Die über 90-jährige Klara ist blind und kann ihr Reihenhaus schon lange nicht mehr allein verlassen. Ganz unerwartet wird die Tür aufgestoßen, hinter der sie ihre Vergangenheit fest verschlossen hat. Ergreift sie ihre letzte Chance, ihr bestgehütetes Geheimnis - die Geschichte ihres Lebens - zu offenbaren?
Viele Jahrzehnte frü Die junge Klara ist überglücklich; mitten in der Weltwirtschaftskrise 1929 bekommt sie eine der raren Stellen als Hauswirtschaftslehrerin in einem Kinderheim in Oranienbaum. Als eines Tages dort ein Baby abgegeben wird, fühlt sie sich der kleinen Tolla auf Anhieb stark verbunden. Bald spitzt sich die wirtschaftliche Lage des Heims zu. Klara, die das Haus inzwischen leitet, sucht die Nähe der neuen nationalsozialistischen Machthaber in der Hoffnung auf Rettung. Zu spät erkennt sie, mit wem sie sich eingelassen hat. Die Nationalsozialisten machen aus dem Haus ein Frauenbildungsheim. Klara soll bei ihren Schülerinnen die Liebe zu Volk und Kind wecken, statt sie zu eigenständig denkenden Frauen zu erziehen. Gleichzeitig ist sie unter der Hakenkreuzflagge und den ständigen Besuchen der Nazi-Funktionäre plötzlich selbst in Denn Tolla, das Waisenmädchen, das inzwischen wie eine Tochter an Klaras Seite lebt, ist jüdischer Herkunft.
Die karierten Mädchen ist der erste Band einer Trilogie, die von Ende der 1920er- bis in die 1960er-Jahre reicht. Sie ist inspiriert von den Lebenserinnerungen von Alexa Hennig von Langes Großmutter, die diese im hohen Alter auf mehr als 130 Tonband-Kassetten aufgenommen hat. Tessa Mittelstaedt liest den Roman lebendig und voller Gefühl.
Achtung: Wenn ihr die Information, welche Teile des Buches auf wahren Begebenheiten beruhen, als Spoiler ansehen würdet, den mit „Spoiler“ gekennzeichneten Abschnitt bitte nicht lesen.
Klara ist über 90 Jahre alt, als sie beschließt, ihre Lebensgeschichte auf Kassetten festzuhalten. Sie lässt sich von ihrer Tochter einen Kassettenrekorder und Leerkassetten bringen und beginnt mit ihrer Erzählung im Jahr 1929 im Osten Deutschlands. Dort tritt sie eine Stelle als Hauswirtschaftslehrerin in einem Erholungsheim für lungenkranke Kinder an. Kurze Zeit später wird im Heim ein Baby abgegeben, ein kleines Mädchen namens Tolla, dessen Mutter auf Arbeitssuche ist. Ein jüdisches Mädchen.
Bevor ich mit diesem Buch begonnen habe, wusste ich nur, dass es auf den Memoiren der Großmutter der Autorin beruhen soll. Die Prämisse um das jüdische Mädchen und das Setting in einem Kinderheim fand ich interessant. Klara stellt das Wohl des Heims über ihre Werte, die sie den Aufstieg der Nazis mit Schrecken erleben lassen, und kooperiert mit den Nationalsozialisten. Im Gegensatz zu ihrer Kollegin Susanne hält sie sich für unpolitisch, liest wenig Zeitung, verfolgt aber ihre Arbeit mit Begeisterung. Als die Lage immer schwieriger wird, tritt sie, um den Schein zu wahren, sogar in die Partei ein. Ihr Freund, der angehende Lehrer Gustav, hält es ähnlich. Insofern handelt es sich um eine Geschichte über Mitläufer, die aber, wie so oft in deutschen Romanen über die Kriegszeit, selbstverständlich im Grunde gegen die Nazis sind. Die Geschichte ist durchaus gefällig, allerdings hauptsächlich wegen der zeitlichen Einordnung. Vor allem die Liebesgeschichte hat mich jetzt nicht vom Hocker gerissen. Was am Ende passieren wird, ist natürlich keine Überraschung. Das Buch hat mich recht gut unterhalten, angesichts dessen, was ich nachfolgend erörtere, jedoch letztlich nicht überzeugt.
Noch ein Wort zum Hörbuch: Tessa Mittelstaedt liest das Buch sehr engagiert. Die Passagen der alten Klara sind mit deutlich anderer Stimme und altersgemäß langsamer gesprochen. Gute Arbeit.
SPOILER bezüglich des Wahrheitsanteils der Geschichte
Was mich überrascht hat, war der Epilog, in dem die Autorin erklärt, wie ihre Großmutter Kassetten mit ihrer Geschichte besprochen hat, und uns sogar einen kleinen Ausschnitt daraus vorspielt. Den O-Ton zu hören, hat mich bewegt, dann sagt die Autorin allerdings, dass der Anteil der Geschichte, der für mich der wichtigste Aspekt derselben war, dazuerfunden ist: die Aufnahme eines kleinen jüdischen Mädchens. Ich weiß nicht, inwiefern das anderen Lesenden klar ist, wenn sie das Buch lesen bzw. wie in der Bewerbung des Buches darauf hingewiesen wird. Vielleicht habe ich mich da unzureichend informiert, ich setze mir oft Bücher auf die Liste, ohne längere Rezensionen oder Verlagstexte dazu zu lesen. Da ich nicht wusste, dass dieser Part fiktiv ist, hat mir das das Buch etwas madig gemacht, obwohl ich nachvollziehen kann, warum die Autorin sich dazu entschlossen hat. Vielleicht würde ich es auch anders empfinden, hätte ich das Buch bereits im Voraus mehr als fiktiven Roman gesehen denn als nacherzählte Lebensgeschichte. So kommt mir jedoch auch der Gedanke, dass Klara vielleicht doch mehr unkritische Mitläuferin war, als es im Buch erscheint. Inwiefern wir heutzutage über Mitläufer urteilen können, ist ein anderes Thema. Gut ist, dass das Buch uns vor Augen führt, dass es keine Lösung ist, „unpolitisch“ zu sein.
Die karierten Mädchen ist der Auftakt zu einer Trilogie, die es in meinen Augen einfach nicht gebraucht hätte. Ich verstehe das Bedürfnis der Autorin, die eigene Familiengeschichte aufzuarbeiten und zu erzählen - aber nicht so. Klara, die auf der Oma von Alexa Hennig von Lange basiert, ist eine alte, blinde Frau. Gezeichnet vom Leben lebt sie in ihrer Wohnung und bekommt regelmäßig Besuch von ihren Töchtern (vom Sohn nicht, der muss ja arbeiten. Gleich ein richtig toller Start.) Die Erinnerungen in ihr werden immer schwerer und so beschließt sie, ihre eigene Geschichte auf Kassetten aufzunehmen. Hiermit hatte ich schon das nächste Problem. Der Aufbau war einfach komisch, man wird dauernd aus der Geschichte gerissen, weil wir die verbitterte Klara der Gegenwart erleben. Emotionen kamen für mich nicht wirklich auf.
Ihre Geschichte ist eigentlich recht einfach. 1929 ist Klara eine selbstständige, junge Frau, die keine Kinder möchte. Sie findet Arbeit in einer Heilstätte für tuberkulosekranke Kinder. Den Mädchen bringt sie bei, wie der Haushalt geführt wird und schnell fühlt sie sich wohl. Die Heimleitung ist aber schwer krank und so müssen Klara und ihre Freundin Susanna immer mehr Verantwortung übernehmen. Sie treffen dann auch die Entscheidung, ein jüdisches Waisenmädchen ohne finanzielle Unterstützung aufzunehmen. Natürlich ist es um das Heim nicht gut bestellt, ein Glück, dass die Nazis helfen wollen. Sie wollen aus dem Heim Ausbildungsstätte für junge Frauen machen und obwohl Klara von allen Seiten gewarnt wird, lässt sie sich darauf ein. Sie beschwert sich sogar noch, wenn ihr jemand helfen möchte und reagiert genervt mit der Frage “Willst du mir Angst machen?”, wenn Susanna ein offenes Gespräch über ihre Ängste führen möchte. Und hier bin ich einfach raus. Wir könnten jetzt das Fass aufmachen, dass Menschen damals keine Wahl hatten, sich selbst schützen müssten, blah blah. Es gab damals ja nur Mitläufer, Täter waren immer die anderen, klar Aber so weit müssen wir gar nicht gehen. Klara hat absolut gar nichts versucht. Sie hat sich bewusst dafür entschieden, die Augen zu verschließen und später noch über andere zu urteilen. Der Gedanke “Fräulein Martin hatte recht gehabt, als sie damals gesagt hatte: Die Menschen sind furchtbar dumm. Sie erkennen nicht das Üble, weil sie das Gute nicht kennen.” hat mich von einer Klara doch sehr amüsiert. Ich habe ihr ihre Naivität einfach nicht glauben können und ihr Egoismus war an vielen Stellen auch der Situation nicht angemessen. Reflexion gab es an keiner Stelle, zum Ende hin hatte sie ein paar Gedanken, aber gehandelt hat sie nie danach. Ich befürchte, dass die Absicht der Autorin dem Buch hier einfach zum Verhängnis geworden ist. Also, die Geschichte ist nur an die Erlebnisse ihrer Großmutter angelehnt, es ist keine komplette Nacherzählung, aber einiges wurde eben übernommen. Im Nachwort spricht sie selbst darüber, dass ihre Oma auf den Kassetten öfter ins Stocken kam und einiges nicht Ausformulieren konnte. Ob Schuldgefühle und Scham da eine Rolle gespielt haben, wissen wir aber nicht, denn auch Klara hat damit nicht viel am Hut. Natürlich möchte niemand seine Familie in ein schlechtes Licht rücken. Aber dann lass es doch bitte einfach und fang nicht an, diese Zeit zu beschönigen?
Auch dass jüdische Mädchen, dass die Situation noch mal emotionaler machen und Klaras tolles, reines Herz darstellen soll, hat hier nicht geholfen. Dazu gabs dann natürlich eine dringend notwendige Lovestory, die für mich alles noch weiter ins Lächerliche gezogen hat.
Die Frage, ob wir Bücher brauchen, die eine so schlimme Zeit so verharmlosen und die Täter-Opfer Frage so verwässern, kann ich für mich nur mit einem klaren Nein beantworten. Von mir gibts hier auf jeden Fall eine Empfehlung: Lasst das Buch stehen und verschwendet eure Zeit schöner.
Zuerst dachte ich es gibt solide drei Sterne, gegen Ende dann immer besser. Mir gefällt das Überlegen wie es mir wohl in jener Zeit gegangen wäre. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich ein typischer Mitläufer gewesen wäre. Nur nicht auffallen, mich und die meinen nicht in Gefahr bringen. Wann hätte man das alles noch stoppen können? Haben wir daraus gelernt?
In De geruite meisjes maak je kennis met Klara, nu een blinde 91-jarige vrouw met een geheim dat ze altijd voor haar familie verborgen heeft gehouden, in de jaren ‘30 een jonge vrouw die de leiding kreeg over een kindertehuis, tijdens de opkomst van het nationaalsocialistische gedachtegoed. Ze heeft moeilijke keuzes moeten maken om alle kinderen veilig te houden en leeft al jaren in onzekerheid, maar nu is het tijd om haar levensverhaal te onthullen en ze begint haar herinneringen in te spreken op cassettebandjes.
Het verhaal komt rustig op gang en door wisselingen tussen heden en verleden zie je hoe Klara wordt meegetrokken in ontwikkelingen waar ze eigenlijk niet volledig achterstaat (maar waar ze ook niet tegen in opstand komt), hoe ze verliefd wordt, hoe ze omgaat met veranderingen en hoe ze uiteindelijk probeert te doen wat in haar ogen het beste lijkt. Ze is tegelijkertijd wat naïef en standvastig, je wordt wel meegenomen in haar gedachten maar enkele beslissingen lijken alsnog vrij impulsief en hoewel dit in de basis echt een interessant verhaal is, liet het einde me met veel vragen en allerlei losse eindjes achter - dit is wel het begin van een trilogie, dus hopelijk volgt er wat meer opheldering in een volgend deel.
Historical Fiction ist eigentlich eines meiner liebsten Genres, aber Die karierten Mädchen war für mich eine große Enttäuschung. Die Autorin versucht den Spagat zwischen Fiktion und der Aufarbeitung ihrer eigenen Familiengeschichte zur Zeit rund um Hitlers Machtergreifung – und scheitert meiner Meinung nach kläglich. Dabei hätte die Geschichte enormes Potenzial: Eine junge Erzieherin gibt eine jüdische Waise als ihre Tochter aus, wird später Leiterin des Heims und kämpft um dessen wirtschaftliches Überleben, alles erzählt auf Kassetten. Doch statt einen wichtigen Roman über Erinnerungs- oder Verdrängungskultur nach der NS-Zeit zu schreiben, bleibt die Handlung in einem fast bilderbuchhaften Setting stecken – mit flachen, unsympathischen Figuren, die sich durchweg auf das bekannte „wir haben alle nichts gewusst“ zurückziehen.
Eine kritische Auseinandersetzung mit den Erinnerungen der Protagonistin (bzw. der Großmutter der Autorin) bleibt völlig aus. Die Hauptfigur wird ausschließlich als naive, junge Mitläuferin mit gutem Herzen dargestellt, die zwar innerlich Kritik verspürt, aber nie kritisch handelt oder Verantwortung übernimmt. Natürlich möchte die Autorin ihre Großmutter nicht in einem schlechten Licht zeigen, doch die Autorin erwähnt nicht einmal die Möglichkeit, dass Schuld verdrängt oder Erinnerungen geschönt sein könnten. Besonders problematisch empfand ich zudem die Figur Tolla, die als jüdisches Mädchen eher wie eine künstlich eingeflochtene Schuldbefreiung wirkt. Hinzu kommen eine blasse Liebesgeschichte, die mich als Leserin völlig kalt gelassen hat, sowie teils krude Zeitsprünge zwischen Vergangenheit und Gegenwart.
Am Ende bleibt ein Roman, der oberflächlich und belanglos erzählt ist – und den es meiner Meinung nach einfach nicht gebraucht hätte.
Uff.. also ein wirklich bildlich geschriebenes Buch. Durch die Zeit in der es spielt ein düsteres Buch, was aber gegen die schön ländliche Landschaft und das gemütliche Kinderheim steht. Allgemein sehr spannendes Buch bezogen auf die Entwicklung des Denkens der Menschen im Umgang mit dem Nazi Regime… einfach ein ergreifendes Buch, auch, weil es auf ein wahres Leben basiert!
Ich fand die Story hatte echt viel Potenzial, vor allem da es auch zum Teil auf wahren Begebenheiten beruht, aber das wurde meiner Meinung nach leider nicht vollends ausgeschöpft. Die Zeitsprünge zwischendurch kamen mir irgendwie zu plötzlich und in den Jahren die nicht erwähnt wurden, ist irgendwie so vieles passiert was ich gerne noch genauer mitbekommen hätte. Die wichtigsten Ereignisse wurde leider irgendwie sehr oberflächlich, stumpf und kurz gehalten. Ich hätte mir ein bisschen mehr Tiefe gewünscht! An vielen Stellen fand ich die Handlungen der Protagonistin schwer nachvollziehbar und das untätige Herumsitzen ALLER Beteiligten (und das obwohl sie ja angeblich allesamt ja ach so regimekritisch dachten) hat mich fast wahnsinnig gemacht! Nicht zuletzt, weil diese Darstellung halt nunmal einfach nicht der Realität zu dieser Zeit entsprach, auch wenn es bequemer ist sich das einzureden! Trotz allem werde ich den zweiten Teil wahrscheinlich trotzdem lesen müssen, um zu wissen wie es weitergeht :)
4,5 Sterne = fast perfekt, würde ich weiter empfehlen
Die Geschichte beginnt mit Klara als sie 90 Jahre alt ist und wir erfahren ihre Lebensgeschichte während sie diese auf Kassetten aufnimmt: Eine Geschichte, die sich zunächst recht langsam und ruhig entfaltet. Fast heimelig fühlt es sich an als unsere junge Protagonistin Klara 1929 eine neue Stelle als Hauswirtschaftslehrerin in einem Erholungsheim für Kinder mitten in einem idyllischen Fichtenwald im Freistaat Anhalt antritt. Ihre Schützlinge wachsen ihr immer mehr ans Herz und bald übernimmt sie dort auch die Heimleitung. Im Hintergrund aber verdüstert sich langsam die politische Situation in Deutschland und mehr und mehr Schreckensnachrichten erreichen auch Klaras wohlbehütete Welt. Um ihr Heim zu retten sieht sie sich zu gewissen Maßnahmen gezwungen, die sie eigentlich nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren kann, aber hat sie eine andere Wahl?
Wir sind die meiste Zeit in der Vergangenheit unterwegs und springen nur in sehr kurzen Abschnitten in den "Gegenwartsteil" (der Ende des 20. Jahrhunderts spielt). Am Ende geht es auch um die Schuldfrage und das, was ihr Leben für Auswirkungen auf ihre Familie hat. Es gibt auf der Vergangenheitsebene zwischendurch immer ein paar Zeitsprünge ein oder zwei Jahre vorwärts, die sich für mich persönlich nicht immer anfühlten als wären sie hier erzählerisch günstig platziert, weil ich jedes Mal das Gefühl hatte ich war als Leser bei wichtigen Ereignissen nicht dabei. Zu Beginn erschien mir der Schreibstil auch ein wenig zu distanziert, aber das hat sich im Laufe der Geschichte verbessert. Das Ende kommt dann relativ plötzlich, aber die Geschichte wird ja dann im nächsten Band fortgeführt.
Die Autorin ist die Enkelin von Klara und erzählt aufgrund der ca. 130 Kassetten, die ihre Oma Klara besprochen hat, ihre Lebensgeschichte (über die 3 Bände der Trilogie). Im Nachwort wird nochmal aufgeklärt wie viel der Geschichte auf wahren Tatsachen beruht und welche Teile fiktiv sind. Besonders emotional war eine Original Tonbandaufnahme von Klara am Ende des Hörbuches zu hören.
Die Heimkehr-Trilogie basiert auf den vielen Kassetten besprochen mit der Lebensgeschichte der Großmutter von Alexa Hennig von Lange. Am Ende des Buches ist eine Original-Sequenz eingefügt, die ich sehr mitreißend und bedrückend fand. Auch das Nachwort der Autorin war ein passender Schluss.
Die Geschichte selbst? Schwierig.
Die Protagonistin Klara blickt auf ihr Leben zurück: Als junge Frau beginnt sie in einem Heim für tuberkulosekranke Kinder, wird etwas später zur Heimleitung — und dann fehlen die finanziellen Mittel. Zu einer Zeit, in der die Nazis bereits an der Macht sind und deren Gedankengut gestreut werden soll, erkennt Klara die Möglichkeit, die Schließung des Heims durch eine Umwandlung in eine Ausbildungsstätte für junge Frauen abzuwenden. Obwohl Klara gewarnt wird, es zu Streit und Diskussionen mit Vertrauten kommt, fehlt mir ganz klar eine deutliche Auseinandersetzung mit dem Thema der Mitläuferschaft. Dass das im Nachhinein kein leichtes Unterfangen ist, ist mir bewusst. Dennoch geht es mit Scheuklappen für Klara weiter und die Leserschaft dümpelt etwas hinterher.
Bei der Liebesgeschichte ist der Funke für mich gar nicht übergesprungen. Auch die Story um das jüdische Mädchen (Disclaimer: Fiktion der Autorin, nicht Teil der Erlebnisse der realen Großmutter) wirkte etwas schwach und mit zu wenig Reflektion. Dennoch gutes Buch für einen Roadtrip zum nebenbei hören und sehr angenehm gelesen von Tessa Mittelstaedt.
Es zeigt uns heute, 2025: Enthaltung ist auch jetzt keine Option.
Eine Geschichte mit mehreren spannenden Aspekten. Die Entwicklungen von der Weimarer Republik hin zum Nationalsozialismus, die Karriere von der Lehrkraft zur Führungskraft in der NS-Frauenbildung wie auch die persönliche Familiengeschichte. Dass die Autorin 130 Kassetten mit der Lebensgeschichte ihrer Großmutter als reale Vorlage hat, fand ich besonders spannend. Aber aus dieser heraus ist aus meiner Sicht keine schlüssige Darstellung der Handlungen der Romanfigur entstanden. Die stramme Karriere zur Führungskraft im NS-Ausbildungssystem soll ohne eigene NS-Überzeugung erfolgt sein. Das jüdische Waisenkind aufzunehmen, es retten zu wollen, ohne, dass die eigene Existenz Schaden nimmt. Für mich nicht nachvollziehbar. Es ist nicht 1:1 die Lebensgeschichte der Großmutter, deshalb sind hier Teile reine Fiktion. Aber genau diese Teile reichen mir nicht als Erklärung für ein Mitläufer- oder Mittäterverhalten. Die Auseinandersetzung mit dem Thema ist wichtig, neue Erkenntnisse oder Ansätze für Erklärungen hat mir dieser Teil nicht geliefert.
Klara ist über neunzig als sie beschließt ihr Leben auf Kassette aufzunehmen. Als sie 1929 eine Stelle als Lehrerin bekommt ist sie überglücklich, die Kinder des Kinderheims sind ihr ans Herz gewachsen. Die Lage wird aber immer ernster, der Krieg steht vor der Tür, Klara verbündet sich mit den Nationalsozialisten um das Heim zu retten und schließt einen Pakt mit dem Teufel.
Eine durchaus beeindruckende Geschichte, die die Autorin hier erzählt. Ich mag die Bücher von Alexa Hennig von Langen eh gerne, sie sind immer so anders. Aber dieses Buch ist nochmal ganz anders, es könnte so tatsächlich alles passiert sein.sehr gut recherchiert und sehr gut geschrieben, ich konnte es kaum noch aus der Hand legen. Es hat mich sehr nachdenklich gemacht und sehr berührt. Eine unglaubliche Vergangenheit, sehr authentisch erzählt. Ich bin schon neugierig auf die anderen Teile der Trilogie.
Klara ist über 90 und blind. Sie lebt allein in einem kleinen Haus und versteht nicht, warum ihre Kinder das beunruhigend finden. Völlig überraschend wünscht sie sich von ihrer Tochter ein Tonbandgerät mit Leerkassetten und beginnt die Geschichte ihres Lebens aufzunehmen. Dieses Buch ist der erste Teil einer Trilogie, der die Zeit ab Ende der Zwanziger Jahre bis Mitte/Ende der Dreißiger behandelt.
Klara war in jungen Jahren unpolitisch, da sie meinte auch ohne dieses Thema genug Sorgen zu haben. In der Weltwirtschaftskrise beginnt sie eine neue Stellung in einem Kindererholungsheim, in dem sie junge Frauen in Hauswirtschaftslehre unterrichtet und zeitgleich das Haus versorgt. Sie braucht das Geld nicht für sich, sondern unterstützt die Eltern, deren kleine Pension sich nicht mehr selbst trägt. Ihre Ziele und Vorstellungen sind recht klar, bis im Haus ein kleines Mädchen untergebracht wird, das ihr sehr ähnelt und jüdischer Abstammung ist und bis sie im Zug einen jungen Mann trifft, den sie gleichermaßen abstoßend und anziehend findet.
Als der Fortbestand des Heims unsicher wird, trifft sie folgenschwere Entscheidungen...
Die Geschichte ist vorstellbar, die Personen wirken nachvollziehbar, Sprache (geschrieben und gesprochen) iast auch ansprechend. Schade, aber vermutlich nicht zu ändern, finde ich die Aufteilung der Bücher - da ich lieber in sich abgeschlossene Geschichten lese und höre und diese Trilogie ohne die Folgebände nicht wirklich funktioniert. #AlexaHennigvonLange #HörbuchHamburg #DiekariertenMädchen #Netgalleychallenge! #KathrinliebtLesen #Bookstagram #Rezension #DrittesReich
Die Geschichte der ‚karierten Mädchen‘ ist angelehnt an die Kassettenaufnahmen der Großmutter der Autorin und erzählt von Klara, die sich im Alter von über 90 Jahren ihrer Vergangenheit während des Nationalsozialismus stellt.
Obwohl aus der Gegenwart erzählt, geht es im Buch fast ausschließlich um die Erlebnisse der jungen Klara in den 1930ern und 40ern. Eindringlich und fesselnd beschreibt die Autorin die damalige Zeit und schildert, wie die Protagonistin reichlich naiv zur Mitläuferin des NS-Regimes wird. Auch wenn man dies gesamtgesellschaftlich kritisieren sollte, ist dies die Realität gewesen. Natürlich möchten heute die Wenigsten hören, dass die eigenen Großeltern nicht im Widerstand waren, worüber sonst die meisten Bücher handeln. Es ist also eine etwas andere Perspektive, als ich sie sonst bisher in dieser Art von Büchern gesehen habe, dadurch jedoch sehr interessant. Die Schreibweise lässt einen in eine andere Zeit eintauchen und man verfolgt Klara‘s Weg gebannt. Das Ende lässt einige Fragen offen und ich bin gespannt, wie es weitergeht.
Von Alexa Hennig von Lange habe ich fast alles gelesen und vieles gerne. Jüngst hat mir vor allem die Reihenhausskizze „Kampfsterne“ sehr gut gefallen, denn da zeigt die Autorin, wie sie Sujet und Milieu in den Griff bekommt und zu einem aussagekräftigen Text kommt. In „Die karierten Mädchen“ misslingt dies alles.
Es gibt eine Kurzversion und eine Langversion für meine Buchbesprechung, die ich – das bekenne ich – als Historiker geschrieben habe, der sich beruflich mit dieser Zeit und ihrer Vergangenheitsbewältigung befasst.
Kurzversion:
Vier Dinge muss man dem Roman und seiner Autorin vorwerfen:
1) Sie vermittelt das Bild eines Deutschlands aus Mitläufern und ohne Täter. Dieses Bild entspricht der Selbsterzählung der Deutschen nach dem Krieg und vor den Frankfurter Auschwitzprozessen. Sehr wahrscheinlich entspricht es auch dem Selbstbild der Großmutter der Autorin. Aber das ist ein Bild, das hinterfragt werden muss – denn es ist durch Scham und Schuld der Mittäter verzerrt.
2) Die Autorin berichtet in Interviews, eines hängt dem Buch auch an, dass sie die Leerstellen, die in den Aufzeichnungen der Großmutter auftauchten, als es an die Zeit des Nationalsozialismus geht, auffüllte. Aber die Autorin hat nicht den naheliegenden Sinn ergänzt – nämlich dass die Großmutter ihre Mitschuld verschwieg, ihre aktive Verstrickung oder gar Mittäterschaft, sondern sie ergänzt ausufernde Reflexionen, die das Verhalten der Großmutter entschuldigen, ihr Unwissenheit oder Naivität einschreiben. Naheliegend wäre: Die Großmutter hat ihre Schuld verdrängt und verschwiegen – selbst auf ihren Kassetten. Etwas anderes zu erzählen, hat nichts mit „dem wahren Fall“, sondern mit dem Darstellungswillen der Autorin zu tun.
3) Die Figur der Tolla ergänzt die Schuldbefreiung der Großmutter durch die Autorin auch noch um eine noble Geste, nämlich die vorläufige Rettung eines jüdischen Mädchens. Das ist eine schon frech zu nennende Geschichtsfälschung: Nicht nur wird die Leerstelle der Vergangenheit mit Entschuldigungen gefüllt, mit dem Mädchen kommt nun auch noch eine Entlastungszeugin, die der Großmutter nicht nur edle Motive im Denken, sondern auch im Handeln einzuschreiben versucht. Dass Tolla am Ende nicht gerettet wird, weil die Großmutter, eben nicht Mutter genug ist, entlarvt die Frauenfigur der Klara Möbius vor allem als nicht starke Frau.
4) Der Roman ist schwach erzählt. Die ständigen Psychologisierungen der Figuren durch innere ausschweifende Monologe erweckt in mir den Eindruck, dass die Autorin um jeden Preis verhindern möchte, dass man Klara Möbius die Schuldfrage stellt. Es wird kein Raum für Interpretation ihres Handelns gelassen, die Handlung wird fortwährend innerweltlich kommentiert und entschuldigt. Hinzu kommt eine langweilige und ganz und gar ambitionsfreie chronologische Erzählung, in der man bis zum letzten Absatz den doppelten Boden vermisst. Schiefe Bilder („Trojanische Pferde“ s.u.) ergänzen den sprachlichen Sinkflug. Vor allem aber fehlt es dem Text an literarischer Relevanz. Wozu eine Geschichte wie aus den 1950er Jahren, in denen niemand etwas gesehen, gewusst oder gar getan haben wollte?
Im schlimmsten Fall ist dieser Roman sogar gefährlich, weil er suggeriert, dass man hier am authentischen Fall der Großmutter erfährt, dass man „damals“ wirklich nichts dafür gekonnt habe.
Langversion:
„Die karierten Mädchen“ erzählt die Geschichte der Lehrerin Klara Möbius, die 1929 in einem Frauenbildungshaus als Hauswirtschaftslehrerin anfängt und in wirtschaftlich schwieriger Zeit nach dem Tod der vormaligen Leiterin die Zügel in die Hand nimmt und das Heim wieder zum Laufen bringt. Die Rettung der Institution erfolgt durch die Überführung von einem freien Träger in ein so genanntes „ländliches Frauenbildungsheim“, von denen es im Land Anhalt vier in staatlicher Hand gegeben hat. Die Fahrnisse der Zeit spielen insofern eine Rolle, als die Erstarkung des Nationalsozialismus in den Schaltzentren des Landes sowie im Gedankengut von Nebenfiguren deutlich wird. Kulminationspunkt ist der Terror der Reichspogromnacht, nach deren Gewaltexzess eine für die Figur Klara wichtige Entscheidung in die Tat umgesetzt wird: das jüdische Waisenmädchen Tolla, das Klara an Kindes statt angenommen hat von dem sie sich ‚Mama‘ nennen lässt, wird in ein jüdisches Waisenhaus in Berlin gegeben. Der Titel nimmt Bezug auf die Einheitskleidung, die im weltanschaulichen Kontext der Frauenbildungsheime angeraten war: karierte Kleider im Dirndlschnitt.
Soweit die Handlungsebene. Die Abgründe dieses Romans tun sich auf, wenn man hinter das Handlungsgerüst schaut. Klara Möbius ist nämlich keine literarische Heldin, sondern basiert auf der Lebenserzählung der Gro0mutter der Autorin. Diese Lebensgeschichte ist in 130 Audiokassetten überliefert, die von der Großmutter selbst besprochen worden sind. Die Autorin hat sich von diesen Kassetten zur Lebenserzählung ihrer Großmutter inspirieren lassen, wobei sie in einem vom Dumont-Verlag herausgegebenen Interview erklärt: „Aber Klara Möbius ist nicht meine Großmutter. Das liegt daran, dass ich beim Anhören der Kassetten nach einer Weile gemerkt habe, dass sie einige Dinge nicht erwähnt. […] Ereignisse, die beschreiben, wie sich die Nationalsozialisten nach und nach alle Bereiche der Gesellschaft unterwerfen. […] Meine Großmutter erzählt sehr gut und lebhaft von den Heimen, die sie leitete, von den Schülerinnen, den Kindern, den Mitarbeitern, den nationalsozialistischen Funktionären, die das Haus besuchten. […] Nur eben nicht, dass ein paar Gehminuten entfernt die Synagoge brannte.“
Alexa Hennig von Lange ist keine Historikerin. Das ist ihr nicht vorzuwerfen – die meisten Menschen sind keine Historiker. Allerdings glauben die meisten, sich über die Vergangenheit äußern zu können wie Historiker, weil sie sie ja selbst erlebt hätten – oder ihre Großmütter. Dabei beginnt das Problem schon damit, Vergangenheit und Geschichte zu verwechseln. „Geschichte“ ist die gedeutete Vergangenheit. Sie zu deuten, ist ein handwerklicher Prozess, der viel mit einer fundierten Ausbildung zu tun hat, unter anderem gehören dazu Werkzeuge aus „der Werkstatt des Historikers“ (Marc Bloch): Kenntnis der Zeitumstände, der Theorien, Methoden und Paradigmen – sowie neben der Imagination, die dem Autorenberuf wesensverwandt ist, die Quellenkritik. Denn wenn historische Erkenntnis aus „Texten Tatsachen“ schaffen will, dann müssen diese Texte analysiert, interpretiert und vor allem immer wieder kritisiert werden.
Alexa Hennig von Lange ist Autorin, weshalb sie die Leerstellen in der Erzählung ihrer Großmutter bemerkt hat. Sie äußert sich in dem besagten Interview wie folgt: „Wenn man ihr auf den Kassetten genau zuhört, stellt man fest, dass sie in manchen Momenten zögert oder nach Formulierungen sucht, um das für sie wohl Unaussprechliche nicht aussprechen zu müssen. Ich glaube, sie hatte wirklich den Anspruch, das Vergangene so korrekt wie möglich wiederzugeben. Andererseits wollte sie sicher von einem sehr bewegten, herausfordernden, aber auch gelungenen und erfolgreichen Leben berichten. Dafür musste sie Dinge auslassen.“ Die Autorin kennt meines Erachtens nicht besonders viele Ego-Dokumente aus dieser Zeit, hat wahrscheinlich noch nie eine Vernehmung aus irgendeinem der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse, aus deren Nachfolgeprozessen oder aus den Auschwitz-Prozessen Fritz Bauers gelesen – denn dann hätte sie wenig Schwierigkeiten gehabt, das Zögern im Lebensbericht als Sorge der Selbstbezichtigung oder Selbstbelastung zu erkennen. Die Autorin hat womöglich auch nie Hannah Arendts Prozessanalyse „Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der Banalität des Bösen“ gelesen. Dort lässt sich viel lernen über die Betonung des Alltags, der Routinehandlungen, der kleinen Pflichtübungen, die über die eigentlichen Verbrechen und Missetaten hinwegtäuschen sollten. Dann wäre auch bekannter, dass kaum eines der Ego-Dokumente von Tätern über brennende Synagogen berichtet – wieso auch? Dass sie gebrannt haben, ist doch allgemein bekannt, wie viele Eier ein Landfrauenheim verbraucht hingegen nicht. Es ist zu befürchten, dass Hennig von Lange die Kassettenerzählung ihrer Großmutter keiner Quellenkritik unterworfen hat. Sie hat überdies offenbar ein Bild ihrer Großmutter entworfen, das dem selbst erlebtem Bild nicht widersprach. Das ist menschlich, aber kurzsichtig. Ein Nazi kann Nazi sein und dennoch lieb zu seinen Enkeln.
Die Autorin füllt nun die Leerstellen: „Anschließend habe ich angefangen, meine Recherche mit den Erinnerungen meiner Großmutter zu verweben, um die Leerstellen zu füllen. Die Boykottaufrufe für jüdische Läden, die ‚Säuberung‘ des Dessauer Theaters, die Schließung des berühmten Bauhauses, Verhaftungen von Sozialdemokraten.“ Mit anderen Worten: Sie ergänzt die Erzählung um harte Fakten, um Sachinformationen, um ein lexikalisches Korsett, das dennoch über die Person Klara nicht mehr erzählt. Das geschieht nicht, indem die Synagoge im Text brennt, sondern indem die Figur mit dem Ereignis in Verbindung gebracht wird.
Alles, was wir über Klara erfahren, wird durch Reflexionen vermittelt, nicht indem sie handelt. So lässt uns die Autorin ständig vom inneren Widerstand der Figur Klara wissen, ohne dass dieselbe Figur auch so handelt. Im Gegenteil: 1938 gelten beide Ländlichen Frauenbildungsheime Oranienbaum und Sandersleben als Vorbilder für den Nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB), wie der auch im Roman als Figur aufscheinende Dr. Friedrich Hiller schrieb. (Die ländlichen Frauenbildungsheime in Anhalt, in: Neue Bahnen 49 (1938), Heft 3, S. 65-72). Wenn dieser prominente Mandatsträger der Partei schwärmt, „daß die vom Nationalsozialismus geforderte Einheit der Erziehung von Leib, Seele und Geist“ auch hier gewährleistet ist (S. 72), dann kann es mit dem inneren Widerstand der Leiterin beider Einrichtungen nicht weit her gewesen sein. Ergo: Es ist eine Behauptung der Autorin, die an der Geschichte etwas klittert.
Eine Ausnahme in der Charakterisierung durch Reflexion bildet das Verhältnis von Klara zum jüdischen Waisenmädchen Tolla. Klara wird wirklich tätig und entwickelt Muttergefühle für das Mädchen, das ihrerseits Klara als Mutter betrachtet. Umso erschütternder, dass Klara, als ihre Karriere durch Tollas Existenz bedroht ist, das Kind in ein jüdisches Waisenhaus gibt, nachdem sie erfahren hat, dass während der Reichspogromnacht auch Übergriffe gegen die Berliner jüdischen Waisenhäuser stattgefunden haben. Wohlgemerkt: nachdem. Alexa Hennig von Lange äußert im Interview: „Tolla symbolisiert für mich die Unschuld, die der Gesellschaft und auch Klara in dieser Zeit verloren ging. […] Als die Verhältnisse für die jüdische Bevölkerung dann immer gefährlicher werden, gibt sie Tolla schließlich als ihre eigene Tochter aus, weil sie denkt, das Heim sei ein sicherer Ort für sie. Doch irgendwann kann sie Tolla nicht mehr beschützen. Klara ist längst Teil des Systems geworden.“ Tolla (danke auch, dass die Autorin mich gleich darauf festlegen möchte, als was ich die >Figur betrachten soll) soll also als Allegorie auf die Gesellschaft fungieren, funktioniert so aber nicht. Denn dann wäre ja die Gesellschaft wie ein zehnjähriges Mädchen der Willkür der Nazis ausgesetzt und – unschuldig. Die Allegorie krankt also einmal daran, dass die Nazis nicht etwa Außerirdische waren, die das Deutsche Reich besetzt hätten, sondern sie waren Teil der Gesellschaft, ja: die Mehrheitsgesellschaft. Und zum anderen daran, dass die Preisgabe Tollas aus Feigheit 1938 oder 1939 geschieht, als zu einem Zeitpunkt, zu der Führungskader des NSLB wie Klara schon längst tragende Säulen des Systems geworden waren und man keineswegs mehr von „einer lebensfrohen, jungen Frau [..], die eben noch nicht so wissend ist, wie wir es heute sind“ sprechen kann (Zitat AHvL). Zwar spielt der Roman vor der Shoah, aber die Verdrängung der Juden aus Wirtschaft, Verwaltung und der bürgerlichen Existenz war zu diesem Zeitpunkt sichtbar abgeschlossen.
Das Hauptproblem mit Tolla aber ist der Gestus, es habe nicht in Klaras Macht gelegen, Tolla zu schützen: „Doch irgendwann kann sie Tolla nicht mehr beschützen. Klara ist längst Teil des Systems geworden.“ (AHvL) Richtiger formuliert muss es heißen, irgendwann wollte sie Tolla nicht mehr beschützen, doch Klara war Teil des Systems geworden. In der Diskrepanz dieser beiden Modalverben Können und Wollen liegt der Abgrund der Figur Tolla und der Kolportageerzählung über die Großmutter als heimliche Widerstandskämpferin. Klara und ihr Liebster Gustav „waren Trojanische Pferde, die sich ihre geheime Fracht bewahrten“ schreibt AHvL in einem ihrer schiefen Bilder (S. 276), das deshalb schief ist, weil im Innern des Trojanischen Pferdes Krieger sitzen, bereit zum Handeln. Was wäre es für ein Roman, wenn Klara das Mädchen zu beschützen versucht hätte! Welche Message liefert aber die feige Mitläuferhandlung einer keineswegs starken Frau, die im Roman auch noch die Klassifizierung als „feiner Mensch“ nicht ablehnt? S. 339: „Du bist ein feiner Mensch, Klara Möbius.“ – „Das stimmte vielleicht. Und doch war es unerträglich und ein Albtraum, ihre zehnjährige Tochter wegschicken zu müssen […]. Ab jetzt konnte sie gar nichts mehr für sie tun.“
Doch, kämpfen. Oder es wenigstens darauf ankommen lassen. Ein Risiko eingehen.
Die Autorin verwendet eine Quelle, und zwar die mündlich niedergelegten Erinnerungen ihrer Großmutter, um daraus eine Geschichte zu erzählen, die der Leserschaft eine bestimmte Zeit und eine Frau wie die Großmutter der Autorin näherzubringen. Da muss die Frage gestellt werden: wozu? Was erfahren wir über die Zeit oder die Frau, was wird literarisch verarbeitet, um einen höheren Sinn, eine ästhetische Qualität oder gar einen ethischen Komplex darzustellen?
Die Antwort darauf ist: nichts. Was wegen der fortwährenden exkulpatorischen Reflexion der Hauptfigur erreicht wird, ist die Erzählung einer in der Frauenbewegung des Nationalsozialismus engagierten, womöglich anfangs naiv-konservativen Frau, die im besten Fall verstrickte Mitläuferein war, im schlechtesten Fall eine karrierebewusste Kollaborateurin. „‚Die karierten Mädchen‘ ist das Ergebnis meiner Auseinandersetzung mit ihren Erinnerungen. […] Mein Buch ist der Versuch, mit meiner Oma über eine zutiefst verstörende Wahrheit ins Gespräch zu kommen.“ Dies schreibt AHvL im Nachwort (S. 366) und offenbart ihr völliges Versagen, den Dialog mit einer wie auch immer gearteten Wahrheit zu führen, weil sie die Antwort immer schon selbst gibt.
Was ist das für eine Wahrheit, mit der sich die Autorin auseinandersetzen möchte? Die Wahrheit über die Handlungsspielräume der Deutschen zwischen 1933 und 1945 oder die Wahrheit über die Großmutter und deren Handlungen in dieser Zeit? Die zweite Wahrheit sucht die Autorin nicht, denn sie hat ihre Erklärungen bereits in den Roman geschrieben: Klara ist eine heimliche Widerstandskämpferin, die nur mit den Wölfen heult, um – tja was eigentlich? Karriere zu machen? Klara ist nicht nur Nutznießerin des nationalsozialistischen Aufschwungs in Anhalt und in Deutschland, sondern sie sucht den Anschluss an diesen Aufschwung aktiv, um ihr Frauenheim weiterführen zu können. In der moralischen Abwägung, ob man mit den beschriebenen Nazis mitmachen und sie zu Hilfe rufen darf, um die materiellen Möglichkeiten zum Weiterarbeiten einer Hauswirtschaftsschule zu haben, deren Kindererholungsheim nur Mittel zum Zweck der Frauenschule ist, in dieser moralischen Frage hat Klara bereits versagt. Ein anständiger Mensch hätte sich eine andere Arbeit gesucht, um sich wenigstens die Hände nicht schmutzig zu machen. Indem die Autorin die zweite Wahrheit – über ihre Großmutter – als unwissentlich Verstrickte, als naive Mitläuferin ausfüllt, verhindert sie die Auseinandersetzung mit der Suche nach der ersten Wahrheit. Wie wäre ein anständiges Leben in der Zeit des Nationalsozialismus möglich gewesen? Welche Handlungsspielräume hatte man, welche Grenzen wurden dem Anständigen gesetzt und wie? All dies passiert in diesem Roman nicht – weder passiert es Klara noch der Autorin.
Soll die Moral von der Geschicht etwa lauten: „Was sollen wir armen Bürger machen“, wenn sie nicht im KZ enden wollen? „Darauf gab es nur eine Antwort. […] Wenn sie nicht so enden wollten wie der Pazifist, mussten sie sich anpassen und ihren inneren Widerstand für sich behalten.“ (S. 254) Wer darauf als Leser des Romans die Antwort gibt, es handele sich doch um eine wahre Geschichte, muss sich mit der Tatsache konfrontieren, dass erstens die Geschichte nicht wahr ist, wie AHvL selbst sagt, und dass zweitens nicht jede vermeintlich wahre Geschichte erzählenswert ist. Warum soll irgendjemand einen Roman lesen, in dem eine Mitläuferin zur heimlichen Widerstandskämpferin stilisiert wird und die Lehre des Romans zu sein scheint, dass die Nazis die anderen waren und man selbst keine Wahl hatte, als sich wegzuducken? Wer soll das lesen? Wem soll das nützen? Welche Kolportage lesen wir als nächstes – die Beichte eines Einsatzgruppensoldaten, der keine Lust am Erschießen von Juden und Partisanen hatte? Ach, Stopp: Den Roman gibt es, er wurde von Jonathan Littell geschrieben und heißt „Die Wohlgesinnten“. Zurecht preisgekrönt.
Diesen Roman kann man empfehlen, dazu freilich von Hans Fallada „Jeder stirbt für sich allein“ über normale Menschen und ihren echten Widerstand (auch eine wahre Geschichte) oder von Robert Merle „Der Tod ist mein Beruf“ über die Banalität des Bösen oder als wirklich lesbares Sachbuch von Norbert Frei „Der Führerstaat. Nationalsozialistische Herrschaft 1933–1945“ darüber, wie diese Zeit funktioniert hat.
Ein spannender Roman, basierend auf einer wahren Geschichte
Worum geht’s? Klara hatte in jungen Jahren ein bewegtes Leben zu Zeiten des Nationalsozialismus. Doch nicht alles, was sie getan und erlebt hatte, macht sie stolz. Es gibt Geheimnisse, die sie bislang niemandem anvertraut hat. Jetzt, mit über 90 Jahren ist sie blind und denkt zurück an die Zeit. Und sie beginnt, ihr Leben auf Tonband zu sprechen.
Meine Meinung: Mit „Die karierten Mädchen“ (DuMont Buchverlage GmbH & Co. KG, August 2022) startet Alexa Henning von Lange in ihre Romantrilogie um Klara und Gustav. Die Geschichte beruht auf dem wahren Leben ihrer eigenen Großmutter, die 130 Tonbandkassetten vollgesprochen hat. Da jedoch laut der Autorin auf den Kassetten einige Dinge ihres Erachtens weggelassen wurden, hat sie diese um die historischen Begebenheiten ergänzt.
Im Mittelpunkt des Romans steht Klara. Sie ist 93 Jahre alt und blind, als sie an ihr Leben zurückdenkt. Ihren 4 Kindern hat sie nie viel über ihre Vergangenheit erzählt und aus einer spontanen Eingebung heraus beginnt sie, ihr Leben auf Tonband aufzusprechen. Dass es sich hierbei um eine wahre Geschichte handelt, finde ich besonders spannend. Meine Oma hat selbst nie viel von dieser Zeit und ihrer Flucht erzählt. Die Bilder müssen einfach zu schrecklich gewesen sein, um sie wieder hervorzurufen. Daher finde ich es umso spannender, dass die Autorin die Erlebnisse ihrer Oma zu Papier bringt. Dabei behandelt sie einige interessante geschichtliche Themen. In diesem ersten Teil noch nicht den Krieg selbst, aber den Stand der Frauen im Naziregime. Nachdem diese zuvor angefangen hatten, selbstständig zu werden und Berufe zu ergreifen, sollten sie nun wieder zurück an den Herd, „nur“ eine Mutterrolle einnehmen und sich dem Mann unterordnen. Wie das Regime nach und nach auch auf die Erziehungsheime Einfluss genommen hat. Dann hat die Autorin die Anfänge der Verfolgung der Juden wieder lebendig gemacht, Szenen, die in ihrer Deutlichkeit besonders grausam vor meinen Augen erschienen sind. Und das Wegsehen der Menschen, teils sicher aus nicht sehen wollen, teils aber auch aus Angst, selbst angeprangert zu werden und keinen Platz mehr in der Gesellschaft zu finden.
Sehr berührend fand ich auch, wie sich Klara Tolla angenommen hat und sich von ihr trennen musste. Besonders in Bezug auf diese Geschichte bin ich schon sehr gespannt auf den zweiten Teil der Trilogie. Die Autorin hat die 1920er-1935er wirklich authentisch dargestellt. Auch die Geschichte, wie Klara und Gustav sich kennengelernt haben, hat mir gut gefallen. Und die anderen Charaktere, allen voran Klaras Kollegin und Freundin Susanne, waren einfach nur toll. Das Buch war erhellend aber auch erschreckend. Emotional im Guten wie im Schlechten. Und zu wissen, dass eine wahre Geschichte dahintersteckt, bringt einem alle Bilder und Gefühle aus dem Buch noch näher. Ich kann es nicht erwarten, dass der zweite Teil erscheint, weil ich unbedingt wissen möchte, wie Klaras Weg weitergeht, was mit Tolla ist und wie sie alle den 2. Weltkrieg erleben und überleben werden!
Fazit: „Die karierten Mädchen“ von Alexa Henning von Lange ist der erste Teil ihrer Trilogie um Klara und Gustav. Klara ist eine junge Frau, die mehr durch Zufall die Leitung eines Erziehungsheims übernimmt, das dann in die Hände des Naziregimes fällt und das sie, um nicht aufzufallen, offiziell in deren Sinn weiterführt, obwohl sie selbst gegen das Regime ist und ein jüdisches Ziehkind hat. Im Mittelpunkt steht die Liebesgeschichte von Klara und Gustav, doch diese wird getrübt durch die Verfolgung der Juden, die ersten Deportationen und das Erstarken der Nationalsozialisten in Deutschland. Klara und Gustav treten der Partei bei, um zu überleben und in der Gesellschaft anerkannt zu sein. Die Autorin stellt die Geschehnisse dieser Zeit in ihren beschriebenen Szenerien so lebendig dar, dass es einem richtig kalt wird, so grausam war es damals. Und wenn man dann im Hinterkopf behält, dass alles auf der wahren Geschichte der Großmutter der Autorin basiert, in die sie ein paar geschichtliche Ereignisse mit eingebaut hat, wird einem noch kälter ums Herz. Mit ihrem Roman hat mich die Autorin mitgenommen in eine Zeit des Wandels und auch eine Zeit des Schreckens. In eine Zeit der Liebe, der Mutterliebe und in eine Zeit des Verlusts. Und ich bin schon sehr gespannt, wohin uns der zweite Teil führen wird!
5 Sterne von mir für diese eindrucksvolle und unter die Haut gehende Lebensgeschichte von Klara!
Der Klappentext klang interessant: eine alte blinde Frau spricht ihre Lebenserinnerungen auf Kassetten, beginnend 1929 und es geht um ein Geheimnis, das die Familie nicht kennt. Die Autorin hat die Geschichte an die reale Geschichte ihrer Großmutter angelehnt. Das sprach für historisch interessante Lesestunden. Der Schreibstil der Autorin läßt sich auch wirklich gut lesen, so dass man immer weiter liest, denn es wird auf zwei Zeitebenen - jetzt und in den 1930 zigern erzählt. Im Laufe der Geschichte kam es aber anders, als ich es vorher gedacht hatte. Die Protagonistin Klara entwickelt sich während und nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten gelinde gesagt zur Mitläuferin, was sie in Gegensatz zu ihrer besten Freundin Susanne setzt, die das Kinderheim, das sie leiten nicht den Machthabern unterordnen möchte. Klara gibt sich unpolitisch bis desinteressiert, versteckt aber ein jüdisches Mädchen - was aber nicht den historischen Tatsachen der Großmutter der Autorin entspricht. Sehr viel Spannung steckt nicht in der Geschichte und je länger sie dauert, desto mehr bekommt man den Eindruck, sie dient eher der Rechtfertigung, nicht anders gekonnt zu haben, denn wirklich etwas bewegen zu wollen. Das ist schade, denn die Idee an sich ist klasse. Antworten auf die damals und auch heute noch wichtigen Fragen - hat man nicht anders gekonnt? Was wäre vielleicht zu tun gewesen? Etc. werden nicht gestellt und beantwortet. Auch von der alten Frau, die die Kassetten bespricht kommt, zumindest im ersten Teil, eine Reflektion nicht wirklich vor. Vielleicht kommt das im nächsten Teil, doch hier habe ich es als sehr schade empfunden. Deshalb von mir nur 3 *** und die Hoffnung, die Autorin möge im nächsten Teil ein wenig mehr historischen Tiefgang in die Figuren legen.
In "die karierten Mädchen" erzählt die Überneunzigjährige Klara ihre Lebensgeschichte - oder besser den ersten Teil davon, denn der Roman ist der Auftakt einer Trilogie. Klara basiert dabei auf der Großmutter der Autorin, die im hohen Alter ihre Geschichte auf über 100 Kassetten aufgenommen hat. Dennoch ist es keine Biografie, denn Stellen, die die reale Dame ausgelassen oder umschifft hat, werden in der Fiktion aufgefüllt.
Was es für Einige schwer macht, das Buch zu mögen: Es ist keine Helden- und keine Opfergeschichte. Es ist eine Geschichte über eine junge Frau, die versucht, sich mit der NS-Zeit zu arrangierren, ohne die Werte zu vertreten, aber ohne sich selbst in unmittelbare Gefahr zu begeben. Also über das, was niemand gerne zugegeben hat, dass er das in den Dreißigern gemacht hat.
Die Geschichte beginnt 1929, Klara ergattert eine der raren Stellen als Hauswirtschaftslehrerin in einem Kurheim für tuberkulosekranke Kinder. Nach dem Tod der Heimleiterin nimmt sie Klara deren Position ein. Als ein kleines, jüdisches Mädchen ohne Mutter und ohne Recht auf Fördergelder abgegeben wird, nimmt Klara dieses auf und zieht es wie eine Tochter auf. Als Jüdinnen und Juden immer weiter aus dem öffentlichen Leben verbannt werden, wird dies zunehmend zum Sicherheitsrisiko. Klara möchte das Leben des kleinen Mädchens schützen, aber auch ihr eigenes und ihre, mittlerweile recht hohe, Position in der nationalsozialistischen Frauenbildung, welche ihr täglich Brot ist.
Die Geschichte ist in einem angenehmen Stil erzählt, auch die Leserin Tessa Mittelstaedt sorgt für ein ansprechendes Hörerlebnis, auch wenn ich teilweise Probleme mit der Aussprache mancher Worte hatte, was aber vermutlich eher an meinem eigenen Dialekt liegt.
Die Geschichte an sich fand ich spannend und bewegend, auch wenn man hier nicht, wie oben schon beschrieben, die Geschichte einer Heldin liest, die bereitwillig ihr eigenes Leben aufs Spiel setzt. Anfangs will sie nur ihre eigene Haut und die ihrer Kolleginnen retten, geht eine Verbindung mit den Nazis ein und als sich die Ereignisse immer mehr zuspitzen, wird auch sie immer tiefer hineingezogen. So interessant ich diese Darstellung fand, waren sowohl die Protagonistin als auch die Erzählung reichlich naiv. Besonders gestört hat mich, dass es fast nur schwarz oder weiß gibt. Die Leute sind entweder "die Nazis" oder sie finden deren Ideen ganz absurd. Niemand sagt sowas wie "das ist ja schon ein bisschen krass, ABER". Die Einordnung ist ganz leicht. Und warum Klara sich dann mit so wenig Reflektion unterordnet und gleichzeitig ohne Konsequenzen bleibt, fand ich schon etwas fragwürdig.
Dennoch konnte ich ihre Motive im großen Ganzen nachvollziehen und fand auch ihre persönliche Beziehung zu ihrer Ziehtochter sehr berührend.
Ich bin sehr gespannt, wie die Geschichte sich noch weiter entwickeln wird und ob sich die Figur der Klara noch bedeutend weiterentwickeln wird, denn die weiteren Teile der Trilogie möchte ich auf jeden Fall lesen (oder wieder hören, mal sehen).
Die 90jährige Klara spricht ihre Lebenserinnerungen auf Kassetten, für ihre Kinder, Enkelkinder und bald auch ein Urenkel. Sie macht auch im hohen Alter einen selbstbewussten, fast strengen Eindruck. Alles muss ordentlich und geregelt sein. Sie war in ihren jungen Jahren Lehrerin für Hauswirtschaft in einem Kinderheim. Dort wurden kranke Kinder betreut und gleichzeitig Mädchen als Hauswirtschafterinnen und Kinderpflegerinnen ausgebildet. Ein kleines Waisenmädchen nimmt sie als ihre Tochter an. Mit den Jahren übernimmt sie die Verantwortung für das Haus. Es wird wirtschaftlich immer schwieriger und sie beginnt mit den neuen Machthabern zu lebäugeln. Zu spät merkt sie das diese eine Gefahr für ihre Tochter darstellen, denn Tolla ist Jüdin von Geburt. Dieses Buch basiert zum Teil auf den Kassetten die die Großmutter der Autorin besprochen hat. Es ist ein Versuch ,das Verhalten der Menschen die keine Widerständler und keine begeisterten Mitläufer waren, zu erklären. Denn diese Frage treibt viele Menschen heute um. Habt ihr es nicht kommen sehen, warum habt ihr euch nicht gewehrt, warum habt diese Partei gewählt, warum habt ihr nicht die Notbremse gezogen, warum habt ihr mitgemacht? Alle diese Fragen möchte man der Großelterngeneration stellen. Antworten können sie in den meisten Fällen nicht mehr geben. Denn am Beispiel von Klara wird klar, Viele waren politisch unbedarft. Viele hatten nicht genug Vorstellungskraft, andere dachten vielleicht so schlimm kann es nicht werden. Klara ist eine Figur ihrer Zeit. Strebsam, ordentlich, verantwortungsbewusst gegenüber ihrer Familie. Ihre Entscheidung ihr Schweigen zu brechen und ihre Geschichte erst der Nachwelt zu erzählen passt gut dazu. Denn wir wissen Menschen die diese Zeit erlebt haben, sprechen in den meisten Fällen nicht darüber. Daher empfinde ich dieses Buch als spannend denn Klara könnte auch meine Großmutter sein. Das kleine jüdische Mädchen ist eine erfundene Figur, sie stellt sehr gut den Zwiespalt dar in dem sich Klara befindet, zwischen dem wirtschaftlichen Wohlergehen und ihrem Gewissen. Der Schreibstil passt zu der Protagonistin, er wirkt etwas zurückhaltend, ernsthaft. fast streng. Die Geschichte von Klara endet nicht mit diesem Buch, wir können erfahren wie ihr Leben bis heute sich entwickelt hat.
Klara ist über neunzig Jahre alt, als sie beginnt ihr Leben auf Kassetten zu sprechen. Ihren Kindern und Enkeln ist die alte Frau stets unnahbar und kühl gewesen, auf diesem Weg möchte sie ihrem Nachwuchs ihre Geheimnisse im Leben anvertrauen. 1929 erhält Klara trotz der Weltwirtschaftskrise einen Job im Kinderheim Oranienbaum. Sie ist überglücklich und hat sogar Geld zur Verfügung, dass sie ihrer Familie heimschicken kann. Doch dann kommen Menschen an die Macht, die dem Kinderheim und Klara, die mittlerweile Leiterin ist, alles abverlangen. Wenn das Kinderheim nicht schließen soll, muss Klara alles dafür tun die neuen Machthaber zufrieden zu stellen. Ihr Mündel, das jüdische Mädchen Tolla gerät bald in Gefahr und Klara und ihr Freund Gustav müssen sich unbedingt etwas für die Zukunft des Mädchens überlegen...
Dieses Buch ist eine Mischung aus Fiktion und der wahren Geschichte der Großmutter der Autorin, die ihr Leben tatsächlich auf Kassetten aufgenommen hat! So erhält man als Leser einen ganz besonderen Einblick in die Zeit von 1929 bis nach der Machtergreifung Mitte der 30er Jahre. Der Schreibstil ist eher distanziert aber dennoch gut und einfach zu lesen. Die Autorin beschreibt ihre Großmutter selbst als eher unnahbare Person und so ist es verständlich, wenn auch schade, dass Klara dem Leser eher fremd bleibt. Dafür wird ungeschönt von Deutschlands Vergangenheit berichtet und wie es den "einfachen Menschen" damals ergangen ist. Es wird beschrieben wie naiv Klara zu Anfang ist und die drohende Gefahr weder einschätzen noch sehen kann und erst als es eigentlich schon zu spät ist, beginnt Klara zu begriefen was es für sie und das Heim zu bedeuten hat das diese Menschen nun an der Macht sind! Besonders gut gefallen hat mir dabei wie ehrlich die Autorin vorgeht und ihre Großmutter nicht zur strahlenden Heldin und Wiederstandskämpferin macht, sondern sie als einer ganz normale Frau beschrieben hat, die irgendwie versucht in dieser Zeit klarzukommen und das Beste für sich und die Heimkinder zu erreichen.
Fazit: Eine sehr interessante und ehrliche Geschichte zwischen Fakten und Fiktion, mit einem interessanten Nachwort der Autorin. Ich empfehle das Buch gern weiter und freue mich schon auf den zweiten Teil!
Die karierten Mädchen von Alexa Hennig von Lange ist in der Hörbuchfassung von Tessa Mittelstaedt gesprochen. Ich höre Hörbücher meist in einer schnelleren Geschwindigkeit, bei diesem Buch in doppelter Geschwindigkeit. Mir sind Hörbücher meist zu langsam eingesprochen. Die Stimme der Sprecherin kann ich daher nur bedingt einschätzen, aber auch bei höherer Geschwindigkeit war diese noch sehr angenehm zu hören. Betonungen kamen gut heraus und haben den Inhalt unterstützt. Dieses Buch ist der Auftakt einer Trilogie, die sich an den Lebenserinnerungen von Alexa Hennig von Langes Großmutter inspiriert, die diese im hohen Alter auf mehr als 130 Tonbandkassetten aufgenommen hat. Ein besonderes und emotionales Highlight des Hörbuchs war es einen Ausschnitt aus eben diesen originalen Aufnahmen zum Ende des Buches hören zu können. Dass die Geschichte aus wahren Begebenheiten inspiriert wurde, hat die eindringliche Erzählung authentischer und emotionaler werden lassen. Die Geschichte um Klara beginnt in diesem Buch in einer Zeit voller Furcht, Hoffnung und Schweigen. Klara ist eine durch und durch sympathisch, authentische und charismatische Protagonistin, die ich gern begleitet habe. Sie ist facettenreich und lebensnah dargestellt, orientiert an der Großmutter der Autorin. Der Schreibstil der Autorin ist ebenfalls eingängig und leicht zu verfolgen, auch durch die hervoragende Arbeit der Sprecherin Tessa Mittelstaedt. Die Handlung des Buches war packend, hat die Stimmung dieser Zeit und das Entsetzen, das Erstarren vieler Menschen gut wiedergegeben. Der Wechsel zwischen Erzählungen und Gegenwart der über 90-jährigen Klara haben mir gut gefallen, sie haben die Atmosphäre insgesamt ein wenig aufgelockert. Ich bin sehr gespannt, wie es in Klaras Leben weiter geht und freue mich auf den nachfolgenden Band der Trilogie!
Das Cover ist mir besonders die Aufteilung direkt ins Auge gefallen. Das Buch beginnt in der Gegenwart. Hauptfigur des Buches ist die 92-jährige Klara. Sie ist Witwe und seit ein paar Jahren erblindet. Durch einen Schwächeanfall fühlt sie sich kurzfristig in die Vergangenheit versetzt. Eine Vergangenheit, von der ihre Kinder nichts wissen. Sie beschließt in Leben aufzunehmen. Der Leser begleitet sie sowohl in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit. Der bildhafte und leichte Schreibstil hat mich sofort ins Buch gezogen. Die Charaktere, besonders die Hauptfigur, hat man vor Augen. Besonders Klara gefällt mir sehr. Als junge Frau ist sie Lehrerin. Die Mädchen, die sie unterrichtet, sind ihr ans Herz gewachsen und nicht nur sie. Für ihre Mädchen tut sie alles, auch ihre Seele verkaufen? Zum Glück haben wir diese furchtbare Zeit nicht miterleben müssen. Es würde wohl jeder seine Lieben und was ihm am Herzen liegt schützen wollen. Was hat sie erlebt, warum nagt es an ihr? Mir hat das Buch gut gefallen, auch der Wechsel zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit. Ich habe mitgefiebert, mitgelitten, konnte die Charaktere, Umgebungen vor mir sehen. Immer wieder habe ich mich in die damalige Zeit und die Menschen hineinversetzt und mich gefragt, wie ich agiert hätte.
Die neunzigjährige und nun erblindete Klara beginnt ihr Vergangenheit auf Kassetten aufzuzeichnen. So nimmt sie uns Leser mit in die Anfänge der 1930er Jahre, wo die verantwortungsbewusste Klara schon in einem jungen Alter ein Kinderheim leitet. Nachdem das Waisenkind Tolla in das Heim gekommen ist und sich nur von Klara beruhigen ließ, kümmerte sie sich um sie wie eine eigene Mutter. Da Tolla jedoch ein jüdisches Kind ist, wird dies mit dem Aufkeimen des nationalsozialistischen Regime immer schwieriger. Die Protagonisten gefallen mir gut und auch die Handlungen wirken durchaus realistisch. Allerdings bin ich im Hinblick auf die Darstellung von Klara etwas zwiegespalten. Auf der einen Seite ist sie eine unglaublich starke und seriöse Frau, die aber auf der anderen Seite mit den Nationalsozialisten zusammen arbeitet bzw. arbeiten muss. Aber wer würde sich trauen, sich dem Regime entgegenzustellen und sein eigenes Leben in Gefahr zu bringen? Sicher ging es damals vielen Menschen ganz ähnlich. Fazit: Ein schönes Lesevergnügen, das zum Nachdenken anregt. Ich bin gespannt auf die nächsten zwei Teile.
De flaptekst klonk erg interessant dus ik was erg benieuwd naar dit verhaal. Klara, ondertussen een oude, blinde vrouw, neemt haar herinneringen op, op cassettebandjes. Dit doet ze vanaf 1929. Hierbij gaat het om een geheim wat haar familie niet kent.
Het verhaal komt rustig op gang en het wisselt soms qua tijd. Dan ben je opeens weer in het heden, op het moment dat Klara haar verhaal aan de cassettebandjes toevertrouwd. Dit vond ik soms wat verwarrend.
Klara heeft een groot geheim en doet er alles aan om dit geheim verborgen te houden. Als het nazi-regime opkomt toont Klara zich erg volgzaam. Ze is ondertussen directrice van het kindertehuis waar ze werkzaam is. Om het financieel te redden moet ze overgenomen worden door de staat, maar dan komen de problemen pas. Haar vriendin en collega Susanne wil zich niet naar het nazi-regime voegen en dit zorgt voor strubbelingen.
Sommige stukken vond ik iets te ver uitgeweid en hadden wat mij betreft wel wat beknopter gemogen. Ook had ik het gevoel alsof de auteur wilde goed praten wat er met het Joodse meisje Tolla gebeurd is. Ook miste ik aan het einde eigenlijk de verhaallijn van Tolla, vooral omdat de auteur aangeeft dat ze Tolla toegevoegd heeft aan de memoires van haar oma. Dan had ik het zelf wel prettig gevonden als er toch een verhaallijn is waar je als lezer meer te weten komt hoe het Tolla vergaan is. Dit geeft mij een onbevredigend gevoel.
De personages zijn wel goed uitgewerkt en ik kon tijdens het lezen begrip opbrengen voor de beslissingen die Klara gemaakt heeft.
Echter, ondanks het onbevredigend gevoel, was het verhaal wel interessant genoeg om steeds verder te willen lezen.
Dit boek ontvingen wij van A.W. Bruna uitgevers als recensie-exemplaar. Dit beïnvloedt onze mening niet.
Die Geschichte basiert auf der wahren Lebensgeschichte von Hennig von Langes Großmutter, allerdings ist Tollas Geschichte, die hier schon einen großen Raum einnimmt, wohl fiktiv.
Ich konnte gut nachvollziehen, wie Klara durch ihre Anstellung beim Freistaat Sachsen-Anhalt immer mehr Kompromisse macht, um ihren Job zu behalten, "ihre" Mädchen beschützen zu können und einfach nur ihr Leben leben zu können.
Ich habe mich oft gefragt, wie ich mich an ihrer Stelle entschieden hätte. Auch die Liebesgeschichte zwischen ihr und dem "kleinen Lehrer" konnte ich gut nachvollziehen.
Trotzdem ist die Geschichte für mich nicht wirklich in sich abgeschlossen - ja, ich weiß, das ist Teil 1 einer Trilogie, aber ich hätte mir irgendwie einen besseren Abschluß gewünscht. Ich fand es auch nicht ganz ohne, keine seichte Kost, weshalb ich jetzt erstmal Pause mache und nicht gleich den nächsten Teil hören werde - ich brauche jetzt zur Abwechslung mal etwas Locker-Leichtes.