sind zu selten und die figuren insgesamt etwas oberflächlich und generisch. leider ist auch nicht viel entwicklung in diesen 460 seiten und die stagnationen mancher personen ist fast schon quälend.
Profile Image for Sabrina.
524 reviews4 followers
May 26, 2025
Ich schwankr zwischen guten 4,5 und 5 Sternen - denn in der Mitte "zieht" sich die Geschichte etwas, jedoch entwickeln sich die Charaktere sehr gut - absolut sympathisch. Man muss mit Aberglauben und Tod umgehen können für dieses Buch. Meinerseits eine definitive Leseempfehlung!
Profile Image for Jessica.
56 reviews
April 1, 2025
Da habe ich mich wohl leider vergriffen. Anhand des Klappentextes hatte ich eine zumindest etwas spannende Story auf dem Land erwartet und wurde dahingehend schwer enttäuscht. Mehrmals habe ich überlegt, das Buch abzubrechen, mich aber bis zum Ende durchgebissen. Zum Schluss wurde es auch etwas interessanter, alles in allem aber nicht meins. Die Story zieht sich. Die Elemente, die mein Interesse geweckt hatten, spielten dann eher eine untergeordnete Rolle. Der Wildunfall und die damit verbundene dunkle Prophezeiung bilden zwar den Einstieg, werden im Verlauf aber nur noch in Nebensätzen erwähnt. "Ein Dorf, das kopfsteht" kam ebenfalls nur wenig durch, tatsächliche Auswirkungen auf die Charaktere durch den Unfall waren für mich nicht erkennbar. Mir fehlte der rote Faden. Dies konnte für mich auch durch die Figuren nicht ausgeglichen werden. Es kommen sehr viele Haupt- und Nebencharaktere vor, sodass ich zeitweise den Überblick verloren hatte, wer wer ist. Es fehlt ihnen dadurch an Tiefe, zusätzlich verstärkt dadurch, dass sich an etlichen Stereotypen bedient wurde. Das angesprochene Frauenbild ist so antiquiert, dass ich vor Wut hätte in die Tischplatte beißen können.
Die Story wird ruhig und nüchtern erzählt, der Schreibstil passt perfekt zum Inhalt. Durch den Klappentext wurden bei mir falsche Erwartungen erzeugt, weshalb mich das Buch leider gar nicht überzeugen konnte. Aber es wird seine Liebhaber finden.
Profile Image for Bajo.
90 reviews3 followers
April 22, 2025
In diesem Erstlingsroman von Martina Behm zieht eine junge Familie von Hamburg in ein Zweihundert- Seelen-Dorf in Schleswig-Holstein. Ingo, der junge Ehemann, pendelt fortan täglich zu seinem Start-Up-Job nach Hamburg. Lara, seine Ehefrau, von der die Initiative zum Erwerb des alten Resthofes ausging, arbeitet von ihrem neuen Zuhause aus.

Hier auf dem großen Resthof mit ebenso großen Garten, Hühnern, Kaninchen und einem neu angeschafften Hund sollen die beiden Kinder in der Natur in guter Luft und inmitten der Dorfgemeinschaft unbeschwert aufwachsen. Doch schnell wird klar, dass das neue Landleben nicht nur romantisch ist. Ingo fährt auf dem Heimweg von Hamburg eine weiße Hirschkuh an, was, glaubt man den Dorfältesten, Unglück nach sich ziehen soll. Ist es nur Aberglaube oder steht das Leben der neuen Dorfbewohner Ingo und Lara wirklich unter keinem guten Stern ?

Jedenfalls beginnt es seit dem Wildunfall spürbar zu kriseln in deren Ehe. Der Resthof ist zwar groß, die Räume aber nach der durchgestylten Renovierung schwer beheizbar, bisweilen ist ein leichter Güllegeruch von den benachbarten Landwirtschaften wahrnehmbar. Auch die Integration in das dörfliche Leben mit seiner teilweise noch überkommenen Rollenaufteilung in einerseits fleissige Landfrauen und andererseits hart arbeitende Bauern gestaltet sich schwierig. Lara freundet sich mit Jutta an, die vor 30 Jahren in der alten Schmiede eine sechsköpfige WG gründete. Heute sind hiervon nur noch Jutta selbst und Armin übrig geblieben. Jutta gibt Schlachtkurse für alternative Neuhühnerhalter aus der Stadt und solche, die wie Ingo und Lara von der Stadt aufs Land gezogen sind. Das mutet durchaus komisch an und zeigt gleichzeitig, dass hier Welten aufeinander treffen, nämlich die einst hippen Stadtmenschen, mit der Realität der Hühnerhaltung konfrontiert, zu der eben auch das Schlachten, Rupfen usw. gehört.

Neben Ingo und Lara, Jutta und Arnim spielen noch alteingesessene Ehepaare, Landwirte und deren Kinder eine Rolle. Der Leser lernt das gesamte Leben all dieser Dorfbewohner kennen. Unter vielen anderen beispielsweise die nahezu perfekten Landfrauen Tove und Margrit und ihre Ehemänner, ein Schweinebauer und ein Hühnermäster. In Rückblenden wird erzählt, wie sie sich vor Jahren kennenlernten und Familien gründeten. Tove, heute in einer unglücklichen Ehe gefangen und Margrit, die sich einst als Hotelfachfrau bewußt fürs Leben in der Landwirtschaft entschied. Die Kinder, teils nach dem Studium weggezogen, teils die Nachfolge des elterlichen Hofes antretend, führen ein emanzipierteres und selbstbestimmteres Leben als noch ihre Eltern.

Die Härten des Lebens als Landwirte, die Schwierigkeiten einen landwirtschaftliche Betrieb auskömmlich zu bewirtschaften, werden beschrieben. Mit der Person des alleinstehenden Uwe wird auch die Jägerschaft thematisiert. Uwe ist Landwirt aus Liebe zu diesem Beruf, naturverbunden und tierlieb, auch oder gerade wegen der Jagdausübung.

Dieser Roman hat mir sehr gefallen, alldieweil die Autorin ihre Figuren sehr genau beobachtet, ihre Lebenssituationen und Gefühlslagen einfühlsam wiedergibt, nie sentimental wird oder gar kitschig. Das Landleben in all seinen Facetten, die dörfliche Gemeinschaft, die Nähe zur Natur, die Schwierigkeiten der Tierhaltung, überhaupt das Leben in einem Dorf gestern und heute. Es ist, als ob der Leser mitten unter den Dorfbewohnern lebt.

Die Charaktere werden insbesondere durch die eingeflochtenen Rückblicke in die Vergangenheit, auf ihre Jugend, ihre Werdegänge über Generationen hinweg, fein ausgeleuchtet. Es gibt Hoffnung für einzelne von ihnen, auch Rückschläge. Das Leben eben, authentisch geschildert. Ein toller Roman, der mich restlos begeistert hat. Ich vergebe 5 Sterne und kann die Lektüre sehr empfehlen.


Profile Image for Gisela.
348 reviews14 followers
April 16, 2025
Meine Meinung 

 

Ich war sehr gerne hier draussen

Ein Leben auf dem Land ist bestimmt weniger stressig, als in der Stadt. Seitdem ich im holsteinischen Dorf Fehrdorf war, hat sich meine Meinung ein wenig geändert. Das ist zum einen der nicht immer angenehmen Landluft geschuldet  - zum anderen dem Kampf, den Bauern haben, um mit ihrer Arbeit über die Runden zu kommen. 

Lara und Ingo sind sehr euphorisch von Hamburg aufs Land mit ihren beiden Kindern gezogen. Der renovierungsbedürftige Resthof hat sie nicht abgeschreckt; und eigentlich wollten sie gar nicht richtig wahrhaben, was ihnen der Makler darüber alles erzählte. Sie sind im Sommer eingezogen und erst im Winter haben sie festgestellt, dass der alte Kasten nie richtig warm wird. Die Arbeit im und ums Haus hat vor allem Lara unterschätzt.

Besonders stressig ist das Landleben für Ingo. Jeden Tag muss er zu seinem Start-Up nach Hamburg fahren. Als er einmal auf dem Heimweg eine weiße Hirschkuh anfährt, ändert sich sein Leben von Grund auf. Er informiert den zuständigen Förster Uwe und erlöst mit ihm zusammen das Tier von seinem Leiden. Uwe erzählt ihm, wer eine weiße Hirschkuh tötet, hat nur noch ein Jahr zu leben. 

Tatsächlich passieren viele tragische Dinge. Der Förster Uwe hat ein trauriges Geheimnis, ein Bauer wäre beinahe an den Dämpfen seiner Gülle gestorben und seine Frau hat bemerkt, dass sie ihn keineswegs vermissen würde. Ingo hat mit einem Burnout zu kämpfen und verbringt seine Freizeit lieber mit Uwe im Wald auf dem Hochsitz, als mit seiner Familie. Lara hat sich das Landleben anders vorgestellt. Ihr Teilzeitjob als Designerin und die Arbeit auf dem Hof überfordern sie. Dazu noch die ehrenamtlichen Arbeiten, die in der Dorfgemeinde bei verschiedenen Festen anfallen. Einzig die beiden Kinder fühlen sich richtig wohl in Fehrdorf. Lara fühlt sich von Ingo alleingelassen. 

Dass ich sämtlichen Träumen beim Platzen zuschauen musste, hat mich nicht daran gehindert, mich im Dorf wohl zu fühlen. Man lernt das wirkliche Landleben, mit all seinen Bauernhöfen richtig kennen. Ein Weichzeichner wird hier nicht benutzt, da es wirklich nichts zu beschönigen gibt. Die Schweine- und Hühnerzucht regt dazu an, mal wieder seinen Fleischkonsum zu überdenken. Auch Lara hat ihre romantischen Vorstellungen sehr schnell ad acta gelegt. 

Bei all den tragischen Vorfällen fehlt jedoch eines nicht: Herzenswärme! Jutta und Armin sind auch Zugezogene, die erst mit mehreren Leuten in einer Kommune lebten. Übrig geblieben sind nur die beiden. Jutta zeigt in Kursen, wie man Hühner schlachtet. Armin sorgt für das leibliche Wohl und kümmert sich um den Bio-Garten. Sie haben stets ein offenes Ohr für die Probleme der Dorfbewohner und bieten Wohnraum an, wenn jemand mal Abstand vom Ehepartner braucht. 

Fast alle Dorfbewohner haben das Herz am rechten Fleck. Nachbarschaftshilfe wird großgeschrieben und mit vollem Einsatz praktiziert. Der in sich gekehrte Förster Uwe hat mein Herz berührt, und ich habe am Ende ein paar Tränen vergossen. 

Einen Dorfbewohner gibt es, den ich am liebsten geschüttelt hätte, weil er so herzlos mit seiner Frau umgegangen ist. In Rückblenden habe ich jedoch einiges über sein Familienleben erfahren, und konnte seine Verbitterung besser verstehen; aber nicht entschuldigen. 

Der bildliche Schreibstil hat mir das Gefühl gegeben, selbst ein Teil der Dorfgemeinde zu sein. Die Figuren sind sehr gut gezeichnet und kommen authentisch rüber. Wir erfahren das Geschehen überwiegend aus der Sicht von Ingo und Lara. Sie mussten feststellen, dass Zugehörigkeit erarbeitet werden muss.

Fazit

Eine klare Empfehlung für dieses wunderschöne Buch, das mich sehr berührt und nachdenklich gestimmt hat. Ich habe die Geschichte nicht gelesen; ich habe sie gelebt.

Herzlichen Dank, Martina Behm.
Profile Image for Vicky.
282 reviews32 followers
March 18, 2025
“Hier draußen” ist ein moderner Dorfroman, der in einer kleinen norddeutschen Ortschaft der Gegenwart spielt. Wir haben aber auch immer mal wieder Einschübe, Rückblenden, die die Situation auf der Handlungsebene mit Hintergrundinformationen unterfüttern. Diese Struktur hat mir sehr gefallen und war hier auch hilfreich, um das Gelesene besser zu verstehen.

Wir begegen in diesem Buch mehreren Menschen, die ihren Lebensunterhalt mit Landwirtschaft verdienen. Die “alteingessenen” Dörfler sind alle um die 60 Jahre alt und entsprechend eingefahren, haben Gesundheits-, Finanz- und/oder Eheprobleme und viel zu viel Arbeit, denn die Kinder übernehmen in der Regel nicht mehr einfach so den Hof der Eltern, sondern ziehen in die Stadt oder in andere Bundesländer, studieren, leben ihr eigenes Leben. Ein umgekehrtes Phänomen ist der Zuzug gut situierter und gut ausgebildeter jüngerer Leute um die 30/40, die “hinaus aufs Land” wollen. So wie Lara und Ingo, zusammen mit ihren schulpflichtigen Kindern Erin und Erik. Sie haben sich einen “Resthof” gekauft - aber werden sie, die Städter aus Hamburg - er Manager bei einem Start-Up-Unternehmen, sie freiberufliche Grafikerin - wirklich den Rest ihres Lebens in diesem Kaff Fehrdorf verbringen? Dann gibt es noch Jutta und Armin, die “Öko-Hippies”, die vor 30 Jahren aus der Stadt ins Dorf gezogen sind, um eine WG zu gründen. Sie sind übriggeblieben, nicht wirklich zusammen, aber gelegentlich doch. Auch sie werden im Laufe der Handlung eine wichtige Rolle spielen.

Aber die Handlung, was ist das hier überhaupt? Das ist ein wenig das Problem des Romans. Der rote Faden, um den sich die Erzählung lose windet, ist eigentlich, dass Ingo eines Abends, als er von Hamburg, wo er nach wie vor arbeitet, nach Hause pendelt, eine weiße Hirschkuh überfährt. Der ortsansässige Jäger und Schweinebauer Uwe, ein ewiger Junggeselle, erschießt mit Ingo zusammen das leidende Tier. Dumm nur, dass eine Prophezeiung sagt, wer eine weiße Hirschkuh tötet, wird innerhalb eines Jahres sterben. Das ist an sich schon sehr spannend, wird aber im Laufe des Plots oft aus den Augen verloren. Es geht vielmehr darum, die Dörfler und ihre Probleme detailliert zu beschreiben.

Und das ist tatsächlich die Stärke des Romans. Besonders die Situation der ländlich lebenden Frauen hat Martina Behm hervorragend eingefangen. Anhand der jüngeren Städterin Lara beschreibt sie auf realistische Weise die Struggles einer arbeitenden Mutter, die sich für die Kinder, ihren Mann, das Haus, den Hund und und und den Allerwertesten aufreißt. Die als Selbständige weiterkommen möchte und der nur Steine in den Weg gelegt werden. Das Mental Load, oh dieses verdammte Mental Load. Die unsichtbaren Tasks, die Mütter immer und ständig auf dem Schirm haben müssen und die kein anderer sieht oder macht. Auch Tove Wirtz, die um die 60 ist, hat ihr Leben für andere gelebt: den undankbaren, cholerischen Mann, die beiden Söhne, die jetzt längst woanders wohnen, die Dorfgemeinschaft, den Hof. Wird auch sie nochmal ihr Glück finden? Uwe ist der unerwartete Sympathieträger des Romans. Seine Geschichte ist besonders herzzerreißend.

Für meinen Geschmack wurde die Handlung etwas zu sehr in die Länge gezogen. Man hätte hier sehr gut kürzen können, vor allem was die detaillierten Beschreibungen des Zubereitens von Nahrung, etc., angeht. Manches hätte ich genauer wissen wollen, anderes war mir hingegen zu ausführlich ausgearbeitet.

Alles in allem aber ein sehr unterhaltsamer, starker Dorfroman, den ich euch empfehlen kann.
Profile Image for Franzi.
181 reviews1 follower
March 1, 2025
Zuerst hat mich die Handlung ein wenig an Juli Zeh erinnert. Junge Familie aus der Stadt kauft sich ein Haus auf dem Land, der Anschluss an das Dorf fällt schwer, die erhoffte Zufriedenheit will sich nicht so richtig einstellen. Nach einigen Seiten hat sich für mich herausgestellt, dass ich es um Längen besser finde als Juli Zeh.
Martina Behm schreibt sehr warmherzig und menschlich über "ihr" Dorf. Ihre Figuren sind sehr bildhaft und detailreich beschrieben. Aber nicht so extrem kleinteilig, sondern mit wenigen Worten sehr lebendig. Ich hatte direkt Bilder vor Augen, vom Dorf, den Menschen, den Veranstaltungen. Und dabei geht sie sehr respektvoll mit ihren Figuren und deren Eigenheiten um. Es wird niemand vorgeführt, der Ton ist nicht ätzend, sondern einfach nur neutral geschildert. Der Leser kann und soll sich selbst ein Bild von jeder Person machen.

Das Dorfleben ist anschaulich erzählt. Dabei werden zwar viele Familien erwähnt, sie konzentriert sich aber lediglich auf nur wenige Personen. Was angenehm ist, man läuft nicht Gefahr von zu vielen Namen erschlagen zu werden. Man könnte es umschreiben mit "Unter jedem Dach ein Ach". Denn längst ist nicht alles so idyllisch, wie es nach außen scheint.
Da wären Lara und Ingo, die neu in den Ort gezogen sind. Sie müssen nun nicht nur feststellen, dass so ein Resthof jede Menge (auch ungeliebte) Arbeit ist und die Landromantik oft auch auf der Strecke bleibt, es stellen sich auch viele grundsätzliche Fragen ein. Die Vorstellungen von Augenhöhe in der Partnerschaft und Kindererziehung gehen auseinander. Wessen Arbeit ist jetzt wichtiger? Wer steckt für die kranken Kinder zurück? Und wer geht jetzt mit dem Hund raus?
Und Tove und Enno. Sie sind seit vielen Jahren verheiratet, steuern auf die goldene Hochzeit zu. Und Tove ist so unglücklich in ihrer Ehe. Was kein Wunder ist, denn Enno ist ein Arsch vor dem Herrn mit der Empathie eines Holzschuhs. Man möchte bei Tove schon fast von Schicksal sprechen. Ihre Geschichte hat mich so berührt und unheimlich traurig gemacht. Ihre Gedanken waren für mich zwar nachvollziehbar, aber in so einem Leben sollte keine Frau gezwungen sein zu verharren.

Und so hat jede im Buch beschriebene Familie ihr Päckchen zu tragen, während nach außen die Fenster immer geputzt sind, die Auffahrt sauber gefegt ist und der Vorgarten in Schuss gehalten ist.
Martina Behm hat in ihrer Geschichte viele aktuelle Themen verarbeitet und den Umgang unterschiedlicher Generationen damit. Ein bisschen spielen mit Klischees gehört da für mich dazu, aber es ist gut dosiert.
Und natürlich die weiße Hirschkuh, die hier eine ganz besondere Rolle einnimmt und wie ein Verbindungsfaden zu allen Figuren wirkt.

Ich kann mir vorstellen, dass man sich in dem Buch wiederfindet, wenn man auf dem Dorf oder sogar in einem landwirtschaftlich geprägten aufgewachsen ist. Die Rituale, die Veranstaltungen, die Menschen, die Dynamik der Gemeinschaft - Behm hat das in so vielen Details fast schon liebevoll einfangen. Wer die Dynamik des Dorflebens nicht kennt, für den dürfte das tatsächlich von Zeit zu Zeit ein wenig rückständig und aus der Zeit gefallen wirken.

Mir hat diese Mischung aus guter Beobachtung, Fingerspitzengefühl, Menschlichkeit und feinem Humor unglaublich gut gefallen und Martina Behm ist eine Autorin, die ich auf jeden Fall weiter im Blick behalten werde.
25 reviews
March 22, 2025
Oberflächliche Tiefgründigkeit

"Eine weiße Hirschkuh, eine dunkle Prophezeiung und ein Dorf, das kopfsteht." So lautet die Kurzbeschreibung von Martina Behms Debütroman "Hier draußen", welche mich direkt angesprochen hatte. Nachdem ich das Buch nun gelesen habe, bin ich etwas zwiegespalten; denn diese Elemente, auf die ich mich schon sehr gefreut hatte, spielten für die Handlung kaum eine relevante Rolle.

Die weiße Hirschkuh und die dunkle Prophezeiung bilden den Einstieg in "Hier draußen" als der frisch aufs Land zugezogene Ingo einen Wildunfall mit einer weißen Hirschkuh hat und ihm der zuständige Jäger Uwe von dem im Dorf herrschenden Aberglaube erzählt, dass jeder der eine weiße Hirschkuh tötet innerhalb eines Jahres ebenfalls sterben wird. Auf den restlichen 400 Seiten wird diese Spukgeschichte zwar noch hin und wieder in einem Nebensatz erwähnt, so richtig in den Vordergrund rückt sie aber nicht mehr. Darüber hätte ich vielleicht noch hinwegsehen können, was ich allerdings wirklich schade fand war, dass auch der Part mit "ein Dorf das kopfsteht" nicht wirklich präsent war. Ich hätte mir erhofft (und durch die Inhaltsangabe auch erwartet), dass der Vorfall mit der Hirschkuh mehr tiefgreifende Auswirkungen auf die Dorfgesellschaft haben würde - doch auch das ist nicht eingetreten. Stattdessen plätscherte die Handlung so vor sich hin, ohne jegliche Art von rotem Faden - man könnte fast sagen, es passiert 𝘕𝘪𝘤𝘩𝘵𝘴.

Gut, Handlung war also wenig vorhanden, das würde dann aber doch heißen, dass das Buch sehr charakterbasiert ist? Doch auch darüber lässt sich streiten. Charaktere gibt es an sich genug, damit alle typischen Dorfbewohner abgedeckt sind - die zugezogene Familie aus der Stadt; der Bauer mit dem veralteten Weltbild samt seiner unterdrückten Ehefrau; die Möchtegern-Hippie-WG; die studierte Tochter die doch lieber Landwirtin sein möchte; der alleinstehende Jäger, um nur einige zu nennen. Und ja, irgendwie schaffte Martina Behm es schon, dass ich erfahren wollte, was denn nun mit den Personen passiert, aber so wirklich berühren konnte mich keiner dieser Charaktere.

Das mag vielleicht auch am Schreibstil liegen. Behm schreibt ruhig, nüchtern und mit einer zum Landleben passenden Schlichtheit - an und für sich doch recht angenehm zu lesen; aber leider ist es mir dadurch schwer gefallen, Sympathie oder Interesse an den Charakteren und dem Setting aufzubauen.

Das waren meine Kritikpunkte, warum nun also 3 Sterne? Das Buch ist leise. Es ist ruhig und unaufregend. Ist das schlecht? Nun, nicht unbedingt, ich habe mir nur leider nach der Inhaltsangabe + Leseprobe etwas anderes erwartet. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, das Leben am Dorf ist enorm dynamisch und wirklich kein bisschen ruhig, die Tatsache, dass sich jeder kennt und viele (Familien)Geschichten miteinander verwoben sind, bietet unendliche spannende Konfliktsituationen, die man auch in "Hier draußen" zwar angedeutet bekommt, aber leider unausgebaut bleiben.
Mir waren die Geschehnisse des Buches für die vielversprechende Prämisse dementsprechend leider etwas zu nichtssagend. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass "Hier draußen" vielen Menschen sehr gut gefallen wird, vor allem all jenen die eine ruhige Geschichte für Zwischendurch suchen.
1,396 reviews7 followers
March 24, 2025
Das Landleben und seine Tücken

Klappentext:
In Fehrdorf scheinen alle zu wissen, wo sie hingehören. Nur Ingo und Lara, die mit den Kindern von der Großstadt aufs holsteinische Dorf gezogen sind, haben Schwierigkeiten. Vor allem Ingo strapaziert die Pendelei zu seinem Start-Up nach Hamburg. Als er eines Abends eine weiße Hirschkuh anfährt, bringt das die gesamte Dorfgemeinschaft aus dem Gleichgewicht. Denn wer so eine tötet, heißt es, hat nur noch ein Jahr zu leben. Und plötzlich fragen sich auch der Dorfjäger, die Vorzeige-Landfrau und die Überbleibsel einer Öko-WG, ob sie das Landleben wirklich glücklich macht.

Hier draußen“ ist der Debütroman von Martina Behm.

Von der Großstadt aufs Land welche ein Abenteuer. Das erleben in dieser Geschichte Ingo und Lara mit ihren zwei Kindern. Sie ziehen von der Großstadt in ein Dorf mit ca. 200 Einwohnern. Der gekaufte Resthof bietet genügend Platz für die Familie. Für Lara, die im Homeoffice arbeite, ist es kein Problem aber Ingo muss jeden Tag nach Hamburg pendeln, was manchmal schon nervenaufreibend ist. Eines Tages läuft ihm eine weiße Hirschkuh vor das Auto. Der herbeigerufene Förster muss das Tier erschießen. Bei den Dorfbewohnern gilt Ingo ab nun als Mörder der weißen Hirschkuh und es wird, der alte Mythos laut, dass der, der eine weiße Hirschkuh tötet innerhalb eines Jahres selbst stirbt.

Martina Behm zeichnet ein authentisches Bild vom Dorfleben. dass nicht immer nur idyllisch anmutet.
Die Autorin erzählt sehr realistische von den Vorstellungen der Städter vom Dorfleben. Leben mitten in der Natur, zur Ruhe kommen, entschleunigen. Für die Kinder bedeutet ein Landleben viel mehr Freiheit. Martina Behm zeigt aber auch die negativen Seiten, auf die so ein Landleben automatisch mit sich bringt. Das Fremdsein, nicht dazuzugehören. Die weiten Wege, egal ob zur Arbeit oder zum Einkaufen. Auch die Gerüche die so ein Landleben nun einmal mit sich bringt werden beschrieben. Beim Lesen hatte ich manchmal gedacht, ich rieche die Gülle durch die Seiten.
Auch der alte Mythos der Hirschkuh zieht sich durch die ganze Geschichte.

Die Charaktere sind sympathisch und wirken lebendig. Die Leser*innen begleiten die Familie bei ihrem Eingewöhnen in das Dorfleben. Sie lernen aber auch die Einwohner kennen. Da ist der Jäger Uwe, der auf dem Hof seiner Eltern lebt. Der Schweinezüchter Enno mit seiner Frau und die Familie Söhnke, die sich auf Geflügel spezialisiert hat und noch einige mehr.

Martina Behm hat mich mit ihrem Debütroman völlig begeistert. Mit einer Leichtigkeit erzählt sie vom Landleben in allen Facetten. Dabei setzt sie ihren trockenen Humor gekonnt ein.
Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und gut verständlich. Nach wenigen Seiten hat mich die Geschichte in ihren Bann gezogen und ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen.
Von Martina Behm wünsche ich mir noch mehr solcher Geschichten.
Profile Image for Dunja Brala.
593 reviews41 followers
June 16, 2025
Wir sind mal wieder auf dem Land unterwegs, eine Area, in der ich nicht gern leben würde, über die ich aber gerne lese.

Laura und Ingo sind aus der Großstadt mit ihren Kindern nach Fehrdorf gezogen. Auf Lauras Betreiben haben sie einen Resthof erstanden und von nun an pendelt Ingo täglich nach Hamburg. Übermüdet fährt er eines Abends eine weiße Hirschkuh an. Uwe, Landwirt und Hobbyjäger hilft ihm dabei, dem Tier, den Gnadenschuss zu geben. Von ihm erfährt er auch, dass diejenigen, die ein weißes Damwild töten, nur noch ein Jahr zu leben haben.
Obwohl Ingo eigentlich nicht auf solchen Aberglauben vertraut, beeinflusst ihn diese Prophezeiung maßgeblich.

Wir bewegen uns nun in einem bunten Panoptikum von Dorfbewohnern, in dem das zugezogene Ehepaar nur eine der vielen Hauptrollen spielt. Da sind Tove und Enno. Dir einen Hof bewirtschaften und genauso wie bei Ingo und Lara kriselt es auch in deren Ehe. Die Überbleibsel einer Hippie-Kommune haben ein offenes Ohr für die Dorfbewohner und die erwachsenen Kinder einiger Protagonisten nehmen ebenfalls Einfluss auf das Geschehen.

Martina Behm hat das Leben in einem kleinen Dorf mit viel Landwirtschaft von vielen Seiten beleuchtet. Dabei hat sie all die Sorgen und Nöte, die Hoffnungen und Wendungen einbezogen, die das Leben zum Teil idyllisch, aber einen weiten Teil auch beschwerlich machen. Besonders die Männer haben hier mit ihrer führenden Rolle als Macher, die die das Land bewirtschaften, das Vieh versorgen und alles zusammenhalten zu kämpfen. Die Frauen fordern mehr Raum für sich ein oder grenzen sich ab. Traditionen werden nicht mehr so intensiv gelebt, obwohl Männer es für sich immer noch einfordern. Und auch hier fällt auf, dass Frauen für sich schnell neue Lösungen finden, wenn das althergebrachte nicht mehr funktioniert, sich organisieren und vernetzen, während Männer dem nach trauen und auf unterschiedliche Weise sich selbst dadurch zu zerstören drohen.

Ich glaube, dass die Autorin vieles sehr realistisch abgebildet hat. Wenn ich mich im Kreisen bewege, die im ländlichen Raum zu Hause sind, dann sind genau diese Themen aktuell. Der Kontrast zwischen moderner Landwirtschaft und dem finanziellen Überleben, das gesellschaftliche Leben, mit hohen Erwartungen an freiwilligenm Arbeitseinsatz der Frauen, sowie der Blick in die Zukunft und das Zusammenleben zwischen zugezogenen und alt Eingesessenen stehen hier im Zentrum.

Der Aufbau des Romans ist sehr mitreißend. Aus verschiedenen Perspektiven drehen wir uns alle um das eine zentrale Thema: wird die Prophezeiung in Erfüllung gehen, wird jemand sterben oder ist das alles nur Humbug. Der fassbare Schreibstil, von Behm macht das Buch zu einem wahren Pageturner.

Ich empfehle es gerne allen, die gut geschriebene Romane mit authentischer Atmosphäre und ein wenig Spannung gerne lesen.
133 reviews
March 26, 2025
"Sich verabschieden von den Träumen vom Idyll, ankommen in einem echten Dorf, in dem die Dinge eben anders liefen als in den Köpfen von sechs Stadtmenschen, die hier etwas suchten, das es so eben doch nicht gab." (S. 196)

Ingo und Lara, ein Großstadtpaar, sind recht neu im beschaulichen Fehrdorf. Anschluss an die Landbevölkerung finden sie erst, als Ingo am Nachhauseweg eine weiße Hirschkuh überfährt und sie gemeinsam mit dem Jäger und Schweinebauer Uwe von ihrem Leid erlöst. Dieser Vorfall verspricht nichts Gutes, ist doch allseits bekannt, dass es nur noch ein Jahr dauert, bis einem der eigene Tod gegenübertritt, wenn man ein solch besonderes Tier tötet. Doch wie wahr ist diese Mähr?

Martina Behm hat mit "Hier draussen" einen großartig beobachtenden Roman geschrieben, der mit einer schwarzhumorigen Sprache aufwartet, Beziehungen sachte aufzudröseln weiß und dabei die Spannung immer aufrecht erhält. Wir erfahren hier viel darüber, weshalb es Städter aufs Land zieht und weshalb die Integration nur selten klappt. Wir werden aufgeklärt, wie Dörfler untereinander agieren und warum sie immer alles so machen wollen, wie es schon immer war. Aber vor allem lernen wir das Innenleben vieler Beziehungen kennen, die sich ändern, wenn Kinder ins Leben treten oder essentiell werden, wenn keine (mehr) da sind.

Es ist beeindruckend, wie Behm es schafft, Intimes nach außen zu holen; wie sie Bedürfnisse einzelner zart und sanft thematisiert; wie sie durch die unterschiedlichen Charaktere die Gemeinschaft beschreibt; wie sie Konflikte beobachtet, zuspitzt oder durch Schweigen eskalieren lässt; und vor allem: wie sie Patriachat und Kapitalismus bloß stellt, ohne dabei mit dem mahnenden Finger zu zeigen. Behms Sprache ist feinfühlig und schwarzhumorig und gleichzeitig entblößt sie Tragödien schonungslos. Ihre Beobachtungsgabe ist scharf, genauso ihr Gespür Landschaften in den Erzählungen Atem einzuhauchen. Das Erzählte, das stets verschiedenste Beziehungen in den Mittelpunkt stellt, ist frustrierend und hoffnungsvoll zugleich. "Hier draussen" erzählt nicht nur von der Beziehung zweier Menschen, sondern spannt den Bogen über das gesamte Dorf, legt somit den ganzen Mikrokosmos offen. Vorwiegend lesen wir in der Gegenwart, aber - genau wenn es perfekt passt - erfahren wir Hintergründe aus der Vergangenheit.

Mein Fazit: Martina Behms "Hier draussen" ist ein grandios gelungener Roman über die frustrierenden, aber auch hoffnungsvollen Beziehungen eines Dorfes untereinander. Es besticht durch eine treffsichere Beobachtungsgabe und ein liebevoll gewebtes Netz an Beziehungen in einem Dorf, das vor allem durch Veränderungen lebt. Das Buch ist ein absolutes Highlight und gehört jetzt schon zu meinen Lieblingsbüchern des Jahres 2025!
209 reviews
June 12, 2025
das Buch hat mich begeistert


„Hier draußen“ ist das Debüt von Martina Behm und sie hat meiner Meinung nach gleich ins Schwarze getroffen. Ich habe mich kaum von dieser Geschichte lösen können und sie innerhalb kürzester Zeit durchgelesen.

Dreh,- und Angelpunkt dieses Romans ist Fehrdorf,ein kleiner Ort in Schleswig Holstein.Scheinbare Landidylle mit einigen Ferienwohnungen, denn von der Landwirtschaft kann nicht mehr jeder leben. In diesen Ort zieht es Ingo und Lara. Sie verkaufen ihr Reihenhaus in Hamburg, erwerben einen Resthof, weil es sich doch, vor allem mit zwei Kindern, viel entspannter auf dem Land leben lässt und renovieren ihn nach und nach.
Ingo pendelt zwischen seinem Startup in Hamburg und Fehrdorf. Eines Abends läuft ihm eine weiße Hirschkuh vor‘s Auto. Ein schlechtes Ohmen, denn man sagt“ wenn eine weiße Hirschkuh stirbt, stirbt derjenige der sie tötet innerhalb eines Jahres selbst“. Für Ingo und Uwe, der für das Wild in diesem Revier zuständig ist, ein Wendepunkt.

Was soll ich sagen? Ich habe es geliebt diese Geschichte zu lesen und hätte ewig weiterlesen können, weil die Autorin einfach eine tolle Beobachtungsgabe hat und einfach gut erzählen kann. Ich habe oft gelacht und auch ein paar Tränchen verdrückt, weil viele Dinge einfach so treffend und einfühlsam beschrieben waren und sie die Menschen so liebenswert gezeichnet hat.
Sie erzählt von Traditionen, die von Generation zu Generation weitergegeben und nicht hinterfragt werden und auch von den „Zugezogenen“ erwartet werden. Da weiß jeder, wo sein Platz ist und was von ihm erwartet wird, in der Familie, aber vor allem bei Dorffesten und deren Vorbereitungen.Sie erzählt sehr humorvoll von Erfahrungen, die die „Städter“machen, die in eine vermeintliche Idylle gezogen sind und dann mit der Realität konfrontiert werden, aber auch , wie beide Seiten voneinander lernen können und Freundschaften schließen.
Wir erfahren als Leser aber auch von den einzelnen Bewohner dieses Dorfes , ihren Sorgen, Nöten und Wünschen privater oder beruflicher Natur und dabei wachsen einem die „Fehrdorfer“immer mehr ans Herz. Man erfährt wie sich die Landwirtschaft verändert hat, dass Generationennachfolge nicht mehr selbstverständlich ist und dass die vermeintliche Idylle auch Risse aufweist.

Ich könnte hier noch ewig weitererzählen, aber lest dieses Buch selbst. Wenn ihr nur ein wenig Interesse am Landleben und ihren Bewohnern habt, werdet ihr dieses Buch lieben. Für mich war es ein absolutes Lesehighlight.
126 reviews
April 6, 2025
Inhalt siehe Klappentext:
Die Autorin Martina Behm war mir bisher unbekannt, mir ist auf Social Media das Titelbild mit pinkfarbenen und gelben Schriftzügen sowie den beiden Rehen vor Wald und Wiese aufgefallen. Das Buch hat 352 Seiten und liest sich sehr flüssig, ich habe parallel gelesen und dazu das Hörbuch gehört. Der Leser findet sich fernab von Großstand und Lärm „auf dem Land“ wieder, „hier draussen“ ist alles ein bißchen anders: Die Menschen, von den Städtern und Zugezogenen als „Bauern“ bezeichnet, sind einfach offener, freundlicher, herzlicher, insgesamt unaufgeregter und mehr mit sich selbst, als mit anderen beschäftigt. Man kennt sich, man schätzt sich, aber man hilft sich auch untereinander - und das, ohne groß fragen zu müssen. Wen Hilfe benötigt wird, ist die Dorfgemeinschaft da - sei es beim Feuerwehrfest, beim Vogelschießen der Kinder, Spenden von Kuchen und Salate sind bei allen Festivitäten im Dörpshus gern gesehen. Wer im Dorf aufgewachsen ist, hat es wohl einfacher, als die Zugezogenen, die sich erst einfinden müssen, lernen müssen, wie der Hase läuft. Der Traum der Städter vom Landleben ist, wenn man es genauer betrachtet, gar nicht so idyllisch, wie es beim einmaligen Besuch erscheint. Man muss sich damit anfreunden können, abgeschieden zu sein, dass so ein Resthof keine Stadtvilla ist, sondern viel Arbeit im Vorfeld macht, bevor man einigermaßen drin leben oder gar wohnen kann. Dazu weite Wege in die Stadt, wo man ja doch wieder hin muss wegen der Arbeit. Und das ein oder andere Tier am Straßenrand - kennt man ja in der Großstadt nicht. Was es mit der Sage der weißen Hirschkuh auf sich hat und ob man dem Ganzen Glauben schenken sollte, das kann man herausfinden, wenn man sich auf dieses Lesehighlight einlässt. Die „Dorfgeschichte“ mit all ihren verschiedenen Familien, Gruppierungen, Individuen, dazu viele Tiere, eine geniale Playlist, wenn ich an die ganzen Songtitel denke, hat mir großes Lesevergnügen bereitet. Unglaublich, was aus manchen Männern, egal, welchen Alters, wird, wenn die eigene Frau querschießt, nicht mehr nach der Pfeife des Hausherrn tanzt, endlich nach ihrer eigenen Meinung lebt und sich selbst verwirklich. Es könnte tatsächlich traumhaft idyllisch sein, wären da nicht diese Untertöne, die manch einer gerne überhört, damit der Schein gewahrt wird. Für mich ist „Hier draussen“ ein ganz besonderer Roman, auf dem Land ist es einfach anders, ich vergebe von meinem Dorf fürs Dorf im Norden 5 Sterne mit Leseempfehlung.
Profile Image for Christiane Fischer.
511 reviews6 followers
May 26, 2025

HIER DRAUSSEN
Martina Behm

Was für ein großartiges Buch!
Ich glaube, ich habe noch nie ein so authentisches und stimmungsvolles Buch über das Leben in einem Dorf in Schleswig-Holstein gelesen oder gehört.

Lara und Ingo, einst Stadtmenschen aus Hamburg, ziehen mit großen Hoffnungen aufs Land – auf einen alten Resthof in einem kleinen Dorf. Lara träumt davon, dass ihre Kinder frei und naturnah aufwachsen. Doch schnell wird klar: Die Realität sieht anders aus. Als „die Neue“ wird sie zu keiner Feier eingeladen, oft ist sie allein – denn auch Ingo wird die tägliche Pendelei aus der Hafencity bald zu viel. Von den erhofften Besuchen der alten Freunde aus Hamburg keine Spur.

Doch das Buch erzählt nicht nur von Lara und Ingo. Es ist das vielstimmige Porträt eines ganzen Dorfes.
Da ist Förster Uwe, der sich mit Ingo anfreundet – und ein gut gehütetes Geheimnis mit sich trägt.
Wir begegnen Tove, die unter ihrem sturen, wortkargen Mann Enno leidet und gern ausbrechen würde, aber aus finanziellen Gründen bleibt.
Sönke, der Betreiber eines Geflügelmastbetriebs, kämpft sich durch die ständigen Umstellungen in der Landwirtschaft und droht am Burn-out zu zerbrechen – nicht zuletzt durch die immer wiederkehrende Vogelgrippe.
Und dann sind da noch Armin und Jutta, einst Hippies und Aussteiger. Als Letzte ihrer Kommune leben sie heute noch in der alten Schmiede. Jutta gibt keine Batikkurse mehr, sondern bringt jungen Menschen bei, wie man Hühner schlachtet – eine eigenwillige, aber faszinierende Wendung ihres Lebens.

Martina Behm gelingt es meisterhaft, das Dorf mit all seinen Eigenheiten, Abgründen und kleinen Wundern zum Leben zu erwecken. Die Figuren wirken so echt, die Atmosphäre so dicht, dass ich mich fühlte, als wäre ich selbst vor Ort – mitten in Holstein.

Ein besonderes Lob gilt auch der Hörbuchfassung: Julia Nachtmann verleiht den Figuren mit ihrer Stimme eine beeindruckende Tiefe.

Fazit:
Ein lebendiges, berührendes und absolut empfehlenswertes (Hör)Buch über das Leben auf dem Land – mit all seinen Brüchen und Schönheiten.

Große Lese/Hörempfehlung
5/5
422 reviews4 followers
March 24, 2025
Landleben, Idylle, Naturverbundenheit – so romantisch sich diese Begriffe auch anhören mögen, in Martina Behms Roman "Hier draußen" zeigt sich schnell: Das Dorfleben hat seine eigenen Tücken. Fehrdorf, ein kleines holsteinisches Dorf, wird für die Großstädter Ingo und Lara Fenske zur Herausforderung. Die Menschen dort wissen, wo sie hingehören – nur die Neuzugezogenen straucheln. Und als Ingo auf dem Heimweg einen weißen Hirsch anfährt, geraten Aberglauben, Traditionen und die gut gehüteten Geheimnisse der Dorfbewohner ins Wanken.
Martina Behm bringt mit feinem Humor und einem messerscharfen Blick für Details das Spannungsfeld zwischen Stadt und Land auf den Punkt. Ihre Figuren sind keine Klischees, sondern vielschichtig und lebendig. Besonders beeindruckend ist, wie sie verschiedene Perspektiven einnimmt: Mal erleben wir eine Szene durch die Augen eines Jungbauern, für den eine Rinderflucht vor allem peinlich ist, mal aus Sicht der wortkargen Landbewohner oder der überforderten Neuankömmlinge. Diese erzählerische Dynamik hält das Buch spannend und sorgt für eine außergewöhnliche Lebendigkeit.
Ein besonderes Highlight ist die atmosphärische Dichte: Staubige Landstraßen, schwere Landmaschinen, der weiße Passat der Fenskes – die Bilder, die die Autorin zeichnet, lassen mich mitten ins Geschehen eintauchen. Dazu kommt ihre schnörkellose, pointierte Sprache, die das Buch zu einer echten Leseperle macht. Besonders gelungen ist auch, wie sie die ungeschönte Realität des Landlebens zeigt: das harte Dasein der Landfrauen, die Herausforderungen der Landwirtschaft und die Frage, was "Bio" wirklich bedeutet.
"Hier draußen" ist ein Roman, der viel mehr ist als nur eine Stadt-gegen-Land-Geschichte. Er ist scharf beobachtet, klug erzählt und wunderbar unaufgeregt in seinem Humor. Wer literarische Unterhaltung ohne Kitsch und Klischees sucht, wird an diesem Buch große Freude haben. Und nach dem letzten Satz bleibt nur eine Frage: Wann kommt mehr von Martina Behm?
108 reviews
March 13, 2025
geplatzte Träume

"Dass hier nicht alles perfekt, idyllisch und konfliktfrei ablaufen würde, war ihm immer klar gewesen."

Das aus Hamburg stammende Ehepaar Ingo und Lara zieht mit ihren Kindern in das fiktive, etwa zweihundert Einwohner zählende holsteinische Dorf Fehrdorf, um dem hektischen Großstadttreiben zu entkommen. Doch das Leben auf dem Land bringt direkt einige unerwartete Herausforderungen mit sich, besonders für Ingo, der täglich zur Arbeit nach Hamburg pendeln muss. Eines Abends überfährt er auf dem Heimweg eine weiße Hirschkuh. Ein Aberglaube im Dorf will wissen, dass derjenige, der eine solche Hirschkuh tötet, nur noch ein Jahr zu leben hat.

Land. Weite. Ruhe. So stellen sich viele das Landleben vor. Aber stimmt das?
Natur, frische Luft, Platz für die Kinder. Traumhaft? Nicht ganz. Fehrdorf, ein Dorf wie viele andere auch: Jeder kennt jeden. Man hilft sich, man beobachtet sich und man redet mit- aber auch vor allem übereinander.

Martina Behm trifft stets den richtigen Ton, ist dabei immer sehr direkt und authentisch. Sie zeigt deutlich auf, dass das Dorfleben nicht nur Idylle sondern echtes Leben ist, mit allem Alltäglichen, was eben dazugehört. Sie entwirft ein emphatisches und auch warmherziges Porträt des Landlebens und seiner Menschen, die alle auf ihre Art und Weise auch "nur" nach einem kleinen Stück persönlichen Glücks suchen und streben.

Die Mischung aus ultrakurzen Sätzen, die teilweise nur aus einem oder zwei Worten bestehen, und dann auch wieder sehr intensiv geführten Dialogen lässt den Roman immer lebendig erscheinen.

Das Ende der Erzählung ist sehr offen und unspektakulär gehalten, nicht alle Konflikte werden aufgelöst und leider bleiben viele Fragen unbeantwortet.
Das Leben auf dem Land geht weiter.

Leseempfehlung für alle, die sich für das wahre Leben im Dorf interessieren.
Profile Image for Meggy.
33 reviews4 followers
April 7, 2025
Die grellen Farben und das helle Reh im Vordergrund – Im Kontrast zu der beruhigenden Natur im Hintergrund. Das Cover hat mich sofort angesprochen und mir Lust auf die Geschichte gemacht. Diese spielt sich in dem kleinen Fehrdorf im Norden Deutschlands ab, in welches ein Paar in seinen Dreißigern mit kleinen Kindern vor kurzem gezogen ist. Sie versprechen sich mehr Ruhe, mehr Zeit füreinander und für den Nachwuchs.
Zu Beginn des Romans überfährt Ingo eine weiße Hirschkuh. Um den Tod dieser Tiere rankt sich eine mystische Legende: Wer sie tötet, muss selbst auch innerhalb eines Jahres mit dem Leben bezahlen. Und so wird schnell klar, dass Laras und Ingos Landleben nicht so perfekt ist, wie sich die beiden erhofft haben. Gleichzeitig lernen wir Lesende viele weitere spannende, sehr unterschiedliche Bewohner:innen des Dorfes kennen.
Ebendies ist wohl mein größter Kritikpunkt. Es dauert doch eine Weile, bis man sich in Fehrdorf zurechtfindet. Ich musste mich immer wieder fragen: „Wer war sie nochmal? Wessen Mann ist das?“. Dennoch lohnt es sich dran zu bleiben. Früher oder später kannte ich mich dann doch aus, vor allem, weil die Charaktere durchaus Tiefe haben. Die Autorin nimmt sich auf knapp 500 Seiten die Zeit, die Leben der Figuren detailliert zu beschreiben, teilweise auch durch Rückblenden. So wird man auch durch den ein oder anderen Plot Twist oder eine neue Entdeckung, die einzelne Figuren machen, überrascht.

Insgesamt habe ich mich irgendwann wie ein Teil des Dorfes gefühlt und kann den Roman auf jeden Fall weiter empfehlen. Mich interessierte dabei vor allem die Grundthematik Stadt- vs. Landleben. Positiv ist mir außerdem aufgefallen, dass einige Frauen im Fokus stehen, die es schaffen, für sich und ihr Leben einzustehen.
Profile Image for Fruggielicious .
628 reviews4 followers
June 10, 2025
Hier draußen von Martina Behm / Rezension 🦌

Das Buch ist sehr lang und thematisch sehr spitz 😅. Wenn Euch das (wie mir) egal ist, dann lest gern rein, darum geht es:

Ingo und Lara ziehen von Hamburg nach Fehrdorf in Holstein. Sie kaufen dort einen Resthof und hoffen auf eine bessere Lebensqualität. Leider überfährt Ingo direkt eine weiße Hirschkuh, was in der Dorfgemeinschaft als schlimmes Omen gilt…

Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen und ich habe das Buch gern gelesen. Es geht zum Großteil um Bauernhöfe und wie diese bewirtschaftet werden sowie welche Probleme und Zukunftsperspektiven es gibt. Es waren alles Betriebe mit Tieren, womit ich nichts anfangen kann, weil ich grundsätzlich dagegen bin. Ich empfinde Tierhaltung zum Zweck der Schlachtung als nicht mehr zeitgemäß und barbarisch. Meine persönliche Einstellung ist aber natürlich nicht in die Bewertung des Buchs eingeflossen. Die Lektüre war aber natürlich stellenweise unangenehm (Kurse wie man schlachtet etc.).

Der Geschichte von Ingo und Lara bin ich gern gefolgt, auch wenn da nichts wirklich Neues passiert. Mit den anderen Dorfbewohnern (und es gibt viele Dorfbewohner) bin ich eher nicht so warm geworden, es fiel mir schwer den einzelnen Storylines zu folgen, die Geschichten waren zum Teil ähnlich und man war vielfach verwandt untereinander. Jedenfalls sind mir einige Charaktere mehr im Gedächtnis geblieben, als andere.

Das ist kein Buch für zwischendurch, insbesondere in der Mitte hatte ich damit zu kämpfen, nicht den roten Faden zu verlieren. Auch fehlt eine Art Fazit und was mit dem Buch eigentlich ausgesagt werden sollte. Aber insgesamt war es in Ordnung, der tolle Schreibstil hat einiges herausgeholt.

Macht Euch gern ein eigenes Bild!

3,5/5⭐️⭐️⭐️

Profile Image for Till Raether.
408 reviews221 followers
January 14, 2025
Disclaimer: Ich habe einen Blurb für den Roman geschrieben, weil Martina eine befreundete Kollegin von mir ist und ich die Entstehung des Buches miterlebt habe. Ich finde es einen SEHR guten Landroman, weil überaus kenntnisreich und auf sehr organische Weise norddeutsch, also nicht auf so eine gekünstelte raue-Schale-weicher-Kern-Weise, sondern irgendwie arrrrgghhhh *authentisch*? Also es kommt so ein norddeutsches je-ne-sais-quois dabei rum, das ich gar nicht greifen kann, aber das ist ja das Zeichen guter Literatur. Mein Vater ist aus Schleswig-Holstein und ich habe mein Leben lang mit den Leuten da zu tun gehabt, und ich finde schon sehr vieles hier wieder.

Wenn ich nicht Blurber wäre, würde ich mich wahrscheinlich als neutraler Leser an ein, zwei gängigen Tropen stören (das schlimme Geheimnis in der Vergangenheit, die komischen Städter), aber auch das macht Martina irgendwie sehr gut, und ich verwende als Autor selbst rund um die Uhr diese Tropen, egal, wie subversiv ich meinen Umgang damit finde, LOL.

Mein Originalblurb-Vorschlag, der leicht gekürzt auf dem Buch steht, lautete:
"Ein wunderbar kluger und zugleich unverschämt lässiger Dorfroman, ohne Kitsch und Sentimentalität, dabei voll tiefer, aber unaufdringlicher Tier- und Menschenliebe. Martina Behm ist eine Großmeisterin der beiläufigen, aber erschütternden Beobachtung, ich bewundere ihre Unerschrockenheit und ihren trockenen Humor." Und das stimmt auch.
Displaying 1 - 30 of 55 reviews

Can't find what you're looking for?

Get help and learn more about the design.