Am 18. Februar 1882 besteigt Karl Marx in Marseille den Dampfer «Said» und verlässt zum ersten Mal Europa. Den Tod seiner Frau Jenny drei Monate zuvor hat er nicht verwunden. Er ist krank und hofft auf Genesung in Algier. Während er dort die Eindrücke der neuen Kultur auf sich wirken lässt, zieht er unsentimental eine Art Resümee seines Daseins und Wirkens. Uwe Wittstock erzählt lebendig und fesselnd von der letzten großen Reise des großen Denkers und blickt mit ihm zurück auf sein außergewöhnliches Leben.
Als Karl Marx 1882 im Hafen von Algier an Land geht, wird er von einem einstigen sozialistischen Untergrundkämpfer empfangen. Doch von politischem Kampf kann für Marx keine Rede mehr sein. Mit Europa hat er die ideologischen Schlachtfelder hinter sich gelassen, der Arzt hat ihm alle geistigen Anstrengungen verboten. Was bleibt ihm übrig, als sich Erinnerungen hinzugeben? Anhand von teils unpublizierten Quellen schildert Uwe Wittstock die Monate in Algier und beleuchtet zugleich das Leben dieses ebenso oft überhöhten wie vorschnell verdammten die wilden Studienjahre in Bonn und Berlin, Marx’ frühe poetische Ambitionen, seine seltsam bremsende Rolle im Revolutionsjahr 1848, dann das ewige Exil, die Zumutungen der Armut. Warum blieb Marx fast lebenslang politisch isoliert, und wieso ließ er sein Hauptwerk, das Kapital, unvollendet liegen? Am Schluss seiner Zeit in Algier geht Marx zum Barbier und lässt sich seinen Revolutionärsbart Ein später Widerruf?
Uwe Wittstock (b. 1955) is a literary critic and writer, he was editor of "Focus", he has worked as literary editor for the FAZ, as editor at S. Fischer and as deputy head of feature pages and cultural correspondent for the "Welt". He was awarded the Theodor Wolff Prize for Journalism.
Das letzte Foto, das es von Karl Marx gibt, hat der algerische Fotograf Dutertre 1882 aufgenommen. Der schwerkranke Marx hatte sich kurz vor seiner Abreise aus Algier fotografieren lassen und war unmittelbar darauf zum Barbier nebenan gegangen, um sich seine berühmte Haarpracht und den Bart stutzen zu lassen. Uwe Wittstock fragt sich in seinem Buch, warum sich Marx den legendären Bart abnehmen ließ, ein Markenzeichen aller Revolutionäre des 19. Jahrhunderts. Er spekuliert, „die eigenen Zweifel an seinen politischen Prognosen [seien] zu groß geworden“, die Fotografie vor der Rasur habe sein Selbstbild „gewissenhaft konservieren“, die Rasur die tiefgreifende Veränderung ausdrücken sollen. Nun ja, vielleicht war das so. Uwe Wittstock versucht das mit Stellen aus einem Brief an Engels zu belegen. Vielleicht war er aber auch nur ein todkranker, einsamer, melancholischer Mann, der seinen erfolglosen Erholungsaufenthalt in Algier mit einem radikalen Zeichen abschließen wollte. Der große Mann mit „Prophetenbart“ wollte er nicht mehr sein. Wie auch immer. Die radikale Veränderung des Äußeren dient auf alle Fälle als Aufhänger und als Bindeglied zwischen den beiden Teilen des Buches. Zum großen Teil ist es Biographie – mit Lebensstationen, politischem und gesellschaftlichem Hintergrund, grundlegenden Aussagen zu den politischen Theorien von Marx. Zu einem kleineren Teil aber auch romanhafte, szenische Darstellung der Reise nach Algier. Zu Beginn sind die beiden Teile noch eng miteinander verbunden, später wechseln sie sich einfach ab. Zwei Bücher in einem. Beeindruckend für mich ist vor allem der erzählende Teil. Die Biographie: immerhin Bildungslücken geschlossen. Nach den so hervorragenden Büchern „Februar 33“ und „Marseille 1940“ ein bisschen enttäuschend. Erstmals erschienen ist es im Marx-Jahr 2018 unter einem ähnlichen Namen bei Blessing und nach Aussagen des Autors in der Flut der Marx-Biographien untergegangen. Nach dem Erfolg der beiden anderen Bücher wurde es bei C.H. Beck in einer revidierten Fassung 2025 wieder aufgelegt. Ich wünsche mir von Uwe Wittstock, der Zeitgeschichte so hervorragend erzählen kann, eine Art Fortsetzung von „Marseille 1940“. Wie ging es weiter mit den Geretteten in den USA, Mexiko und anderswo?
Biografisch halbwegs interessant, auch wenn der Autor sich immer wieder Mal in psychologisierender Motiv-Deutung verliert. Die Teile zur Theorie Marx‘ sind allerdings unterdurchschnittlich. Man bekommt den Eindruck, das der Autor sich nicht direkt mit Marx Werk beschäftigt hat, sondern nur mit Werken über Marx‘ Theorie
Es handelt sich um eine ganz normale Biographie über Marx, angereichert mit etwas Algierstoff, der nach jedem Kapitel eingefügt wurde. Nicht was ich erwartet habe, aber dennoch lesenswert, wenn man mal etwas über den Protokommunisten erfahren will.
Seems like an unfiltered, respectful and also critical biography of Karl Marx. Chapters playing in Algier seem like empty fillers though. Short, not much content. The biographical chapter although are very raw, interesting, explain Marx’s philosophy well and hit emotion.