Ein Asteroid, der in einem exzentrischen Orbit um die Sonne entdeckt wird. Von außen ein verkohlter Materieklumpen, von innen das Tor zum Universum. Denn Gateway ist die Hinterlassenschaft der Hitschi, einer außerirdischen Zivilisation, die offenbar vor langer Zeit ausgestorben ist. Gateway diente als Weltraumbahnhof und ist voller Schiffe, die darauf programmiert sind, mit Überlichtgeschwindigkeit in die entlegensten Winkel des Universums zu fliegen. Das Ganze hat nur einen Die Piloten wissen nicht, wo ihre Reise enden wird ...
Frederik George Pohl, Jr. was an American science fiction writer, editor and fan, with a career spanning over seventy years. From about 1959 until 1969, Pohl edited Galaxy magazine and its sister magazine IF winning the Hugo for IF three years in a row. His writing also won him three Hugos and multiple Nebula Awards. He became a Nebula Grand Master in 1993.
Würden Sie mir eine geladene Pistole an die Schläfe drücken – wohlgemerkt: an, nicht in die Schläfe – und mir abverlangen, die zehn bedeutendsten Werke der Science-Fiction-Literatur zu benennen, so könnte es geschehen, dass mein erster Ausruf Gateway von Frederik Pohl wäre.
Bereits die ersten Seiten entfalten eine Erzählwelt, in der sich Mysterium, Spannung und tiefgreifende existentielle Fragestellungen auf kunstvolle Weise verweben. Die Handlung – zentriert um die rätselhafte, von den außerirdischen Heechee hinterlassene Raumstation – ist weit mehr als eine simple space opera. Oder vielleicht lässt sie andere space operas gar wie Kinderreime im Weltall erscheinen.
Die psychologische Spannung, meisterhaft vermittelt durch die Bekenntnisse des Protagonisten Robinette (Stetley) Broadhead, ist nichts weniger als verblüffend. Pohl erschafft eine Figur von wahrhaftiger Komplexität – fehlerhaft, zutiefst menschlich, und glücklicherweise frei von jenen archetypischen Eigenschaften, welche das Genre nur allzu häufig belasten. Es finden sich hier keine kantigen Kiefer, keine makellose Vergangenheit, keine peinlichen Schlagworte wie „to infinity and beyond“ oder gar „aliens, MOLON LABE“ (der Himmel bewahre uns…).
Die Brillanz des Romans liegt unter anderem in der Verflechtung von Therapiesitzungen mit dem KI-Psychotherapeuten – unvergesslich benannt als SIGFRID von Shrink – mit Rückblenden und Selbstbetrachtung. Es ist ein erzählerisches Verfahren von bestechender Originalität.
Gateway ist nicht bloß eine herausragende Science-Fiction-Erzählung – es ist eine philosophische Auseinandersetzung mit Angst, Schuld und Sehnsucht. Pohl wagt sich mit seltener literarischer Finesse an die menschliche Konfrontation mit dem Unbekannten. Die Enthüllungen über die Natur der Gateway-Station, der Heechee und die lebensgefährlichen Missionen fügen stets weitere Schichten der Faszination hinzu, ohne je die emotionale Dichte von Robs innerem Weg zu mindern.
Selbst ich – jemand, der der Psychoanalyse gewöhnlich mit wenig Sympathie begegnet (steinigen Sie mich ruhig) – fand mich mehr vom seelischen Sezieren Broadheads gefesselt als vom ohnehin fesselnden Handlungsstrang...
Das Ende zählt zweifellos zu den erschütterndsten und emotional aufgeladensten innerhalb des Genres – ein Kulminationspunkt, der die gesamte Reise rückwirkend rechtfertigt. Und was danach im Gedächtnis verbleibt, ist nicht nur das Abenteuer selbst, sondern der bittere Nachgeschmack eines menschlichen Bewusstseins, das mit Verlust, Triumph und den Konsequenzen seiner Entscheidungen ringt.
Gateway gehört zu jenen seltenen Werken, die sich dem Ideal der Vollkommenheit gefährlich nähern. Es stellt einen Höhepunkt des Goldenen Zeitalters der Science-Fiction dar und bleibt dennoch zeitlos in seiner Relevanz. Man liest es nicht einfach – es nistet sich im Geist ein und gärt dort fort.
Als Sahnehäubchen – und Beleg für das bemerkenswerte Vorausdenken Pohls (denn hierin besteht letztlich die wahre Aufgabe der Science-Fiction: Konventionen zu transzendieren und Zensur zu umgehen, um einen Blick in die Zukunft zu ermöglichen oder sie gar zu enthüllen):
Die Hauptfigur, unter Freunden schlicht „Rob“ genannt, pflegt eine komplexe und oft schmerzhafte Beziehung zu sich selbst. In den Sitzungen mit dem KI-Therapeuten SIGFRID von Shrink (siehe oben) entfalten sich verschiedene Aspekte seiner Sexualität, seiner Schuldgefühle und seiner psychologischen Disposition. Zwar unterhält Rob romantische Beziehungen zu Frauen, doch deutet der Roman subtil auf sexuelle Ambivalenz oder verwischte Grenzen hin – ohne dabei explizit eine homosexuelle Vergangenheit oder Sehnsucht zu formulieren.
Erwähnt sei auch eine offen homosexuelle Nebenfigur, die bemerkenswert vorurteilsfrei und ohne stereotype Verzerrung dargestellt wird – eine beachtliche Leistung für ein Werk der 1970er Jahre. Man bedenke: Dies war eine Zeit, in der ein Mann für ein nur als feminin interpretiertes Erscheinungsbild tätlich angegriffen werden konnte. Und doch zeigt Pohl ein echtes Interesse an der Vielfalt menschlicher Erfahrung – nicht als ideologische Hauptsache, sondern als psychologisches Gestaltungsmittel. Glücklicherweise verfällt er dabei nicht der Versuchung, den Roman in ein LGBTQ+-Manifest zu verkehren.
Damit ich Ihre Geduld nicht überstrapaziere, sei nochmals klargestellt: Gateway ist kein „Roman über Sexualität“, sondern ein psychologisch aufgeladener Science-Fiction-Text, in dem Pohl untersucht, wie Trauma, Schuld und unterdrückte Identität (nicht nur sexueller Art, wohlgemerkt) das Leben eines Menschen formen können. Innerhalb dieses Rahmens wirkt die Unsicherheit bezüglich Robs Sexualität organisch – als Teil seines existenziellen Ringens.
Psychoanalytische Struktur des Romans Gateway ist im Kern wie ein psychoanalytischer Roman aufgebaut: • Es gibt einen „Patienten“ (Rob), • eine „therapeutische Beziehung“ (mit SIGFRID von Shrink), • und eine allmähliche Enthüllung der Psyche durch Erinnerungen, Verdrängung, Schuldgefühle – bis hin zur Offenbarung eines traumatischen Ereignisses.
SIGFRID fungiert mit seiner kalten Logik als Spiegel von Robs Unterbewusstem – er legt Abwehrmechanismen, Ausflüchte und Selbsttäuschungen offen.
Andeutungen sexueller Ambiguität Während dieser Sitzungen zeigt Rob eine ausgeprägte Angst in Bezug auf seine Männlichkeit und sexuelle Identität – nicht explizit, sondern durch: • sein Verhältnis zum (abwesenden, jedoch verzweifelt gesuchten) Vater, • seine Angst vor Zurückweisung und seine emotionale Abhängigkeit von Frauen, • seine passiven, selbstbestrafenden Fantasien, • sowie die mechanische, beinahe tröstliche Präsenz SIGFRIDs – als kühler, stabiler, väterlicher oder archetypisch männlicher „Anderer“.
Diese psychoanalytischen Motive, oft verbunden mit Identitätsflüssigkeit, signalisieren nicht notwendigerweise Homosexualität, sondern verweisen auf einen Protagonisten inmitten einer tiefgreifenden Identitätskrise – die auch seine sexuelle Selbstwahrnehmung umfasst.
SIGFRID von Shrink als „Spiegel des Ichs“ SIGFRID ist in seinem Wesen nahezu freudianisch: • Er existiert, um Rob zur Konfrontation mit den schmerzhaftesten Aspekten seines Selbst zu zwingen. • Er urteilt nicht – er verweilt, bis die Wahrheit sich zeigt. • Er verkörpert „Vernunft ohne Emotion“ – ein idealer Zuhörer ohne Tabus, essenziell zur Freilegung unbewusster Wünsche, Schuldgefühle und innerer Konflikte.
In diesem Zusammenhang werden die Andeutungen sexueller „Andersartigkeit“ oder „Ambiguität“ zum Teil eines umfassenderen Konflikts – jenes zwischen dem Protagonisten und sich selbst.