Ein Roman über eine Wohngemeinschaft, in der vier Menschen unterschiedlichen Alters aus unterschiedlichen Motiven zusammenleben und Freunde sind manchmal die bessere Familie.
Constanze zieht nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten in die Wohngemeinschaft von Jörg, Murat und Anke. Was zunächst als Übergangslösung gedacht war, entpuppt sich als zunehmend stabil. Da ist Jörg, dem die Wohnung gehört und der immer vergesslicher wird; Anke, die als mittelalte Schauspielerin kaum noch gebucht wird und plötzlich nicht mehr die einzige Frau in der WG ist; und Murat, der sich einfach keine Sorgen machen will und dessen Lebenslust auf die anderen mitreißend und manchmal auch enervierend wirkt. Constanze sorgt als Neuankömmling dafür, dass sich die bisherige Tektonik gehörig verschiebt. Alle vier haben ihre eigenen Träume und Sehnsüchte und müssen sich irgendwann der Frage stellen, ob sie eine reine Zweck-WG sind oder doch die Wahlfamilie.
In diesem virtuos komponierten, lebensklugen und humorvollen Roman kommen reihum vier grundverschiedene Menschen zu Wort, die jeweils auf ihre Weise ihre Lebensentwürfe neu justieren müssen.
Isabel Bogdan studierte Anglistik und Japanologie in Heidelberg und Tokio. Heute lebt sie in Hamburg-Borgfelde. 2006 erhielt sie den Hamburger Förderpreis für literarische Übersetzung, 2011 den Hamburger Förderpreis für Literatur. 2013 war sie für einen Monat Artist in Residence an der Universität Nanjing. Sie hat verschiedene Lesereihen mitorganisiert, unter anderem Kaffee.Satz.Lesen mit Stevan Paul und Tirili/Tristesse mit Maximilian Buddenbohm. Außerdem ist sie Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland, Gründungsmitglied des PEN Berlin und im Verband deutschsprachiger Übersetzer (VdÜ). Sie ist Vorsitzende des Vereins zur Rettung des „anderthalb“.
Bogdan übersetzt unter anderem Texte von Jonathan Safran Foer, Nick Hornby, Megan Abbott, Tamar Yellin und Jane Gardam. 2016 erschien ihr erster Roman Der Pfau, der auf der Shortlist zum Lieblingsbuch des unabhängigen Buchhandels stand und mit dem Deutschen Hörbuchpreis Hörkules ausgezeichnet wurde.
"Jörg ist bei uns das Mehl, die Trägermasse, ohne ihn geht gar nicht. Vielleicht bin ich das Wasser, ich halte den Teig geschmeidig. Ich glaube, Anke ist die Eier, sie macht ihn fluffig und nimmt die Klebrigkeit raus. Mit Eiern ist schon super, und wir haben zu dritt ja auch wunderbar funktioniert, aber seit Constanze da ist, sind wir was Besonderes. Constanze ist die Kräuter. Das werden die besten Spätzle ever."
Constanze muss zu Hause raus und zieht in eine WG. Was als Übergangslösung gedacht war entpuppt sich als ein wahrer Segen für Constanze.
Eine tolle "Zwangs" Gemeinschaft, die wirklich Familie wird. Ich mag die ehrlichen Charaktere, von denen jeder sein Päckchen zu tragen hat. Ich mag die Dynamik untereinander, ich mag es, wie die unterschiedlichen Probleme angesprochen werden. Toll auch, dass das Buch aus allen Sichten geschrieben ist, so kommt man allen Personen sehr nahe. Ich hätte mir ein paar mehr Seiten gewünscht, ich war noch gar nicht bereit, diese Menschen loszulassen.
Oh wie schön 😍. Es ist nun endlich mal wieder soweit und ich hatte mit dem Roman 'Wohnverwandschaften' von der Autorin Isabel Bogdan ein wirklich schönes Leseerlebnis mit ganz vielen verschiedenen Emotionen. Das Buch hat mir gut gefallen und somit war ich auch ruck zuck durch, Schade irgendwie 😅. Ich glaube zum Inhalt hat man jetzt schon öfter hier was lesen können, deshalb reiß ich es auch nur mal kurz an. Eine WG mit vier unterschiedlichen Menschen die alle an einem anderen Punkt in Ihrem Leben angekommen sind. Nur eins haben Sie gemeinsam...Sie alle haben sich für die Wohngemeinschaft entschieden und diese entwickelt sich nun mehr und mehr zu einer richtigen Wohnverwandtschaft. Schon das Wort Wohnverwandschaften finde ich gut gewählt und es spiegelt die Grundstimmung des Buches wieder. Die WG besteht aus: Anke, die alternde Schauspielerin die nicht mehr gebucht wird. Constanze, Zahnärztin und seit kurzem wieder Singel. Jörg, der Witwer der die WG gründete und große Reisepläne hat. Murat, ein lustiger St. Pauli Fan der gerne kocht und ebenso gerne gut isst. In meinen Augen der der alles zusammenhält und mein absoluter Lieblingscharakter. Es entwickelt sich eine Situation die die vier stark fordert und Ihre Gemeinschaft auf eine harte Probe stellt. Mit dem Roman hat man wirklich von allem etwas. Eine ordentliche Portion Witz, ernste Themen, bissl was fürs Herz, was zum nachdenken und etwas Pipi in den Augen hatte ich auch. Dadurch das alle Protagonisten abwechselnd oder im Dialog zu Wort kommen, ist es ein erfrischend kurzweiliges Lesevergnügen. Ich mochte es sehr gerne lese und kann 'Wohnverwandtschaften' nur empfehlen.
Kurzmeinung: Kurzweilig, macht Spaß und hat Tiefgang. WIE MAN SICH EINE WOHNGEMEINSCHAFT WÜNSCHT - gäbe es sie doch in dieser Form. Isabel Bogdan macht einen guten Job, ihre Romane funktionieren für mich. Ich mochte „Der Pfau“ und „Laufen“ und ich finde es großartig, dass sie sich immer wieder neu erfindet, sprich: sich nicht zu schnell auf ein Thema oder ein Genre festgelegt hat und keine eingefahrene Schiene anstrebt. Jeder Roman ist eine echte Überraschung für mich. Der vorliegende Roman „Wohnverwandtschaften“ ähnelt einem Theaterstück. Ich kanns mir sehr gut auf der Bühne vorstellen, es funktioniert aber auch als Hörbuch und schlicht gelesen bestimmt genauso gut. Die Protagonisten leben in einer WG. Zuletzt ist Konstanze dazugestoßen. Finanziell hat sie es als gutverdienende Zahnärztin nicht nötig, in einer WG zu leben, aber als sie sich von ihrem langjährigen Freund trennt, findet sie es besser, nicht allein zu wohnen, um abgelenkt zu sein. Denn obwohl die Trennung von ihr ausging, Trennung ist immer mit Kummer verbunden. In der Wohnung lebt bereits Murat, die Seele des Haushalts, der alle bekocht und zu jedem einen guten Draht hat. Murat muss man einfach mögen, jeder will ihn als besten Freund. So ein Typ ist er. Jörg ist der Älteste, es ist seine Wohnung, die er zur Verfügung stellt. Nach dem Tod seiner geliebten Frau wollte er nicht alleine sein und gründete eine WG. Und Anke. Anke fällt auch irgendwie aus dem Rahmen, sie ist eine charmante, arbeitslose Schauspielerin, die älter geworden, keine Rollenangebote mehr bekommt. Man kennt das ja. Die Branche ist gnadenlos gegenüber älteren Frauen.
Der Kommentar und das Leseerlebnis: Das Hörbuch ist mit hochkarätigen Sprechern besetzt, darunter Katharina Wackernagel mit ihrer prägnanten Stimme. Die Dialoge sind lebensecht und die beginnende Demenz von Jörg so empathisch und authentisch vermittelt, dass man sich trotz seiner Krankheit mit ihm wohl fühlt, so empathisch sind seine Mitbewohner, dass mir das Herz aufgeht. Trotz der Thematik der aufkommende Demenz hat der Roman keine larmoyante Note. Auch das Ende ist stimmig. Und ein Ende zu einem Roman zu schreiben, der ein schwieriges Thema leichtfüßig vermittelt, ist nicht ganz ohne. Isabel Bogdan hat es spielend gemeistert.
Fazit: Ein Unterhaltungsroman auf hohem Niveau, sprachlich einwandfrei, dialoglastig, aber immer mitreißend, Chapeau, Isabel. Dass die geschilderte Wohngemeinschaft einer Wunschvorstellung mehr gleicht als der Realität, tut dem Lesevergnügen keinen Abbruch.
Toll geschrieben: kurzweilig, interessant. Ich habe es in einem Stück runtergelesen. Sehr gelungen finde ich, dass die Kapital mit den Protagonisten betitelt sind, um die es gerade geht. Deren Inneneinsichten, Gefühlswelten, Gedankengänge, Ängste und auch deren positiven Empfindungen sind flüssig zu lesen. Sie spiegeln dem Leser, dass jeder Mensch sein Päckchen zu tragen hat, man aber gemeinsam weniger allein und zusammen stärker ist, um den Alltag mit all seinen Sorgen, Nöten, aber auch den schönen Momenten im Leben meistern und teilen zu können. Ob Wohngemeinschaften wirklich so rund funktionieren, sei mal dahingestellt. Die menschliche Wärme zwischen den Bewohnern ist unfassbar schön - eben ein bisschen zu schön um wahr zu sein. Das Buch hat mich sehr berührt. Die Entwicklung der einzelnen WG-Bewohner ist gut nachvollziehbar und am Ende wendet sich alles weitgehend zum Positiven. Ich habe mich sehr über die endlich neuen Perspektiven von Anke gefreut, ebenso über deren gelungenes Projekt mit Jörg in ihrer Zeit der Arbeitslosigkeit, was ich sehr anrührend fand. Murat mit seiner ansteckenden Lebensfreude, und dem großen Herzen ist ein super Charakter, dessen Weg zu einer scheinbaren genießerischen Leichtigkeit kein leichter war, hat mich ebenfalls sehr beeindruckt. Die Geschichte um Jörg, der Eigentümer der Wohnung ist, hat mich tief bewegt. Das rasante Fortschreiten einer demenziellen Erkrankung eines wirklich klugen Kopfes hat mich emotional tief bewegt und weinen lassen. Constanze erscheint mir manchmal als Randfigur, obwohl es sie braucht, um der WG die letzte Würze zu verleihen, wie Murat das mit anderen Worten auszudrücken vermag. Ihre Geduld mit Jörg hat mich fasziniert, weil ich erlebe wie schnell man diese verlieren kann, bei Menschen, deren kognitive Fähigkeit einfach verschwinden und sich in Luft auflösen. Die letzte gemeinsame Feier mit allen Protagonisten in versöhnlicher Weise hat mich weinen lassen. Soviel Menschlichkeit und scheinbar selbstverständliche bedingungslose Liebe und Wärme wünsche ich mir für uns alle.
Es war nett, eine sehr liebevolle Geschichte über willkürlich zusammengewürfelte Menschen in einer WG mit Erwachsenen... die einander rasch Familie werden, was sich vor allem bemerkbar macht, als der Älteste dement wird...
Mir fehlt dabei so ein bisschen die dunkle Seite, die Menschen sind alle zu nett und allesamt so liebenswert, dass man sie zwar wirklich gerne über diese beiden Jahre begleitet, aber mir insgesamt doch etwas fehlt, um es komplett zu machen
Eine wunderschöne Geschichte über die Bedeutung von Familie und Zuhause. Anfangs musste ich mich erst an den Schreibstil gewöhnen, aber nach ein paar Kapiteln war ich komplett drin und hatte die Charaktere alle lieb gewonnen. Ich finde das Thema Wahlfamilie und Zugehörigkeit ist sehr schön behandelt. Ich fand besonders die Auseinandersetzung mit Demenz und was es sowohl für Betroffene, als auch für das Umfeld bedeutet sehr spannend und sehr einfühlsam dargestellt.
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„Wohnverwandtschaften“ gehen manchmal sehr viel tiefer als echte Verwandtschaft – das zeigt Isabel Bogdahn in ihrem liebevollen und warmherzigen Roman, der mir im Hinblick auf seine innovative Erzählidee gut gefallen hat.
Über einen Zeitraum von knapp zwei Jahren folgt der Leser dem Leben in der WG von Jörg, Constanze, Anke und Murat – Einblicke erhält man unmittelbar über die unterschiedlichen Ich-Perspektiven. Unterbrochen werden die einzelnen Reflexionen und Berichte der Figuren über ihr Leben in und außerhalb der WG, über ihre Gemeinschaft, Sorgen, Ängste und ihre Vergangenheit durch Gemeinschaftsszenen, die als dramatischer Text verfasst sind. Diese Erzählstruktur ist sehr gelungen und abwechslungsreich, allerdings hat mir bei der Umsetzung ein bisschen die ureigene Stimme der Figuren gefehlt. So unterschieden sich die Kapitel in ihrer inhaltlichen Ausrichtung natürlich, aber bis zu dem Zeitpunkt, an dem Jörgs Kapitel von der fortschreitenden Demenz gekennzeichnet werden, fehlte mir der klar identifizierbare Ton der jeweiligen Figur – so wie man es z.B. aus Nick Hornbys A Long Way Down kennt, wo man eigentlich gar keine Überschrift braucht, da die Erzählstimme so klar erkennbar dem entsprechenden Charakter zuzuordnen ist.
Inhaltlich haben mich sowohl die Darstellung tiefer erwachsener Freundschaft als auch die des sich entwickelnden Gemeinschaftsgefühls überzeugt, der schmerzhafte allmähliche Verlust eines Freundes an die Demenz wird von Isabel Bogdahn ebenfalls sehr eindrücklich dargestellt, zumal sie das Abgleiten in das Vergessen nicht nur aus der Perspektive der Umgebung, sondern auch aus dem Blickwinkel des Betroffenen selbst schildert.
Dennoch hat mich der Roman insgesamt nicht wirklich mitreißen und begeistern können. Mir war insgesamt alles ein wenig zu niedlich, oftmals auch hinsichtlich der Figurenkonzeption zu verspielt und kindlich, die Figuren denken und fühlen häufig nicht unbedingt erwachsen, auch wiederholt sich so einiges – das mag authentisch und unterhaltsam sein, aber es verleiht diesem in Thema und Erzählstruktur durchaus ambitioniertem Roman eine zu oberflächliche Note. So habe ich den Roman durchaus mit einigem Interesse und auch Vergnügen gelesen, aber er wird in mein Lesetagebuch als „nettes Buch“ eingehen – unterhaltsam und voller Wärme, aber ohne nachhaltigen Effekt.
Ein einfühlsamer Roman über Wahlfamilien und Demenz Über fast zwei Jahre leben vier Menschen unterschiedlichen Alters mit unterschiedlichen Zielen, Charakter und Karrieren in einer Zweckwohngemeinschaft in Hamburg. Teils wegen einer Trennung, teils aus finanziellen Gründen entwickelt sich diese zufällig entstandene WG zu einem Verbund voller Freundschaft und tiefer Bindung durch den rapiden dementen Verfall des Ältesten in diesem Quartett. Der bildhafte, teils humorige Schreibstil wechselt je Kapitel zwischen kurzen Dialogen zu inneren Monologen, Reflexionen und Erinnerungen, jeweils aus der Perspektive wechselnder Bewohner. Das schwierige Thema der fortschreitenden Demenz und die damit einhergehenden Alltagsprobleme werden authentisch beschrieben, bewältigt allein durch die drei Bewohner, statt durch seinen fern ab lebenden Sohn mit Familie. Die stetig enger werdende Verbundenheit, das Verantwortungsbewusstsein und die große Fürsorge sind einfühlsam beschrieben je nach fortschreitendem Verfall durch die Demenz von Jörg. Eine berührende Geschichte über ein sich schnell wandelndes Leben für alle Beteiligten ohne Garantien.
Viele Menschen werden sich erinnern: Die Realverfilmung von “101 Dalmatiner” spülte nicht nur Millionen in die Kassen des Disney-Konzerns, auch Dalmatiner-Züchter*innen konnten gut davon leben. So ähnlich stelle ich mir den WG-Hype vor, nachdem "Wohnverwandtschaften” von Isabel Bogdan auf der Bestseller-Liste gelandet ist. Und ich meine nicht nur die jungen Menschen, die die traditionellen Anhänger*innen von Wohngemeinschaften sind. Auch die älteren Semester werden der Idee einer Koexistenz mit anderen, ihnen zunächst fremden Menschen plötzlich nicht mehr so abgeneigt sein. Aber nicht nur die Bestsellerlisten sind ein Indikator dafür, dass wir enger zusammenrücken müssen. Der aktuelle Wohnungsmarkt ist härter denn je, zu viel Wohnfläche für wenige Personen ein Klimakiller, der demografische Wandel, all das spricht für das Wohnmodell, das die “Golden Girls” schon im Amerika der 1980er Jahre gelebt haben.
Isabel Bogdan hat aber nicht vier ältere Damen als Figuren für ihren Roman ausgewählt, sondern zwei Frauen und zwei Männer. Dies hat wahrscheinlich damit zu tun, dass Bogdan ihren Titel “Wohnverwandtschaften” an Goethes “Die Wahlverwandtschaften” angelehnt hat, wo dieselbe Geschlechterkonstellation vorkommt. Anders als bei Goethe sind Constanze und Murat, Anke und Jörg aber keine zwei Pärchen, sondern eine WG. Diese ist entstanden, weil Jörgs Frau Brigitte starb und die große Vierzimmerwohnung in Hamburg Altona wieder richtig bewohnt werden wollte und der Witwer Geld brauchte. Also sind zu dem pensionierten Journalisten Jörg (zu Beginn der Handlung 2022 ist er 78) noch die arbeitslose Schauspielerin Anke (53) und der selbständige It-Berater (Alter unbekannt) Murat sowie zuletzt die Zahnärztin Constanze (Alter unbekannt, aber ca. um die Vierzig) gezogen.
Ich möchte etwas zur Leseerfahrung von “Wohnverwandtschaften” sagen. Das Buch zu lesen, ist, wie mehrere neue Folgen der Lieblingssendung am Stück zu schauen und sich danach mit einem mit Gemütlichkeit assoziierten Getränk zufrieden in die Sofakissen fallen zu lassen. Ein Wohlfühlbuch, ganz ohne Frage und genau dafür gedacht, den Lesenden schöne Stunden zu bereiten. Wie so ein Herbst/Winter-Gericht, wie heißt das noch, ach ja: Soulfood. Es geht auch ganz oft um das gemeinsame Essen in diesem Roman, denn Murat kocht sehr gut und baut sein eigenes Gemüse in seinem Schrebergarten (Laube heißt das glaube ich im Hamburger Raum) an. Das Rezept auf Seite 117 klang so köstlich, dass ich es sofort ausprobieren musste, denn: “...mit Birnen im Essen macht man nie was falsch.” Also ihr merkt schon: Alles sehr cosy, wobei die Handlung an sich eher traurig ist: Constanze und Murat hadern mit ihrer Vergangenheit; Jörg mit allen Zeitformen, denn diese verschwimmen immer mehr durch seine zunehmende Demenz. Anke hadert vor allem mit der Zukunft, in der sie als alternde Schauspielerin keine Jobs mehr zu bekommen scheint. Aber: sie haben alle einander und darum geht es - Einsamkeit gegen Gemeinsamkeit einzutauschen.
Inhaltlich hätte ich mir gewünscht - und auch ein bisschen erwartet - dass es ein bisschen mehr um das Zusammenwohnen an sich geht. Also um das eigentliche Leben in einer WG, wer wen wann stört und wann mit dem Putzen dran ist, wer zu lange auf dem Klo hockt, was man zusammen macht, wie gelebt wird. Aber das wird nur am Anfang und dann am Rande ein bisschen erwähnt. Stattdessen sind wir vor allem in den vier Köpfen der Bewohner*innen, die jeweils ihre eigenen Päckchen zu tragen haben. Eigentlich dachte ich mir, dass der ganze Roman im Stil des letzten Kapitels geschrieben wäre. Aber so, wie es umgesetzt wurde, ist es auch gut.
Erwähnenswert ist - neben dem wunderbaren Humor von Isabel Bogdan, der in all ihren Büchern die Tragik des Geschehens durchbricht - die hervorragende Darstellung der fortschreitenden Demenz bei Jörg. Mit Worten darzustellen, wie einem die Worte fehlen, wie der sprachliche Horizont immer kleiner wird, das ist schon bemerkenswert umgesetzt worden. Überhaupt ist die schon fast alltägliche Story von sehr durchschnittlichen Menschen (selbst die Schauspielerin kommt alles andere als abgehoben oder extravagant rüber) sehr warmherzig und die Lesenden sollen sich mit diesen Menschen, die sind “wie du und ich”, identifizieren können.
Ein wirklich gemütlicher und Hoffnung machender Roman. Solltet ihr ihm ein Zuhause geben wollen, macht ihr bestimmt nichts falsch. Und pflegeleichter als ein Dalmatiner ist das Buch allemal.
Hat mir gut gefallen, wenn es auch nicht für 5 Sterne gereicht hat. Die Geschichte der Wohngemeinschaft wird abwechselnd aus der Sicht der vier Bewohner erzählt. Zwischendrin gibt es immer wieder Kapitel, in denen mehrere Bewohner zu Wort kommen, die sind dann oft wie ein Theaterstück geschrieben (also sowas wie: Jörg betritt den Raum - Jörg: Das Auto ist weg...)
Ist einerseits mal was anderes, andererseits kommt man da nicht so recht in einen Lesefluss. Bei meinen Vor-Rezensenten wird oft angemerkt, dass die Geschichte etwas zu sehr "Friede -Freude-Eierkuchen" ist - ja, könnte man schon sagen, vor allem Murat ist eigentlich immer nur gut drauf und kocht und tut, da wäre es schon hübsch gewesen, wenn er etwas mehr Tiefe bekommen hätte und man mehr von seinen dunklen Tagen erfahren hätte - das kommt nur an einer Stelle eher nebenbei zur Sprache.
Insgesamt mochte ich das Buch aber gerade deshalb, weil es insgesamt recht harmonisch zugeht und es auch irgendwie gut ausgeht, das ist doch zwischendrin auch mal schön. So 100 Seiten mehr wären auch nicht schlecht gewesen, vor allem ab der ersten Hälfte schreitet die Handlung dann sehr zügig voran, da wäre ein bissle weniger Erzähltempo nicht schlecht gewesen.
Hat mir also gut gefallen - nicht so gut wie der Pfau, ist auch eine ganz andere Geschichte, aber trotzdem ein schönes Feel-Good-Buch. Ich vergebe solide 4 von 5 Sternen.
Rezension zu "Wohnverwandtschaften" von Isabel Bogdan.
Für mich war klar, dass ich auch das dritte Buch, nach "der Pfau" und "laufen", der Autorin lesen muss und bin dementsprechend auch mit hohen Erwartungen an die Geschichte herangegangen. Vielleicht habe ich mir zu hohe Erwartungen gemacht, aber ganz überzeugen konnte mich die Geschichte nicht. Sie wird aus den 4 Perspektiven, Constanze, Jörg, Murat und Anke erzählt. Zwischendrin sind Kapitel in denen 2 - 4 der Personen miteinander kommunizieren. Diese Zwischenkapitel lockern die Geschichte sehr auf. Zwei der 4 Personen waren für mich zu "negativ", haben nicht ganz in die Geschichte gepasst, dennoch haben alle 4 Personen als WG super harmoniert.
Fazit: es lässt sich sehr gut und schnell lesen. Für mich ist es kein Highlight, ich freue mich aber dennoch auf viele weitere Geschichten der Autorin.
Buchdetails: erschienen am 10.10.2024 im KiWi-Verlag - 272 Seiten - gelesen als Hardcover (24,00 €)
Eine dialogstarke Geschichte mit fein gezeichneten Charakteren. Angesichts der vier Hauptpersonen - zwei Frauen, zwei Männer - und dem Wortspiel "Wohnverwandschaften - Wahlverwandschaften" mag man zunächst an eine moderne Version von Goethes rätselhaften Klassiker denken. Damit hat der Roman aber kaum Berührungspunkte, abgesehen von dem Thema Liebe, dass bei Isabel Bodgan weiter und umfassender ausgeleuchtet wird. Es geht auch um die Anziehung zwischen Menschen und wie eine Wahlfamilie funktioniert, etwa unter der Belastung, wenn ein Familienmitglied an Demenz erkrankt.
Es hat mir leider gar nichts gegeben. Die Charaktere waren sehr oberflächlich und haben sich nicht echt angefühlt, Gespräche zwischen den Charakteren wirkten alle sehr forciert und es wurden zu oft blöde Clichés bedient
Ein Buch, das so ganz anders ist, als ich es vom Klappentext erwartet habe. Irgendwie herzergreifend, irgendwie auch bedrückend, und irgendwie auch erschreckend.
Sehr schöner Roman, der an ein Theaterstück erinnert und mir vor allem gegen Ende hin das Herz gebrochen hat. Normalerweise kein Fan von inneren Monologen, aber Jörg hat dann bei mir doch die ein oder andere Träne hervorgeholt. Einzige Kritik: Finde Murat irgendwie ganz unangenehm geschrieben, sehr “Deutsche schreibt einen Türken”. Da bin ich mehrmals dran hängengeblieben.
Was für ein schönes Leseerlebnis war das neue Buch von Isabel Bogdan.Ein Buch über eine Wohngemeinschaft,in die ich sofort eingezogen wäre.
Jörg,Murat und Anke teilen sich in Hamburg eine Wohnung.Da Jörg eine Reise nach Georgien plant und dafür Geld braucht,vermietet er noch ein weiteres Zimmer an Constanze,die sich gerade von ihrem Freund getrennt hat.Sie fügt sich gut in diese Gemeinschaft ein,in der Murat der Genießer ist.Er baut in seinem Schrebergarten Gemüse an,dass er dann mit viel Freude in der Gemeinschaftsküche verarbeitet und seine Mitbewohner verwöhnt. Anke ist Schauspielerin,schon lange ohne Engagement,sie wird auf Castings immer wieder zurückgewiesen,im Gegensatz zu ihrem Freund,der sehr erfolgreich ist,sich aber immer mehr von ihr distanziert.Contanze ist Zahnärztin und die WG ist eine Übergangslösung für sie und dann ist da noch Jörg,Ende sechzig und nach einer Op zeigt sich seine Demenz immer mehr.Er vergisst wo sein Auto steht,findet nicht mehr nach Hause und seine Mitbewohner wollen es zu Anfang nicht sehen.Doch nach und nach kann man sich der Realität nicht mehr entziehen und die drei Mitbewohner müssen Konsequenzen ziehen.
Was für ein warmherziges Buch,durch das ich nur so geflogen bin.Jeder einzelne Bewohner dieser WG ist mir im Laufe des Lesens ans Herz gewachsen und ich habe oft gedacht,in dieser WG würdest du auch gerne wohnen. Die Sorgen und Nöte des Einzelnen werden beschrieben,genauso ,wie der Zusammenhalt der vier,der durch Jörgs Erkrankung immer stärker wird.Es war schön zu erleben,wie selbstverständlich es für alle drei war,sich um Jörg zu kümmern und zu sorgen.Man hatte schnell das Gefühlt,dass hier eine „Familie“ zusammenwuchs,die mehr war,als die genetische Familie,die eigentlich nur Zaungäste waren. Sehr liebevoll werden die Figuren,aber auch das Miteinander beschrieben und auch das Fortschreiten von Jörgs Erkrankung und dessen Konsequenzen.
Dieses Buch habe ich im Zuge einer Bloggerveranstaltung auf der Frankfurter Buchmesse 2024 bekommen. Ist also auch schon wieder ein bisschen her. Ich wusste dann zuerst nicht, ob oder wann ich es lesen würde. Die Lesung dazu war spannend, die Autorin sympathisch, aber es hörte sich einfach nicht nach meinem "typischen" Buch an. Letztes Wochenende war es dann aber so weit und ich bekam Lust, es doch mit diesem Roman zu versuchen. Also ab in die Sonne damit und losgelesen.
Kurze Info zuerst: In diesem Buch geht es um eine Form der Demenz. Wenn ihr dieses Thema gerade aus welchen Gründen auch immer nicht aushaltet, dann klickt doch schnell zur nächsten Rezension weiter. Ich hätte vollstes Verständnis dafür: Demenz ist eine grauenhafte Krankheit, die ich niemandem wünschen würde. Ich denke, jede Person, die schonmal jemanden an einer Ausprägung dieser Krankheit verloren hat, würde mir da zustimmen. Du kannst dem betroffenen Menschen einfach zusehen, wie er sich auflöst, und zwar für immer. So fühlte es sich für mich an: Als würde ein betroffener Mensch sich selbst verlieren, manche über Jahre hinweg, andere innerhalb weniger Monate. Erinnerungen gehen verloren, damit auch die Erinnerung an liebe Menschen, Fähigkeiten verschwinden, damit auch scheinbar Alltägliches wie die Fähigkeit, ohne Hilfe auf die Toilette zu gehen oder zu essen, und die Persönlichkeit betroffener Menschen kann sich in vielen Fällen stark verändern. Irgendwann stehst du einem Fremden gegenüber. Es ist schrecklich.
Isabel Bogdan hat hier versucht, den Verlauf von Demenz am Beispiel von Jörg zu schildern. Jörg ist Mitte 60 und plant gerade seine Reise nach Georgien. Er wohnt in einer WG mit Constanze, Anke und Murat, und gemeinsam sind sie fast wie eine Familie - daher auch der Begriff "Wohnverwandtschaften". Sie alle haben ihre Macken und Eigenheiten, sind aber super liebenswert. Constanze ist Zahnärztin und ist nach einer Trennung eingezogen und damit das WG-Küken und sieht die WG eigentlich nur als Übergangslösung. Murat ist Fußballfan und Hobbygärtner. Und Anke ist Schauspielerin Mitte 50, die gerne einfach wieder mal eine Rolle hätte, egal als was, egal wo. Auf den ersten Blick passen die vier gar nicht zusammen. Und das hätten sie auch vielleicht nie - doch dann beginnt Jörg, aufzufallen. Zu Beginn sind es nur Kleinigkeiten: vergessene Schlüssel oder Namen, nichts, was einem gesunden Menschen nicht auch passieren könnte. Doch irgendwann beginnt sich Constanze, Sorgen zu machen - denn als Ärztin erkennt sie die Symptome wieder, auch wenn das gar nicht ihr Feld ist.
Besonders spannend finde ich, dass Bogdan den Verlauf der Demenz auch aus Jörgs Sicht geschildert hat. So entsteht ein Bild dieser Krankheit, wie ich es in der Belletristik noch nie zuvor gesehen habe. Sie nutzt unterschiedliche Techniken, von Auslassungen bis hin zum Stream-of-consciousness, und ich finde, dass das sehr gut funktioniert hat und glaubwürdig ist. Und trotzdem werden auch die anderen Figuren nicht vernachlässigt. Auch wenn Jörg hier eine Sonderstellung einnehmen muss, haben auch die anderen ihre Sorgen und Probleme, die oft auch gar nichts mit Jörg zu tun haben, und dann immer mehr.
[Spoiler]
Die Autorin lässt uns hier mit einem offenen Ende zurück. Das fand ich überraschend gut. Nicht alle Probleme wurden gelöst, viele Fragezeichen bleiben, und das Buch wirkte so ordentlich bei mir nach. Das ist sicher nicht für alle Leser:innen angenehm, doch ich fand dieses Ende glaubwürdig und sehr gut gewählt.
[Spoiler Ende]
Hört sich jetzt nach einem ziemlich düsteren Buch an, oder? Ist es auch, über weite Stellen. Doch genauso wie ernste Passagen fand ich hier auch Aspekte, die mich zum Lachen brachten. Die Figuren bringen viel Humor mit und sorgten so dafür, dass dieses Buch trotzdem Spaß machte und mich nicht zu niedergeschlagen zurückließ.
In "Wohnverwandtschaften" erzählt Isabel Bogdan von einer Wohngemeinschaft, die aus vier Menschen verschiedener Lebensphasen besteht und dabei die Grenzen zwischen Freundschaft und Familie auslotet. Die Autorin, die unter anderem Werke von bekannten Autoren wie Jonathan Safran Foer und Nick Hornby ins Deutsche übersetzte, hat sich auch als Schriftstellerin einen Namen gemacht. Ihr Debütroman "Der Pfau" war ein großer Erfolg und zeigte ihren feinsinnigen Humor und präzisen Stil. Bogdan, die in Hamburg lebt und arbeitet, verknüpft in ihrem neuen Roman nun humorvolle und nachdenkliche Töne, um eine Geschichte über moderne Wahlfamilien zu erzählen.
Worum geht’s genau? Nach der Trennung von ihrem langjährigen Partner Flo zieht Constanze als Übergangslösung in eine Wohngemeinschaft, die von Jörg, einem älteren Witwer, gegründet wurde. Neben ihm leben noch Murat, ein charmanter und lebenslustiger Mann in den Fünfzigern, und Anke, eine Schauspielerin, die unter den beruflichen und persönlichen Herausforderungen des Älterwerdens leidet, in der WG. Alle vier bringen ihre individuellen Geschichten, Hoffnungen und Unsicherheiten in die Wohngemeinschaft ein. Dabei stellt sich bald die Frage: Ist diese Zweck-WG mehr als eine bloße Wohnlösung? Könnte sie eine Art Ersatzfamilie sein, die ihnen Halt gibt?
Meine Meinung Leider muss ich sagen, dass mich der Roman "Wohnverwandtschaften" enttäuscht hat. Die Vorstellung, dass Freundschaften eine bessere Familie sein könnten, ist zwar eine interessante Thematik, die sich allerdings im Buch nicht wirklich befriedigend widergespiegelt hat. Die vier Hauptfiguren haben zwar ihre eigenen Baustellen im Leben, scheinen jedoch keine Probleme mit ihren leiblichen Familien zu haben, wodurch das Thema der „besseren Familie“ hier nicht nachvollziehbar herausgearbeitet wird. Die einzelnen Charaktere sind dabei durchaus vielseitig: Jörg, der nach dem Tod seiner Frau (den er noch nicht überwunden hat) seine Lebenssituation verändert & die WG gegründet hat; Murat, der mit Mitte fünfzig eine jugendliche Freiheit zu leben scheint, die jedoch oberflächlich bleibt; Anke, die um ihre Schauspielkarriere bangt und mit den sozialen Erwartungen ans Alter kämpft; und schließlich Constanze, die nach der gescheiterten Beziehung & einem von ihr abgelehnten Heiratsantrag auf der Suche nach sich selbst ist. Für mich sind leider alle Figuren trotz dieser Hintergründe erstaunlich unnahbar geblieben. Die sehr harmonisch beschrieben WG-Leben hat auf mich künstlich inszeniert und unrealistisch gewirkt.
Insbesondere die "Rivalität" zwischen Constanze und Anke in Bezug auf Murat war für mich wenig authentisch und erschien aufgezwungen, ohne einen echten Spannungsbogen zu entwickeln. Auch zur Erzählweise mit den kurzen Kapiteln und langen inneren Monologen hab ich keinen Zugang gefunden - ebenso wie zu den Charakteren. Die Perspektive von Jörg fand ich dabei noch am gelungensten, während mich die Abschnitte der anderen Charaktere durch die langatmigen Gedankengänge oft eher ermüdeten. Die Dialoge, vor allem zwischen Jörg und Anke, waren dagegen ein Lichtblick: Sie waren humorvoll und haben mich gelegentlich schmunzeln lassen. Insgesamt jedoch hat mich der Roman nicht gepackt, obwohl die Themen die angeschnitten werden, wie bspw. Zusammenleben, Altern und Demenz, an sich spannend und wichtig sind - jedoch für meinen Geschmack zu oberflächlich behandelt wurden.
Fazit "Wohnverwandtschaften" behandelt eigentlich interessante Themen, bleibt für mich jedoch zu inszeniert und distanziert. Trotz der gelungenen Dialoge und mancher humorvollen Momente fehlt dem Roman für mich persönlich die emotionale Tiefe, um das Kernthema Freundschaft als Wahlfamilie wirklich überzeugend darzustellen. Daher kann ich nur 2 von 5 Sternen vergeben.
Wohnverwandtschaften ist ein großartiger Roman über eine Hamburger Wohngemeinschaft.
Constanze ist neu in der WG. Sie ist Zahnärztin und zieht nach einer Trennung ein, weil sie auf die Schnelle nix anderes findet. Gut, das Zimmer könnte etwas größer sein, aber vielleicht ist es auch das Klavier (ein unsinniges Geschenk vom Ex-Freund), dass einfach zu viel Platz einnimmt – oder sind es Constanzes Gedanken, dass sie eigentlich keinen Bock auf Zusammenwohnen hat, die zu viel Raum beanspruchen, um der Veränderung etwas Positives abzugewinnen?
Wohnungsinhaber ist Jörg. Er ist 68 und Journalist im Ruhestand. Seine Frau Brigitte ist bereits tot, der Sohn lebt mit seiner Familie in Südfrankreich. Jörg möchte mit dem Bulli nach Georgien zu fahren – eine große Reise … wollte er eigentlich immer mal mit Brigitte hin.
Ebenfalls in der WG wohnt die Schauspielerin Anke. Sie ist pleite, weil sie mit 53 den Rollen der jugendlichen Geliebten entwachsen und für die böse Alte noch zu jung ist, und nun überlegt sie, wie es weitergehen soll.
Komplettiert wird die Runde von Murat. Beruflich macht er irgendwas mit IT, er bekocht die Wohngemeinschaft gut und gerne, ist unbekümmert, hat einen großen Freundeskreis, liebt Grindcore und Wacken, beackert aber auch munter seinen Kleingarten und ist ein herzlicher Mensch.
Die Vier unterstützen einander, überwinden kleine Eifersüchteleien, bewältigen den Alltag, erfreuen sich an schönen Momenten und teilen die traurigen Erlebnisse.
„Ich gehe in die Küche und da sitzen meine drei am Tisch. Jörg, Anke und Constanze. Sie reden und lachen und haben ein Glas in der Hand. Ich sehe sie an und könnte die ganze Welt umarmen.“ (Murat - S.87)
Und genau so hat es sich beim Lesen für mich angefühlt – die Geschichte ist wie eine große, herzliche Umarmung. Isabel Bogdan hat eine wunderbare Art zu erzählen, ich war für eine Weile ein Teil der Wohngemeinschaft, habe beobachtet, wie ganz normale Menschen ein ganz normales Leben leben, welches sich jedoch aufgrund der Herzlichkeit im Miteinander, einfach gut angefühlt hat. Es gibt große und kleine Freuden und Schattenmomente im Alltag, die geteilt und gemeinsam bewältigt werden und eine Aufgaben, die zur Herausforderung wird.
Nebenher gibt es auch ein bisschen „Die Ente bleibt draußen“ und Yippie Yippie Yeah, Yippie Yeah! Krawall und Remmidemmi – großartig! Die Charaktere sind nachvollziehbar beschrieben, der Autorin gelingt es gut, die vier durchaus unterschiedlichen Menschen zu verbinden, ohne dass es krampfhaft bemüht erscheint.
Und natürlich habe auch ich mich ein wenig in Murat verliebt. Kann er ja nix dafür, dass er von Natur aus Womanizer und Herzensbrecher ist - aber auf die gute Art und Weise. Ich möchte bitte auch einmal in seinem Schrebergarten auf der Hollywoodschaukel sitzen.
In verschiedenen Konstellationen, aber auch einzeln und in Dialogform lässt Isabel Bogdan die Charaktere ihre jeweilige und die gemeinsame Geschichte erzählen. Jede/r hat eigenen Wünsche, Sorgen und Momente, aber es gibt mehr und mehr ein zentrales Thema, dass sie verbindet, und es stellt sich die Frage: ist eine WG die Familie, die man sich selbst aussucht?
Das Buch wird durch ein Verzeichnis der Songs und Zitate abgerundet, ich find so etwas immer richtig gut.
„Wohnverwandtschaften“ ist ein Buch, mit dem man es sich kuschelig macht, die Zeit in Hamburg genießt, vier tolle Menschen trifft und sich von der Geschichte berühren lässt. Ich habe jeden Augenblick in der WG geliebt!
Klappentext: Constanze zieht nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten in die Wohngemeinschaft von Jörg, Anke und Murat. Was zunächst als Übergangslösung gedacht war, entpuppt sich als zunehmend stabil. Da ist Jörg, dem die Wohnung gehört und der eine große Reise plant; Anke, die als mittelalte Schauspielerin kaum noch gebucht wird und plötzlich nicht mehr die einzige Frau in der WG ist; und Murat, der sich einfach keine Sorgen machen will und dessen Lebenslust auf die anderen mitreißend und manchmal auch enervierend wirkt. Constanze sorgt als Neuankömmling dafür, dass sich die bisherige Tektonik gehörig verschiebt. Alle vier haben ihre eigenen Träume und Sehnsüchte und müssen sich irgendwann der Frage stellen, ob sie eine reine Zweck-WG sind oder doch die Wahlfamilie.
„Wohnverwandtschaften“ ist der neue Roman von Isabel Bogdan. Die Autorin hat mich schon mit ihren Romanen „Der Pfau“ und „Laufen“ begeistert. Jetzt war ich auf den neuen Roman sehr gespannt.
Im Mittelpunkt stehen die vier WG-Bewohner Jörg, Murat, Anke und Constanze.
Constanze zieht neu in die WG ein. Für sie soll es nur eine Übergangslösung sein. Sie hat sich von ihrem Lebenspartner getrennt und möchte nicht bei ihm wohnen, bis sie eine Wohnung gefunden hat.
Anke ist Schauspielerin und bekommt mit 50+ keine Rollen mehr. Eine eigene Wohnung kann sie sich somit nicht leisten. Außerdem ist es schön nicht alleine zu sein.
Murat ist der Sonnenschein in der WG. Er hat am liebsten alle um sich und wenn möglich lädt er noch Freunde ein. Er spielt Fußball bei den alten Herren und hat einen Schrebergarten, in dem er Gemüse anpflanzt. Murat kocht gerne für die ganze WG.
Jörg ist Besitzer der Wohnung. Seine Frau ist gestorben und seine Rente nicht sehr hoch. So kam er auf die Idee, die Zimmer zu vermieten, um seine Rente aufzubessern. Jörg ist dabei eine große Reise mit seinem Bulli zu planen.
Das sind die Protagonisten, um die sich die Geschichte dreht. Die Leser*innen lernen nach und nach die Charaktere gut kennen. Mit waren alle vier gleich sympathisch. Constanze wurde als neue Mitbewohnerin gleich herzlich aufgenommen und sie fühlt sich schnell wohl in der Gemeinschaft. Doch die Freude, des unbesorgtem Zusammenlebens wird getrübt. Ein schwerwiegendes Problem tut sich auf, dass alle betrifft. Jetzt heißt es eine Lösung finden, die für alle akzeptabel ist (mehr möchte ich hier nicht verraten).
Isabel Bogdan erzählt die Geschichte aus der Ich-Perspektive aller vier Charaktere. Dabei gelingt es der Autorin hervorragend jedem seine eigene Stimme zu geben. Die Kapitel sind immer mit dem Namen der Person, aus deren Perspektive erzählt wird überschrieben. Man erkennt die Personen aber nach kurzer Zeit schon an der Sprache. Mir hat es große Freude gemacht die Charaktere über 2 Jahre zu begleiten. Mitzuerleben wie sie immer enger zusammenwachsen. Der Zusammenhalt und die Freundschaft, ist wirklich beglückend zu lesen.
Der Schreibstil von Isabel Bogdan ist flüssig und gut veränderlich. Auch bei diesem Roman setzt die Autorin ihren Wortwitz wieder sehr gekonnt ein. Nach einigen Seiten habe ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen können und habe es an einem Abend verschlungen.
„Wohnverwandtschaften“ ist ein Roman über Freundschaft und Zusammenhalt den ich mit großer Freude gelesen habe.
Von Mitbewohnern, Freunden und (Wahl-) Familie - ein tragikomischer Roman mit viel Herz
„Ich vermisse mein Leben. Aber ich habe eine tolle Frau im Arm, und ein Hund ist eifersüchtig. Es war meistens ein schönes Leben. Und es soll schön bleiben.“
Nachdem Constanzes Beziehung mit ihrem Freund zerbricht, zieht sie übergangshalber in eine WG. Hier wohnen der Rentner Jörg, der demnächst auf eine große Reise gehen will, Anke, die wegen ihres Alters als Schauspielerin nicht mehr gefragt ist, und Murat, der alles leicht nimmt und in den Tag hineinlebt. Was zunächst als Zweckgemeinschaft beginnt, bekommt für Constanze eine immer größere Bedeutung, entwickelt sich für sie fast zu einer Familie. Als Jörg geistig immer mehr abbaut und zunehmend auf Hilfe angewiesen ist, stehen die WG-Bewohner vor einer schweren Entscheidung….
Die Geschichte wird abwechselnd aus der Perspektive der vier Mitbewohner erzählt, meist in der ersten Person. So bekommen die Leser einen guten Einblick in die Gefühls- und Gedankenwelt der Figuren, erhalten verschiedene Sichtweisen auf die Wohngemeinschaft. Der Sprachstil ist der jeweiligen Person, die gerade schreibt, angepasst, wirkt dabei stimmig und authentisch. Jörgs Probleme mit seinem Gedächtnis werden beispielsweise in den von ihm verfassten Textpassagen sehr offensichtlich.
Die vielfältige, abwechslungsreiche Personenkonstellation finde ich sehr spannend und gelungen. Constanze arbeitet in einem soliden Beruf, als Zahnärztin, hat konventionelle, klare Vorstellungen, wie ihr Leben laufen soll. Doch dann kommt die Trennung und sie muss völlig neu anfangen. Murats lockere Einstellung steht im Gegensatz zu Constanzes. Was für Constanze nur ein Übergang ist, ist für ihn ein Dauerzustand. Er zieht im Schrebergarten sein eigenes Gemüse, kocht mit Leidenschaft, feiert gerne und hat keine konkreten Ziele, möchte nur das Leben genießen. Schauspielerin Anke findet kein Engagement mehr, sie hadert mit dem Älterwerden und steckt in einer unbefriedigenden Beziehung fest. Anke ist pleite und auf Jörgs finanzielle Unterstützung angewiesen. Dieser ist der Hauptmieter. Früher lebte er mit seiner Frau und seinem Sohn zusammen, doch nun ist seine Frau tot und sein Sohn lebt ihn Frankreich. Jörg verliert immer mehr seine Erinnerungen und braucht nun jemanden, der sich um ihn kümmert. Nun zeigt sich, was seine WG wirklich wert ist...
Auch tragische, traurige Umstände wie Krankheit können durchaus etwas Positives bewirken. Isabel Bogdan erzählt auf einfühlsame, leichte und humorvolle Weise, wie sich die Mitbewohner einander annähern, sie werden unter traurigen Bedingungen Freunde und mehr. „Wohnverwandtschaften“ zeigt eindrucksvoll, dass es an uns selbst liegt, wie sehr wir andere an uns heranlassen. Familie, Verantwortung und Zusammenhalt haben dabei nicht immer etwas auch mit Verwandtschaft zu tun. Man kann sich seine Familie durchaus auch selbst wählen. In Zeiten der Einsamkeit eine wirklich schöne, Zuversicht spendende Vorstellung. Ich habe die humorvolle, unterhaltsame, tragische wie komische Geschichte sehr gerne gelesen. Trotz aller Schwere und Problematik auch eine Wohfühllektüre mit Herz, die gute Laune macht.
Festhalten am Zusammen-Leben Eine Wohngemeinschaft von vier Menschen unterschiedlichen Alters wird zu einer Familie. Als Übergangslösung zieht Constanze nach ihrer Trennung vom Partner eine Wohngemeinschaft. Jörg, der Wohnungsbesitzer, ist der Älteste und wird immer vergesslicher; Anke bekommt als Schauspielerin kaum noch Aufträge und Murat strömt die reine Lebenslust aus. Die vier unterschiedlichen Charaktere erkennen im Lauf der Zeit, dass Ihre WG mehr zu einer Ersatzfamilie wird. Das Cover ist schlicht in Rot, Blau und Weiß gehalten und sagt doch bereits einiges über den Inhalt des Buches aus. Vier Kreise, besser vier Teller, davon zwei blau und zwei weiß, könnten ganz klassisch die Geschlechter in der WG darstellen. Wobei ein „weiblicher“ Teller zerbrochen ist und damit einen Hinweis auf Constanzes Trennung darstellen könnte. Die Erzählung erfolgt chronologisch im Zeitraum von zwei Jahren während der Coronazeit, jeweils mit Datum überschrieben, wobei es kleinere Zeitsprünge und kurze gedankliche Rückblenden gibt. Überhaupt spielen die Gedanken der Protagonisten eine entscheidende Rolle. Jedes Kapitel ist jeweils aus Sicht eines der WG-Bewohner:innen beschrieben, und folgt dadurch auch sprachlich den Charakteren, die unterschiedlichen Altersstufen angehören; manchmal kommt es auch zur Darstellung in Dialogform. Insgesamt ist der Schreibstil recht angenehm, oft locker, teils humorvoll, aber immer tiefsinnig. Denn Bogdan spricht vielfältige Themen an. Dieser Roman behandelt auf leichte Art die Diskriminierung von Alter und Geschlecht; beinhaltet das Thema Familie und setzt es in Kontrast zu Freundschaft; und bearbeitet auch auf seine spezielle Art den Bereich von Krankheit, die sich in diesem Buch durch die Demenz eines Mitglieds der WG-Familie manifestiert. Alle vier Angehörigen dieser „Wahlfamilie“, ob Jörg, Anke, Murat oder Constanze sind sympathisch und erwachen durch die lebhafte Erzählung zu authentischen Charakteren. Manches in diesem Buch mag als zu leicht und mühelos beschrieben sein, gerade Jörgs fortschreitende Demenz betreffend. Allerdings stört dies hier überhaupt nicht. Durch die Gedankengänge der Protagonisten wird auch das Publikum zum Denken angeregt; automatisch hinterfragt man dabei, welche Arten von Zusammenleben das Dasein lebenswert machen und wie wichtig Zusammenhalt und Hilfe und unter einst Fremden werden kann.
ein emotionaler Roman über eine ungewöhnliche Wohngemeinschaft
4,5 Sterne
Die Zahnärztin Constanze zieht nach ihrer Trennung von Flo als Übergangslösung in die Wohnung von Jörg, der mit Anke und Murat eine Wohngemeinschaft bildet. Dies war nur als Übergangslösung gedacht, doch die anderen wachsen ihr unbewusst immer mehr ans Herz (sie ihnen ebenso), und deshalb bleibt sie dann doch viel länger als geplant.
Die Schreibweise ist außergewöhnlich; es wird abwechselnd aus Sicht der vier WG-Bewohner erzählt, jeweils in ich-Form, oder auch mal als Gespräch von mehreren nach Art eines Theaterstücks. Jedenfalls ist es so geschrieben, wie die Personen sich die Geschehnisse denken. Salopp, ohne Blatt vor den Mund, offen und emotional. Man kann dadurch sooo gut mit allen mitfühlen. Und es ist so humorig. Und dadurch lernt man alle Vier natürlich sehr gut kennen; deren Gedanken- und Gefühlswelt. Constanze, die über die Trennung von ihrem Lebensgefährten hinwegkommen will. Anke, die ums Überleben kämpft, weil sie keine Schauspiel-Jobs mehr bekommt und die froh ist, endlich weibliche Verstärkung in der WG zu bekommen. Murat ist der Puffer für alle; unterstützt bei Problemen, ist bei Streitigkeiten da, kocht für alle und hat den Schrebergarten, in dem er Ruhe findet. Und der Rentner Jörg, der nach dem Tod seiner Frau die Zimmer in der Wohnung vermietet hat und dessen Traum eine Reise nach Georgien mit dem Bulli ist. Doch manchmal könnte man die vier oder eher drei einfach nur schütteln. Sie sorgen sich um Jörg; diskutieren, dass etwas getan werden muss; und machen jedoch nichts. (Fast) ein Jahr lang. Ich habe das einfach nicht nachvollziehen können! Ebenso Constanze, die sich schon beim Einzug denkt, sie muss das Klavier loswerden, weil es zu groß ist. Erst recht, als sie ständig dagegen läuft und der riesige blaue Fleck deshalb gar nicht mehr weg geht. doch nach 1,5 Jahren in der WG steht auch das Klavier immer noch an seinem alten Platz.
Doch diese Geschichte lässt einen nicht los. Sie ist packend, aufwühlend, witzig, emotional. Und einfach nur ganz wundervoll.
Fazit: Eine zusammengewürfelte Zweckgemeinschaft vierer Personen, die als quasi Familie zusammenwachsen, die man aber manchmal einfach nur schütteln könnte. Packend, aufwühlend, witzig, berührend, emotional.
Als Zahnärztin Constanze nach der Trennung von ihrem Freund schnell eine neue Unterkunft braucht, zieht sie in die WG des reiselustigen Rentners Jörg, der Schauspielerin Anke und des lebenslustigen und stets optimistischen Murat. Nur vorübergehend, ist sie überzeugt. Sie ist schließlich schon eine Weile aus dem Studentinnenalter raus, die WG ist zweckmäßig und kostensparend, gerade im teuren Hamburg, wo günstige Wohnungen eher Mangelware sind. Doch der Titel von Isabel Bogdans Roman "Wohnverwandtschaften" macht schon klar: es kommt anders.
Aus Fremden werden Freunde, aus Freunden eine Wahlfamilie. Auch wenn sich manches erst einmal einspielen muss. Anke freut sich einerseits, nicht mehr die einzige Frau zu sein, fühlt aber auch Eifersucht, als sie vermutet, dass Constanze und Murat eine gemeinsame Nacht verbracht haben. Gerade, weil sie in ihrem Beruf mit 50 plus plötzlich nicht mehr gefragt ist mit Rollen. Die finanziellen Probleme sind da nur ein Aspekt, auch Ankes Selbstwertgefühl bricht zusammen.
Zur Wahlfamilie werden die Jüngeren auch für Jörg, den verwitweten Wohnungsbesitzer. Sein Sohn und dessen Familie leben in Südfrankreich, da sieht man sich nicht so oft. Und bekommt auch nicht mit, was vor allem Constanze und Anke zunehmend auffällt: Jörg wiederholt sich oft, wird vergesslich. Ist er einfach nur zerstreut, oder steckt mehr dahinter? Murat, der sorglose Sonnenschein der WG, spielt die Sorgen der beiden herunter, bis die Auffälligkeiten offensichtlich werden. Und auch Jörg, anfangs genervt von den Vorschlägen der Mitbewohnerinnen, sich doch mal untersuchen zu lassen, merkt, dass etwas nicht mehr stimmt.
Leicht geschrieben, aber mit ernsten Tönen, geht es in Bogdans Buch um Beziehungsprobleme, Altersdiskriminierung und Demenz, aber auch um Freundschaft, Fürsorge, Solidarität und gegenseitige Unterstützung. Die Balance zwischen Humor und Ernst wird gut gehalten. Dabei werden die kurzen Kapitel aus der Perspektive jeweils eines der WG-Bewohner, manchmal auch als Beschreibung der Gedanken und Gefühle aller geschildert. Unsentimental und warmherzig macht Bogdan ihre Leser*innen zu Mitbewohnern der WG, die ich gerne durch das Buch begleitet habe.
Isabel Bogdan entführt uns in Wohnverwandtschaften in das komplexe, manchmal chaotische und zugleich herzerwärmende Leben einer ungewöhnlichen Wohngemeinschaft. Vier Menschen, die auf den ersten Blick kaum unterschiedlicher sein könnten, leben gemeinsam unter einem Dach: Constanze, die nach ihrer Trennung einen Neustart wagt, Jörg, der Eigentümer der Wohnung mit großen Plänen, Anke, die als Schauspielerin nach neuen Perspektiven sucht, und Murat, der mit seiner Lebenslust und Direktheit die Gruppe herausfordert. Was zunächst wie eine reine Zweckgemeinschaft wirkt, entpuppt sich als ein dicht gewobenes Netz aus Beziehungen, Konflikten und schließlich tiefgehender Verbundenheit. Die Frage, ob Freunde die bessere Familie sein können, wird in diesem Roman auf beeindruckende Weise ergründet.
Der Roman hat mich von der ersten Seite an gepackt. Isabel Bogdan gelingt es mit ihrem einzigartigen, temporeichen Schreibstil, den Leser förmlich in die Handlung hineinzuziehen. Die Erzählung aus wechselnden Perspektiven ist dabei besonders gelungen – jede Figur bekommt ihre eigene Stimme, ihre eigenen Sorgen, Träume und Eigenheiten, die so lebendig beschrieben sind, dass man das Gefühl hat, mitten in der WG zu sitzen.
Ein besonderer Fokus liegt auf Jörg, dessen beginnende Demenz ein schmerzliches, aber auch bewegendes Thema ist. Es ist erschreckend und zugleich berührend, wie die WG-Mitglieder sich seiner Veränderung stellen – oder zunächst versuchen, sie zu ignorieren. Doch letztlich zeigt sich, was diese „Wohnfamilie“ ausmacht: Solidarität, Fürsorge und das Verständnis, dass Familie nicht nur aus Blutsverwandtschaft bestehen muss. Trotz der ernsten Themen bleibt der Roman auch humorvoll und lebensbejahend. Bogdan schafft eine perfekte Balance zwischen Leichtigkeit und Tiefgang, wodurch die Geschichte sowohl berührt als auch zum Nachdenken anregt.
Wohnverwandtschaften ist ein kluger, warmherziger und wunderbar geschriebener Roman über das Leben, das Altern, das Verändern und die Bedeutung von Beziehungen jenseits der klassischen Familie. Isabel Bogdan zeigt, dass Freundschaft, Empathie und gemeinsames Leben große Herausforderungen meistern können. Ein Buch, das ans Herz geht und zugleich zum Schmunzeln bringt – absolut empfehlenswert!