Leonie handelt nach ihren eigenen Vorstellungen von Moral. Sie verwüstet das Büro ihres Chefs, sie prellt die Zeche, sie lügt im Bewerbungsgespräch - aber sie hat stets gute Gründe. Als ihr das Geld ausgeht, nimmt sie einen Job in München an. Doch die Stadt ist zu teuer für ein normales Gehalt. Als sie drei Frauen kennenlernt, die sich ihren Lifestyle mit zweifelhaften Methoden finanzieren, ist sie fasziniert. Schnell findet Leonie ihr eigenes Geschä Menschen mit frisch gebrochenem Herzen bezahlen sie für raffinierte Racheaktionen. Doch nach einer Weile kommen ihr Wie viel Geld braucht man wirklich für ein gutes Leben? Und wie viel Risiko ist sie bereit, dafür einzugehen?
Julia Bährs Debütroman „Hustle“ ist eine ebenso unterhaltsam leichtfüßige Lektüre wie bittere Bestandsaufnahme des Lebens im Spätkapitalismus. Im Zentrum steht Leonie, die für einen neuen Job nach München ziehen muss und dort schnell merkt, dass man mit einem akademischen Abschluss in Biologie dort keine Miete zahlen kann. Bald merkt sie, dass sie in München nur gut leben kann, wenn sie aufhört, sich an die Regeln zu halten. So findet sie Anschluss an eine Freundinnenbande, die mit Kreativität und krimineller Energie ihre Ziele verfolgt.
Mir hat der Roman sehr gut gefallen: Er liest sich leicht, ist zügig und locker erzählt und trifft den Ton unserer Zeit erstaunlich genau. Bährs Sprache ist pointiert und ironisch, ohne die sozialen Probleme zu verharmlosen. Besonders gelungen fand ich, wie sie humorvoll, aber scharf beobachtet zeigt, dass in Großstädten selbst ein solides Gehalt kaum noch für eine Wohnung reicht. Das Thema hat mich persönlich sehr angesprochen – die Wohnungsnot, das Dauerhustle, der Druck, immer mehr leisten zu müssen.
Der Roman bietet damit nicht nur Unterhaltung, sondern auch Kapitalismuskritik für den Alltag: klug, charmant und mit viel Gespür für die Widersprüche moderner Lebensentwürfe. Ein kurzweiliger, relevanter Roman, der Spaß macht und gleichzeitig zum Mitdenken und Mitfiebern anregt. Ich werde die Autorin definitiv im Auge behalten!
Kennt ihr den Film Hustlers mit Jennifer Lopez? Stripper die ihre Freier ausnutzen und sich so ein bisschen von dem Geld holen, von dem die sowieso genug haben?
Das hier ist ähnlich und doch ganz anders. Nachdem sich Leonie bei ihrem ex Chef gerächt hat, lernt sie eine Frau kennen die sie auf die Idee bringt genau das zu ihrem Nebenjob zu machen: Rache für andere.
Was mit wirklich amüsanten Nebenjobs und Racheaktionen begann, füllt sich zusätzlich mit neuen, gute Freundinnen und eine Freundesgruppe auf die man sich verlassen kann, komme was wolle.
Ich fand das Buch lustig und entertaining, ich hatte durchgehend Spaß es zu lesen und würde es auf jeden Fall weiterempfehlen!
pola verlag anscheinend sehr mein fall? ich fand das buch richtig lustig aber auch etwas seltsam - da ich seltsame bücher ja toll finde, umso besser. es hebt sich ab von anderen büchern, trifft den zeitgeist und meine lebensrealität und behandelt viele moralische fragen, die gut überlegt gelöst werden
der letzte stern fehlt, weil man das alles ein bisschen pointierter hätte auflösen können. wenn man das buch nicht als hörbuch hört ist es sicherlich ein wenig ,,fad” aber darüber kann man mMn hinwegsehen
dinge die im buch so fallen/passieren: - sie sagt wenn sie bei siemens arbeiten würde, würde sie jeden tag klauen - ihr schleimpilz wird mindestens 10x grundlos erwähnt - bücherraubkopien sowie hotelhandtuchdiebstähle werden genauestens unter die lupe genommen
gefällt safe leuten, die bestie und martin suter mögen. spoiler: ich liebe es wenn gerissene leute nicht bestraft werden.
Ich bin immer ehrlich zu dir, schrieb Leonie. Und ich mag dich trotzdem. Nicht deswegen? Nein.
3.5 ★ Mir hat der Schreibstil von Julia Bähr ausgesprochen gut gefallen; die nüchterne Beobachtungen, die trockene Ironie, die mitunter groteske Absurdität. Präzise, lakonisch, mit feinen Zwischentönen. Ebenso gefällt mir die Art, wie sie soziale Schrägheiten von Menschen beobachtet, die nicht ganz in ihre Umgebung passen.
Aber ich bin irritiert. Denn weder Handlung noch Charakterentwicklung führen irgendwo hin. Und zwar in einem Ausmaß, dass ich am Ende mit sprichwörtlichen Fragezeichen über dem Kopf dasaß. Die Geschichte läuft auf einen vermeintlichen Höhepunkt zu, der sich im Rückblick als folgenlos erweist. Ein weiterer Handlungsstrang wird ebenso beiläufig abgewickelt. Am Ende hat die Hauptfigur sowohl charakterlich als auch auf der Ebene ihres Lebens (Job, Situation, Haltung) nur marginal Entwicklung durchlebt, sodass ich mich nur fragen kann warum das alles? Auch dass ihr Name erst relativ spät im Buch überhaupt genannt wird, war befremdlich. Vielleicht eine bewusste Entscheidung um die beobachtenden Instanz der Figur zu betonen, aber es verstärkt letztlich nur das Gefühl, dass weder Leonie, noch das Buch so recht wussten wo hin mit sich.
Sicherlich greift der Roman gesellschaftliche Themen auf; Lebenshaltungskosten, Gentechnik, Immobilienkrise und ähnliche Felder. Doch nicht tief genug, um über den fehlenden roten Faden hinwegzutäuschen.
Vielen Dank an netgalley und Pola für ein Rezensionsexemplar. Alle Meinungen sind meine eigenen.
Ich mag das Cover nicht, so von der Ästhetik her. Auf der anderen Seite habe ich das Cover vermehrt in meine Timeline gespült bekommen und war interessiert. Und nachdem ich einen anderen Roman beendet hatte, war dieses Buch gerade hier hereingeflattert und gefühlt legte ich es erst wieder aus der Hand, als ich es wenige Tage später beendet hatte. Was war in der Zwischenzeit passiert? Julia Bährs Roman Hustle verfügt über ein sehr angenehm zu lesendes Erzähltempo. Die Handlung erstreckt sich ungefähr über ein Jahr und der Erzählrhythmus ist einfach großartig. Derweil werden die unterschiedlichsten Thematiken verwoben. Die Wohnungskrise ist ein Bestandteil, genau wie obskure Hobbies, als auch die Sinnfrage und die Suche nach Nervenkitzel. Ich mag hie bewusst nicht spoilern, der Roman strotzt von originellen Ideen. Die Kunst des Romans liegt darin, diese vielen, tollen Ideen zu einem großen Ganzen sinnvoll zu verweben. Das ist sehr gut gelungen. Dies gelingt Julia Bähr auch deshalb so gut, weil sie viele Fragen nicht auflöst. Genug, aber nicht alle. Und damit passt der Roman sehr gut in den aktuellen Zeitgeist. Das Leben ist komplex und es gibt nicht auf alles Antworten, und schon gar keine leichten. Das ist okay, weil die Hauptcharaktere, die weiblichen Münchner Avengers rund um Leonie, sich beweisen und den Herausforderungen stellen. Insgesamt habe ich das sehr gerne gelesen und empfehle es mit vollem Herzen weiter. Was ein Hit, der Hustle. Bravo!
ch fands so langweilig und irgendwie gab's keine richtige Story, kenne Spannung , nix. erst nach 20 Seiten hat man erfahren wie die Hauptprota heißt und wurde vorher mit Sie nur beschrieben . Kein Plan was das sollte und sie hält ein Schleimpilz als Haustier. mega weird und alle Beziehungen mit den anderen waren sehr oberflächlich. Außerdem hab ich oft nicht gecheckt wer gerade spricht . dark romance wurde auch richtig klischeehaft schlecht geredet . mhh leider eins der schlechten Bücher aus dem Pola Verlag. Immerhin kenn ich mich jetzt besser mit Libellen und Heuschrecken aus . Vor den Dinos gab es Libellen die eine Spannweite von 70 cm hatten! Ja es kam die ganze zeit nur so komisches zeug im Buch.
Ich habe den Schreibstil dieses Buches wahnsinnig gemocht, ich habe mich total oft selber darin erkannt und auch die Themen, die aufgegriffen worden sind, sind wichtig und richtig. Insbesondere München ist bekannt dafür, dass kaum noch jemand dort überleben kann, sodass hin und wieder schon der Gedanke kommt, dass Leute, die dort leben, sich durch Nebeneinkünfte ggf. auch illegaler Natur finanzieren müssen. Ich mochte die Charaktere alle gerne, auch wenn ich nicht behaupten kann, die Handlungen aller nachvollziehen zu können oder komplett begriffen zu haben, was mir Leonies Handlungen jetzt vermittelt haben sollen. Werd kriminell, sonst schaffst du's nicht im Leben? Manchmal ist es mehr Schein als sein oder nur durch Schein wird man irgendwann? Man wird in ihre Situation als Leser reingeworfen und genauso unlieb wieder herausgerissen, sodass ich auf der letzten Seite etwas perplex war, was mir dieses Buch jetzt vermitteln möchte. Auf jeden Fall war es keine Zeitverschwendung, es hat mich zum Lachen gebracht und ich habe mich hin und wieder in Leonie wiedererkennen können!
Rache deluxe, Tiefgang light Irgendwie hatte ich mir mehr versprochen von Julia Bährs Roman Hustle. Das Cover ist stark, der Klappentext macht neugierig: „Doch nach einer Weile kommen ihr Zweifel: Wie viel Geld braucht man wirklich für ein gutes Leben? Und wie viel Risiko ist sie bereit, dafür einzugehen?“
Ich hatte erwartet, dass die Story genau diesen Fragen nachgeht, dass das Risiko wirklich ausgeleuchtet wird und Leoni am Ende zu einem greifbaren Ergebnis kommt. Leider blieb das für mich eher oberflächlich. Die Protagonistin Leoni ist zunächst eine reizvolle Figur mit spannenden Charakterzügen. Besonders die immer wieder eingestreuten naturwissenschaftlichen Themen fand ich interessant und eine tolle Abwechslung. Vor allem ihr Hobby, die Schleimpilze, hat mich fasziniert. Ihre Clique und ihr bester Freund blieben für mich dagegen etwas blass, hier hätte ich mir mehr Tiefe und Entwicklung gewünscht. Auch die Eltern waren für mich nicht ganz so ausgearbeitet (was nicht dramatisch ist bzw wäre, hätten sie nicht auch irgendwie einen gewissen Plot bekommen) Leonis Nebenverdienst mit den Rachatkionen war zunächst spannend und witzig beschrieben. Und auch die Sozialkritik, die durch einige Gespräche unter den Figuren geäußert wurde ist super eingearbeitet. Allerdings bleibt diese für mich zu sehr an der Oberfläche hängen und wiederholt eher bekannte Plattitüden (etwa das Beispiel mit dem Hundefutter und den Babyglässchen). Teilweise fand ich die moralischen Aussagen sogar fragwürdig, wenn z. B. Diebstahl bei großen Konzernen quasi fast schon abgenickt wird. Auch bei den Racheaktionen und Geschäften der Clique hätte ich mir deutlich mehr Reflexion bzw Entwicklung gewünscht. Viele angerissene Themen und Szenen wurden leider nicht konsequent weitergeführt, obwohl darin viel Potenzial steckte. (SPOILER: Leoni wird einmal fast erwischt, aber wirkliche Konsequenzen oder Entwicklung bleiben aus./Ihre Eltern sind nur am Streiten plötzlich nicht mehr, wie kommts?/Wer klaut im Museum und warum? SPOILER ENDE). Insgesamt wirkt die Handlung dadurch etwas richtungslos, und das Ende bricht eher ab, ohne eine spürbare Spannungskurve aufzubauen. Der Schreibstil selbst ist großartig: Flüssig, leicht, die Seiten fliegen nur so dahin. Lesen macht definitiv Spaß, aber inhaltlich hätte ich mir mehr Tiefe, Entwicklung und weniger lose Handlungsfäden gewünscht. Alles in allem ein Roman, den man durchaus mal zwischendurch lesen kann, aber nicht unbedingt muss.
Lebenswelten von Anfang 30-jährigen erforsche ich eigentlich ziemlich gerne. Allerdings gibt es eine unsichtbare Grenze, bei der es mir irgendwie zu schräg wird. Schauen wir mal, ob die mit diesem Buch überschritten wurde.
Leonie hat ihren Job verloren, weil sie auf die Unfähigkeit ihres Vorgesetzten mit einem Racheakt reagiert hat. Nach einem kurzen Zwischenstopp in ihrem Kinderzimmer zieht sie nach München, dass so ganz anders ist als ihre westfälische Heimat. Doch sie muss ihrer dominanten Mutter und den ständigen Streitereien zwischen ihren Eltern entfliehen. So leicht ist es allerdings nicht, nach ihrem großen Job Fauxpas einen neuen zu finden, der sie als Biologin erfüllt. Sie landet in einem staubigen Archiv und ordnet Insekten ihren Spezies zu. Ganz nebenbei hält sie sich einen Schleimpilz als Haustier und gerät nebenberuflich in Machenschaften, die man schon als kriminell bezeichnen könnte. Denn wenn man engagiert wird, um Rache an bestimmten Personen zu nehmen, dann geht das selten rechtlich einwandfrei vonstatten.
Die Stärke dieses Romans liegt für mich nicht in einem vielschichtigen und gewieften Plot, sondern in der intensiven Charakterzeichnung der Haupt und Nebenfiguren. Die Haltlosigkeit , die Leonie heimsucht, hat ihre Wurzeln in einem Elternhaus, das alles tut, außer seinem Kind Stabilität zu verleihen – so zumindest meine Diagnose. Dass sich das in Übersprungshandlungen äußert, halte ich für verständlich. Ihre Faszination für das schnelle Geld, herbeigeführt durch mehr oder minder interessante Frauen, ist nachvollziehbar, wenn man immer knapp bei Kasse ist. Die Liebeleien fand ich allerdings eher an den Haaren herbei gezogen.
Eine Kapitalismuskritik kann ich hier nicht erkennen. Ich tue mich generell ein bisschen schwer mit Romanen, die sich vermeintlich um die Berufswelt von Millenials oder Gen Z drehen, da es dabei meistens um Abgrenzung gegenüber älteren Generationen geht (zu denen ich gehöre). Mir fehlt dann das Verbindendende, das hier allerdings ab und an schon hervorblitzt.
Ich sah hier doch eher eine junge Frau, die erwachsen sein möchte, aber das kleine Kind in ihr doch noch nicht richtig weg bekommt. Stilistisch ist an dem Buch gar nichts auszusetzen. Die Dialoge waren interessant und unterhaltend, und nichts zog sich wirklich in die Länge. Nur das Ende kam etwas abrupt. Ich glaube nicht, dass der Roman lange bei mir hängen bleibt, fühlte mich aber phasenweise leicht und locker unterhalten.
Ich empfehle diesen Roman natürlich jüngeren Menschen, aber auch meinen Altersgenoss*innen, die sich gerne mit der Gedankenwelt anderer Generation beschäftigen möchten. Wenn ihr „Geht So!“ von Beatriz Serrano mochtet, dann könnte Euch dieser Roman auch gut gefallen. Außerdem werden hier Fans von Insekten und Pilzen großes Vergnügen daran haben. Meine Recherche hat ergeben, dass man „Schleimpilze“ tatsächlich als Haustier halten kann. Ich allerdings würde doch was Kuscheligeres vorziehen.
Die 30jährige Leonie verliert ihren Job - aber nicht ihre Würde. Am letzten Arbeitstag rächt sie sich auf eine wirklich kreative Art und Weise. Danach allerdings macht ihr Ex-Chef seine Drohung wahr und als sie nach einer langen Urlaubsreise zurück kommt, findet sie in ihrer Branche keinen neuen Job mehr. Notgedrungen nimmt sie einen Job an, der sie vom Ruhrgebiet nach München bringt und so trostlos und langweilig ist, wie man es sich kaum vorstellen kann. Statt mit Pflanzen zu experimentieren wie in ihrem vorigen Job, katalogisiert und digitalisiert sie Insekten in Schaukästen für eine staatliche Behörde. Sie wohnt in einer runtergekommenen Wohnung, die sie sich gerade so leisten kann und beschreibt alles, was man immer an Vorurteilen über München so hört. Wie sich Leonie in ihr neues Leben findet und durchkämpft, wäre an sich schon fast genug Stoff für eine gut lesbare und unterhaltsame Lektüre, aber jetzt kommen wir zum Titel. Hustle. Das bedeutet im ursprünglichen Sinn Abzocke oder Betrügerei. Denn Leonie rutscht über eine Zufallsbekanntschaft, die bald eine richtige Freundin wird, in einen Nebenerwerb. Sie bietet ihr Talent, kreativ Rache zu üben, gegen Geld an Menschen an, die sie auf einem Liebeskummerforum findet. Über ihre neue Freundin Genevieve findet sie bald Zugang zu einer Frauenclique, die alle verbotene Aktivitäten ausüben, um sich das Leben in München und noch etwas mehr leisten zu können. Es war ein Hochgenuss, diesen 4 Frauen zuzuhören und sie zu begleiten. Wie ich es aus dem Pola-Verlag kenne, treffen wir mal wieder auf sehr starke und interessante Frauen, gegen die die männlichen Protagonisten sehr blass wirken. Leonie ist eine spannende Hauptfigur, die mich wirklich in ihren Bann gezogen hat - und die Geschichte ist trotz der vielen humorvollen Stellen und der sehr gut lesbaren Sprache wirklich vielschichtig und durchaus nachdenklich stimmend. Es werden Themen berührt, die mich sehr berührt haben - wie wichtig ist Karriere? Was macht es mit einem, wenn man etwas findet, für das man brennt? Welche Art von Moral und Gewissen sind noch tolerierbar, wo sehe ich bei mir Grenzen? Aber auch Beziehungen werden gezeigt wie die von Leonies Eltern, die sich fast ihr Leben lang streiten bis sie auf einmal damit aufhören. Und natürlich - Freundschaft und Unterstützung unter Frauen, so wichtig und so tragend - auch und besonders für dieses Buch. Von mir eine uneingeschränkte Leseempfehlung!
Eine humorvolle, aber auch brisante Geschichte Im Zentrum steht die Biologin, Pflanzengenetikerin Leonie, eine junge, verloren wirkende Frau aus Bocholt, Anfang 30. Neben ihrer teils illegalen Racheaktion im Ruhrgebiet folgen wir ihren ernüchternden beruflichen wie rechtlich grenzwertigen Nebenjob-Aktivitäten in München. Die dortige angespannte Immobiliensituation mit bezahlbarem, properem Wohnraum schädigt das Image der Stadt des Oktoberfestes mit Attraktionen wie z.B. dem Teufelsrad und landschaftlich reizvoller Umgebung. Sehr informativ ist ihre mittelmäßig bezahlte, wenn auch langweilige Arbeit des Kategorisierens und Katalogisierens in der Zoologischen Staatssammlung über verstaubten Schaukästen mit Käfern, Libellen, Heuschrecken und Schmetterlingen. Auch ihre privaten Experimente mit Schleimpilzen gefallen. Aus Geldmangel und Einsamkeit erwachsen schließlich ihre illegalen Machenschaften wie Sachbeschädigung. Hausfriedensbruch oder üble Nachrede, ein Service für Menschen, auf der Suche nach ausgleichender Gerechtigkeit. Kreativ und raffiniert sind ihre gut bezahlten Racheaktionen für Interessenten aus Liebeskummer- und Mobbingforen im Internet. Eingeflochten sind hier auch sozialkritische Überlegungen unter ethischen und moralischen Gesichtspunkten. Leonie stellt sich dabei schließlich die Frage, wieviel Risikobereitschaft sie eingehen will mit wieviel notwendigem Geld für ein zivilisiertes Leben. Neben sympathischen männlichen Randfiguren wie Steffen, Nam oder Alfred Mayer treten drei junge Frauen mit vergleichbaren Talenten und unkonventionellen bis illegalen Machenschaften recht früh in Leonies bescheidenen, tristen Alltag. Die Darstellung ihrer echten Freundschaft überzeugt, wirkt authentisch. Besonderen Thrill rund um diesen Mädels-Club wird besonders durch eine Verhaftung und die Aufdeckung eines bis zum Schluss geheimnisvollen, nicht alltäglichen Nebenjobs erzeugt. Der Schreibstil fasziniert durch Esprit, Kreativität und Bodenhaftigkeit. Insgesamt interessante, wenn auch ungewöhnliche Protagonisten, platziert in nicht alltägliches, teils liebevolles Ambiente mit offenem Ende.
In Hustle geht es um eine junge Frau, die sich nach einer bitteren Enttäuschung nicht in Selbstmitleid verliert, sondern einen cleveren Plan ausheckt. Sie will sich nicht nur zurückholen, was ihr zusteht, sondern auch denjenigen eine Lektion erteilen, die sie ausgenutzt oder unterschätzt haben. Dabei führt uns die Autorin mitten hinein in die Münchner Schickeria – zwischen Glamour, Oberflächlichkeit und versteckten Abgründen.
Das Buch hat mich wirklich umgehauen. Der Schreibstil ist kurz, prägnant und unglaublich mitreißend – ich bin nur so durch die Seiten geflogen. Vor allem die Rache-Momente waren herrlich süß: Sie haben mich immer wieder zum Schmunzeln gebracht, und ab und zu musste ich sogar laut lachen. Julia Bähr hat es geschafft, die Atmosphäre Münchens so lebendig einzufangen, dass ich die Schickeria förmlich vor mir gesehen habe. Trotz des leichten, humorvollen Tons steckt aber auch viel Tiefe zwischen den Zeilen. Hustle zeigt, wie wichtig es ist, sich selbst treu zu bleiben, und wie befreiend es sein kann, die eigene Stärke zurückzuerobern.
Für mich ist dieses Buch eine perfekte Mischung aus Witz, Schärfe und Tiefgang – absolut empfehlenswert!
Diesem Buch eine Bewertung zu geben fällt mir etwas schwer. Ich bin durch die Seiten geflogen, der Schreibstil ist toll, lustig, sarkastisch und voller Zeitgeist. Ich fühlte mich super unterhalten, gleichzeitig hat das Buch aber auch einige Mängel. Die Charaktere blieben mir zu oberflächlich, eine richtige Verbindung untereinander habe ich nicht gespürt. Alle blieben in ihren Lebenslagen, Entscheidungen, die sie zu ihren Nebentätigkeiten geführt haben und wie diese genau aussehen, sehr nebulös. Der Klappentext hat gerade in Bezug auf Tiefgang andere Erwartungen in mir geweckt und die Handlung wirkte oft orientierungslos. Es wurde vieles abgeschnitten und nicht weiter geführt. Vielleicht hat man sich zugunsten der Buchlänge bewusst gegen mehr Detail entschieden, aber dieses hätte das Buch locker zu einer fünf Sterne-Lektüre gemacht. Ich fand das Buch gut, allerdings sehe ich hier sehr viel verschenktes Potential. Der tolle Schreibstil der Autorin hat die höhere Bewertung ausgemacht. Hätte sie die Geschichte stilistisch nicht so wunderbar pointiert erzählt, wäre ich sicher enttäuscht gewesen.
Der Roman beginnt mit einer Racheaktion, die so kreativ ist, dass man sie heimlich gerne auch mal ausprobieren möchte: Leonie befeuchtet Sessel, Teppich, Mousepad und Aktenordner im Büro ihres fürchterlichen Chefs und streut großzügig Kressesamen aus… In ihrem neuen Job in München bestimmt sie Insekten in der Zoologischen Staatssammlung und da man in München mit einem normalen Gehalt nicht über die Runden kommt, entwickelt sie ein Side-Hustle für kreative Racheaktionen. Dabei wird sie in eine Freundinnengruppe aufgenommen, die alle einen nicht legalen Nebenerwerb haben, damit sie sich München leisten können…
Der Roman ist locker-lakonisch geschrieben, die Figuren haben Tiefe, typische Klischees werden geschickt vermieden, die Figuren sind divers aber nicht auf eine Art und Weise, die verkrampft wirkt - und dann noch viel Kritik am Wohnungsmarkt und hochnäsigen Münchnern? Hervorragend!
Ich fand das Buch sehr originell und kreativ. Das Thema war spannend und mal was Neues. Durch den angenehmen Schreibstil, war es für mich leicht zu lesen. Die Geschichte ist lustig, ironisch, gesellschaftskritisch und schonungslos ehrlich. Mich hat die Darstellung von Freundschaft und sonstigen zwischenmenschlichen Beziehungen berührt. Die teilweise skurrilen Eigenheiten der Charaktere haben sich realistisch angefühlt und Abwechslung in die Geschichte gebracht. 3.75*
Vielen Dank an "Pola" für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars über NetGalley. Diese Rezension ist meine freie Meinung in eigenen Worten.
Insgesamt fand ich die Geschichte humorvoll mit einer guten Prise „Nieder mit dem Kapitalismus!“
Leonie findet ihre Berufung in einem „Rache“-geschäft und rächt sich im Namen ihrer Kund:innen. Sind wir mal ehrlich, gibt es nicht bei jedem einmal im Leben den Gedanken an Rache? Nachvollziehbar fand ich manche Racheaktionen schon, andere wiederum etwas überzogen.
Die Mädels-Clique empfand ich trotz deren „Nebenjobs“ als cool und sehr harmonisch. Endlich mal kein Neid oder schlecht machen der jeweiligen anderen.
Das war mal echt was anderes und es hat mir gut gefallen! Die Hauptprotagonistin Leonie zieht nach München für einen neuen Job, wie sich herausstellt, um Insekten zu identifizieren, und möchte eigentlich sofort raus aus ihrer schäbigen Wohnung, in welche sie ziehen musste. Dann wird sie von einer mysteriösen Frau angesprochen, und dann nimmt die Geschichte ihren Lauf, in dem Leonie Aufträge für Menschen mit gebrochenen Herzen annimmt, um für sie Rache zu üben. Ich fands unterhaltsam :)
Leonie ist Anfang 30, Planzengenetikerin und zieht nach München, da sie durch eine Racheaktion ihren Job verloren hat. Dort landet sie in der Zoologischen Staatsammlung und katalogisiert u.a Heuschrecken und Libellen. Zuhause experiment sie mit Schleimpilzen. Tatsächlich noch sie soviel darüber erfahren wie in diesem Buch. Duch eine Mischung aus Einsamkeit und Geldmangel lässt sie ihr Rachegeschäft aufblühen und bietet Menschen im Kummerforum ihrer Dienste an, wenn sie sich an ihren Partnern rächen wollen da sie ungerecht behandelt worden sind. So kommt sie auch in Kontakt mit drei anderen Frauen, wo auch einige ihre Geldbörse mit nicht so legalen Sachen aufstocken. Auch wenn vieles überspitz und übertrieben dargestellt wurde mochte ich die Beschreibung des Settings sehr genau wie die Denkanstöße am Kapitalismus unsere Zeit. Einzig das Ende fand ich irgendwie abrupt. #hustle #netgalleyDe
✨ REZENSION zu „Hustle“ von Julia Bähr (@comeonbaehr), erschienen im Pola Verlag (@pola_stories)
📖 Inhalt (spoilerfrei): In „Hustle“ zieht Leonie nach einer Kündigung nach München und sieht sich dort mit überteuerten, wenig attraktiven Wohnungen und einem monotonen Job konfrontiert. Durch Zufall findet sie Anschluss an einen Freundeskreis, der mit ungewöhnlichen „Side-Hustles“ sein Geld verdient. Inspiriert davon startet Leonie schließlich ihr eigenes Geschäft: Gegen Bezahlung übernimmt sie Racheaktionen für Menschen mit gebrochenem Herzen. Dabei stellt sich für sie immer wieder die Frage, was ein gutes Leben eigentlich kostet und welche Risiken sie dafür tragen möchte.
🖋️ Erzählstil und -struktur: Der Einstieg hat sich für mich nicht ganz stimmig angefühlt. Am Anfang erzählt Leonie in einer Art Zeitraffer von den Geschehnissen in ihrem Job. Dadurch wird viel übersprungen und nur teilweise über ein Gespräch mit ihrem besten Freund vermittelt, der die meisten Dinge ohnehin schon weiß („ich weiß, du hast mich doch mehrfach weinend vom Klo angerufen“). Das wirkte auf mich ein wenig konstruiert. Hier hätte ich mir eine direktere, retrospektive Erzählweise gewünscht. Der Ton ist teilweise satirisch, insgesamt leicht und flüssig zu lesen. Manche Szenen, vor allem die Racheaktionen, erschienen mir allerdings sehr unglaubwürdig und haben mich ein wenig aus der Geschichte herausgerissen (z. B. das Pinkfärben von Haaren, als wäre dies nicht rückgängig zu machen).
👥 Figuren: Leonies Entwicklung bleibt für mich eher unausgeglichen. Einerseits grenzt sie sich von Konsumdenken ab, andererseits lässt sie sich stark vom Münchner Umfeld und den Erwartungen ihrer Freundinnen beeinflussen. Das ist menschlich nachvollziehbar, bleibt im Buch aber eher oberflächlich ausgearbeitet. Die Nebenfiguren wirkten auf mich in vielen Punkten eher flach. Statt als eigenständige Charaktere mit Tiefe treten sie vor allem als funktionale Rollen auf, mal als Impulsgeber, mal als Kontrast oder Sparringspartner.
🌙 Symbole und Themen: Den zu Beginn geschilderten Konflikt mit Mosweti habe ich als Anspielung auf Monsanto gelesen. Monsanto (heute Teil von Bayer) steht vor allem wegen Glyphosat, gentechnisch veränderten Pflanzen, patentrechtlich gesichertem Saatgut und dem damit verbundenen Druck auf Landwirte sowie wegen seines aggressiven Markt- und Lobbyverhaltens in der Kritik. Diese Praktiken gelten als umweltschädlich, gesundheitlich riskant und als Symbol für die problematische Macht großer Agrarkonzerne und prägen bis heute den umstrittenen Ruf des Unternehmens. Aufgefallen ist mir auch die Symbolik in der Szene, in der Leonie an ihrem letzten Arbeitstag bevor sie die Büroräume von Mosweti verlässt, überall Kresse-Samen verstreut. Sie hat dort buchstäblich ein Keim für ihren Neuanfang gelegt. Die Kresse symbolisiert in vielen Kulturen Hoffnung, Neubeginn und neues Leben, was ich an der Stelle des Buches sehr passend eingesetzt fand. Besonders stark fand ich die Authentizität, mit der das Leben in München eingefangen wird (vermutlich deshalb, weil die Autorin selbst bis 2014 dort gelebt hat). Hohe Lebenshaltungskosten, verdrängte Geschäfte, unbezahlbare Wohnungen mit Schimmel und Kakerlaken. All das zeigt schonungslos, wie absurd und ungerecht das System ist. Auch der Anpassungsdruck an Konsumstandards wird nüchtern und realistisch geschildert. Was zunächst widersprüchlich wirken mag, aber die Kapitalismus- bzw. Gesellschaftskritik sogar bereichert, ist die Tatsache, dass die Figuren diesen Mechanismen nachgeben und selbst nach Luxus, Kleidung und Statussymbolen streben. Für mich spiegelt das sehr menschlich den inneren Zwiespalt zwischen Kritik und Mitmachen wider.
💡 Fazit: „Hustle“ liest sich unterhaltsam und greift spannende gesellschaftliche Themen auf. Die Sprache ist metaphorisch und teilweise fast poetisch. Ich mochte Böhrs originelle Vergleiche sehr: Schleimpilze werden als Metaphern für gesellschaftliche Strukturen und zum Sinnbild für das menschliche Leben und dessen Entwicklungen. Gleichzeitig fehlte mir aber ein klarer roter Faden, die Figurenentwicklung blieb für mich unbefriedigend und das Ende wirkte ein wenig richtungslos. Insgesamt hatte das Buch Potential, das für mich nicht ausgeschöpft wurde. Auf ihrer Webseite beschreibt Bähr „Hustle“ als literarisches Experiment: Sie wollte bewusst etwas ganz anderes schreiben als ihre bisherigen, eher romantischen oder humorvollen Werke. Für sie fühlte es sich an, „als wäre sie ganz gut im Klavierspielen gewesen und plötzlich bekam sie eine Geige gereicht“. Auch ein Instagram-Post von 2016, in dem sie die Redaktionsräume der FAZ mit „Hamsterrad“ kommentierte, wirkt im Rückblick wie ein leiser Hinweis auf das kapitalismuskritische Grundthema des Romans.
Kurzmeinung: Sarkastischer, lebendiger Roman über das Überleben junger Frauen in der Großstadt, allerdings mit kleinen Schwächen bei der Figurenzeichnung.
Der neueste Roman der Autorin und Journalistin Julia Bähr setzt bereits mit seinem Titel ein klares Statement. Im Deutschen steht „hustle“ für starke Anstrengungen, die jemand unternimmt, um Ziele zu erreichen, aber auch für eine negative Konnotation im Sinne von „illegale Machenschaften“. Genau dieser Doppeldeutigkeit konnte ich mich nicht entziehen – sie hat mich sofort angesprochen. Ähnlich erging es mir mit dem Cover: Die junge Frau darauf zieht die Augenbraue leicht süffisant hoch, wirkt dabei etwas distanziert und trotzdem interessiert.
Leonie ist eine junge, lebendige Frau anfang dreißig. Doch ihr Leben gerät bereits ins Wanken. Ihren verhassten Job und den tyrannischen Chef will sie endgültig hinter sich lassen und das tut sie filmreif mit einer frechen Racheaktion. Diese bleibt nicht ohne Folgen, sodass sie ihren Wahlberuf nicht weiter ausüben kann. Nachdem sie es in ihrem alten Kinderzimmer und bei den ständig streitenden Eltern in Bocholt nicht mehr aushält, braucht sie eine Veränderung. Sie beginnt neu in München, einer Stadt, in der man nur mit ausreichenden finanziellen Rücklagen wirklich überleben kann. Schon bald wird ihr klar, dass selbst ihr neuer Job nicht ausreicht, um in München (gut) leben zu können. Zu ihrem Glück findet sie Anschluss bei drei Frauen, die scheinbar genau wissen, wie sie sich ihren gewünschten Lebensstil dennoch ermöglichen können. „Wenn Dreistigkeit und Tricksen zum Münchner Lokalkolorit gehörten, dachte Leonie, konnte sie hier noch einiges lernen.“ (Seite 131) Dass Leonie gerne und bewusst gesellschaftliche sowie rechtliche Grenzen überschreitet, erweist sich nun endlich als klarer Vorteil.
Was ich an „Hustle“ besonders mochte, waren die sozialkritischen Einschübe. Städte wie München, Düsseldorf oder Hamburg werden zunehmend unbezahlbar. Halbwegs bezahlbare Wohnungen sind häufig stark renovierungsbedürftig, mit Schimmel befallen und müssen oft mit mehreren Mitbewohnern – menschlicher und tierischer Art, wie etwa Kakerlaken – geteilt werden. Kleine, inhabergeführte Geschäfte verschwinden immer mehr. Die Gentrifizierung, der Prozess, bei dem durch die Aufwertung ganzer Wohnviertel immer mehr einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen durch wohlhabendere Bewohner verdrängt werden nimmt immer mehr zu. Die Autorin schafft es, diese schweren und zermürbenden Themen gekonnt einzuflechten und durch ihren leichten, sarkastischen Schreibstil besonders hervorzuheben. „Wir leben in einer Stadt, in der Menschen mit normalen Jobs die Lebenserhaltungskosten nicht decken können. Und politisch interessiert das niemanden. Da ist Klauen doch für viele die einzige Lösung.“ (Seite 121)
Der Einstieg ins Buch fiel mir jedoch schwer, da mir die gewählte Erzählweise nicht vollständig zusagte. Für ein intensiveres Leseerlebnis hätte ich die Ich-Erzähler-Perspektive bevorzugt, da ich so eine engere Verbindung zu Leonie gehabt hätte. Dadurch wirkte sie auf mich noch etwas distanziert. Dies stellt vermutlich auch die größte Schwäche des Romans dar: Die Figuren bleiben oberflächlich, klischeehaft und gefangen in stereotypen Rollen. Hier hätte ich mir deutlich mehr Charaktertiefe gewünscht. Leonie und ihre Freundinnen handeln zwar mutig und unkonventionell, doch eine tiefere psychologische Ausarbeitung hätte ihnen mehr Ausdruckskraft ebenso wie Mehrschichtigkeit verliehen und die Erzählung insgesamt bereichert.
Mein Fazit bleibt daher ein durchwachsenes. Julia Bährs Roman „Hustle“ verbindet prekäre gesellschaftskritische Themen mit einer freche Hauptfigur. Allerdings blieb mir trotz der vielversprechenden Ansätze die Charakterzeichnung zu oberflächlich, was der Geschichte etwas an Tiefe nimmt. Dennoch besticht der Roman durch seinen sarkastischen Ton und seinen scharfen Blick auf das Leben in Großstädten. Das Erzähltempo ist stets flüssig und durch die kurzen Kapitel auch zügig, sodass die Handlung lebendig bleibt und die verschiedenen Themen geschickt miteinander verflochten werden Es bleibt den Lesenden überlassen, ob sie über diese Schwächen hinwegsehen können.
Ein Roman über das prekäre Leben junger Frauen in einer durchökonomisierten Gesellschaft, das verspricht "Hustle" von Julia Bähr. Die Autorin, 1982 geboren, hat ihr Handwerk an der Deutschen Journalistenschule gelernt, arbeitet heute als freie Journalistin in den Bereichen Kultur und Gesellschaft und veröffentlichte bereits mehrere Romane, darunter die romantische Komödie "Sei mein Frosch". Mit "Hustle" versucht sie sich an einer schwarzen Satire über Kapitalismus, Moral und Freundschaft.
Worum geht’s genau?
Leonie lebt in München, einer Stadt, die für Normalverdienende unbezahlbar geworden ist. Als ihr das Geld ausgeht, findet sie Anschluss an drei Frauen, die sich ihren Lifestyle mit nicht ganz legalen Methoden finanzieren. Bald startet sie ihr eigenes „Geschäftsmodell“: Racheaktionen für gebrochene Herzen. Was als cleverer Hustle beginnt, wirft schnell große Fragen auf: Wie viel Risiko ist sie bereit einzugehen? Und wie viel Geld braucht man wirklich für ein gutes Leben?
Meine Meinung
Es war mein erstes Buch von Julia Bähr, und der Klappentext hat mich neugierig gemacht. Der Einstieg liest sich leicht, denn der Schreibstil ist flüssig und eingängig, die Seiten fliegen nur so dahin. Besonders gelungen fand ich, wie authentisch München beschrieben wird: unbezahlbare Wohnungen voller Schimmel, verdrängte Geschäfte, Gentrifizierung auf jedem Straßenzug. Hier spürt man, dass die Autorin selbst lange dort gelebt hat. Szenen wie „München ist ein Fuckboy“ (S.129) oder die Schilderungen der absurden Wohnsituation sind bitterwitzig und treffen den Nerv.
Leider konnte mich die Geschichte insgesamt aber nicht überzeugen. Die Kapitel sind sehr kurz – was ich normalerweise mag – aber hier fehlte es mir an Tiefe. Vor allem über die vier Freundinnen hätte ich gerne deutlich mehr erfahren. Viele angerissene Themen und Szenen wirkten vielversprechend, wurden aber nicht konsequent weitergeführt. Dadurch fühlte sich die Handlung oft richtungslos an. Besonders das Ende bricht eher abrupt ab, ohne eine klare Spannungskurve zu entfalten. Für mich wirkte es, als wolle das Buch sehr viel gleichzeitig (Kapitalismuskritik, Freundinnenschaft, Satire), aber am Ende wird eben alles nur angedeutet und angeschnitten.
Auch die Figuren blieben mir fremd. Leonie und ihre Mitstreiterinnen gingen mir emotional kaum nahe. Trotz einiger scharf beobachteter Szenen („Ich wollte nie wieder in dieses Büro gehen, nie wieder verantwortlich sein für Dinge, die andere verbockt hatten“ S.61) hatte ich am Ende das Gefühl, nicht verstanden zu haben, was die Autorin mir eigentlich mitgeben wollte. Manche Szenen erschienen mir zudem unglaubwürdig, andere Fragen blieben offen, die mehr Erklärung verdient hätten.
Zwar gibt es starke Stellen, etwa die Auseinandersetzung mit der Frage nach gerechtem Klauen („Wir leben in einer Stadt, in der Menschen mit normalen Jobs die Lebenshaltungskosten nicht decken können… Da ist Klauen doch für viele die einzige Lösung.“ S.121). Doch selbst hier hatte ich den Eindruck, dass die Themen eher angerissen als vertieft werden. Letztlich ordne ich den Roman weniger als Kapitalismuskritik ein, sondern eher als satirische Reaktion auf das dekadente Leben in teuren Städten. Dass die Figuren trotz anfänglicher Rebellion letztlich dem System verhaftet bleiben, verstärkt diesen Eindruck.
Fazit
"Hustle" hat zweifellos ein starkes Setting und einige kluge Beobachtungen, doch für mich blieb das Potenzial ungenutzt. Wer kurze Kapitel und satirische Seitenhiebe auf das urbane Großstadtleben mag, wird hier fündig. Wer Wert auf Figurenentwicklung, Tiefgang und eine klare Erzählrichtung legt, kann mit dem Buch wahrscheinlich auch wenig anfangen. Herzlichen Dank an Vorablesen & den Pola Verlag für das Rezensionsexemplar.
Was für ein Spaß! Hustle ist so ein Buch, das man aufschlägt, „nur kurz reinlesen“ will – und plötzlich ist man auf Seite 200 und lacht Tränen über Leonies sarkastische Kommentare, bissige Beobachtungen und die absurden Situationen, in die sie sich hineinmanövriert. Julia Bähr hat hier einen Roman geschrieben, der gleichzeitig federleicht und messerscharf ist – Unterhaltung mit Köpfchen, Gesellschaftskritik mit Witz. Im Mittelpunkt steht Leonie, Anfang 30, Biologin, moralisch flexibel und lebensklug. Nachdem ihr Chef ihre Forschung klaut und sie in einem legendären Wutanfall sein Büro verwüstet, findet sie sich ohne Job wieder – und mit einem Neuanfang in München, der teuersten Stadt Deutschlands. Dort stößt sie auf drei Frauen, die sich mit mehr oder weniger legalen „Nebenjobs“ über Wasser halten – und bald gründet Leonie ihr eigenes Business: Rache Inc. Wer Liebeskummer hat, zahlt, und Leonie sorgt mit raffinierten Aktionen für Gerechtigkeit auf ihre ganz eigene Art. Was das Buch so großartig macht, ist der Ton. Julia Bähr schreibt herrlich trocken, mit einem Gespür für Timing und Situationskomik, das an Mareike Fallwickl oder Caroline Wahl erinnert – nur noch schärfer und urbaner. Ich habe selten so oft laut gelacht und gleichzeitig gedacht: Autsch, das trifft leider genau ins Schwarze. Zwischen überzogenen Mieten, Selbstoptimierung und moralischen Grauzonen erzählt Hustle von einer Generation, die gelernt hat, sich selbst zu hustlen, weil sonst niemand für sie sorgt. Dabei bleibt der Roman warmherzig. Die Freundschaften zwischen den Frauen sind das emotionale Rückgrat der Geschichte – loyal, wild, solidarisch, und manchmal chaotisch. Es tut gut, dass hier einmal nicht die romantische Liebe im Zentrum steht, sondern weibliche Bündnisse, Wut und Witz. Leonie ist keine Heldin im klassischen Sinne, sondern ein Mensch, der Fehler macht, flucht, zweifelt – und gerade deshalb so sympathisch ist. Dass Julia Bähr diese Figur nie moralisierend, sondern liebevoll ironisch zeichnet, macht Hustle zu etwas Besonderem. Kurz gesagt: Hustle ist frech, modern, brillant beobachtet und einfach verdammt unterhaltsam. Ein Buch, das man verschlingt, weil es einen zum Lachen bringt – und danach noch lange zum Nachdenken. Fazit: Ein feministischer, hochkomischer Gesellschaftsroman über Geld, Moral und Freundschaft – mit Suchtfaktor! 📚 5/5 Sterne – und der dringende Wunsch, Leonie & Co. bald wiederzusehen.