Hannes will raus. Raus aus seiner Zelle, raus aus diesem Land. Als ein Sturm die Mauern seines Gefängnisses einreißt, gelingt ihm zwar die Flucht, doch damit beginnen die Gefahren erst. Verfolgt vom Sicherheitsapparat entkommt Hannes nur mit Hilfe von Moa, der dem Regime aus ganz anderen Gründen ein Dorn im Auge ist. Denn Hannes ist nicht der Einzige, der sich gegen das System auflehnt: Im Verborgenen formiert sich Widerstand gegen die Mächtigen. Und selbst ein Mädchen aus der Elite kann sich auf die Seite der Unterdrückten schlagen, wie Greta-Anna, die Hannes zwar das Leben rettet, aber sein Herz in große Gefahr bringt. Doch keiner von ihnen ahnt, wie weit das Regime gehen wird, um seine Gegner zum Schweigen zu bringen …
Peer Anders Martin wurde 1968 in Hannover geboren. Schon als Jugendlicher interessierte er sich neben Basketball, Eckkneipen und Schwarzweißfilmen für das Schreiben, kam allerdings über merkwürdige Kurzgeschichten nie hinaus. Nach einem Sozialpädagogikstudium in Berlin (wo er seine ganz erstaunliche Frau und erste Leserin kennenlernte) arbeitete er mehrere Jahre mit Jugendlichen in Berlin, Brandenburg und Vorpommern, zuletzt auf der Insel Rügen. Diese Erfahrungen und die Erzählungen eine syrischen Freundes brachten ihn schließlich dazu, seinen ersten Roman niederzuschreiben, der auf seinen vielen langen Spaziergängen an den Stränden der Ostseeküste entstand, wo er seine Geschichte zuerst der geduldigen Hündin Lola erzählte. Seit kurzem lebt er mit seiner Frau, drei Kindern und Lola in Quebec und konzentriert sich ganz auf seine Geschichten (und natürlich seine Kinder).
Hannes lebt im Deutschland des Jahres 2085. Die Dinge haben sich so entwickelt, wie man es von unserer Gegenwart ableiten könnte: Das Klima hat sich weiter aufgeheizt, was den Anbau von Lebensmitteln in weiten Teilen Deutschlands unmöglich macht und außerdem zu lebensfeindlichen Bedingungen für die Menschen führt. Naturkatastrophen wie Dürren oder Unwetter gehören zum Alltag und machen das Überleben für die Schwächsten der Gesellschaft immer schwerer. Das Land ist gespalten in Eliten, die in klimatisierten Prachtbauten über ihre automatisch bewässerten Gärten schauen, und eine von Armut dominierte Unterschicht, die kaum Zugang zu frischen Lebensmitteln oder gar Luxusgütern hat, und dicht gedrängt in unwürdigen Zuständen in Ghettos lebt. Hannes ist wegen kleinerer Vergehen Häftling in einer Strafanstalt. Doch als bei einem Sturm ein Mast auf die Mauern des Gefängnisses fällt, gelingt ihm die Flucht. Zu seiner eigenen Überraschung überlebt er das Unwetter und steht nun vor einer ganz neuen Herausforderung: Wie kann er sich als flüchtiger Häftling durch eine Gesellschaft bewegen, in der Gesichtserkennungssoftware allgegenwärtig ist, und er sich für jede Transaktion mit dem Chip in seinem Unterarm ausweisen muss? Zum Glück trifft er kurze Zeit später auf Moa, einen Flüchtling mit dunkler Hautfarbe, der sich im Untergrund bewegt und Hannes den einen oder anderen Trick zeigen kann. Zunächst findet Hannes den Gedanken abstoßend, sich als Deutscher mit Moa abzugeben, doch schnell begreift er, dass die beiden nun im selben Boot sitzen und voneinander profitieren können. So beginnt eine Reise in eine hoffentlich bessere Welt, auf der unzählige Gefahren und Rückschläge lauern, auf der Hannes und Moa aber auch immer wieder auf Personen treffen, die sich ebenfalls außerhalb des Systems bewegen, die ihnen entweder Hilfe anbieten, oder denen sie selbst helfen können. Ich durfte sowohl von Antonia Michaelis als auch von Peer Martin bereits in der Vergangenheit Romane lesen, die mich sehr berührt haben. Antonia Michaelis‘ Roman „Nashville oder Das Wolfsspiel“ ist geprägt von Spannung und einer vielschichtigen Erzählung, während „Hope“ von Peer Martin eine Vielzahl von hochaktuellen Themen miteinander verwebt und über persönliche Schicksale greifbar macht. All diese Komponenten kommen in „Tomorrow Land“ zusammen: Eine ganz besondere Liebesgeschichte, Schicksalsschläge, Hoffnung und Angst, systemische Unterdrückung und politische Unfreiheit, und noch viel mehr. „Tomorrow Land“ ist gleichermaßen spannend und trotzdem um Aufklärung bemüht, so wie ich das von Peer Martin gewohnt bin. Als Leserin hatte ich nicht nur das Gefühl, unterhalten zu werden, sondern gleichermaßen einen anderen Blickwinkel auf die Dinge zu lernen. Meine Welt nicht nur so zu sehen wie sie ist, sondern auch so, wie sie werden könnten – positiv wie negativ. Dystopien sind zwar ein breit vertretenes Motiv, doch ich finde kaum einem Autor oder einer Autorin gelingt es wie Peer Martin und Antonia Michaelis, diese Erzählung einer Dystopie gleichermaßen stimmig zu gestalten, und perfekt mit einer fesselnden Handlung zu verweben, die immer wieder durch neue Charaktere und Perspektiven bereichert wird. An der einen oder anderen Stelle hat mir der Plot etwas zu flach gewirkt, etwas zu einfach, doch das wurde im Laufe der Geschichte wieder ausgeglichen. Außerdem sollte man im Hinterkopf behalten, dass die Zielgruppe dieses Roman Jugendliche sind, daher ist die Detailtiefe absolut angemessen und erfüllt meine Erwartungen für dieses Genre. Insgesamt wieder ein sehr gelungener Roman von Antonia Michaelis und Peer Martin, der zum Nachdenken anregt und den ich gerne weiterempfehle“
"Tomorrow Land" von Antonia Michaelis und Peer Martin zeichnet eine erschreckend realistische und dystopische Zukunftsvision Europas. Es werden die aktuellen Entwicklungen aufgegriffen und das Worst Case Szenario weiterentwickelt. Die Handlung spielt im Jahr 2084 (schön, genau 100 Jahre nach Orwells 1984 😁), Deutschland ist nicht nur wieder geteilt, auch die Diktatur hat sich wieder durchgesetzt. Es wird vor allem durch die Figur Aaron Martin (bestimmt ein zufälliger Name) immer wieder berichtet, was zwischen 2025 und 2084 passiert ist und wie es so weit kommen konnte. Dabei werden sehr viele Themen aufgegriffen: Migration, Angst vor Überfremdung, Vorurteile und Ausgrenzung, Leugnung des Klimawandels mit einer daraus folgenden Klimakatastrophe, autoritäre Strukturen, Überwachung, Sexismus resultierend aus konservativen Weltanschauungen, Gefahr von Atomwaffen und KI. Und genau da liegt für mich eins der Hauptprobleme des Buches. Es wird sehr viel angerissen und gefühlt durchgeritten. Das Buch hat ein ungemeines Tempo, 320 Seiten und so viele schwierige Themen, da kann leider nicht viel Tiefe entstehen. Auch die Figuren bleiben durch die Geschwindigkeit eher flach und teilweise sehr stereotyp. Eine wirkliche Verbindung zu den Charakteren konnte ich leider nicht aufbauen. Der Story hätten weniger Themen und mehr Seiten gutgetan. Trotzdem ist "Tomorrow Land" brandaktuell und eine direkte Mahnung, die Zukunft aktiv mitzugestalten. Für jüngere Leser ein spannendes und lehrreiches Buch. Für eingefleischte Dystopie-Fans aufgrund der fehlenden Tiefe nur bedingt geeignet.
Irgendwie märchenhaft erzählt, unfassbar trostlos und ein bisschen zu positiv verlaufend für unsere Hauptfiguren zugleich.
Bin ein bisschen zwiegespalten. Einerseits konnte Tomorrow Land mich immer wieder in seinen Bann ziehen, thematisiert Sachen, vor denen eigentlich nicht oft genug gewarnt werden kann (Rechtsruck, Klimawandel, KI), und es gibt ein kleines echtes Love Triangle hihi. Andererseits habe ich mich schon gefragt, was das Neue an der Geschichte ist/warum es diese Geschichte so jetzt auch noch braucht. Und - ich kann nicht so genau benennen, warum - irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sie sich an eine relativ privilegierte und weiße Leserschaft richtet (ohne sich dessen bewusst zu sein?)
Habe mir von dem Buch leider viel mehr erhofft, mir war die Story zu vollgepackt, die Charaktere zu oberflächlich und viele wichtige Themen wurden nur angeschnitten. Schade, weil ich die Bücher von Antonia Michaelis und auch von Peer Martin sonst ganz anders kenne und sehr mag.