Lili zieht ins Altersheim, um ihrem pflegebedürftigen Mann zur Seite zu stehen. Ihre Familie sucht jemanden, der sie regelmäßig besucht und ihr im Alltag hilft. Die Ich-Erzählerin «Ich bin dieser Jemand.» Sie wohnt mit Lilis Enkelin Sophie im selben Haus, gemeinsam ziehen sie deren achtjährigen Sohn Eric groß. Doch sie hat eine Stelle in einer fernen Stadt gefunden und zögert nun, den beiden zu gestehen, dass sie bald wegziehen wird. Sie kümmert sich um den klugen, besserwisserischen Eric und die stets klagende Lili. Sie führt flüchtige Gespräche mit einem Kellner, der wie sie von anderswo kommt. Gleichzeitig gewöhnt sie sich nur schwer daran, dass ihre zehn Jahre jüngere Schwester kein Kind mehr ist. Sie ringt mit der verblassenden Freundschaft zu Sophie und mit der Tristesse des Altersheims zwischen Temesta und Kartenspiel. Als Lili schließlich stirbt, wagen die jungen Frauen einen Neubeginn. Mit realistischem Blick und poetischer Sprache beleuchtet Meral Kureyshi das Leben von Frauen über mehrere Generationen und entfaltet ein Panoptikum der Familie in der heutigen Zeit.
Meral Kureyshi, geboren 1983 in Prizren im ehemaligen Jugoslawien, lebt seit 1992 in Bern. Nach Abschluss des Studiums am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel gründet sie das Lyrikatelier in Bern.
Porträt der Autorin von Alexander Sury im «Bund»: «Gedichte hat sie wie Luft eingeatmet»
Ziemlich das ganze Plot steht in der Beschreibung. Das Lesen hat trotzdem Spass gemacht, auch wenn ich mich anfangs vor der poetischen Sprache gefürchtet habe.
Ein Roman wie hundert Gedichte aneinander. An einem Stück im Zug gelesen und danach bereuen, es an einem Stück gelesen zu haben. Als würde es den Worten nicht gerecht werden. Jetzt mit salzigen Lippen durch das Zugfenster schauen. Fast schon kitschig.
Das Buch hat mir sehr gefallen. Ihre Art zu schreiben, hat mich an ein Gedicht erinnert. Die thematisierten Bereiche des Lebens, welche im Verlauf auftreten, wurden gut behandelt und ich fand sie passend.
4.5: Ein unaufgeregtes, aber wunderschönes und rührendes Buch über generationsübergreifende Freund*innenschaften und Familie über Blutsverwandschaft hinaus. Das einzige was ich etwas schade fand war, dass es sich für mich etwas amatonormativ und unnötig angefühlt hat, dass die Erzählerin und Sophie am Ende des Buches beide Männer kennenlernen und mit ihnen (vermutlich) neue Beziehungen haben, in einem Buch das sonst romantische Beziehungen auf so wundervoller Art dezentriert.
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Ich fand es ein sehr schönes Buch. Meistens nachdem ich ein Buch fertig gelesen habe und es zur Seite gelegt habe, weiss ich nicht mehr detailliert um was es ging, aber erinnere mich immer an das Gefühl, das ich hatte während dem Lesen. Ich habe mich sehr verstanden von diesem Buch gefühlt.
Es hat mich getröstet. Ich habe das erste Mal eine Trennung durchgemacht, und viele kleine Sätze im Buch sind mir sehr nahe gekommen. Hier ein paar Beispiele. Vor allem Sätze die über die Zeit und die Vergänglichkeit des Lebens gingen, sind mir geblieben:
"Danach war er tot, was immer das bedeutet, zu sterben, zu gehen, alle zu verlassen und alles zu hinterlassen, jedes Wort, das ganze Leben."
"Manchmal weiss ich nicht, wo ich bin, warum das Ganze, warum hier und jetzt. Vielleicht gibt es keinen Grund, den ich so sehnlich suche. Vielleicht ist es einfach nur zufällig so, wie es ist. Das glaube ich aber auch nicht."
"Die Zeit bleibt immer nur dann stehen, wenn ich es nicht will."
"Manchmal geschieht nichts einfach nur so, es fühlt sich an, als würde die ganze Welt nur etwas tun, damit dann etwas anderes passieren kann."
Die Ich-Erzählerin pflegt eine ältere Frau, Lili, und wir bekommen ihre Beziehung und einzelne Szenen im Altersheim mit, welche ich sehr eindrücklich fand.
"Wir Alten gehen vergessen, sagt sie, doch wir vergessen nicht, das ist das Traurige."
"Nichts, sagt Lili. Ich bin nur sehr glücklich, wenn ihr da seid, und vermisse euch, wenn ihr aus der Tür geht. Warte darauf, dass ihr wiederkommt. Ich bin einsam, das ist alles."
Ich habe so viele Sätze in diesem Buch markiert. Auch einmal cool ist, dass das Buch teilweise in meiner Gegend spielt, die Orte wurden nie benannt, aber das Münster, und eine Fährenfahrt auf der Aare ist vorgekommen, ich nehme an das Zehendermätteli. Dieses Nicht Benennen der Orte geben dieser Geschichte etwas Traumhaftes, in dem ich sehr gerne versunken bin.
Nebst dem Einfinden der Ich-Erzählerin in einer neuen Kultur, dem Zurechtfinden in den Mitmenschen um sich und die poetischen Gedanken über die Liebe und das Leben, finde ich auch Meral Kureyshi's Sprache höchst spannend. Oft sind die Sätze der Grammatik Norm etwas abgewichen, sie stehen etwas schräg. Sätze ohne Verben, die ein leises Bild zeichnen, das dadurch aber an gewaltiger Kraft gewinnt, und mich mitgerissen hat. Definitiv eines meiner Lieblingsbücher dieses Jahr, das kann ich jetzt schon sagen.
Und die Charaktere erst! Wie lieb ich die gewonnen habe. Der Kellner, Eric, Lili. Sophie, Nuria, Ich-Erzählerin. Ich war auch an der Vorlesung im PROGR, wo Meral Kureyshi über ihr Buch erzählt hat. Die Ich-Erzählerin hätte sie am wenigsten gerne, man könne sie auch als "Sony" bezeichnen, eine Kamera, durch die sie diese Welt kennenlernt. Die Autorin ist auch so eine sympathische Person, lustig, ehrlich und offen. Ich habe Lust bekommen ihre weiteren Büchern zu lesen, und werde meinen Freunden dieses Buch in die Hand drücken.
In wunderbarer, fast poetischer Sprache wird die Geschichte einer jungen Frau erzählt, die als Gesellschafterin einer alten Frau arbeitet, mit der sie auf den ersten Blick nicht viel zu verbinden scheint — bis sich herausstellt, dass beide eine grosse Liebe verloren haben. Sehr vieles bleibt bloss angedeutet, und trotzdem lernen wir die ich-Erzählerin und ihr ungewöhnliches Leben Stück für Stück kennen.
Mein bisheriges Lieblingsbuch von Meral. Viel passiert nicht im Aussen, aber in der Protagonistin auf eine unaufgeregte Weise schon. Wunderschön- poetische Sprache, cute Bezüge zu Bern, herzige Menschen - Konstellationen. Endlich ein Roman der von einer eigenen Art von Familie erzählt, einer die die beteiligten Menschen aktiv schufen. Auch die Figuren für sich alleine stehend sind eigen und dadurch relateable. Sehr lesenswert für Menschen die Details und Langsamkeit und Sprache mögen.
definitiv mein neues lieblingsbuch! genau so möchte ich mich beim lesen eines buches fühlen und gleichzeitig bricht es mir das herz wenn es zu ende ist!
„Im Meer waren wir nie“ ist ein autofiktionaler Roman, der durch seine kunstvolle, poetische Sprache und seine melancholische Atmosphäre besticht. Die Geschichte wird nicht in einer klassischen Erzählweise präsentiert, sondern in Szenen, welche die Lesenden tief in das Leben einer besonderen Gemeinschaft eintauchen lassen.
Inhaltlich dreht sich das Buch um eine namenolse Ich-Erzählerin, die nach Lili schaut, einer alten Frau, die mit ihrem kranken Ehemann Emil ins Altersheim zieht. Die Erzählerin kennt Lili und ihre Familie bereits gut, insbesondere Sophie, Lilis Enkelin, mit der sie seit ihrer Kindheit befreundet ist. Sophie lebt mit ihrem achtjährigen Sohn in demselben Haus, und die Erzählerin kümmert sich oft um den kleinen Jungen.
Die Sprache des Romans ist berührend, poetisch und melancholisch, was die emotionale Tiefe der Geschichte unterstreicht. Die Szenenartige Erzählweise fordert Konzentration, doch sie ermöglicht es, die Figuren und ihre inneren Welten intensiv zu erleben. Das Buch schafft eine intime Atmosphäre, in der die Grenzen zwischen Realität und Erinnerung verschwimmen.
„Im Meer waren wir nie“ ist ein kunstvoll erzählter Roman, der durch seine sensible Sprache und die authentische Darstellung menschlicher Gefühle beeindruckt. Ein Buch, das zum Nachdenken anregt und einem durch seine poetische Melancholie berührt.
A beautiful book. It took me a while to get into the main character's head. She was thirty-eight, but didn't really fit how I would imagine a thirty-eight year old would think. Her internal world was so similar to mine that it confused me when it was revealed how old she was. The book gave me a new perspective on adulthood and adult relationships. I loved how the narrator interacted with the people in her life. The distance she feels from her sister, who is ten years younger than her. The parental role she was forced into with her childhood friend, a friend she doesn't connect with deeply anymore. How she deals with her grief and her mother's grief, how she remembers her. Even though the book was made up of individual moments and thoughts, it never felt like I was reading something incoherent or a mindless train of thought. The story flowed naturally. Also, the book never explicitly states where it takes place, but I swear it takes place where I live. The swimming pool they swim in is the one I go to. The art museum bar is the same one that I have gotten a drink at. It makes the book feel so much more personal, like it's a letter to me. When this comes out as a paperback, I'm definitely buying it.
Die Idee der Geschichte sowie die ausgesuchte Erzählform und die Sprache fand ich sehr überzeugend und wohl gewählt. Emotional habe ich keine Verbindung aufbauen können, berührt wurde ich wenig. Der Grund bleibt mir ein völliges Rätsel.
Wunderschöne Sprache und die Gabe, mit Alltagsbeobachtungen die grossen Fragen des Lebens zu besprechen. Meral ist ein riesiges Talent. Den einen Stern weniger gebe ich, weil ihre dichte Sprache kein einfaches Unterfangen ist und das Leseerlebnis für mich etwas schwieriger macht.
Sehr schöner Schluss und ohne Schnörkel geschrieben. Die Sprache würd ich nicht als poetisch beschreiben, mir etwas zu monoton, was eine niedergeschlagene Stimmung erzeugt
Der Stil ist poetisch, der Aufbau ansprechend und die Figuren so realistisch, dass man sie einfach ins Herz schliessen muss. Trotzdem bleibt es bei 3.5 Sternen, weil ich zu Unterhaltungs- und Bildungszwecken lese und die Geschichte mich auf keiner dieser Schienen so richtig abholen konnte. Nach 120 Seiten (und einem Blick auf das durchaus gelungene Ende) hatte ich es gesehen und mich entschlossen, das Buch mit einigermassen gutem Gewissen beiseite zulegen.
Die Ich-Person ist von Klara, die Mutter ihrer Schulfreundin angestellt worden für die Betreuung ihrer Mutter. Lili lebt zuerst mit ihrem Mann, Ernst in einem Pflegeheim. Ernst ist viel älter und stirbt am Anfang des Buches. Sie bleibt allein mit ihren Erinnerungen an ihrem alten Leben, das Leben vor Ernst zurück. Das Leben mit ihrem Freund Winter, der auch der Vater von Klara ist. Die Ich-Person besucht Lili fast täglich, hilft bei Besorgungen, begleitet sie in der Stadt usw. Und ist eigentlich nicht unzufrieden mit dem Job. Klara hat keine Zeit und hauptsächlich keine gute Beziehung zu ihrer Mutter. Als Sophie, die Schulfreundin, schwanger wird, entschieden die Freundinnen zusammen zu ziehen, in zwei Wohnungen im gleichen Haus und Eric zusammen gross zu ziehen. Für ihn sind es zwei Mütter, die er braucht und liebt. Fragen stellt er nicht. Als die kleine Schwester von „Ich“, Nuri, eine Wohnung braucht, zieht sie vorerst auch ins Haus ein. Sie hat schnell eine gute Beziehung zu Sophie und Eric, dass mal für Eifersucht bei der Ich-Person sorgt.
Dieser Job ist als Zwischenlösung für „Ich“ gedacht. Irgendwann muss sie sich entscheiden zwischen ihre eigene Träumen und ihre „Familie“. Sie möchte weiterziehen und einen Job, den zum Studium passt annehmen. Dafür muss sie in eine andere Stadt umziehen, das ihr Sorgen bereitet, weil wie sollte es dann weiter mit Sophie, Eric und Lili gehen. So weit kommt es nicht, erstens weil Sophie einen Freund trifft, zweitens weil Nuri eingezogen ist, und drittens weil auch Lili nicht ewig lebt.
Der Vater von „ich“ ist recht jung gestorben. Er hat sie immer motiviert um Gedichte zu schreiben. Nach seinem Tod hat sie nicht mehr geschrieben. Ihre Zweisprachigkeit schränkte ihr ein. Im Buch sagt Meral Kureyshi das sehr schön:
„ Ich lebe zwischen den Sprachen in meinem Kopf. Keine von ihnen begleitet mich mein Leben lang, was zur Folge hatte, dass ich in keiner zu Hause war.“ (s. 73)
Auf der einen Seite ist dieses Buch ein gemütliches zusammenleben von den beiden Freundinnen. Aber da ist auch noch die Pflege oder besser die Begleitung von Lili, die dir extrem klar macht, was es heisst älter zu werden und zunehmend abzubauen und abhängig zu werden. Dann erzählt sind noch die Schicksale den anderen Heimbewohnern. Sehr klar wird die Sinnlosigkeit, die ständige Wiederholungen und das Langweilen von einem Leben in einem Heim erzählt.
Das Buch ist lustig und traurig zur gleichen Zeit, oft mal im gleichen Satz, und das macht es sehr spezial. Der filigrane Schreibstil gefällt mir extrem gut. Die Geschichte ist aus Beobachtungen aufgebaut, oft sind es nur kleinere Szenen. Sie wiederholen sich und trotzdem haben alle eine Funktion in der Geschichte.
Nebenbei hat es noch ein paar andere Themen, wie z.B. In wie weit Frauen für ihren Lebenslauf verantwortlich sind, oder ihn beeinflussen können. Im Buch stehen viele Dialogen die alle sehr interessant sind. Sicher die mit Eric habe mich richtig Spass gemacht. Der kleine Mann sagt einfach das was gesagt werden sollte. Und ist vermutlich auch eine Projektionsebene für die Gedanken von „Ich“
Der Titel ist ein Satz von Lili, die mal am Meer war, aber nie im Meer. Am Ende vom Buch kommt das Meer nochmals vor.
Bei ihrer Lesung in Neuhausen am Rheinfall hat sie erklärt dass alles im Buch Beziehungen aus 3 Elementen oder Personen sind, die sie immer wieder dreht, um herauszufinden dass in der neuen Konstellation passiert. Interessant ist ihr Schreibprozess, wobei sie das Buch einfach sich selbst „schreiben“ lässt.
Für mich ist das Buch eine klare Empfehlung, sowohl von der Sprache, also auch von der Geschichte, die unterhaltsam ist und zum Nachdenken ansetzt. Kurz gesagt: ein Buch das im Gedanken bleibt.
Hat mich sehr berührt und mir ein bisschen das herz gebrochen. Die Sprache, die so fliessend aber auch ganz genau ist, ein neues lieblingsbuch für mich