Wir haben das Buch im November bei Literat besprochen.
Hier ein paar Hintergrund-Infos zu dem Buch und Autor. Meine persönliche Rezension ist am Ende.
Stefan Zweig wurde 1881 in Wien in eine großbürgerlich-jüdische Familie geboren – eine Familie, die zwar jüdische Wurzeln hatte, aber nicht religiös lebte. Zweig wuchs in einer Atmosphäre von Bildung, Kunst und internationalem Austausch auf, und das hat ihn sehr geprägt. Schon in jungen Jahren reiste er viel und bewegte sich selbstverständlich in europäischen Kulturkreisen – er verstand sich als Weltbürger, als jemand, dessen kulturelle Heimat nicht ein einzelnes Land war, sondern Europa als geistige Gemeinschaft. Außerdem war Zweig überzeugter Pazifist – nach den Erfahrungen des Ersten Weltkrieges setzte er sich für ein friedliches, geeintes Europa ein. Das ist wichtig, um sein späteres Werk und auch seine persönliche Tragik zu verstehen.
In den 1920er Jahren wurde er zu einem der beliebtesten Schriftsteller des deutschsprachigen Raums. Thomas Mann hat in z.B. sehr geschätzt. Seine Novellen und Biografien zeichneten sich durch dramatische Erzählspannung und zugleich eine sehr feine psychologische Beobachtungsgabe aus. Er hat Arbeiten zu großen Frauenfiguren geschrieben, wie Maria Stuart oder Marie Antoinette.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten änderte sich Zweigs Leben radikal. Seine Bücher wurden 1933 verbrannt und verboten. Wegen seiner jüdischen Herkunft und seiner pazifistischen Haltung geriet er zunehmend unter Druck. 1934 floh er aus Österreich nach London. Dort lebte er zunächst als sogenannter Enemy Alien, also als „feindlicher Ausländer“, was ein Gefühl von Fremdheit und Misstrauen im Alltag bedeutete. 1940 emigrierte er weiter nach Brasilien. Äußerlich war er also in Sicherheit – innerlich aber zunehmend entwurzelt.
Für Zweig bedeutete Exil nicht nur der Verlust eines Wohnortes, sondern die Verlust seiner sprachlichen Heimat. Dieses innere Heimatlos-Werden führte schließlich 1942 zum gemeinsamen Suizid mit seiner Frau Lotte. In seinem Abschiedsbrief schreibt er: ‚Die Welt meiner eigenen Sprache ist für mich untergegangen.‘ Das ist ein Schlüsselsatz für sein Werk in dieser Zeit: Die Sprache, in der er dachte, fühlte und schrieb, war nicht mehr an einen gemeinsamen, lebendigen kulturellen Raum gebunden. Gerade deshalb ist Sternstunden der Menschheit spannend: Zweig beschreibt dort Momente in der Geschichte, in denen Menschen scheinbar dem Schicksal für einen Augenblick entgegenstehen und die Welt verändern. Man spürt zwischen den Zeilen seine Sehnsucht nach Sinn, nach Menschlichkeit und nach einem Europa, das mehr verbindet als trennt.
Zu den Miniaturen:
Die ersten fünf Miniaturen erschienen bereits 1927, also noch vor Zweigs Exil, in einer Zeit, in der er als gefeierter europäischer Intellektueller lebte — voller Vertrauen in die kulturelle und geistige Verbindungskraft Europas. Die späteren Miniaturen dagegen wurden während seiner Exiljahre ergänzt und teils sogar erst nach seinem Tod veröffentlicht.
1927 (1912-1926) •Die Weltminute von Waterloo •Die Marienbader Elegie •Die Entdeckung Eldorados •Heroischer Augenblick •Der Kampf um den Südpol 1936 •Die Eroberung von Byzanz •Händels Auferstehung 1943 - posthum •Flucht in die Unsterblichkeit •Das Genie einer Nacht •Die ersten Worte über den Ozean •Die Flucht zu Gott •Der versiegelte Zug
•Cicero •Wilson versagt
Rezension:
Mir hat das Lesen wenig Freund bereitet. Einiges war sehr schön zu lesen wie ‚Die ersten Worte über den Ozean‘ oder interessant wie ‚Cicero‘. Aber vieles war langweilig. Ich lande bei nur 2⭐️,da ich es nicht zu Ende gelesen hätte, wäre ich nicht als Moderator bei Literat eingeplant gewesen. Wir haben es unter der Republik Exilliteratur gelesen. Das war weniger gut gewählt. Wahrscheinlich war es von Zweig auch nie so gemeint, dass die Miniaturen als ein zusammenhängendes Werk gelesen werden können. Heiß disktutiert wurde auch das Fehlen von Miniaturen, in denen Frauen eine wesentliche Rolle spielen. Frauen kommen nur nebenbei vor und dann oft in weniger schönen Positionen als Tratschende oder Goethe-angeifernde-Groupies. Diese Darstellung hat mich seht gestört. Das Fehlen von „Frauen-Miniaturen“ weniger. Ich finde es schwierig jemand dafür zu kritisieren, etwas nicht geschrieben zu haben. Insbesondere in diesem Fall fehlt mir zu sehr das Verständnis warum Zweig diese Miniaturen gewählt hat und was ihm an historischen Material zur Verfügung stand. in dem Zuge dieser Diskussion kam auch das Thema Eurozentrismus auf.
Was Positives zum Abschluss: Meine Ausgabe von Alfred Kröner Verlag ist sehr schön. Macht sich gut im Regal. Und die enthält alle 14 Miniaturen. Das ist nämlich nicht immer der Fall. Oft sind es nur 12 oder gar nur 5. Gerade Cicero gehört zu den interessanteren Miniaturen.