Stehenbleiben, wenn die Welt rast Endlich angekommen – oder? Susanne hat ihre Zwanziger überlebt, sich ein Leben aufgebaut, eigentlich läuft alles ganz gut. Doch irgendwie schleichen sich immer wieder Konflikte in ihre Freundschaften und Romanzen, entstehen Brüche und Intrigen, wird ihr Umfeld immer mehr zu einem Spielfeld, dessen Regeln sie nicht versteht. Das Gefühl der Leere lässt Raum für Erinnerungen, und Susanne beginnt, über ein lang vergessenes Kapitel ihrer jungen Erwachsenenjahre zu ihre Zeit als Prostituierte. Der Text entwickelt ungeahnte Durchschlagskraft, als eine Freundin ihn stiehlt und als ihren veröffentlicht – und sich damit nicht nur ihre Gedanken, sondern auch ihr Trauma aneignet. Es folgen Gerüchte, Statements, Shitstorms, die Susanne schließlich zum Abbruch des Lebens bringen, das ihre innere Unruhe in Schach hielt. Bei ihrer Familie sucht sie Ruhe und Halt. Doch schleichend klopft die Befürchtung an, dass gerade hier der Ort liegt, der alles zum Zerspringen bringt …
Laut, schnell, leise – ein pulsierender Roman, der den exakten Ton trifft süchtig macht "Alles ganz schlimm" ist Drama, Schmerz, Humor und ein tiefer Blick in die Dynamiken und Zerwürfnisse unserer Zeit. Mitreißend und pointiert liefert Julia Pustet die Geschichte einer Frau, die sich mit der ganzen Welt konfrontiert – um am Ende nur wieder bei sich selbst anzukommen. Sie dehnt darin, manchmal sachte, manchmal unsanft, die Grenzen der Diskurse und Beziehungen, die wir führen, aus. Der Roman erzählt von Feminismus, Politisierung und Privilegien, von tiefgehenden Freundschaften und aufschürfenden Familienkonstellationen – ein kompromissloses Debüt zwischen Härte und Leichtigkeit!
Julia Pustet ist Autorin, Musikerin und immer: Antifaschistin. In den Sozialen Medien schreibt sie über Intersektionalität, Feminismus und Antisemitismus in der linken Szene. Nach zahlreichen Veröffentlichungen, u. a. im Kaput-Magazin, erscheint mit „Alles ganz schlimm“ (September 2025) das emotionale und starke Romandebüt.
Susanne ist nicht mehr in ihren wilden Zwanzigern, aber komplett Ruhe eingekehrt ist bei ihr auch nicht. Immer wieder graben sich chaotische Zustände in ihr Leben; eine enge (schon coabhängige?) Freundschaft jagt die nächste, in den politisierten Freundeskreisen erschweren Gerüchte und Anschuldigungen die Orientierung, weder mit einem Roman noch mit der Karriere als Musikerin kam der ganz große finanzielle Sprung, die Beziehung zur Familie bleibt ein komplexes Pflaster. Das Chaos sprengt endgültig die Konturen von Susannes Leben , als eine ehemalige Freundin einen Text von Susanne über deren Vergangenheit in der Prostitution stiehlt - und als ihre eigene ausgibt.
In “Alles ganz schlimm” passt für mich die Form perfekt zum Inhalt. Das Chaos in Susannes Leben erleben wir in einem Erzählstrom ohne richtige Kapitelstruktur; durch formlose, unangekündigte Zeitsprünge; mit einem riesigen Ensemble von Charakteren, von denen manche bleiben, viele die Protagonistin nur kurz begleiten; über Haupt- und Nebenschauplätze, von denen einige nicht auserzählt werden. Die Sprache selbst bleibt gleichzeitig immer eine saubere und volle Prosa, die mich schnell in einen Sog zog und der ich gerne gefolgt bin. Auch die Anzahl der verhandelten Themen könnte einen schnell an “Chaos” denken lassen - Prostitution, Familiendynamiken, sexuelle Gewalt, Suizid, Gewaltbeziehungen, Abtreibungen, kommunistische Großeltern, Cancelkampagnen im Internet, komplexe Frauenfreundschaften - ich fand es aber sehr stimmig. Das mag auch daran liegen, dass ich mich in vielen der beschriebenen Kontexte linker Großstadtcliquen selbst schon mal beheimatet gefühlt habe. Gespräche über Kampfsport, Queer vs materialistischen Feminismus, sog. SWERFS, Jessica Benjamins “Die Fesseln der Liebe”, all das Dinge, die Wiedererkennungswert für mich haben. Für Leserinnen, die sich in Susannes Welt erst einfinden müssen, kann ich mir ein Überfrachtungsgefühl schon eher vorstellen.
Die Autorin kennt sich gut mit Internetdynamiken aus und kommentiert regelmäßig linkes Debattengeschehen auf ihrem instagram account. Deswegen war es auch keine Überraschung, dass Cancel- und Hasswellen auch Teil der Handlung sind. In den Gesprächen werden von Susanne auch sehr schlaue und richtige Gedanken dazu geäußert (“ klar ist da ein Widerspruch, weil diese Leute wirklich scheiße sind, aber statt den Widerspruch mal auszuhalten, verachtet man sich für die eigene Inkonsequenz, rationalisiert dann diese Verachtung und richtet sie gegen andere, die sich vielleicht nicht ganz so gut zusammenreißen können wie man selbst” ) - aber die haben mich irgendwie weniger in den Bann gezogen als die Feinheit und Vielschichtigkeit der realen menschlichen Beziehungen, in denen Susanne steckt. Besonders die Freundschaft zu Cordula, Stella (!!) und zu Susis Bruder Jens (hier gab es eine mich sehr mitnehmende Wendung!!) haben mich sehr berührt. Sie durften komplex sein, ohne dass die Komplexität zur Phrase wurde und damit in sich geglättet. Ich habe bis jetzt wenige Geschichten gelesen, die wirklich so kompliziert bleiben dürfen.
Weil ich wusste, dass mir das Buch gefallen wird, habe ich es noch im Sommer vorbestellt. Manchmal kam mir in der Promophase ein mulmiges Gefühl bei den Zitronen auf dem Einband und dem Wissen, dass Teil des Buches in Italien spielt - Deutsche (und gerade deutsche Linke) legen manchmal wirklich einen beachtlichen Italienfetisch an den Tag, der diejenigen, die tatsächlich Wurzeln in diesem Land haben, manchmal kopfschüttelnd zurücklässt (siehe hierzu den sehr gelungenen Text von Ornella Cosenza). Meine Angst hat sich im Großen und Ganzen nicht bestätigt! Bei manchen Äußerungen der Protagonistin (“vielleicht funktioniert Italien nur als Sehnsucht”) musste ich Schmunzeln/Augenverdrehen - aber gleichzeitig reden deutsche Linke halt so, das war schon ziemlich gut getroffen. Und hätte ich die gleichen Äußerungen vielleicht gar rührend gefunden, wenn Autorin und Protagonistin italienische Wurzeln hätten? Am Ende bin ich vielleicht auch nur Teil der deutschen Szenelinken, die das Haar in der Suppe suchen - aber gerade deswegen hat mir das Buch so außerordentlich gut gefallen.
Story 🌟🌟🌟🌟 Stellt euch vor ihr schreibt ein Essay und schickt ihn eurer Freundin, die ihn als ihren veröffentlicht. Als ihr sie darauf anspricht, fängt sie an euch zu verleumden, alle eure Freunde hassen euch wegen ihrer Lügen und am Ende seit ihr die Verrückte, die Böse.
Ich muss ehrlich sagen, hätte ich den Prolog nicht gehabt, hätte ich zu 70% nicht gewusst was das Buch von mir will. Wir sind durch Zeiten und Momente gesprungen, haben Artikel und Briefe gelesen und uns Susi angeschaut, die ein komplettes Chaos ist - von Klapse bis zu einem italienischen Päuschen bei ihrer Oma. Fand ich am Ende die Handlung interessant? Definitiv. Aber sich durch das Chaos zu kämpfen, fühlt sich manchmal sehr anstrengend an.
Charakter 🌟🌟🌟🌟 Susi ist ein komplexer, intelligenter Charakter, die talentiert ist in mehreren Dingen, aber besonders darin ein für mich unangenehmer Hauptcharakter zu sein. Sie hatte eine abwehrende Haltung, leichte Aggressionen und wenig Selbstreflexion. Außerdem war sie sprunghaft in ihren Gefühlen und Taten, was ihre Beziehungen beeinflusst hat und auch die Handlung durch ein Chaos gezogen hat, dem man kaum hinterherkommen konnte. Mochte ich Susi? Auf keinen Fall. Mochte ich ihre Briefe und Artikel? Ja. Sie ist eine extrem gute Autorin. Ansonsten war das Buch voll mit aggressiven Vätern und Brüdern, die auch mal ihre Fäuste verwenden, falschen Freundinnen (außer Cordula) und merkwürdigen Lovern (außer Oskar, schätze ich).
Beziehungen 🌟🌟🌟🌟 Susi war unglaublich anstrengend und nicht nur während dem Lesen, sondern auch als Partnerin und Freundin. Sie war extrem selbstbezogen und hat sich sehr oft als Opfer dargestellt. Natürlich war sie eindeutig in mehreren Situationen die Leidtragende, aber sie hat sich diese Haltung verinnerlicht und fast bis zum Ende durchgezogen. Ihre Freundinnen waren nicht wirklich Freundinnen, das Telefonat mit Trixi hätte ich nach dem ersten hochgeschwollenen Psycho-Fachgerede beendet und der Rest… naja. Die Typen die sie sich aussuchte waren allesamt schräg und Oskar, der einzige der verrückt war, aber normal klang, war… naja wenn man es liest weiß man was mein Problem ist. Die Geschwister Beziehung war extrem komplex, beschützerisch - aber auch distanziert. Von den Eltern will ich gar nicht erst anfangen. Alles in allem sehr schöne Darstellung von komplexen Beziehungen, die mir fast allesamt extrem anstrengend und auslaugend vorkamen.
Schreibstil 🌟🌟🌟 Was eindeutig eine leichter verständliche Struktur haben könnte, war voller Chaos, Zeitsprünge, die nicht immer so leicht erkennbar waren. Dennoch fand ich die Handlung immer wieder spannend, sodass ich weiter gelesen habe. Ich hoffe das Endbuch ist strukturierter zumindest was die Kennzeichnung von Abschnitten angeht. Die Kapitel sind unglaublich lang meiner Meinung nach, aber was eindeutig gut war, war der Schreibstil.
Puh, ich tue mich mit der Bewertung echt schwer… Ich gebe 3,75 Sterne.
Also der Schreibstil war toll, aber ich hatte viele Momente, wo ich mich gelangweilt habe aber auch einige Momente, die mich gefesselt haben.
Irgendwie habe ich mir dann trotzdem insgesamt etwas anderes vorgestellt und wurde daher ein wenig enttäuscht. Also es war gut zu lesen, aber es hat mich nicht umgehauen.
Susanne hat als Prostituierte gearbeitet. Ihre teils gewaltvollen Erlebnisse hat sie niedergeschrieben und wollte sie veröffentlichen. Doch vorab schickt sie ihren Entwurf an ihre Freundin Stella. Die prompt diesen Entwurf als ihre eigenen Erfahrungen veröffentlicht. Was dann folgt, halten weder Susanne noch Stella wirklich aus.
"Alles ganz schlimm" von Julia Pustet hat mich vor allem wegen der Inhaltsangabe angezogen. Die Erfahrungen einer Sex-Workerin werden genutzt, um den eigenen Social-Media-Auftritt zu pushen und Kapital daraus zu schlagen. Leider war für mich die Lektüre über weite Strecken ganz schlimm und nur mein Willen, dem Roman eine Chance zu geben, ließ mich durchhalten.
Die Hauptfigur Susanne springt wie ein junges Reh von Erfahrung zu Erlebnis zu Gefühlen und Eindrücken. Dabei lässt sie sich weder von einer Zeitschiene noch von Zusammenhängen aufhalten. Diese Art des Erzählens machte es mir von Beginn an schwer, zu ihr und zu ihrer Geschichte eine Verbindung aufzubauen.
Zudem ist sie für mich ein egozentrischer, unfairer und unsympathischer Charakter, so dass mir jeglicher Wille, ihre Sichtweise zu verstehen, abging. Der eingangs beschriebene Diebstahl nimmt im Roman kaum Platz ein. Susanne fokussiert sich....tja, auf was eigentlich? Denn einen wirklichen Fokus suchte ich vergeblich.
Dass die Autorin zudem auch noch ableistische Sprache ohne Einordnung reproduziert, ist da nur noch ein kleiner Tropfen auf den Stein der Enttäuschung.
Insgesamt ein herausforderndes und für mich absolut belangloses Werk.
„Die Leute reihen dann so irgendwelche Stichworte und Parolen aneinander, aber wirklich kritisch nachdenken, Fragen auch mal offenlassen können, mal an Widersprüchen leiden und mal was aushalten, das machen die meisten doch gar nicht.“ Ja, das Aushalten von Widersprüchen und Ambiguitäten ist hier ein ganz großes Thema. Aus der Sicht einer unsympathischen, unverlässlichen Erzählerin, in deren Kopf die Leserschaft gefangen ist. Das macht dieses Debüt hier und da etwas anstrengend, aber dennoch lohnend: psychologisch ist das sehr dicht, klug erzählt und die gute Art von unbequem - ein Debüt, das sich was traut!
im Grunde denke ich, ich hab das Buch nicht so recht verstanden. Es wirkt in vielen Punkten künstlich „aufgebläht“, etwa wenn Gerüche total detailliert beschrieben werden. diese ausufernden Beschreibungen ohne Handlung werfen einen immer aus dem lesefluss raus, weil man erst mal überlegen muss, wie dill in Kombination mit Zwiebeln oder Chlor (kommt andauernd vor) in Kombination mit Moder riecht. teilweise wollte das Buch auch zu gewollt einen Punkt über die linksradikale Szene machen und viele der Dialoge waren mir da zu stereotyp.
Der Roman „Alles ganz schlimm“ von Julia Pustet ist schon etwas eigentümlich und lässt mich auch am Ende mit gemischten Gefühlen zurück. Thematisch geht es absolut in die Tiefe und auch überraschende Sprünge findet man einige. Der Schreibstil ist allerdings durchgehend herausfordernd, mühsam zu lesen und gewollt verschachtelt. Einfach macht es einem auch Protagonistin Susanne nicht, die intensive Einblicke in ihre Psyche sind durchaus spannend, lassen sie aber nicht unbedingt sympathisch erscheinen. Auch mit Lüge und Wahrheit spielt die Autorin geschickt, was mich beim lesen mitunter verwirrte und gelegentlich frustierte. Erst im letzten Drittel, welches etliche Erkenntnisse bereit hält, fand ich mich im Buch besser zurecht und kam deshalb auch schneller voran. Alles in allem ist „Alles ganz schlimm“ finde ich eine herausfordernde Lektüre. Der Titel passt perfekt und wer psychisch vielschichtige Geschichten, mit unbequemen Figuren und gesellschaftlich aktuellen Themen mag, liegt hier richtig. Insgesamt vergebe ich dafür 3 1/2 Sterne, welche ich auf 4 aufrunde.
Als Susanna in einem Anflug aus Leere und Getriebenheit, über ihre längst vergangene Zeit als Prosituierte schreibt, ahnt sie noch nicht was dieser in Gang setzen wird. Eine Freundin und ehemalige Gefährtin veröffentlich den Text und gibt ihn als ihren eigenen aus. Es folgen Zerwürfnisse, Shitstorms und jede Menge Schmerz…
Dieses Buch ist vor allem eins: schnell. Der Stil ist besonders, mitreißend und laut, der Roman ist, vor allem durch seine Geschwindigkeit, Zeitsprünge und teils atemlose Sätze, durchaus anspruchsvoll zu lesen. Aber es lohnt sich dranzubleiben Julia Pustet zeichnet in ihrem Debüt nicht nur faszinierende, vielschichtige Charaktere und komplexe Beziehungen, sie behandelt auch viele wichtige Themen wie u.a. schmerzhaften Familienkonstellationen, Freundschaft, zunehmende Politisierung, sexualisierte Gewalt oder Soziale Medien. Vor allem aber fängt sie die Konflikte und die generelle Ambiguität unserer Zeit und Gesellschaft hervorragend ein.
Fazit: „Alles ganz schlimm“ ist ein tolles Debüt, humorvoll und bissig, mit viel Tempo und noch mehr zum Nachdenken über unser Miteinander und wer wir sein wollen – unbedingt lesen!
Komplexer und vielschichtiger, fragmentarischer Text. Mehrfach kurz davor stehend, aufzuhören, wurde ich dann doch noch völlig in die Erzählung gezogen. Der Klappentext dient eigentlich nur als Aufhänger, um in das gleichsam düster und freie, von Dis- und Kontinuitäten durchzogene Universum der selbstbezogenen, linken und irgendwie chaotischen Protagonistin einzutauchen.
Gute Themen, von denen aber zu viele. Schöne Sprache, die aber völlig konfus in Ort, Zeit und ohne Kapitalstruktur dahin springt. Und nicht zuletzt eine Protagonistin, die ich die Hälfte des Buches einfach nicht verstanden habe. Trotz guter Ansätze einfach nicht mein Buch.
“Alles ganz schlimm” ist ganz schön gut, um mal mit der plattesten Art, das Urteil zu formulieren, einzusteigen.
Dabei hat das Buch auf jeden Fall auch seine Ungewöhnlichkeiten, die nicht allen gefallen müssen und werden. Die Zeitstruktur ist ein bisschen all over the place und sehr uneindeutig, es wird mit verschiedenen Textformen - Erzählung, Brief, öffentliches Statement - gespielt, oft werden Plotpunkte eher angedeutet und umrissen als wirklich auserzählt. Susi ist nicht unbedingt sympathisch, ihre Freund*innen sinds erst recht nicht, Charaktere tauchen willkürlich auf und verschwinden ähnlich wieder, ohne dass immer klar ist, warum, oder was konkret sie für Eigenschaften haben, die über die Beziehung zu Susi hinausgehen. Die Charaktere sind alle mehr oder weniger mit der linksradikalen Szene verwoben und sprechen auch so; wenn man den Duktus und die Debatten nicht kennt, kann das sehr anstrengend sein, vor allem, weil wenig erklärt wird. Wenn man’s kennt, erkennt man viel wieder und will vor allem schreien.
Viel von diesen Ungewöhnlichkeiten sind aber auch Stärken, wenn man sich darauf einlässt. Julia Pustet hat eine sehr feine Beobachtungsgabe und ein schönes Sprachgefühl, vor allem, wenn es darum geht, gesellschaftliche Verhältnisse in Susi einzuschreiben, und mit fast allen ihren Charaktern ein großes Maß an Empathie, was diese sehr greifbar macht und einfache „gut/schlecht“ Schema vermeidet. Auch in den Themen des Buches - Bruder-Schwester-Beziehungen im Patriarchat, gehaltvolle Beziehungen, Konkurrenz unter Frauen und Freundinnen, Sexarbeit, Trauma - wird viel Raum für Nuancen und Grautönen gelassen, Antworten gibt‘s wenige und erst recht keine einfachen. Dass viel erst angedeutet und dann später elaborierter erzählt wird, baut gute Spannungsbögen auf; ich hatte immer wieder das Gefühl, bestimmte Plotpunkte wie Wale tief unter der Oberfläche schwimmen zu sehen und auf ihr Wiederauftauchen zu warten.
Gleichzeitig hätte das Buch meiner Meinung nach davon profitiert, weniger Nebenfiguren mit mehr Raum für tatsächliche Eigenschaften zu haben. An manchen Punkten, vor allem in der Beziehung zu Oskar und der Beziehung der Eltern, hätte ich mir auch einfach mehr Informationen gewünscht, um besser zu verstehen, was da überhaupt los ist; so hat es sich nach zu vielen losen Fäden angefühlt. Generell hatte ich sehr viel Spaß beim Lesen, hab auch einiges zum Nachdenken mitgenommen und hoffe voller Freude auf ein zweites Buch von Julia Pustet.
Susanne dreht sich in ihrem Leben nur um sich selbst und alles ist immer ganz schlimm. Ihre Kindheit ist schwierig, ihr Vater, ihr Bruder, ihre Freundinnen, ihre Beziehungen - alles verlangt zu viel von ihr. Und dann stiehlt die immer lügende Stella auch noch einen Text über eine prägende Zeit Susannes und gibt ihn als ihren aus. Alle glauben Stella, niemand Susanne und plötzlich steht sie allein da. Das bringt das Fass zum überlaufen. „Alles ganz schlimm“ von Julia Pustet ist ein herausfordernder Roman und eine Lektüre, die viel verlangt. Als Erstes volle Konzentration und Aufmerksamkeit. Susannes Leben wird sehr verdichtet geschildert, sodass man regelrecht in einen Rausch gerät. Dabei verliert man sich aber mitnichten in der Sprache, dafür sind die Themen viel zu wichtig und schwerwiegen: Feminismus allem voran, aber auch Freundschaft und Familie; wie Traumata diese Beziehungen beeinflussen und wie sehr sie einen prägen. Susanne als Protagonistin war mir nicht sympathisch, zu sehr kreiste sie um sich selbst. Oft habe ich ihr Verhalten nicht nachvollziehen, doch durchaus ihre Verzweiflung und den Schmerz nachfühlen können, den der Verlust ihrer eigenen Glaubwürdigkeit mit sich brachte. Manches war so schmerzhaft, dass ich in Etappen lesen musste. Aber am meisten beeindruckt hat mich tatsächlich das sprachliche Talent von Julia Pustet. Ihre Direktheit, die Dichte, die präzisen Beobachtungen, die sie in passende Worte kleidet. Da kann man die ein oder andere Länge leicht verzeihen. Nach dem Debüt bin ich gespannt, was noch folgen wird.
Das Cover des Buches hat mich sofort neugierig auf die Geschichte gemacht, der Titel ist natürlich sehr plakativ und ich war gespannt auf die Geschichte, Die Haptik des Hardcover Buches gefällt mir sehr gut,
In dem Buch geht es um Susanne, ihr Leben ist nicht einfach uns sie hat große Sorgen. Beziehungen sind für sie schwierig und kompliziert, egal ob in Freundschaften oder Partnerschaften. Sie beschließt einen Text über ihr Leben als Prostituierte zu schreiben, doch ihre vermeintliche Freundin Stella gibt den Text als ihren aus. Es kommt schnell raus, dass der Text von Stella geklaut wurde und nach einem heftigen Shitstorm und Anfeindungen begeht Stelle Selbstmord. Und wieder beginnt ein düsteres Kapitel für Susanne, ihre Zeit in der Psychiatrie ist ein Schlüsselmoment für Susanne und sie beginnt, ihr Leben zu überdenken.
Das Buch hat mich bewegt, es war stellenweise etwas schwer der Handlung zu folgen. Es ist ein Bildnis unsere heutigen Zeit. Die Charaktere wurden für mich gut dargestellt. Ein schweres Buch, mit ernsten Themen, ich fand aber gut, dass man sein eigenes Leben dadurch vielleicht nochmal neu überdenken kann. Das Buch hat mich zum Nachdenken gebracht.
wunderschön, anstrengend, depressiv, schnellebig, und richtig witzig. hat mich von anfang bis ende total in seinen bann gezogen. es geht um frau-sein und links-sein und komplizierte gefühle haben, themen wie innerlinke solidarität, freundschaftskultur und männlichkeiten werden scharf beobachtet und nuanciert verhandelt, die protagonistin ist irgendwie nicht super sympathisch aber extrem lebensnah, depression & klinikaufenthalt werden feinfühlig und real dargestellt und am ende ist man irgendwie glücklich und unglücklich zugleich, dass es vorbei ist, weil julia pustet so schreibt, dass man alles ganz nah mitlebt. hat mich ein bisschen an den stil von blutbuch (kim de l'horizon) oder no one is talking about this (patricia lockwood) erinnert.
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Bin überhaupt nicht gut reingekommen und habe mich nach der Hälfte des Buches entschlossen, abzubrechen. Die Zeitsprünge waren mir zu undurchsichtig und auch der Geschichtenstrang irgendwie, zu viele schlechte Eigenschaften der Hauptprotagonistin, zu viele Charaktere mit zu vielen ungewöhnlichen Namen, die immer nur angeschnitten werden, ohne genau zu wissen, ob die jetzt wichtig werden für den Verlauf der Story. Hab dauernd gehofft, dass es richtig losgeht, aber das ging es für mich nicht. Story war anfangs vielversprechend, aber die Umsetzung war mir zu durcheinander und teilweise zu langatmig erzählt.
alle, die nicht gut, aber auch nicht schlecht malen können, malen eben immer Augen, und die, die gut malen können, aber nicht gut denken, malen dann eben fotorealistische Augen