Was ist dran an den deutschen Politik-Mythen? »Deutschland ist ein Einwanderungsland.« »Rentner sind arm.« »Deutschland tut viel zu wenig für den Klimaschutz.« »Das Asylrecht schützt die Schwachen.« »Wer an den Sozialstaat geht, gefährdet die Demokratie.« Sätze wie diese, linke Glaubenssätze, prägen seit Jahrzehnten die Politik unseres Landes. Aber kein einziger stimmt. Diese falschen Wahrheiten haben der Politik in die Irre geführt und an den Lösungen für die Probleme des Landes vorbei. Der Aufschwung von Populisten aller Couleur, eine zerbrochene Bundesregierung und Neuwahlen sind die Quittung. Nikolaus Blome deckt die selbstverliebten Mythen linker Politik auf, widerlegt sie mit überraschenden Fakten – und zeigt, wie eine Politik aussehen könnte, die sich an Vernunft und Realität orientiert.
Nikolaus Blome steht rechts der politischen Mitte und ich links von ihr. Ich wollte mich mit der Lektüre selbst herausfordern und eigene Annahmen hinterfragen.
Ich kenne Herrn Blome vom RadioEins „Kommentatorentalk“ (rbb), einer Diskussionsrunde, in der er die „liberal-konservative“ (Selbstbezeichnung) Position besetzt. Das Format gefällt mir insgesamt, da es meine Perspektive auf aktuelles realpolitisches Geschehen erweitert. Zu meiner Überraschung finde ich gelegentlich auch Punkte von Herrn Blome erhellend und plausibel.
In diesem Buch nimmt er sich 12 Glaubenssätze vor, die dem politischen Diskurs und Regierungshandeln mitbestimmen. Hierbei handelt es sich um Überzeugungen, die primär die Parteien SPD, Linke und Grüne (aber punktuell auch BSW, CSU, AfD) prägen. Dass es solche „Glaubenssätze“, die höchstens die halbe „Wahrheit“ sind, gleichsam auch in anderen politischen Spektren gibt, liegt auf der Hand. Blome lässt dies unerwähnt und widmet sich eben den „falschen Wahrheiten der Linken“. Soviel zum Ausgangspunkt.
Die diskutierten Glaubenssätze sind u. a. „Rentner sind arm.“, „Frauen werden viel schlechter bezahlt als Männer.“ und „Klimaschutz ist alles.“ Blome liefert nicht unbedingt viele Fakten, vielmehr zeichnet er nach, an welchen Stellen eine (linke) Argumentation hinkt. Dabei kann Blome in manchen Aspekten überzeugen und in anderen nicht.
Zwei Beispiele: - Dass Rentner:innen pauschal mit Armut(sgefährdung) assoziiert werden, ist ein starker Glaubenssatz, aber - natürlich - weit weg von den tatsächlichen Zahlen. Blome argumentiert, dass die Politik endlich aufhören muss, mit der sprichwörtlichen Gießkanne die Renten zu stärken. Er zeigt auf, dass das Gerede von „Die Renten dürfen nicht gekürzt werden“ irreführend ist, da es vielmehr höchstens darum geht, dass die Rentensätze langsamer steigen als die Löhne. Wie verquer die Debatte zu diesem Thema ist, zeigte sich sehr anschaulich in der jüngsten Diskussion (nach Erscheinen des Buches), in der die Junge Union einen wichtigen Beitrag leistete. Ich stimme Blomes Ansicht zur Rentenpolitik weitgehend zu, allerdings führe ich es nicht primär auf einen falschen „linken Glaubenssatz“ zurück, sondern auch darauf, dass Rentner:innen eine starke Wähler:innengruppe sind.
- Sehr lohnend fand ich das (recht kurze) Kapitel zu „Die Boomer sind schuld!“. Ich selbst habe mich von diesem verbreiteten pauschalen Abwerten einer ganzen Generation mitreißen lassen. Dabei ist es weder fair noch sinnvoll. Die heutige, historisch einmalige liberale Gesellschaft (inkl. Rechtssprechung) wurde maßgeblich von Boomern erkämpft. Sie sind mehrheitlich Kinder der schweigenden Tätergeneration. Man kann sich also allgemein darauf einigen, dass die Generation wie jede Schwierigkeiten und Chancen hatte und hat - und dass Generationenklischees à la „Ok, Boomer“ und „faule Gen-Zs“ uns als Gesellschaft nicht weiterbringen.
Sprachlich liest es sich leicht, pointiert, teilweise polemisch. Politisches Wissen wird vorausgesetzt.
Meines Erachtens eignet sich das Buch nicht zur politischen Meinungsbildung (wenig Fakten, viel Polemik) wohl aber zur Auseinandersetzung mit eignen (unhinterfragten) Überzeugungen und wunderbar als Anstoß für nuanciertes Nachdenken jenseits von „links vs. rechts“.
An manchen Stellen möchte ich schon auch sagen" OK Boomer, das stimmt doch überhaupt nicht". Er ist halt auch nur ein Vertreter seiner Generation, die privilegiert ist. Ich mag seine sehr andere Perspektive, finde aber auch, er widerspricht sich in einigen Stellen.
Auch kann man darüber streiten, dass (Zitat) "nur ein paar hunderttausend" verarmte Rentner wenig sind.
Ich wünschte mir, er könne sein Privileg als studierter, weißer Mann besser reflektiertieren.