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Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten

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Was verbindet uns mit denen, die vor uns kamen?

Mit einem heimlich geschlachteten Schaf beginnt der Blick in die Innereien einer Familie. Hier rührt die Urgroßmutter das Blut für die Würste, der Großonkel schläft fünfzehn Jahre lang, und die Großmutter stiehlt nachts die Ziegel vom Dach. Am Ende steht die Urenkelin Alma und fügt die Einzelteile ihrer Familiengeschichte zusammen – vom kargen Alltag auf einem Bauernhof an der Nordsee über den Neuanfang nach dem Krieg bis in die Gegenwart, in der Alma das jüngste und einzig verbliebene Glied in der Kette ist. Behutsam werden die großen Linien des Lebens das ständige Werden und Vergehen und die Prägungen, die sich weitertragen zwischen den Generationen. Es ist eine Geschichte von bevorzugten Geschwistern, vom Scheitern am Schlaf und an der Sprache, von der Verwandlung in ein Möbel, einen Wolf, einen Zitronenbaum. Lakonisch und zugleich voll schwebender Magie erzählt sie davon, was Vorbestimmung ist und ob man ihr entkommen kann.

226 pages, Kindle Edition

First published January 1, 2025

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About the author

Anna Maschik

1 book1 follower

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Community Reviews

5 stars
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95 (42%)
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10 (4%)
1 star
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Displaying 1 - 30 of 47 reviews
Profile Image for Uralte  Morla.
365 reviews112 followers
December 16, 2025
Ein definitives Highlight dieses Jahr, ein Herzensbuch!

Erzählt wird die Familiengeschichte der Erzählerin. Immer wieder taucht sie in der Gegenwart auf, verliert sich dann wieder in Erinnerungen. An diesen Hof an der See. An die Urgroßmutter, die Großmutter, die Mutter. Die Großväter, die Onkel. Fragmentarisch erinnert sie sich, oder erinnert sich an Erzählungen, setzt die einzelnen Geschichten mit ihrer eigenen in Beziehung und macht deutlich, wie transgenerationales Trauma weitergegeben wird.

Zum Inhalt möchte ich gar nicht so viel sagen, die Spoiler-Gefahr ist zu groß, aber WIE Anna Maschik das alles erzählt, ist so fantastisch, dass ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen konnte.

Es ist voller Poesie - also wirklich lyrisch an manchen Stellen - , magischem Realismus und insgesamt einer Sprache, die einen sanften, aber dennoch unaufhaltsamen Sog entwickelt.

Ich liebe alles an diesem Buch, dessen erste Seiten mich schon in ihren Bann geschlagen haben. Lest das unbedingt, ich bin mir sicher, ihr werdet es genauso lieben!
Profile Image for Sandra.
201 reviews49 followers
October 21, 2025
Anna Maschik hat ihren Roman, an die eigene Familiengerichten im 20. Jahrhundert angelegt. Wir starten bei Uroma und enden bei der Mutter der Ich-Erzählerin. Ist nichts neues, scheint das doch der Lieblingsinhalt der neueren deutschen Literatur zu sein. 

Tendenziell nervt es mich eigentlich. Trotzdem konnte ich diesem Buch einiges abgewinnen und hatte viel Lesefreude damit. Märchenhafte Elemente, sehr gute Figurenzeichnung und starke Bilder in den Beschreibungen haben aus der unoriginellen Idee ein einigermaßen originelles Buch gemacht. 

Auf Grund der recht kurzen Kapitel bin ich durch die Lektüre durchgerauscht und das Buch ist vielleicht insbesondere dann eine gute Wahl, wenn die Konzentration nicht für lange komplexe Texte reicht. Die Autorin schafft es, auf sehr kleinem Raum, in gekonntem Gebrauch von Sprache und Stilmitteln, viel spannendes zu erzählen.
Profile Image for Bärbel.
141 reviews1 follower
October 6, 2025
Ein wunderbares Wunderbuch
Die Überschrift lässt ahnen: Ich bin hingerissen von diesem Buch. Es steckt voller Wunder und aus dem Staunen kommt man nicht raus. Als würde ein Zitronenfalter von der Nordsee nach Österreich fliegen, von vergangener Zeit ins Heutige. Sich schlängeln durch Generationen, nicht geradeaus mit Pfeilspitze, sondern wie Schmetterlinge sind: Hin und her und wieder mal zurück, im Rundflug immer dort, wo das Besondere ganz besonders ist.
Ein Wunder ist die Sprachkunst in diesem Buch und seine kunstvolle Form ebenso. Kleine Abschnitte, etwas längere, Listen, die lustig sind, fast leere Seiten ab und zu, die sprechen können. Ein Buch voller Surrealismus und Heiterkeit, wundersamer Bilder und Begebenheiten, ja, das Irreale charakterisiert das Wirkliche so gut, dass wir es uns ganz wunderbar vorstellen können. Die Frauen sind wichtig in diesem Buch und alles ist handfest und zart skizziert zugleich. Es tänzelt und schlängelt sich - und ganz am Ende klärt sich dann auch der Bezug zu dem wirklich auch ganz wunderbaren Cover aus.
Dieses Buch hätte einen Platz auf der Longlist zum Buchpreis verdient.
Profile Image for Carla.
1,023 reviews135 followers
October 11, 2025
Protagonistin Alma erzählt in diesem Buch fragmentarisch die Geschichte ihrer Familie. Großenteils geht es um den Alltag auf dem Bauernhof der Familie, der an der Nordsee liegt. Von alten Bauerntraditionen bis in die moderne Gegenwart entsteht so das Abbild einer Familie, die schlimme Zeiten zu überstehen hatte. Die Urgroßmutter, der Onkel, der 15 Jahre lang geschlafen hat - eigenartige, persönliche Schicksale, Es ist eine besondere Familiengeschichte, die hier erzählt wird und die einen in den Bann zieht, egal wie wirr sie auch wirken mag.

Ich habe das Buch mit dem außergewöhnlichen Titel sehr gerne gelesen. Positiv überrascht war ich von den Elementen des magischen Realismus. die sich perfekt in die Geschichte eingewoben haben. Auch die fragmentarische Erzählweise und die eigenartige Perspektive hat mir gut gewirkt. An manchen Stellen hat es sich so angefühlt, als würde Alma erzählen, an anderen so, als gäbe es eine weitere, namenlose und unabhängige Erzählinstanz.

Ich mochte die Leitthemen des Werkes, den Fokus auf die familiären Strukturen und die Eigenarten der Charaktere. Auch der "Konflikt" zwischen Land- und Stadtleben hat mir gut gefallen.

Leseempfehlung! Die Nominierung für den Österreichischen Buchpreis kann ich auf jeden Fall sehr gut nachvollziehen.

4/5
Profile Image for Jan (Kuestenkopf).
24 reviews38 followers
September 13, 2025
Anna Maschik - Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten.
Luchterhand 2025 | Rezensionsexemplar

Anna Maschiks Debütroman trägt einen der besten Titel dieses Jahres, hinter dem sich viel mehr verbirgt, als man vermutet. "Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten" ist eine magische, verdichtete Familiengeschichte über vier Generationen mit Leerstellen.
Der Titel ist zudem der erste Satz, der uns in eine bäuerliche Szenerie wirft, die mich direkt gepackt hat.

Alma erzählt die Geschichte ihrer Familie, der Text setzt bei ihrer Urgroßmutter Henrike ein, die das Schlachten beherrscht. Mit ihrem Mann Georg hat sie zwei Kinder, Hilde und Benedikt, der erst als junger Mann aufwacht und am Familienleben teilnimmt. Henrike bevorzugt ihren Sohn spürbar gegenüber ihrer Tochter. Hilde wird einen Funker heiraten und drei Kinder zur Welt bringen: Wolfgang, David, Miriam. In dieser Generation setzt sich ein Muster fort, auch Hilde wird eines ihrer Kinder bevorzugen. Viel mehr Figuren gibt es nicht, wichtig ist noch Nora, die im Dorf für den Tod zuständig ist. Bei Todesfällen erscheint sie mit den verstorbenen Verwandten. Ein gleichsam tröstlicher wie verstörender Einfall, zeigt er doch die Verbundenheit der Familienmitglieder. Aus den familiären Strukturen kann sich niemand lösen.

Sprachlich ist der Text oft sehr knapp, doch trotz der Leerstellen spüren wir die Verbindungen zwischen den Familienmitgliedern, unabhängig davon, wie nahe sie sich stehen. Oft werden nur kurze Begebenheiten erzählt, zum Teil auch nur Listen aufgeführt, die viel über das Familiengefüge verraten. Die Antworten beispielsweise zur Kategorie "Was mir die Großmutter über den Krieg erzählt", fallen spärlich aus. Auf der gegenüberliegenden Seite zur Kategorie "Was mir die Großmutter nicht über den Krieg erzählt" ist lediglich das Wort "alles" vermerkt. Das ist sowohl klug gesetzt als auch inhaltlich ausreichend, um diese Leere darzustellen.

Das Leben ist hart zu manchen Figuren, sie sind es auch untereinander. Das bäuerliche Leben ist karg und entbehrungsreich, der Krieg verschont auch diese Familie nicht, Vater und Sohn müssen an die Front.

Ein Element, das mich überrascht hat, ist die Magie. David wird zu einem Möbel, Benedikt zu einem Wesen mit langem Bart und Fingernägeln, auch die Zitronen auf dem Cover lassen sich mit diesem Element erklären. Es mag merkwürdig klingen, fügt sich aber gut in die Geschichte ein.
"Manchmal rede ich mit der Kommode, die der Ururgroßvater ist. Ich erzähle ihr vom Holzwurm, der im Haus der Großmutter wohnt, und verspreche, ihn nicht mit nach Hause zu bringen."

"Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten" ist ein ungewöhnliches, verknapptes Portrait über vier Generationen, das ich ausdrücklich empfehlen möchte. Es ist erfreulich, dass Anna Maschik für den Österreichischen Debütpreis 2025 nominiert ist.
Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.
This entire review has been hidden because of spoilers.
Profile Image for Larissa.
Author 1 book19 followers
November 10, 2025
Ich liebe alles an diesem Text und habe ihn verschlungen: Anna Maschik beherrscht ihr Handwerk extrem gut, es gibt so viele schöne Motive, so viel angelegtes in den Figuren, so vieles, was mich mit einer enormen Kraft berührt hat. Niemand ist eine Schablone, alles wird durchleuchtet, und die Beschreibungen sind so gut und klar und auf den Punkt, die Sprache wie eine Beschwörung. Wem darin der Plot fehlt, der hat das Buch nicht verstanden. Es könnte mein liebstes des Jahres werden.
Profile Image for Sarah.
147 reviews12 followers
September 26, 2025
"Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten, heißt es. Die Schweine verraten dich mit ihrem entsetzlichen Geschrei, die Schafe aber sterben still."

"Sie singt Guten Abend, gut' Nacht. Sie singt, Morgen früh, wenn Gott will, wirst du wieder geweckt. Sie geht aus dem Zimmer. Ich liege mit weit geöffneten Augen wach und denke, was, wenn er nun morgen nicht will."

"Die Landschaft ist ein großer schlafender Körper, an den sie sich mit Blicken schmiegen kann, und das Meer ist seine Atmung."

"Schlafende sind mir nicht geheuer. Sie sind freiwillige Tote, die mich allein hier zurückgelassen haben. Wohin sie sind, kann ich nicht folgen, und das verzeihe ich ihnen nicht."

"Frauen, die bluten:
Lassen Einmachgläser aufgehen
Lassen Pökelschinken kein Salz aufnehmen
Lassen Bier nicht gären
Lassen Teig nicht gehen
Lassen Sahne ausflocken
Lassen Blumen verwelken
Lassen Ernten verkümmern
Lassen Obst verderben
Lassen Stürme wüten"

"Es wohnen Monster unter meinem Bett, weil ich sie dahin eingeladen habe. Es ist mir lieber, sie wohnen unter meinem Bett als in irgendwelchen Ecken, aus denen sie mich beobachten können."

"Ich fürchte mich vor meinem Nabel, der einst meine Tür zur Welt war und mein erster Mund. Jetzt ist er eine kreisrunde Narbe in meiner Mitte, und ich denke, wenn ich einen Finger hineinstecke, bohre ich damit bis in mein Innerstes. Dann ist da ein Loch, durch das ich, wenn ich mich vornüberbeuge, den Eingeweiden bei der Arbeit zusehen kann."

"Die Mutter geht jedes Jahr an ihrem Geburtstag zur Magenspiegelung, als feiere sie ein Fest, zu dem ich nicht eingeladen bin. Sie lässt sich einen glänzenden Taucher die Speiseröhre hinabsenken, er sieht sich um mit seinem kleinen Licht, und ihre Innereien werfen rote Schatten an die Wand."

"Wenn im Winter der Schnee den Garten löscht und die Tage kurz werden und grau, wird die Mutter unruhig. Kommt dann doch einmal die Sonne durch, sagt sie, jetzt kann ich endlich nach draußen, als hätten die Wolken sie im Haus gehalten. So lerne ich, dass der Winter zu fürchten und auf den Sommer zu hoffen ist. Wenn ich morgens aufwache und vor den Fenstern der Hochnebel eine Decke über die Welt gelegt hat, erstarre ich. Der Himmel drückt schwer auf meine Brust, ich kann den Blick nicht von ihm wenden, wie ein Reh, das in die Scheinwerfer des Autos starrt, regungslos auf den Aufprall wartend."
Profile Image for Fiona.
130 reviews26 followers
November 18, 2025
Wie sehr prägt uns die Geschichte der eigenen Familie? Woher kommen wir? Und wie werden wir zu denen, die wir sind? »Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten«, das Debüt von Anna Maschik, geht diesen Fragen nach und erzählt von den vier Generationen einer Bauernfamilie: Schicht für Schicht trägt die Ich-Erzählerin die Geschichte ihrer Familie ab – angefangen von der Urgroßmutter bis zu sich selbst.

Das Buch ist sprachlich unglaublich reich und komplex. Teile des Textes erinnern an kurze Gedichte, der Stil ist metaphorisch und poetisch, wodurch es oft fast an ein Märchen erinnert. Durch seine kurzen Passagen liest es sich schnell, gleichzeitig lassen die vielen Leerstellen auch genug Raum für eigene Interpretationen.

In dem Roman geht es um Armut, die harte Lebensrealität, Einsamkeit, Verluste und Traumata – alles anhand verschiedener Familienmitglieder. Erzählt wird jedoch nicht chronologisch, sondern fragmentarisch und bruchstückhaft: Erinnerungen, Erzählungen, fein beobachtete Alltagsmomente und kleine Details machen die Geschichte der Familie aus. Gekonnt verwebt Anna Maschik Gegenwart und Vergangenheit zu einem kleinen literarischen Kunstwerk. Ganz große Empfehlung!
Profile Image for Eva F..
5 reviews
October 25, 2025
Das Buch hat mir sehr viel Spaß gemacht zu lesen und dennoch muss ich zugeben, dass ich als Mama eines zwei monatigem Kind echt häufig schlucken musste. Die Themen rund um Kinder werden echt unverblümt dargestellt und ist trotz der trockenen Sprache nichts für schwache Nerven.
Profile Image for Katrin.
78 reviews6 followers
August 19, 2025
„Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten“ von Anna Maschik ist bestimmt einer der längsten Titel, den ich je gelesen habe. Was mich nicht weniger neugierig auf das Buch gemacht hat – im Gegenteil, sowohl der Titel als auch das Cover haben mich schon sehr angesprochen.

Der Roman erzählt die Geschichte einer Bauernfamilie über mehrere Generationen hinweg, wobei vor allem der Fokus auf den weiblichen Familienmitgliedern liegt. Es beginnt mit der Urgroßmutter Henrike der Protagonistin Alma, die im heimlichen ein Schaf schlachtet und endet mit einem Zitronenbaum. Dabei bleibt die Erzählung keinesfalls chronologisch, viel mehr werden fragmentarisch Ausschnitte der verschiedenen Leben gezeigt, die Almas Leben generationsübergreifend beeinflusst haben. Dabei ist vor allem spannend, nicht was erzählt wird, sondern wie es erzählt wird. Maschik bedient sich verschiedener Erzählperspektiven und -verfahren, um einen Zusammenhang zwischen den Familienmitgliedern herzustellen. Dabei passiert vor allem zwischen den Zeilen und intertextuell ganz viel. Sprachlich erinnert Maschiks Schreibstil dabei unter anderem an Romane von Mariana Leky oder Juli Zeh – beides große Autorinnen der heutigen Zeit, die auch zu meinen Lieblingsautorinnen zählen.

Ich fand den Roman so großartig, dass ich ihn direkt nochmal lesen musste, um wirklich alle Zusammenhänge zu verstehen. Dieses Buch lädt durch seine besondere Erzählweise aber auch wirklich dazu ein, mehrmals gelesen zu werden und auch während des Lesens immer wieder zurückzublättern. Denn die Lektüre des Buchs erinnert an das, als was die Protagonistin ihre eigene Lebensgeschichte bezeichnet: eine „Eingeweideschau“. Dadurch regt der Roman trotz seiner relativen Kürze mit 240 Seiten zum Nachdenken an und lässt nicht so schnell wieder los. Ich gehe davon aus, dass der Roman deshalb auch nicht für jede:n so ansprechend ist, wie er es für mich war. Wer aber Lust hat, ein Buch nicht nur zu lesen, sondern es „auf seine Beschaffenheit zu untersuchen“ und sich damit wirklich auseinanderzusetzen, landet hier wirklich einen Volltreffer.

Ich persönlich liebe es, ein Buch sowohl sprachlich als auch erzähltechnisch und inhaltlich zu analysieren und selbst auf Zusammenhänge, wiederkehrende Symbole, Sätze und Metaphern zu stoßen. Und damit war „Schafe töten“ für mich wirklich ein perfekter Roman! Ich glaube, dieses Buch könnte man auch perfekt in der Schule oder einem Uni-Seminar gemeinsam lesen und besprechen, da ich trotz zweifacher Lektüre gewiss nicht auf alles gekommen bin, was dieses Buch zu bieten hat und ich große Lust hätte, mich mit anderen darüber auszutauschen.

Für mich war „Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten“ jedenfalls perfekt und definitiv ein Jahres-, wenn nicht sogar Lebenshighlight! Ein sehr gelungener Debütroman, der hoffen lässt, noch mehr von der Autorin zu hören!
Profile Image for Katharina.
19 reviews
December 2, 2025
1. mal gelesen: 3⭐️ (schöne Sprache & Form, klare Anekdoten, aber insgesamt verwirrend)
2. mal gelesen: 4.5⭐️ (wenn ich nicht 2 Versuche gebraucht hätte, wär's 5⭐️)
Profile Image for Ömer Alkan.
11 reviews
October 26, 2025
Was ich am Buch mag:
Die Effizienz
Die Form
Die Sprünge
Dass Hilde auch denkt, dass man nur eine begrenzte Anzahl an Worten und Schritten im Leben hat und sparsam damit umgehen sollte.

Was ich am Buch nicht mag:
Profile Image for Lucina Benker.
18 reviews1 follower
September 15, 2025
Ich habe das Buch wegen der Aussage „Was verbindet uns mit denen, die vor uns kamen?“ gekauft und es im Urlaub recht zügig gelesen. Einige Passagen und Seiten habe ich anschließend nochmals gelesen, um den Inhalt wirklich gut zu verstehen und auch im Nachgang hat mich das Buch noch zum nachdenken angeregt. Ich kann das Buch weiterempfehlen, weil es etwas ganz anderes ist und immer mal zwischen Realität und Fantasie wechselt. Es ist spannend und lässt sich schnell lesen. Allerdings ist es nicht ganz klassisch geschrieben, weshalb es vielleicht nicht dem Mainstream-Geschmack entspricht. Trotzdem lohnt sich die Lektüre für alle, die offen für ungewöhnliche Erzählweisen sind.
Profile Image for rapunzel xxl.
225 reviews
August 23, 2025
Ungewöhnliche Zitrone

„Wen du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten“ ist ein literarisches Werk von Anna Maschik. Auf 240 Seiten erzählt es die Geschichte einer Bauernfamilie über vier Generationen.

Aus der Ich-Perspektive von Urenkelin Alma erzählt, beginnt die Geschichte mit ihrer Urgroßmutter Henrike, die während des Krieges in Norddeutschland auf dem Land schuftete. Um ihre Familie zu ernähren, schlachtete Henrike heimlich ein Schaf …

Dies ist ein einzigartiges Buch, das nicht nur Erzählungen, sondern auch Gedichte enthält. Anna Maschiks Sprache ist ungewöhnlich, prägnant, mit einem einzigartigen Ton und poetischer Qualität, die viel Raum für die Fantasie des Lesers lässt. Obwohl es für mich eine schwierige Lektüre war, regte es zum Nachdenken an. Kurz gesagt: Es ist ein tiefgründiges Buch. Mir ist nicht sicher, ob es anderen gefällt.
86 reviews
August 30, 2025
Dat du min Leevsten büst
Den trockenen Humor Anna Maschiks muss man erst mal bringen, begreifen und auf der Zunge zergehen lassen. Einen Absatz im gleichen Wortlaut wiederholen und nur der erste und der letzte, kürzeste Satz ist leicht geändert. Welch ein Unterschied!
Dabei sagt sie Unsägliches, wie Leben in einer Diktatur oder wie der Krieg auf die Daheim gebliebenen wirkt. Wenn alles plötzlich für kriegswichtig erklärt wird, muss man ein Schaf heimlich schlachten, um die Familie zu ernähren.
Mein Urgroßvater hatte damals, in Siebenbürgen, einen Weinberg. Als die Wehrmacht ins Dorf einmarschierte, wurde der Wein plötzlich auch für kriegswichtig erklärt. Die Soldaten machten im Herbst die Weinlese, kelterten den Wein und füllten ihn in Fässern ab, die auf Nimmerwiedersehen verschwanden. Pferde, Rinder, die Weizenernte, alles war kriegswichtig und verschwand. Nur die Offiziere und Soldaten die unentgeltlich bei den Dorfbewohner einquartiert waren, blieben bis der Befehl zum Abzug kam. Da war nichts mit heimlich schlachten, die Besatzer wohnten ja mit im Haus. Also ja, ich kann Henrike gut verstehen, die in der verhangenen Waschküche das Schaf heimlich schlachten muss. Oder wieso dem Metzger der Prozess gemacht wird, weil er einen Schweinehuf zu viel bei einer Überprüfung hatte. Das gab es im Dorf meines Urgroßvaters auch.
Mit ganz wenigen Worten und 21 Wiederholungen stellt Anna Maschik das Drama einer Mutter dar, die um ihren schlafenden Sohn bangt und die Tochter dabei vernachlässigt. Zum Glück hat Hilde noch den Vater, der versucht, die Kälte der Mutter wettzumachen. Als der schlafende Sohn nach 16 Jahren aufwacht, lebt auch die Mutter auf. “An diesem Tag ist nicht nur Benedikt erwacht, sondern Henrike mit ihm. Georg verzeiht ihr nicht, dass sie nicht auch für Hilde erwachen konnte.” (S. 56) Dieser letzte Satz macht das ganze Drama dieser Familie offensichtlich.
Als der Krieg nun endgültig ins Land kommt und die Flieger über das Dorf hinwegfliegen, wendet Maschik wieder das Stilmittel der Wiederholung an: Vier Absätze beginnen mit dem gleichen Satz: “Als die Flieger kommen, ist…” und die Position und Haltung der Mitglieder dieser Familie wird beschrieben: Hilde, die Mutter ist bei den Schafen im Stall, ihr erster Gedanke ist, wie gut, dass die Vorratskammern gefüllt sind, weil auch dieser Krieg länger dauern wird. Sie hat kein Vertrauen in Kriege, den ersten hat sie noch nicht richtig verwunden. Georg, ihr Mann, ist mit dem Pflug auf dem Feld. “Es wäre besser, denkt er, wenn sein Sohn noch nicht aufgewacht wäre” (S. 72). Denn der Sohn hängt braunem Gedankengut nach. Benedikt selbst ist beim Schuster im Dorf. “Er denkt, das wurde aber auch Zeit”. (S. 73) Allein Hilde ist auf einer Brücke über dem Bach. Das ist bezeichnend. Brücken sind eine Verbindung zwischen Wegen, zwischen hier und dort, zwischen morgen und gestern. Hilde weiß nicht, was Krieg bedeutet, Sie lacht mit der ganzen Unschuld eines unwissenden Kindes. Danach, als der Krieg sich jahrelang hinzieht und immer mehr Opfer fordert, wird sie den Krieg in all seiner Bitterkeit kennenlernen. Vater und Bruder werden eingezogen, ihr Verlobter, ein österreichischer Soldat, muss auch an die Ostfront.
Die Geschichte wiederholt sich einigermaßen. Hilde hat mit Konrad zuerst einen Sohn, Wolfgang, der die ersten Jahre Vaterlos aufwächst, nach Konrads Heimkehr zieht die junge Familie nach Österreich, zu seiner Familie. Wolfgang wird von der Großmutter geliebt und aufgezogen, die Mutter muss im Betrieb des Vaters mithelfen, der Vater kann keine richtige Beziehung zum Kind aufbauen. Erst das zweite Kind, David, wird von den Eltern mit Liebe überschüttet und Wolfgang weiter an den Rand gedrängt. Und wieder wird die Wiederholung zum Stilmittel der Wahl, an Davids Bett singt die Mutter immer ein und dasselbe Lied, für Wolfgang sind keine Lieder übrig. Wolfgang versteht das nicht und lässt seinen Frust an David aus, während David aus einer anderen Perspektive sieht: “Er fragt sich, was Wolfgang falsch gemacht hat, und nimmt ihm übel, dass er die Eltern ganz allein glücklich machen muss.” (S. 145)
Egal wo die Familie ist, ob im hohen Norden, an der See oder in Österreich, jedes Mal kommt die Hebamme Anna zu den Geburten und Nora, um die Toten zu begleiten. Und die schon Vorausgegangenen, die Verstorbenen kommen um die Sterbenden abzuholen, ihnen den Weg zu weisen. Dies ist auch so eine Art Wiederholung, die sich durch das Buch zieht und auf die Kontinuität der Familie hinweist. Als Hilde an der Reihe ist, steht Nora schon da, hinter ihr stehen Henrike, Georg, Benedikt und Konrad. Genauso auch bei Miriams Tod, der Mutter der Ich-Erzählerin. Es kommen Henrike, Georg, Benedikt, Ludwig, Maria, Ludwig, Hilde, Wolfgang, David. Zuletzt kommen Anna, die Hebamme und Nora, die freundliche Todesbotin. Das ist die letzte Wiederholung im Roman, sie schließt und rundet die Geschichte ab. Es liegt nun an Miriams Tochter, die Geschichte fortzusetzen, mit den Wiederholungen und der Gewissheit, die Vorangegangenen sind in irgendeiner Form immer noch dabei.
Die Wiederholungen ziehen sich durch das Buch, als Stilmittel und als Wegweiser

142 reviews3 followers
September 10, 2025
Dass einen in Anna Maschiks schmalen Debütroman keine klassische Familiengeschichte erwartet, wird einem gleich drastisch mit dem derben Titel klar gemacht.

Und doch ist es die Geschichte einer Familie über vier Generationen hinweg, vor allem mit dem Blick auf die Linie der Mütter gelenkt. Der Schwerpunkt auf die weibliche Orientierung setzt sich fort bei der Bedeutung der Hebamme, Leichenfrau und auch einer Schwiegermutter.
Die Ich-Erzählerin Alma erklärt gleich am Anfang des Romans, dass ihre Erzählung wie „eine Eingeweideschau“ ablaufen würde. Und damit liegt sie auch richtig.
Der Roman setzt mit der Geburt des neuen Jahrhunderts ein, auch Almas Urgroßmutter Henrike wird 1900 als Bauerntochter in ein kleines Dorf an der Nordsee geboren. Ihre Mutter stirbt, als Henrike 13 Jahre alt ist. Von dem Moment an lastet die Verantwortung der vier kleineren Geschwister, des Haushaltes und schließlich auch des Hofes auf ihren Schultern, als der Vater im 1. Weltkrieg fällt.

Damit ist die Härte und Kargheit der Erzählung gesetzt. Henrike, wie auch die Töchter und Enkelinnen nach ihr, kommen notfalls alle auch ohne Mann zurecht. Schon als Kind hat Henrike Schlachten und Wursten von der Mutter gelernt und wird es so auch weitergeben. Dieses Wissen des Schafschlachtens sichert ihr im nächsten Krieg das Überleben. Es ist eine Linie von Frauen, die viel tragen und ertragen müssen.
Das Leben der Familien ist über Generationen geprägt von Schweigen, Bitternis und dem Wunsch, anders zu agieren als die vorherige Generation. So findet sich eine Vielzahl, sich mehrfach in verschiedenen Generationen wiederholender Motive. Man wünscht, es anders zu machen, fällt aber unbewusst in dieselben Muster zurück.

Es gibt Wunschkinder, Lieblingskinder, solche die Hiebe kassieren und jene, die man am liebsten abgetrieben hätte. So erfahren Lieblingskinder Zuwendung durch das Lied „Dat du min Leevsten büst“, während die anderen ohne auskommen müssen, kommunikative kleine Töchter werden mit mütterlicher Ablehnung konfrontiert, während die Väter sie wohlwollend als „kleines Tagblatt“ bezeichnen.

Die Frauen des Romans sind kommunikativer und auch zupackender als die Männer – die Väter, die Söhne. Da gibt es Söhne, die bildhaft erst mit 15 Jahren zum Leben erwachen oder im Laufe des Lebens in Holz erstarren.
Die auffallend vielen Motive und die vielsagenden Metaphern unterstützen das anfängliche Bild der Eingeweideschau. Man blickt in das nunmehr tote Objekt und erkennt Zusammenhänge, Strukturen, Bildhaftes.

Alma, die Erzählerin, versucht sensibel, mit eher kindlichem Blick das Geflecht der familiären Eingeweide zu entwirren, die Muster und Zusammenhänge zu erkennen.
Es überkommt einen das Gefühl der Freud- und Trostlosigkeit: Not und Krieg entfremdet die Menschen, ein Mantel des Schweigens legt sich auch über wichtige Ereignisse, oft lässt einen die Empathielosigkeit frösteln.

Maschiks Erzählweise ist ungewohnt und eigenwillig und dennoch poetisch. Sie trägt die Ereignisse und Gefühlsimpressionen locker wie kleine Mosaiksteine zusammen.
Sprachlich verknappt stellt sie Aussagen und Dinge in Listenform auf gegenüberliegenden Seiten gegeneinander. Es bleibt viel freier Raum auch auf den Seiten zum eigenen Füllen durch innere Bilder.
Auffallend sind die vielen wiederkehrende Motive. Eines davon ist die Zitrone, die im Cover einen krassen Kontrast zum Titel darstellt. Sie sind Entdeckungen, die der Leser macht und seine eigene kleine Eingeweideschau anstellen kann.
An der Familie ziehen die Umbrüche in Laufe des 20 Jahrhunderts durch Krieg, Veränderungen in der Landwirtschaft und in der Gesellschaft vorbei und lenken ihr Geschick. Aber mehr als das, ist es wohl die Prägung der Mutterlinie, die sich ausdrückt und deren Spuren Alma versucht zu verstehen und somit auch versucht, sich selber zu verstehen.

Ich fand es interessant, die reine Form des Romans zu ergründen. Aber wie beim Sezieren und Zerlegen des Schafes, konnte ich den emotionalen Abstand zu den Charakteren nicht überwinden. Doch vielleicht ist das auch gar nicht intendiert.


Profile Image for Buchdoktor.
2,363 reviews188 followers
July 29, 2025
Bäuerin Henrike, die Urgroßmutter der Icherzählerin Alma, muss seit dem Tod ihrer Mutter allein mit Hof und Haushalt klarkommen. Schon als Kind lernte sie alle Arbeiten einschließlich Schlachten und Wursten von ihrer Mutter, um die Verantwortung für den Haushalt übernehmen zu können, falls die Mutter starb. Das Hereinholen eines verängstigten Schlachttiers auf den Hof war offenbar Männerarbeit. Beim illegalen Schlachten während der Kriegsbewirtschaftung darf die Bäuerin sich nicht erwischen lassen. So schlachtet sie vorsichtshalber nur ein Schaf, allein; denn ihr Mann Georg ist mit knapp 40 Jahren noch an die Westfront des Ersten Weltkriegs eingezogen worden.

Georg wurde zwar als Arbeitskraft auf dem Hof benötigt, war jedoch nicht zum Bauern geboren und wird später Verständnis zeigen, dass es seine Kinder aus dem Dorf in die Ferne zieht. Sohn Benedikt öffnete erst als 15-Jähriger die Augen, sprudelt dann jedoch vor Ideen über, was er auf dem Hof anpacken will und welche Unterstützung er sich dabei von der „neuen Partei“ erhofft. Die zupackende und kommunikationsfreudige Tochter Hilde weiß früh, dass sie keine Bäuerin werden will und nutzt die erstbeste Gelegenheit, mit dem Soldaten Konrad in die Ferne zu ziehen. Ihre Söhne werden zukünftig nicht mehr allein danach bewertet, ob sie die frühe Kindheit überleben. In der Sippe wird es von nun an ersehnte und abgelehnte Kinder geben, angezweifelte Vaterschaften, einander durch den Krieg entfremdete Paare, Eltern, die über den Krieg schweigen, und einen erschreckenden Mangel an Empathie.

Neben der Familiengeschichte im historischen Kontext ist auch der Strukturwandel in der Landwirtschaft Thema, sowie Umbrüche in Dorfgemeinschaften, die sich hier an Hebamme und Bestatterin festmachen lassen – und schließlich die Rolle der Zitronen im Dorfleben erklären …

Die offensichtlichen Lücken zwischen den Familienanekdoten zeigt Anna Maschik durch eine verknappte Sprache, die Raum für eigene Gedanken ihrer Leser:innen lässt, aber auch im Schriftbild von jeweils zwei gegenüberliegenden Buchseiten. Es gibt vielsagend leere Seiten, Gegenüberstellungen zweier Perspektiven und unvereinbare Sichtweisen. Die verknappte Sprache führt leider auch zu Ungenauigkeiten in der Schilderung alltäglicher Vorgänge wie Waschen und Schlachten, die meinen Lesefluss eher gestört haben.

Auf einer der Erzählebenen vollzieht der Text sprachlich einen Wechsel zu einem fremd wirkenden Wortschatz, den die Bewohner:innen des Reetdachhauses vermutlich nicht verstanden hätten. Meine Großmutter, die aufwuchs wie Henrike, wäre von der Machtübernahme durch unbekannte Dialektausdrücke sicher befremdet gewesen; wie Anna Maschiks Matriarchin hatte sie ihr Dorf noch nie verlassen. Auch wenn ich mir an einigen Stellen größere Präzision in der Darstellung alltäglicher Tätigkeiten gewünscht hätte, durch die verknappte Sprache eine außergewöhnliche, unbedingt lesenswerte Familiengeschichte.

Da Typografie und Satzspiegel wichtige Elemente dieses Romans sind, empfehle ich die Printausgabe.
Profile Image for Gisela.
347 reviews14 followers
December 14, 2025
Was verbindet uns mit denen, die vor uns kamen? Viel! Wirklich viel!

Was für ein Titel für ein Buch. Das Cover mit den Zitronenscheiben macht zusätzlich neugierig und man fragt sich, was beide miteinander zu tun haben. Ersteres erschließt sich einem gleich am Anfang - zweiteres am Ende!

Über mehrere Generationen hinweg habe ich eine fantastische Geschichte erlebt, wie ich sie so noch nicht gelesen habe. Da werden heimlich Schafe geschlachtet, um den in den Krieg gezogenen Männern bei der Heimkehr nahrhafte Leckerbissen zukommen zu lassen. Schafe sterben leise. Schweine quieken zu laut.

Die Geburt und der Tod spielen eine tragende Rolle. Sie kommen oftmals Hand in Hand und lassen uns diese Begebenheiten in einem anderen Licht sehen. Selten zum Weinen; viel, viel öfter zum Schmunzeln.

An der Nordsee schuften die Urgroßeltern auf dem Hof. Die Urgroßmutter Henrike bringt einen Jungen zur Welt, der jahrelang schläft. Als junger Mann erwacht er endlich. Ohne körperliche und geistige Defizite! Er kann seinen beiden Geschwistern das Wasser reichen, aber irgendwas ging beim jahrelangen Schlaf doch verloren. Das merkt man aber erst später. Viel später.

Die Schwester lässt sich von einem österreichischen Soldaten schwängern. Er muss wieder in den Krieg und holt sie später zu sich nach Österreich. Viel später. Dort lebt sie mit ihrem Mann und Sohn; nebst Schwiegereltern, in einem Stadthaus. Es folgen ein weiterer Sohn und eine Tochter.

Die Geschichte brauchte nicht viel, um mich an die Seiten zu fesseln. Auf manchen Seiten waren nur wenige Worte, die mehr Aussagekraft haben, als manch seitenlange Beschreibungen. Manches kommt daher wie aus einer alten Sage. Wiederum anderes hat sich schon millionenfach wirklich so zugetragen.

In welcher Zeit befindet man sich gerade? Das erschloss sich mir nicht immer sofort. Aber später. Nicht viel später; eigentlich unmittelbar nach den ersten zwei bis drei Sätzen.

Das alles erfahren wir aus der Sicht von der Urenkelin Alma. Vieles wiederholt sich, da die Gene halt nicht anders können und sich von Generation zu Generation immer wieder durchsetzen.

Teilweise kommen die Mütter ziemlich herzlos daher. Der Schein trügt! Dahinter verbirgt sich sehr viel Herzenswärme und jede Menge Humor. Die Figuren sind wunderbar gezeichnet und es beginnt alles mit einem Schaf, dessen Innereien uns durch die Innereien sämtlicher Familienmitglieder führt. Man bedenke den Vorgang einer Geburt.

Ich habe schon sehr viele Familienromane gelesen, die sich über mehrere Generationen erstrecken. Aber noch niemals zuvor wurde ich mit so einer Wucht in das Geschehen gezogen. Das Ende könnte wieder einer alten Sage entsprungen sein. Wenn das Leben dir Zitronen gibt, mach eine gute Geschichte daraus. Eine klare Empfehlung.

Danke, Anna Maschik. Ich habe jedes Wort genossen.
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October 17, 2025
WENN DU ES HEIMLICH MACHEN WILLST, MUSST DU DIE SCHAFE TÖTEN
Anna Maschik
ET: 10.9.25

Anna Maschik erzählt in ihrem Debütroman die Geschichte von vier Generationen. Wir lernen Henrike kennen, die auf einem Bauernhof nahe der Nordsee lebt und das Schlachten versteht – gelernt hat sie es von ihrer Mutter, die viel zu früh verstarb. Ab diesem Moment musste Henrike sich um ihren Vater und die Brüder kümmern. Kochen und den Hof in Ordnung halten, das konnte sie. Nur ihre Mutter ersetzen, das konnte sie nicht.

Später bekommt sie eine Tochter, Hilde, die auf keinen Fall Bäuerin werden will. Also nutzt sie die Gelegenheit und lässt sich von dem erstbesten Soldaten schwängern. Der Soldat holt Hilde und das Kind – von dem er nur hoffen kann, dass es wirklich seines ist – nach dem Krieg ab und bringt sie in die große Stadt. Erst dort merkt Hilde, dass es auf dem Bauernhof vielleicht doch nicht so schlecht war.

Ja, ich könnte euch jetzt noch vieles erzählen – zum Beispiel von Hildes Sohn, der nach seiner Geburt 15 Jahre lang in seinem Bett lag und schlief, und der, als er endlich erwachte, nie wieder schlief. Oder von Anna, die in ihren schwarzen Kleidern immer dann kam, wenn sie wieder einen Toten abholen sollte. Aber lest das Buch doch einfach besser selbst …

Was für ein schräges und besonderes Buch! Ja, genau. Wenn ich das Buch mit nur ein paar Worten zusammenfassen müsste, wären das: schräg, skurril, einzigartig, atmosphärisch, rasant und literarisch stark.
Maschik versteht es, die Geschichten von vier Generationen auf gerade einmal 232 teils nur halb beschriebenen Seiten prägnant und stimmungsvoll zusammenzufassen. Ich habe das Buch sehr gerne gelesen – musste aber die ein oder andere Stelle ein zweites Mal lesen, um sie ganz zu erfassen.

Fazit:
Ein atmosphärisch dichtes und facettenreiches Buch, das aber sicher nicht für die breite Masse geschrieben ist. Ich habe es sehr gerne gelesen und spreche daher eine klare Leseempfehlung aus.
4/5

„Einige Jahre später gräbt Miriam sich ein. Sie stellt sich bis zu den Knien in einen Topf, den größten, den sie besitzt, und bedeckt die Füße und Unterschenkel mit Anzuchterde für tropische Zimmerpflanzen. Dann richtet sie sich auf und beginnt zu wurzeln. Sie steht im bläulichen Licht des Gewächshauses, von Zitronenbäumen überschattet, die dunklen Blätter und grelle Früchte tragen. Fliegen schwirren gegen das Glas, fallen bald zu Boden, wo mehr und mehr liegen, wie ausgestreute Brotkrumen, die einen wirren Weg zwischendrin Pflanzen weisen. (S. 226)
86 reviews
November 16, 2025
Dieses Buch war eine liebe Empfehlung und ehrlich gesagt wäre ich in einer Buchhandlung sehr wahrscheinlich dran vorbeigegangen und hätte es liegengelassen. Als ich die ersten Seiten aufgeblättert habe, war ich erst sehr irritiert.
Ich fand es schlicht zu wenig Text auf jeder Seite und ich hatte etwas ganz anderes erwartet. Ich war aber trotzdem neugierig. Die ersten Zeilen und teilweise genaue Beschreibung vom Schlachten eines Schafes haben mich auch noch die Stirn runzeln lassen, ich bin einiges gewohnt, aber hier hatte ich das nicht erwartet. Trotzdem habe ich bereits zu Anfang diesen Sog verspürt, immer mehr hat mich das geschriebene, das knapp erzählte, die teilweise nüchterne und distanzierte Art zu schreiben völlig fasziniert.

Ich war sehr beeindruckt, wie viel man mit wenig Text sagen kann. Gerade diese Lücken und Leerstellen sind es, die mir ein ganzes Buch erzählen. Sie sagen für mich viel mehr aus als tausend Worte. Das Bild von einer Familiengeschichte, von Henrike, von Hilde, von Benedikt, um nur einige zu nennen, die sich über ein Jahrhundert erstreckt, hat mich gefesselt. Die Erzählweise, die sprachliche Kunst, die Symbolkraft, der magische Realismus, das hat mir sehr gefallen.
Einige Leerstellen sind in meinen Augen so symbolträchtig und sagen so viel aus, dass es mich auch betroffen zurückgelassen hat. Einige Beschreibungen kamen mir sogar von meinen Großeltern bekannt vor und ich konnte nur nicken und fand die direkte Sprache auch einfach toll.
Wiederholen wir zwangsläufig die gleichen Muster oder auch Fehler? Was machen oder was können wir anders machen? Liegt es an der Zeit, am festgefahrenen und oft auch nötigen alltäglichen, dem Alltag?
Gerade weil ich von der Geschichte etwas ganz anderes erwartet hatte, hat mich das Buch total getroffen, es hat mich betroffen gemacht, mich zum Staunen gebracht und mich beeindruckt. Ich denke, man muss sich auf diesen außergewöhnlichen Sprachstil, auf diese Art des Erzählens einlassen und zumindest ich habe eine ganz großartige, eindringliche Familiengeschichte über ein Jahrhundert gelesen, ich habe sie mit schönen Bildern, die in meinem Kopf entstanden sind, vor Augen gehabt.
17 reviews
October 5, 2025
„Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten” von Anna Maschik erzählt die Geschichte einer Familie über vier Generationen – von der Urgroßmutter bis zur Urenkelin – in kurzen, fragmentarischen Episoden. Es geht tief ans Eingemachte: Geburten, blutige Schlachtungen, Sterben – ein sehr körperliches Buch, das die Familie wie auf einem Operations- oder Seziertisch aufschneidet. Kein warmer Familienroman, in dem man den Figuren nahekommt; ich konnte keine echte Bindung zu ihnen aufbauen.

Ein Element, das mich sehr angesprochen hat, sind die Szenen, in denen Verstorbene die Sterbenden abholen – das liegt nah an meiner Spiritualität und erinnert an überlieferte Nahtodeserfahrungen. Diese Momente bringen einen feinen, mystischen Ton in die sonst eher kühle, analytische Erzählweise.

Irritiert haben mich dagegen die surreal überzeichneten Elemente, die für mich zu plakativ und abgehoben wirken. Ebenso die 1:1-Spiegelungen von Eltern-Kind-Mustern: Es fühlt sich an, als würde die Autorin mit dem Finger auf die Figuren zeigen – „Schau her, sie wiederholen exakt das Verhalten ihrer Eltern!“ – das brauche ich in dieser Deutlichkeit nicht. Dadurch wirken manche Passagen zu konstruiert und verlieren für mich an Tiefe.

Insgesamt ist das Buch literarisch ambitioniert, intensiv und bildstark. Wer eine experimentelle, ungewöhnlich erzählte Familiengeschichte mag, wird fasziniert sein. Wer subtilere, psychologisch feinere Darstellungen und emotionale Nähe zu den Figuren sucht, könnte – wie ich – zwiegespalten bleiben.
Profile Image for Majca.
194 reviews8 followers
October 16, 2025

Zu jedem Bild erzählt [Großmutter] eine Geschichte, meistens gleich zwei- oder dreimal hintereinander. Wenn es mir zu langweilig wird, frage ich sie nach einem anderen. Es ist ein Spiel, das mir gut gefällt: Jedes Bild ist ein Türchen, das ich öffnen kann, um zu sehen, was dahinter ist.


Ein erstaunlich kurzes Buch, auf manchen Seiten stehen nur wenige Sätze, auf anderen nur eine kurze Auflistung von Worten, und doch wirkt es dichter als viele Romane. In diesen kleinen Fragmenten steckt eine ganze Welt aus Erinnerungen und Ungesagtem.

Die Sprache ist kühl, fast distanziert, aber sie trägt eine stille Wucht. Die Prosa ist präzise, jedes Wort so sorgfältig gesetzt, als würde seziert statt erzählt werden. Gleichzeitig liest es sich poetisch und bildhaft. Vieles bleibt unausgesprochen und entfaltet gerade daraus seine besondere Bedeutung. Zwischen nüchterner Beobachtung und surrealem Detail öffnet sich ein Raum, in dem das Unsichtbare sichtbar wird und das schicksalshafte des Alltäglichem deutlich wird.

Es entsteht eine eigenartige Stimmung an Traurigkeit, Beklemmung und Wehmut, aber auch ein bittersüßes Staunen. Das Buch erinnert daran, dass wir alle nur ein kleiner Teil eines Kreislaufes sind, einer Abfolge an Generationen und Menschen, deren Leben unserem so fern und doch so ähnlich sind.

Es ist ein stilles, eigenartiges und eindringliches Buch, das nicht laut bewegt, sondern nachhallt.

Vielen Dank an netgalley für ein Rezensionsexemplar. Alle Meinungen sind meine eigenen.

Profile Image for Bernadette.
19 reviews
August 22, 2025
Alma gibt es,
weil man von einem Zentner Kartoffeln lange satt wird.
Weil Henrike nachts wach liegt.
Weil der Kaiser Geburtstag hat.

Sie erzählt, in, wie sie sagt, einer "Eingeweideschau", von den inneren Verwicklungen ihrer Familie, wie sie auf die Welt gekommen ist - angefangen bei ihrer Urgroßmutter Henrike, deren Anfänge an der Nordsee lagen.

Spannend und sehr interessant geschrieben, immer kurze Kapitel, von verschiedenen Blickwinkeln erzählt, aber doch aus Almas Sicht.
Manchmal hat das Buch märchenhafte Züge, wenn der Bruder der Urgroßmutter schlafend zur Welt kommt, oder der Onkel und seine gesamte Wohnung komplett aus Holz sind. Alma springt in den Erinnerungen ihrer Familie zeitlich herum, da muss man sich manchmal etwas konzentrieren um zu wissen, bei wem und wann man gerade ist.

Sehr interessant fand ich auch die Beziehung der Frauen zueinander, diese Abneigung, die sich in jeder Generation wiederholt. Und dann doch das Pflichtbewusstsein und die Naturverbundenheit bei jeder von ihnen.

Das Cover und der Titel haben mich anfangs sehr verwirrt, die Zitronen machten für mich lange Zeit keinen Sinn.

Alles in Allem war es für mich ein sehr gutes Buch, ich habe es sehr schnell gelesen und würde es auch weiterempfehlen.
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