Mit entwaffnendem Humor entlarvt dieses Buch die Logik der Erwachsenenwelt
Maja ist achtzehn Jahre alt, sie sollte Besseres zu tun haben, als in einem Keller zu sitzen und zu schreiben. Aber draußen ist Krieg, ständig kracht es irgendwo, Granaten regnen auf Sarajevo. Und drinnen, im Untergeschoß eines Museums, hat sich eine Notgemeinschaft zusammengefunden, die dem Schrecken trotzt: die vegetarische Mutter mit einem Hang zur Esoterik, die Großmutter und ihr eifersüchtig gehüteter Koffer, der Halbbruder und seine schwangere Frau, die ihre Hypochondrie pflegt, der Vater als Direktor des Museums, zwei Partisanen und der Hund Sniffy. Den Zumutungen ihrer Lage begegnet Maja mit entwaffnendem Humor und Scharfsinn. Und sie nimmt sich auch kein Blatt vor den Mund, wann immer ihr die Erwachsenen mit Worthülsen, Phrasen und Vorurteilen die Welt erklären wollen. Nenad Veličkovićs gefeierter Roman, vor dreißig Jahren erstmals erschienen, nimmt dem Krieg jede Heroik und setzt seiner Heimatstadt Sarajevo zugleich ein Denkmal. Es ist ansteckend komisch und tief berührend zu sehen, wie sich aus der vermeintlich naiven, offenherzigen Perspektive seiner Hauptfigur der Horror des Krieges in etwas verwandelt, das uns Mut machen kann.
Ich wollte es mögen, ich war interessiert an den Erlebnissen einer 18-Jährigen aus Sarajevo während des Kriegs, aber ich bin nicht reingekommen. Die Personen haben mich nicht interessiert, das Kammerspiel war mir zu eng, zu repetitiv.
Hab mich am Ende durchgemogelt, gut 100 Seiten eher überflogen. Kann nicht mal sagen, woran es liegt, zwischendurch war es lustig und gut beobachtet, liebevoll erzählt.
During the mid to late 1990s teenage diaries of the siege of Sarajevo in 1992 & 1993 were a minor publishing industry in themselves. Velickovic's slightly cynical, often extremely sarcastic, usually naive-in-a-good-way narrator, Maja, struggles with the problem of whether she is writing a novel in diary form or a diary in novel form. I'm not sure what a teenage Muslim would sound like if she was narrating a siege – but Maja is plausible: she casts a vaguely cynical and thoroughly ironic eye over the hotch-potch of people living in the national Museum, where her father is Director, under a state of siege, with the war always there but not quite. Many of the events are absurd, which only serves to make them believable. The narrative stumbles in places, but more often that is because of Maja's naivety. All in all, a novel as diary or diary as novel that outshines many of the teenage diaries of the time.
For the novel's conception and originality, I give it 5 stars. While I took issue with the narrative voice (the main character is a static observer, while the depth of thought presented by the author clearly shows the reader she has potential to do more than merely serve as a camera lens through which we can see her family, namely her brother and her father), and I found several observations about war to be more heavy handed than they could have been (removed from the scene/action instead of organically woven into the text), this is an important book worth reading. Among the best I've read on the Balkan Wars.
Nenad Velickovic´s Roman "Nachtgäste" ist vor 30 Jahren erschienen und klingt doch ungemein aktuell, vielleicht abgesehen von Erwähnungen etwa eines Walkman - die Leser*innen im Alter der 18 Jahre alten Ich-Erzählerin Maja wissen vermutlich gar nicht mehr was das ist. Maja ist 18 und ihr Traum ist es, Schriftstellerin zu werden. Ihr Leben besteht nicht aus Parties und Musik, der Erwartung, vielleicht Literatur zu studieren, sondern der Beschaffung von Trinkwasser und kargen Lebensmittelrationen, stets in der Furcht von Scharfschützen, aus Nächten im Keller und Granat- und Raketenbeschuss. Immerhin nicht irgendein Keller, sondern der des Museums, dessen Direktor ihr Vater ist.
Erinnert an das Leben junger Ukrainerinnen und Ukrainer in Charkiv oder Mariupol, doch es ist ein anderes Land, ein anderer Krieg. Maja lebt in Sarajevo, und um sie herum ist der Traum vom südslawische Vielvölkerstaat gerade in blutige Einzelteile zerbrochen. Die Bosnier sitzen in der Stadt fest, in den Bergen schießen die Serben. Manche Nachbarn entdecken gerade ihre bosnisch-muslimische Identität, doch nicht überall sind die Verhältnisse so eindeutig, auch nicht in Majas Familie: Mutter und Oma sind jüdisch, der Vater Bosnier, der ältere Halbbruder hat einen serbischen Vater und versucht sich hartnäckig der Einberufung zu entziehen, weil er nicht auf Serben schießen will und obendrein seine Frau schwanger ist.
In ihrem Tagebuch notiert Maja ihre Beobachtungen, die Zankereien und Versöhnungen der Schicksalsgemeinschaft im Museum, zu der auch noch zwei alte ehemalige Partisanen gehören, die hypochondrische Schwägerin und quasi als Dauergäste die Nachbarin mit ihrer großen Kinderschar, deren Ehemann einer der bosnischen Kommandanten ist, vor allem aber gut im Organisieren und Requirieren ist.
Scharfsinnig, mit einer ordentlichen Portion Galgenhumor und Ironie beobachtet Maja den Mikrokosmos im Museum, die Verhandlungen mit verschiedenen Uniformierten. Während es ihrem Vater vor allem um den Schutz der Museumsexponate geht, scheint die esoterisch angehauchte Mutter in einer ganz eigenen Welt zu leben. Maja sehnt sich nach Büchern, nach Gesprächen mit ihrem Literaturprofessor, die schüchternen Annäherungsversuche eines jungen bosnischen Kämpfers versucht sie abgeklärt an sich abprallen zu lassen. Gerade weil sie nicht dramatisiert, wird der Alltag der Bürgerkriegs konkret, jenseits von Heldenmythen und Parteinahmen. Eine berührende Coming of Age-Geschichte im Bürgerkrieg, die trotz des ernsten Hintergrunds auch unterhaltsam ist.
"Julio never told lies, which is why he was often obliged to invent the truth"
I'm not sure if it is deliberate, quite probably, butreading Lodgers felt a bit of a struggle. Presented as the diary or novel (she, the narrator, can't decide what it will be) it reads quite unevenly, at one point I thought I was losing the plot but it turned out to be a rather neat little move on behalf of the writer to see if we were paying attention. By saying it reads unevenly I don't mean it is poor in places, rather that it has the feel of being a diary like work in progress affected by daily mood, occurrences and the like. Set during the siege of Sarajevo the narrator is a precocious young woman living in the basement of the city museum with her family and some friends. Her eyes record the cruelties and absurdities of war. The bone dry humour and sarcasm work in a way a more rhetorically campaigning tone often fails. Among other things she notes her mothers pride in the fact her father, "...a Muslim, was saving Serbian icons from the Serbs who wanted tio destroy them in order to save them from the Muslims". In another piece about food aid parcels she muses on the packaging outweighing the food with "...the number of calories expended in the course of receiving the food" equaling "the number of calories the food contains". The narrator still has some of the advantages of youth and keenly observes the adult world from that position of supposed ignorance. As all around her seem just a stop short of losing their heads the narrator keeps hers sane by psychoanalysing them.
This is a fine read, dark humour observed from under cover of a still partially childlike world but one into which the absurdities of adulthood are breaking.
"Sometimes I think that life is nothing other than a long, long fear of death"
"Nachtgäste" ist kein Roman, der den Bosnienkrieg erklären will. Er erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die zwischen Angst und Hoffnung hin- und hergerissen ist. Es geht um das persönliche Erleben und darum, dem Leben trotz schwieriger Umstände eine Bedeutung zu geben.
Die Protagonistin Maja beschreibt ihr Leben während des Kriegs in einem Keller. Während draußen Krieg ist, schreibt sie in ihrem Tagebuch. Ihre Erzählung ist berührend und ehrlich. Es geht natürlich um Krieg, aber auch viel um das Miteinander der Menschen. Die Menschen, mit denen Maja ihr Schicksal teilt, sind skurril und streiten viel. Das lässt den Roman etwas leichter wirken, obwohl das Thema natürlich ein schweres ist.
Mich hat dieses Buch leider nicht ganz so abgeholt, wie ich mir das gedacht hätte. Phasenweise gefiel es mir großartig - phasenweise war ich etwas wenig gefesselt.
4/5. Veličković z Gostači ni imel namena razgaljati turobnih in nepredvidljivih dni obleganega Sarajeva, temveč je izpostavil tako imenovane prednosti tako imenovane prisilne karantene, ko na površje priplavajo temeljne potrebe - želje po pogovoru in branju.
In Nenad Veličkovićs Roman „Nachtgäste“ tritt die Erzählerin Maja, eine fiktive achtzehnjährige Protagonistin, im Stil eines Tagebuchs mit den Lesern in direkten Dialog. Als angehende Autorin schreibt sie während des Bosnienkrieges über ihr Erleben, während sie sich mit ihrer Familie und anderen Schutzsuchenden im Untergeschoss eines Museums versteckt. Dabei gelingt es ihr auf bemerkenswerte Weise, sowohl die Schrecken des Kriegs als auch die zwischenmenschlichen Dynamiken in ihrem Versteck aufzugreifen. Nach 30 Jahren seit seiner Entstehung ist der Roman noch immer von Relevanz. Schon in ihrer direkten Ansprache schätzt Maja ihre Leserschaft gut ein: Sie geht davon aus, dass viele europäische Leser kaum Berührungspunkte mit dem Krieg in Sarajevo hatten. Diese Annahme ist zutreffend, denn trotz der zeitgeschichtlichen Nähe wird der Bosnienkrieg selten in der europäischen Gegenwartsliteratur thematisiert. Hier setzt Veličkovićs Roman an: Er bietet nicht nur einen Zugang für Interessierte, sondern auch für weniger kundige Leser, die durch Majas Perspektive an die Hand genommen werden. Die Erzählung im Tagebuchformat ermöglicht eine intime Sicht auf die Ereignisse, die von einer jugendlichen Offenheit und Ehrlichkeit geprägt ist. Maja schildert ihr Leben während des Kriegs aus der Isolation eines Kellers heraus. Während draußen Granaten explodieren, hält sie in ihrem Tagebuch die Geschehnisse fest – eine berührende Mischung aus Poesie und schonungsloser Klarheit. Doch „Nachtgäste“ ist nicht nur ein Roman über Krieg; er handelt ebenso von den Eigenheiten der Menschen, mit denen Maja ihr Schicksal teilt. Das menschliche Miteinander, die Konflikte und skurrilen Eigenarten der Schutzsuchenden, verleiht dem Roman eine unerwartete Leichtigkeit, die mit dem ernsten Hintergrund des Krieges kontrastiert. Die Frische und Leichtigkeit der Erzählung verdankt sich vor allem Majas Perspektive. Ihr Blick auf die Dinge wirkt oft kindlich und naiv, ohne dabei unreflektiert zu sein. Trotz der grausamen Realität um sie herum bewahrt sie eine optimistische Grundhaltung. Das Schreiben ist für Maja mehr als ein Mittel zur Dokumentation – es ist ihre Lebenslinie. Durch das Tagebuch strukturiert sie ihre Gedanken, ordnet ihre Gefühle und verleiht ihrem Leben in der Isolation einen Sinn. Bemerkenswert ist, wie Maja in ihrem Tagebuch mit den Erwachsenen umgeht. Sie beschreibt diese mit einer Unverblümtheit, die nur eine Jugendliche in ihrer Lage aufbringen kann. Dadurch wird die Dynamik innerhalb des Verstecks noch intensiver greifbar. Der Roman lebt von dieser subjektiven Sichtweise: Alles wird aus Majas eingeschränktem Blickwinkel erzählt. Politische Verwicklungen oder die Beweggründe der helfenden Staaten werden nur gestreift und aus Majas Perspektive interpretiert. Diese Begrenzung ist keine Schwäche, sondern eine der Stärken des Romans. Sie macht die Gedankenwelt einer jungen Frau in einer Ausnahmesituation zutiefst nachvollziehbar und authentisch. Die Sprache des Romans ist ebenso bemerkenswert. Sie ist einfach, direkt und bleibt stets der Protagonistin verbunden. Veličković verzichtet bewusst auf intellektuelle Phrasen oder komplizierte Strukturen. Stattdessen ist die Sprache ungeschliffen und ehrlich – angepasst an Majas jugendliches Wesen. Hier sei auch die Übersetzerin Barbara Antkowiak gelobt, die Majas Stimme auf gelungene Weise ins Deutsche überträgt. Ihre Arbeit bringt die Authentizität und den Stil des Originals hervorragend zur Geltung. „Nachtgäste“ ist kein Roman, der den Anspruch erhebt, den Bosnienkrieg umfassend zu erklären. Er konzentriert sich auf ein Einzelschicksal und zeigt den Alltag einer jungen Frau, die zwischen Angst und Hoffnung pendelt. Der Fokus liegt auf dem individuellen Erleben und dem Versuch, dem Leben trotz widrigster Umstände Bedeutung zu verleihen.
I love Velickovic style to describe the Bosnian society and the war by using naive characters. While they do barely understand what is happening, the reader can feel Bosnia coming out of the pages. Velickovic's novels do make me feel nostalgic. Lodgers narrates the siege of Sarajevo by describing its people routine but also by making clear how corrupted and polarized the society was. Even if sometimes Maja seemed too naive and quite unnatural, I apreciated the authors sense of humor.