Heimat

by Hannah Lühmann

Hinter der perfekten Idylle lauert die »Tradwife«-Szene – Hannah Lühmanns Roman über ein virales Thema und den Rechtsruck in unserem Land

Als Jana mit ihrer Familie aufs Land zieht, merkt sie Hier gelten andere Regeln. Hinter der bürgerlichen Fassade lauert ein höchst problematisches Weltbild, wie selbstverständlich wird hier AfD gewählt. Auch Janas charismatische Nachbarin Karolin hat sich ganz der Rolle als Hausfrau und Mutter verschrieben. Je mehr Zeit Jana mit Karolin verbringt, desto klarer wird ihr, dass sie auf eine sehr zeitgemäße Weise ultrakonservativ ist – sie kämpft als »Tradwife« im Namen der Tradition gegen alles, wofür Jana eigentlich steht. Jana versucht, sich gegen ihre Faszination zu wehren, und ertappt sich doch immer wieder bei dem verstörenden Gedanken, dass sie Karolin um ihr Leben beneidet …

Genres: Audiobook, Fiction, Feminism, German Literature, Roman, Contemporary

177 pages, Kindle Edition

First published August 19, 2025

About the author

Hannah Lühmann, geboren 1987, hat Philosophie in Berlin und Paris studiert. Sie schrieb unter anderem für die "Süddeutsche Zeitung", die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" und "Die Zeit". Von 2014 bis 2025 war sie als leitende Redakteurin im Kulturressort bei der "Welt" und "Welt am Sonntag" tätig. Hannah Lühmann lebt als freie Journalistin mit ihrer Familie in Berlin

Reviews

[Meike · Rating 1 out of 5]

Listen, I'm all here for young novels about the impact of the digital on the real world, but this is so cliched and undercomplex that it does not qualify as a serious contribution to a debate or as aesthetically appealing literature. Lühmann writes about tradwife influencers, so women who adhere to traditional female roles and romanticize the demure lifestyle (think German Nara Smith or American Ballerina Farm), and how the internet phenomenon is connected to extremist ideology, in this case the AfD, a right-wing political party.

Let's have a look at the plot: Jana is unexpectedly pregnant with her third child, her boss at the creative agency is not thrilled, so she impulsively quits her job; she and her husband Noah buy a house in the countryside because they totally can afford a family of five and a home of their own on a modest teacher's salary. The marriage is in crisis, because Jana feels that she has always had to do most of the work. Meanwhile, Noah is a teacher who wants to raise political and historical awareness and make the world a better place, and Jana's mother is a peace-loving former generation of '68 hippie who wears worn-out dungarees and used to have a string of male lovers and now has a string of female roommates. They are all cliches.

In the countryside, Jana meets Karolin, a tradwife influencer with 7,000 followers who gathers other women with similar lifestyles around her. Jana develops an obsessive fascination with Karo and stupidly buys into everything she is told, because she forgot her brain in Berlin or something. Cue to the AfD and violence against children and women. Aaaaaand: Scene.

So yes, this is all implausible: Jana seems to have no friends and no personality of her own, she starts signing a petition against the refugee shelter out of nowhere (why? when has she become a racist?), she dismisses the warnings of other Karo stans, because: reasons. Why does she, the former agency employee from the big city, suddenly swallow anti-vaccination propaganda, from one sentence to the next? The story requires her to change, to make some kind of transition, but it's just not there. She is unintentionally presented as dumber than the banana bread she bakes. You need proof? I've warned you, here you go:

Karo on Emily Dickinson: “Someone once said that she wrote the way other women knit. I bet you could see that as an insult, but isn't that the most beautiful thing you can say about a poet?” The text goes on: "To Jana, it seemed truer than almost anything she had ever heard about poetry before." What the actual fuck?
(„Jemand hat mal über sie gesagt, sie schreibe, wie andere Frauen stricken. Ich wette, man könnte das als Beleidigung sehen, aber ist das nicht das Schönste, was über eine Dichterin gesagt werden kann?“ Jana erschein es so wahrhaftig wie fast nichts, das sie jemals zuvor über Lyrik gehört hatte.)

The phenomenon of tradwives is also not analyzed in a broader context: Socioeconomic circumstances play no role. Being a tradwife influencer is primarily an economic model: These women make money by playing housewives on the internet. Ironically, they are female entrepreneurs, and the dream world they portray is a grift. This aspect is not mentioned at all in the book. Jana is a white woman from an academic background with no financial worries: her husband is concerned, but she merely takes note of it. When we talk about tradwives and the AfD and why people doubt the state, we can't just resort to crazy conspiracy theories (they want children to love the state, not their parents!). We also have to acknowledge that people are starting to feel that the democratic state is failing: Pensions, health insurance, inflation, job losses, and a shortage of skilled workers all at the same time, and the feeling that nothing is happening to stop it—that these issues exist and need to be fixed by the democratic parties must be acknowledged, only then can they be fixed. This novel says: Normal woman suddenly becomes Nazi in East German countryside via tradwife content. I can only repeat: What the fuck.

This could have been so good, but it's oh so shallow. And let me close with a sentence which is used in the novel unironically, and I still can't believe the editor kept it in: "Noah seemed invigorated by sexual intercourse.” („Noah schien durch den Geschlechtsverkehr belebt.“) I rest my case.

You can listen to the podcast gang discussing the book (in German) here: https://papierstaupodcast.de/podcast/...

[Seitenmusik · Rating 2 out of 5]

Danke an Vorablesen und Hanserblau für das Rezensionsexemplar – der Klappentext und die Leseprobe haben mich sofort neugierig gemacht. Hannah Lühmann, geboren 1987, studierte Philosophie in Berlin und Paris, war lange Kulturredakteurin bei Welt und Welt am Sonntag und lebt heute als freie Journalistin in Berlin. Mit "Heimat" legt sie ihren zweiten Roman vor – ein Buch, das große Themen unserer Gegenwart aufgreift: Rechtspopulismus, Familie, Geschlechterrollen und die Sehnsucht nach Zugehörigkeit.

Worum geht’s?

Jana zieht mit ihrem Mann Noah und den Kindern aus der Stadt aufs Land. Schnell merkt sie: Hier gilt eine andere Normalität – die AfD ist allgegenwärtig, Verschwörungsnarrative werden beim Dorffest neben Kuchenbuffets verhandelt. Besonders angezogen fühlt sich Jana von ihrer Nachbarin Karolin, die als „Tradwife“ Hausfrau und Mutter zur Lebensaufgabe erhebt und ihre Ideologie zwischen Instagram-Feed, Telegram-Gruppe und Lesekreis verbreitet. Während Jana immer stärker in Karolins Bann gerät, verliert sie zusehends den Halt in ihrer eigenen Familie.

Meine Meinung

Bisher kannte ich die Autorin nicht und das Buch ist das erste, das ich von ihr lese. Die Grundidee des Romans finde ich sehr stark: ein Blick auf Rechtspopulismus im Alltag, die Faszination für tradwife-Lebensmodelle, Mutterbilder zwischen Care-Arbeit und Instagram-Inszenierung. Der Einstieg hat mich auch sofort gefesselt & insgesamt hatte das Buch so eine Sogwirkung, dass ich es an einem Nachmittag durchgelesen habe.

Doch je weiter ich kam, desto mehr kippte meine Begeisterung. Für mich bleibt "Heimat" in weiten Teilen oberflächlich. Jana, die Hauptfigur, wirkt wie eine „weiße Leinwand“: Sie hat kaum Kontur, lässt sich treiben, will allen gefallen – gefestigte Ideale, wie im Klappentext angekündigt, konnte ich bei ihr keine Erkennen. Statt einer Figur mit Haltung begegnet man einer Protagonistin, die stark beeinflussbar ist, zwischen Rebellion gegen die eigene Mutter und dem Annehmen konservativer Muster hin- und herschwankt.

Viele Konflikte wirken angerissen, aber nicht durchdrungen. Noah, der plötzlich nach Neuseeland auswandern will. Seine skurrilen Treffen (er ist Lehrer) mit Schüler:innen bei ihm zu Hause (!). Die Ehe, die mehr Zweckgemeinschaft als Liebe ist, und dann einfach auseinanderfällt. Karolin, die Gewalt andeutet, während gleichzeitig unklar bleibt, wer der Täter ist. Dazu die Szene mit der plötzlich sterbenden Mitbewohnerin von Janas Mutter, das Auftauchen eines neuen Mannes, oder (ACHTUNG SPOILER) die offene Frage, ob Karolin sich das Leben nimmt. (SPOILER ENDE) Zudem wirkt die Verwendung des Wortes Heimat arg konstruiert.Aber vlt. ist das ein Kulturding. Ich jedenfalls rede, wenn ich mit meinem Partner über das Thema rede von "Zuhause" und sag nicht unbedingt "Das ist unsere Heimat" (kommt mind. 3x vor im Buch).

Auch die Themenfülle hat mich eher überfordert: Mutterschaft, AfD, Telegram-Gruppen, Mommy-Content auf Instagram, Au-pair-Kräfte, Drag-Shows, Homeschooling, Asylpolitik, rechte Kampfsportgruppen, Beziehungskrisen, dritte Schwangerschaft, „Heimat“ als Schlagwort – alles wird gestreift, aber nichts wirklich vertieft. Besonders kritisch sehe ich, dass es kein Vor- oder Nachwort gibt, das die im Roman aufgeworfenen Thesen einordnet. Aussagen über Mutterschaft, Kinderbetreuung oder gesellschaftliche Rollenbilder werden so im Raum stehen gelassen, als wären sie Fakten. Gerade wenn problematische oder antifeministische Narrative so klar formuliert werden („Kitakinder haben lebenslang ein höheres Stresslevel“), braucht es meiner Meinung nach unbedingt eine Kommentierung durch die Autorin. Ein Nachwort hätte die Chance geboten, die Intention klarzustellen und Missverständnissen vorzubeugen. Ohne diesen Rahmen bleibt man als Leserin allein mit vermeintlichen „Wahrheiten“, die in der falschen Lesart gefährlich werden können.

Fazit

"Heimat" hat ein starkes Setting und wichtige Themen, verschenkt aber viel Potenzial. Figuren bleiben blass, Konflikte oberflächlich, die Sprache unentschieden. Statt einer differenzierten Auseinandersetzung wirkt der Text wie ein Sammelsurium von Schlagworten, ohne klare Haltung. Am Ende war ich mehr frustriert als nachdenklich zurückgelassen.

[Charlie · Rating 1 out of 5]

1 STERN

Danke an NetGalley und den Verlag für ein kostenloses Rezensionsexemplar. Das beeinflusst meine Meinung nicht.

Nachdem ich den Klappentext dieses Buches gelesen hatte, habe ich mich wirklich auf die Lektüre gefreut, denn das Thema Tradwife-Szene und rechte Influencer finde ich nach wie vor faszinierend (und das bitte keineswegs als positiv konnotierte Formulierung verstehen!). Diese Inszenierung in online spaces ist erschütternd und die Werte, die so propagiert werden, kann ich nicht im Geringsten teilen. Als ich also las, dass es hier um Jana geht, die von der Stadt aufs Dorf zieht und dort vom Sog der neurechten Medien und der Tradwife-Szene ergriffen wird, war ich sehr gespannt wie die Autorin das Thema behandelt würde.

Leider muss ich sagen, dass ich nicht besonders begeistert von der Umsetzung bin. Ja, der Schreibstil war zwar flüssig und ganz angenehm zu lesen und irgendwie gefällt mir auch, dass am Ende noch so viele Fragen offen bleiben. Aber—und das ist ein großes aber—ich fand Jana als Hauptfigur absolut unsympathisch und das wird im Laufe des Buches eigentlich nur stetig schlimmer. Während auf dem Buchrücken noch zu lesen ist, dass Jana eigentlich ganz andere Werte hat als ihre neuen Nachbarn auf dem Land, habe ich beim Lesen davon eigentlich nichts gemerkt. Jana’s interne Monologe waren absolut unkritisch und auch wenn sie kurz Bedenken hatte wurde das nie wirklich geäußert. Ihre Sicht auf Clemens hat mich gestört, ihre Unfähigkeit mit Noah zu kommunizieren und die Tatsache, dass sie von Anfang an Karolin verfallen war und deshalb nichts mehr kritisch hinterfragen konnte.

Als Literaturwissenschaftler könnte ich in alledem natürlich trotzdem irgendwie einen Sinn sehen, aber insgesamt hat mich die Behandlung des Themas so enttäuscht, dass ich diese Aspekte für mich persönlich ausklammern muss. Besonders das Ende des Buches hat mich einfach nur enttäuscht – ich war richtig entrüstet als es plötzlich vorbei war, wo ich doch die ganze Zeit auf eine letzte Wendung gewartet hatte. Außerdem denke ich auch, dass das Ende suggeriert, dass ein kritisches Hinterfragen ebendessen gar nicht nötig ist und das ist mehr als problematisch. Eigentlich wird hier nämlich so das neurechte Gedankengut und die Tradwife-Szene legitimisiert und normalisiert und das sollte nun wirklich nicht passieren.

Positiv hervorheben möchte ich kurz noch das Coverdesign des Buches, denn an dem bin ich letztendlich hängen geblieben und es vermittelt eigentlich sofort schon eine ungefähre Richtung in das das Buch thematisch geht. Außerdem fand ich dem temporale Unschärfe im Buch sehr gut, die Bemerkungen zur politischen Situation etc könnten in der Zukunft liegen, je nachdem aber auch schon Realität sein.

Insgesamt kann ich dem Buch nicht mehr als 2 Sterne geben, ich bin einfach zu enttäuscht von Hauptfigur und Ende, obwohl ich sagen muss, dass mich die Geschichte auf jeden Fall in eine nachdenkliche Laune versetzt hat.

*Edit nachdem ich nochmal darüber nachgedacht und ein bisschen zur Autorin recherchiert habe: Die schreibt nämlich für die Welt und hat schon mehrfach Artikel in die Welt gesetzt, in der die Tradwife-Szene und deren Werte als gar nicht so schlimm dargestellt und verteidigt werden. Und in diesem Licht liest sich natürlich das Buch auch sehr anders. Nicht als obskure Aufforderung an die Lesenden, sich kritisch mit dem Thema auseinanderzusetzen und die vielen offenen Fragen und Probleme des Buches zu reflektieren. Sondern vielmehr als weiteren Schritt der Verharmlosung und Normalisierung der Tradwife-Szene und ihrer neurechten Ideologie. Und das kann man beim besten Willen nicht entschuldigen und auch mit nicht mehr als einem Stern bewerten.

[Anika · Rating 1 out of 5]

Also, ich habe ja einen ausgeprägten Plotfetisch. Faszinierend, gut konstruiert und vor allem nachvollziehbar soll er sein. Das schließt die Charaktere, ihre Handlungen und Interaktionen weitestgehend mit ein. Weicht ein Buch von diesem, für mich sehr wichtigem Bewertungskriterium ab, kann es mich anders für sich gewinnen, etwa durch eine besondere Erzählweise, Sprache oder andere experimentelle Besonderheiten. Da gehe ich dann auch gerne mit und halte meinen Plotfetisch etwas im Zaum ;)

Leider trifft nichts davon auf dieses Buch hier zu. Und der Plot konnte mich alles andere als überzeugen, sondern sorgte sogar eher dafür, dass ich mich als Leserin verschaukelt fühle, und das mag ich überhaupt nicht, mehr noch, das ärgert mich. Weder Handlung noch Charaktere werden hier irgendwie erklärt, am deutlichsten wird dies an Protagonistin Jana, einst eine erfolgreiche, weltoffene Agenturkreative, seit ihrem Umzug aufs Land plötzlich anfällig für rassistischen und impfskeptischen Schwurbelkram weil… oh, guck mal, Brot backen! So oder so ähnlich. Andere Charaktere sind nicht besser, Abziehbilder allesamt: der Gatte ein Lehrer, Typus Weltverbesserer (er will seine Schüler*innen für „Dinge“ interessieren, nein wirklich, „Dinge“, but he’s no member of Deichkind, just saying), die Alphatradwife kommt magdagoebbels-like daher (mit Sohn aus früherer Beziehung unterwirft sie sich dem Weltbild ihres neuen Mannes komplett und mutiert zur Vorzeigemutter), die Hippiemutter trägt Latzhose und ihre (natürlich) Hippiemitbewohnerin hat ein Poster vom halbnacktem Andreas Baader an der Wand, ich kann nicht mehr. Das Ende soll wohl mysteriös wirken, erweckte bei mir aber nur den Anschein von „Ja, und dann wusste ich auch nicht mehr weiter“, was das Gefühl der allgemeinen Verärgerung nur noch verstärkt hat.

Ihr sucht einen Roman, der das soziokulturelle Thema und Social-Media-Phänomen der Tradwives literarisch verarbeitet? Dieser hier ist es nicht.

Mehr zum Buch in unserer ausführlichen Besprechung @ Papierstau Podcast: #330: Ich bin das Muskeln, ihr seit Gehirn.

[Ulla Scharfenberg · Rating 1 out of 5]

nope, das war nix für mich. Schwacher Plot, vorhersehbar, sprachlich uninteressant und insgesamt oberflächlich.

In "Heimat" erzählt Hannah Lühmann von Jana, einer zweifachen Mutter, die mit ihrem Partner aufs Land zieht und dort in der rechtsextremen Trad-Wife Karo ihre neue beste Freundin findet. Natürlich weiß Jana nicht von Anfang an, dass Karo rechts ist, die Leser*innen checken es aber direkt, was das ganze nicht nur ziemlich schnarchig macht, sondern die Figur der Jana auch vollkommen unglaubwürdig und hohl. Diese Frau hat einfach gar keine Persönlichkeit - kein Leben vor Beginn der Romanhandlung, keine Friends, gar nichts.

Im Unterschied zu ihrem Partner, der Lehrer ist und sich um die Demokratie sorgt, stört sich Jana gar nicht an dem völkischen Blut-und-Boden-Bullshit ihrer neuen Freundinnen, in deren Lesekreis antifeministische Bücher besprochen werden und munter Verschwörungsgeschwurbel ausgetauscht wird. Jana geht ohne jede Gegenwehr mehr und mehr in der ländlichen AfD-Community auf und fragt sich zwar zwischendurch auch mal, ob Caro von ihrem Mann misshandelt wird, findet den Ober-Nazi Clemens aber am Ende einfach hotter als ihren Lulli-Freund, von dem sie gerade das dritte Kind erwartet.

Mir ist nicht so richtig klar, welche Geschichte die Autorin hier erzählen wollte. Die Figuren sind allesamt holzschnittartig, ohne Tiefe, ohne Nuance. Ultrarechte Talkingpoints von der schädlichen "Fremdbetreuung" bleiben unwidersprochen stehen, eine faschistische Regierung scheint unausweichlich vor der Tür zu stehen, aber anstatt, dass daraus eine spannende Dystopie wird, begleiten wir nur eine durch und durch uninteressante Hauptfigur, deren "Radikalisierung" so reibungslos verläuft, dass es einem am Ende eh egal ist, was aus ihr wird.

[G · Rating 2 out of 5]

Das Wichtigste zuerst: Das ENDE?!? WTF? Was war das denn bitte, befand sich die Autorin auf einem schlechten Trip, oder war das ein fehlgeleiteter Versuch an richtig doll anspruchsvollem literarischem "Erzählen"? Ich bin ratlos.

Aber der Reihe nach.
Insgesamt fand ich den Roman leider sehr flach... da befliegt einen das Gefühl, dass da jemand auf den Reizthema-Zug aufspringen wollte, nur leider dabei die Recherche vergessen hat.
Das Büchlein (wirklich SEHR dünn) liest sich wie ein Frauenschmöker, der schlecht geschlafen hat. Prosa mit Fingerchen im Überkandideltheitstopf, aber ohne wirklich interessante, kraftvolle, vor allem sinnhafte und sinnliche Sprache. Auch die Figuren bleiben Klischee-Schablone ohne Tiefe oder Glaubwürdigkeit. Behauptetes Tradwife/Momfluencerin Karolin ist letzten Endes nichts als ein völkisches Manic Pixie Dreamgirl, Vielschichtigkeit und Realitätsnähe gehen anders.
Hauptfigur Jana dagegen ist so langweilig, dass sie sich schon dafür abfeiert, dass sie Rilke liest, krass! Im Café!! Im Café ihres so schrecklich unurbanen Jungfamilien-Neubaughettos, dessen EinwohnerInnen so fürchterlich banal und kulturlos sind, dass Jana nur auf sie herabblicken kann, denn: Sie sitzt im Café und liest Rilke!
Den sie nicht mal mehr so prickelnd findet, weil er leider nicht so viel zu ihrer aktuellen Lebenssituation zu sagen hat (Ende 30 und bereits 2fach unzufriedene Mutter in stark unabbezahltem Provinz-Eigenheim, nun irgendwie ungeplant schwanger und als i-Tüpfelchen auch noch irgendwie ungeplant den Job hingeschmissen, weil Chefin es doof findet, wenn die Angestellten das mit der Verhütung nicht auf die Reihe kriegen... ja, leuchtet ein, da kann man eigentlich nur mit dem Fuß aufstampfen und die Kündigung hinpfeffern), nur kommt dann Pippi Langstrumpf die tolle Karolin vorbei und zitiert Drögi Jana ungefragt und in nicht unepischer Länge am Café-Tisch über 1 Kugel Vanille Rilke-Verse um die Ohren, während sie gleichzeitig "ihre Haare zurück[wirft] und lacht", was soll man da machen? Jana jedenfalls verfällt der Alten sofort.
Das äußert sich vor allem in zwanghaftem Studium von Karos Insta-Reels, die, man muss es leider sagen, einfach nur cringe klingen. Ganz ehrlich, wer auf sowas abfährt, und dann noch in einem Maße, dass er sich in Apfelkuchenrezeptfilmchen auf dem Klo verliert ("Jetzt noch Vanillesoße") und darin die hohe Erfüllung findet, dem ist nicht zu helfen.
Das Problem ist auch, dass Jana als Person so eine Ödnis ist. Grundsätzlich passiv, Grundeinstellung beleidigte Leberwurst, grundlegend eigenschaftsfrei, da ist einfach nicht viel an Reiz. Was vermutlich "Absicht" ist, um zu zeigen, wie "Jederfrau" in die "Schlinge" einschlägiger "Bewegungen" geraten kann, nur denke ich mir dann: Liebe komisch Bewegte, wenn sich eure Reihen aus Fußmatten, Einzellern und Schnarchnasen hoch zehn zusammensetzen, hat die Demokratie meines Erachtens nicht viel zu befürchten.

Ein weiteres Problem: Das irre Tolle, Faszinierende, Unwiderstehliche an Insta-"Tradwife" Karolin bleibt reine Behauptung. Zu spüren bekommt der Leser das nicht. Es wird ihm nur immer wieder erzählt. Ob das Tradwife-Label in diesem Zusammenhang überhaupt gerechtfertigt ist, kann man auch diskutieren, immerhin breitet Kinderkrieg-Karo ihrem Insta-Volk keinen bunten Bilderreigen harmonischer Häuslichkeit aus, dem es nachzustreben gilt, im Gegenteil. Da fallen Andeutungen zu häuslicher Gewalt, zu Unglücklichkeit, es werden Durchhalteparolen gepostet und dunkel gedräut, das ganze, vermischt mit Karos Real Life-Kaffeekranz/"Buchclub"-Geblubber zu Kitas (nicht gut) und Impfung (dito), lässt einen eher in die andere Richtung gehen und einen Termin zur Abbindung der Eileiter ausmachen sowie den ein oder anderen Tinder-Account erstellen: Ehe ist in diesem Roman definitiv keine erstrebenswerte Lebensform. Es gibt keine einzige Person in der Welt von "Heimat", die in einer glücklichen Partnerschaft lebt. Und wenn dann noch Kinder obendraufkommen, ist das Elend perfekt, selbst, wenn man reich ist und Au-Pairs hat.

Janas Verwandlung von der unzufriedenen Hausfrau zur, äh, alleinerziehenden, äh, Tradwife?, keine Ahnung, jedenfalls überzeugt mich das alles nicht. Da tut sie sich ein paar Insta-Stories rein und geht ein paarmal zu Karo in die Villa Kunterbunt Hütte im Wald und kreuzt einige Male den Weg von Karos Alpha, dessen Namen ich bereits vergessen sowie keinen Nerv habe, ihn nachzuschlagen, und zack! Der AfD verfallen. Aluhut gefaltet, Rohmilch genuckelt, Anti-Asylheim-Petition unterzeichnet, Jana ist verloren. Einfach mal so. Was mich in der Hinsicht besonders irritiert hat, Janas Leben ist danach objektiv besser: Vorher genervt von Gören, Logistik, Alltag, überfordert, unzufrieden, leer, fühlt sie sich jetzt auf einmal ruhig, erfüllt, liebevoll und am richtigen Platz. Ich nehme mal an, Tradlife-Propagandistik war nicht unbedingt Ziel der Autorin, aber ein bisschen Reflektiertheit und Differenziertheit hätte dem Roman und seiner Hauptfigur ganz gutgetan. Aber vermutlich darf man von einem Werk, das gerade 170 großzügig bedruckte Seiten umfasst, keine übermäßige Tiefe erwarten.

So, und dann das Ende. Was zum Henker passiert da? Was ist mit Karo und ihrer Brut geschehen? Welche Bedeutung haben die herumfliegenden Schuhe? Hat Karos seltsamer Ehemann die alle in einer Schlucht der Sächsischen Schweiz entsorgt, um sich mit Jana eine Brut 2.0 zu gönnen? Ich steige nicht durch. Ich finde die finalen Passagen einfach nur undurchdringlich schwafelig. Vielleicht hat die GR-Schwarmintelligenz ja Ideen.


Meinen Dank an Netgalley und den Verlag für das Rezensionsexemplar.

[Buchdoktor · Rating 4 out of 5]

Jana und ihr Partner Noah sind mit zwei Kindern frisch in ein Neubauviertel mit smart gesteuerten Funktionen gezogen, als Jana feststellt, dass sie ungeplant schwanger ist. Ihre Chefin in einem nicht näher beschriebenen Kreativberuf begeistert das nicht, da sie findet, sie und die Kollegin:nen hätten während Janas früherer Schwangerschaften bereits genug weibliche Solidarität gezeigt. Jana kündigt unüberlegt, so dass sie und Noah (der verbeamteter Gymnasiallehrer ist) nun mit zwei Kindern, zwei Kitaplätzen, einem Hauskauf und nur einem Einkommen zurechtkommen müssen.

Am neuen Wohnort fühlt Jana sich von ihren Nachbarn taxiert und im Übrigen durch zwei Kleinkinder und die Schwangerschaft erschöpft. Sie realisiert im Laufe der Handlung, dass sie bereits vor dem Umzug allein für die Kinder verantwortlich war; Noah lebt demnach mit einer Frau zusammen „die zwei Kinder hat“. Da sie außer losem Kontakt zu ihrer Mutter offenbar keine sozialen Beziehungen pflegt, wirkt ihr Interesse an der charismatischen Influencerin Karolin und ihrer kleinen Frauengruppe nun wie ein letzter Strohhalm, nachdem Jana greift. Karolin hat mit ihrem Mann fünf Kinder, lebt mietfrei im geerbten Haus und zeigt die Fassade eines Tradwifes, die in Alleinverdiener-Ehe Kinder betreut, Betreuungseinrichtungen ablehnt und ein rechtspopulistisches wie christlich orientiertes Weltbild pflegt. Karolins Freundinnen zeigen in ihren Villen einen vergleichbar gehobenen Lebensstil, bei ihnen bleibt unklar, wie er verdient wird.

Da die knapp 40-jährige Jana als Figur praktisch aus dem Hut gezogen wird und man als Leser:in über ihren Beruf, ihre Interessen und Einstellungen kaum etwas erfährt, wirkt sie wie allein dafür konstruiert, um ihren neuen Nachbarinnen eine Projektionsfläche zu bieten. Jana hat offenbar keine eigenen Standpunkte. Beim Scrollen durch Mommy-Content lässt sie sich einfach treiben, obwohl ihr klar ist, dass sie die ihr im Viertel vorgelebte Symbiose von Mutter und Kindern nicht ertragen wird. Während Noah im Beruf zunehmend desillusioniert wirkt und die Mütter um Karo den mangelhaften staatlichen Schutz vor Gewalttaten beklagen, muss Jana ihre Idealisierung von Karolin und deren Ehe infrage stellen.

Fazit
Die Plot-Idee, eine junge Mutter zu naiv in ein rechtspopulistisch eingestelltes Umfeld rutschen zu lassen, fand ich zunächst spannend, war jedoch zunehmend enttäuscht von der Reduzierung Janas auf Schwangerschaft und Mutterschaft, die ich bei einer knapp Vierzigjährigen so unglaubwürdig wie misogyn finde.

[Majca · Rating 2 out of 5]

Sie wusste, was bei den Wahlen auf dem Spiel stehen würde, aber sie hätte keine Idee gehabt, an welcher Stelle sie anfangen sollte, etwas dagegen zu tun. Sie nahm ihr Smartphone zur Hand und überlegte kurz, ob sie wenigstens die Nachrichten lesen sollte, doch schon hatte Instagram sie in seinen Sog gezogen.

2.5 ★
Es ist selten, dass mir die Bewertung eines Romans so schwer fällt wie bei diesem. Ich habe das Buch mit Interesse gelesen, aber schnell nicht mehr mit Begeisterung.

Viel meiner diffusen Unzufriedenheit mit dem Roman rührt von der Darstellung Janas her. Anders als im Klappentext angedeutet ist sie keine Frau mit gefestigten Überzeugungen, die langsam ins Wanken gerät. Im Gegenteil: sie ist von Anfang an passiv, fremdbestimmt, apathisch. In der gesamten Geschichte gibt es keinen echten Gedanken, der erkennbar aus ihr selbst zu kommen scheint. Fast alles was sie äußert sind Reaktionen auf äußere Impulse: Irritation, Müdigkeit, Überforderung.
Zwar gibt es Konflikte, doch sie werden nicht spürbar gemacht. Jana‘s Entwicklung verläuft ohne inneren Widerstand, ohne Reibung, ohne erkennbare Auseinandersetzung mit sich selbst oder den Ideologien, denen sie sich annähert. Sie beobachtet und ihre Gedankengänge bleiben uns fremd.

Diese Leerstelle ist vermutlich bewusst so angelegt. Jana fungiert als ein exemplarisches Gefäß, das zeigt wie ideologische Narrativen dort andocken, wo emotionale Lücken oder gesellschaftliche Überforderung klaffen. Es verdeutlicht, dass es keine persönliche, charakterlich basierte und motivierte Entwicklung ist, sondern ein psychologischer Sog – eine Sehnsucht nach Halt in einer als chaotisch empfunden Welt. Für den Menschen in ähnlich emotionaler Überforderung empfänglicher sind.
Stilistisch ist dies eine interessante, clevere Entscheidung. Als Leserin empfand ich es als ausgesprochen ermüdend.

Die Sprache ist unaufgeregt und beobachtend. Vieles bleibt angedeutet und nicht auserzählt. Die Themenverflechtung – etwa Radikalisierung über Gemeinschaft und Ästhetik, Social Media als ideologische Schnittstelle, Familie als politische Zelle – ist klug gemacht und treffen den Zeitgeist.

Der Roman ist kohärent, thematisch schlüssig und stilistisch konsequent. Es ist eine ambitionierte und durchaus nuancierte Geschichte, die für mich jedoch durch ein Übermaß an Ambiguität und Ambivalenz, und der fast vollständigen Abwesenheit von Reibung, an Eindringlichkeit und Leseintensität verloren hat.

Vielen Dank an netgalley und Hanser Verlag für das Rezensionsexemplar. Meine Meinung wurde davon nicht beeinflusst.

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pre-review:

Der Zitronenfalter hatte sich auf ihrem Bauch niedergelassen. Die winzigen Füße kitzelten sie, wenn er sich bewegte. Sie war erstaunt davon, wie zart und gleichzeitig roh ihr das Insekt erschien [...] Jana stellte sich vor, dass ein Vogel ihn in seinem Schnabel hielt, zerquetscht und noch zuckend, mit zerknickten Gliedern. Sie stellte sich vor, dass er einen Rüssel hatte, mit dem er Nektar saugen konnte. Auf einmal musste sie sich beherrschen, ihn nicht abzuschütteln. Sie versuchte, wieder die Schönheit in ihm zu sehen. Der Schmetterling war ganz ruhig, mit sanftem, langsamem Flügelschlag schien er zu warten, dass etwas geschah.

Review folgt.

[felllchen · Rating 2 out of 5]

Leider war das für mich etwas enttäuschend. Zwar ist die Idee gut, sich mit Tradwifes auseinanderzusetzen, passiert meiner Meinung nach zu wenig.
Was mich aber ziemlich beschäftigt ist der - für mich doch recht dolle - Unterschied von Klappentext zu der tatsächlichen Geschichte, vor allem der letzte Teil "Jana versucht, sich gegen ihre Faszination zu wehren..."
Ich finde dieses "Wehren" bekommt viel zu wenig, bis nahezu keinen Raum im Roman, was mich durchaus verärgert. Die Faszination von Jana lässt sich in der Geschichte gut erkennen, aber es geht nicht darüber hinaus, gibt kaum Momente der Reflexion oder des Hinterfragens der Ideale von Karolin und ihrer Familie und der Ideale die Jana zu Beginn der Geschichte innezuhaben scheint. Ich finde es schade, dass Jana kein wirklich kritisches Denken zugesprochen wird, welches über Kindererziehung, Mutterschaft und Ernährung in der Schwangerschaft hinaus geht. Ich kann verstehen, dass der Roman versucht, genau diesen Sog von Menschen, welche extrem charismatisch und vehement ihre Ideale nach außen tragen, aufzuzeigen, jedoch geht mir Janas nahezu widerstandsloses Folgen dieser Ideale nicht mit der Gestaltung ihres Charakters auch verbunden mit ihrer Familie und Vorgeschichte, zusammen.

[Julia (wortknistern) · Rating 4 out of 5]

Jana zieht mit ihrem Partner, zwei Kleinkindern und frisch schwanger raus aus der Großstadt in die Neubausiedlung. Dort fühlt sie sich erstmal einsam, bis sie Karo kennenlernt, zu ihr hat Jana sofort eine Verbindung. Karo zeigt auf Social Media ihr ultra-konservatives Frauen- und Familienbild - verpackt zwischen ästhetischen Reels vom idyllischen Landleben und Apfelkuchen-Rezepten. Nach und nach kommt Jana dank Karo immer mehr mit dem Gedankengut in Berührung und weiß bald gar nicht mehr, wofür sie eigentlich steht.

Das Thema “Tradwife” hat mich sofort interessiert - und ich wurde nicht enttäuscht! Durch die eher schnörkellose Sprache und kurze Kapitel liest sich das Buch richtig flott und entwickelt schnell einen Sog. Ich halte auch vieles, was in dem Buch passiert zwar für hier etwas überspitzt bzw. aufgrund der Seitenzahl verkürzt dargestellt, aber durchaus realistisch - auch wenn die Autorin (natürlich) schon auch sehr mit Klischees arbeitet.

Allerdings ging es mir an der ein oder anderen Stelle dann doch etwas zu flott und hätte gern noch etwas mehr Tiefe gehabt. So erfährt man über Jana als Menschen und ihre politischen Überzeugungen relativ wenig. Auch als bei den neuen Freundinnen immer mehr rechtes Gedankengut zum Tradwives-Content mischt, hätte ich doch zuerst mit etwas innerem Widerstand gerechnet, aber Jana akzeptiert das dann doch sehr schnell. Da hätten dem Buch glaube ich ein paar mehr Seiten für mehr Tiefgang durch langsamere Entwicklungen gut getan.

Zum Ende wurde es dann noch richtig wild. Die letzte Seite habe ich gelesen, “Äh WHAT” gedacht und sie dann gleich nochmal gelesen. Das Buch bietet also nicht nur beim Ende jede Menge Diskussionspotenzial und eignet sich deshalb auch richtig gut als Buchclublektüre!

[Anni K. Mars · Rating 4 out of 5]

Ohaaa... ich hab was ganz anderes erwartet. Das hat mich ganz schön zum Nachdenken angeregt, vielleicht auch weil vieles verborgen geblieben ist und suggestiv war. Ich hab trotzdem noch so viele FRAGEN. Da ist der Autorin echt gelungen, subtile Andeutungen zu machen, ohne dass man am Ende krass frustriert ist, weil man die Antworten nicht bekommt. Die stehen nämlich in der Zeitung.

[Andreas Riedl · Rating 5 out of 5]

Eine gelungene Warnung

Zufällig ist mir in der Bibliothek Hannah Lühmanns Rman „Heimat“ in die Hände gefallen und ich habe diese ca. 170 Seiten lange Werk als Zwischendurch-Lektüre entliehen. Man muss diesem Roman voranstellen: er ist politisch. Er ist eine klare Warnung vor der Unterwanderung unserer Gesellschaft durch rechtsradikale Kräfte und die AfD. Diese Warnung ist gelungen.
Der Roman geht extrem sanft vor. Er spielt mit dem Einfluss tradierter Rollenbilder, Wissenschaftsfeindlichkeit, dem Rückzug der Gesellschaft aus Land, Preppertum und vielen anderen. Zudem zeigt er auf, welche Effekte Social Media in diesem Zusammenhang hat und wie die einzelnen Effekte zusammenfließen. Gerade der Einsamkeit und der Suche nach sozialem Anschluss kommt hierbei eine Katalysator-Rolle zu. Ich habe in anderen Rezensionen gelesen, dass das Zusammenspiel der einzelnen Einflussfaktoren zu klischeebehaftet ist. Es kommt meiner Meinung nach nicht darauf an, ob es „Jana“ in der Realität geben könnte. Ich fühle mich in vielen einzelnen Details allerdings überaus ertappt. Dies ist kein Wohlfühlroman. Das mulmige Bauchgefühl hat mich von vorne bis hinten begleitet. Lest das und lasst euch die Lektüre eine Warnung sein.

[Uli Vogel · Rating 1 out of 5]

Dünne Suppe. Flache Gummi- Charaktere. Besonders die Protagonistin brilliert in marionettenhafter Blassheit. Geheimnisvolle Wendungen werden nicht aufgelöst. Am Ende bleibt ein HÄ?????

[Klaus Mo · Rating 2 out of 5]

Es geht in „Heimat“ von Hannah Lühmann um viele interessante Themen. Die Entscheidung, ob die eigenen Kinder in der Kita betreut werden oder zu Hause. Selbstverwirklichung (als Frau?) mit Kindern und die Entscheidung, ob berufliche Karriere zurückgestellt wird zugunsten der Familie. Aufteilung der Kinderbetreuung in der Partnerschaft. Tradwife (traditionelle Ehefrau) in den sozialen Medien. Erstarken der AFD in den ländlichen Gebieten und deren Einfluss auf die Bewohner. Gewalt in der Partnerschaft.
Klingt sehr spannend, diese Themen in die Handlung eines Romans zu integrieren.
Dennoch hat mich die Handlung und die Zeichnung der Protagonisten nicht gepackt. Jana erwartet ihr 3.Kind und kündigt, orientiert sich immer mehr an der neuen Freundin Karolin. Sie ist mit ihrer Partnerschaft unzufrieden und auch mit der Erziehung der 2 Kinder überfordert, aber zieht sich trotzdem aus Beruf und Kitabetreuung zurück. Karolin wiederum scheint ihre Rolle in den Social Media zu spielen, hat aber ein dunkles Geheimnis, man vermutet Gewalt durch den Partner Clemens. Von dem sich Jana wiederum sehr angezogen fühlt, allein seine Nähe scheint sie zu verzaubern.
Ich konnte diese Gefühlswelt nicht nachvollziehen, außerdem lässt Hannah Lühmann den Leser(in) alleine und gibt keine Hoffnung für einen Weg aus den sich immer enger ziehenden Maschen des Netzes aus rechtem Gedankengut und einer verlockenden neuen (alten) Rückbesinnung zur Natur und der traditionellen Rückkehr der Frau (von anscheinend alles gut betuchten Familien, die von einem Gehalt leben können) zu Heim und Herd. Vielleicht will die Autorin auch nur vor diesen Entwicklungen warnen. Da rennt sie bei mir offene Türen ein, aber der Roman hinterlässt mich ratlos. 🤔

[Doris · Rating 4 out of 5]

Jana zieht mit Mann und Kindern aufs Land – und wird bald mit einer scheinbar heilen Dorfgemeinschaft konfrontiert, in der hinter der bürgerlichen Fassade eine rechte Szene wirkt, in der „Tradwives“ zunehmend Einfluss gewinnen.

Aus der Sicht von Jana gerät man selbst in den Sog der Verwandlung, die ganz schleichend passiert. Man steckt so tief in der Erzählung drin, dass man immer wieder innehalten und reflektieren muss, um zu verstehen, was im Text gerade passiert und was das bedeutet. Sehr gut erzählt von Hannah Lühmann, die es schafft, gesellschaftliche Entwicklungen subtil und zugleich eindringlich sichtbar zu machen.

Hörbuchversion: Heike Warmuth liest mit einer unaufgeregten Klarheit – man hört nicht einfach einer Geschichte zu, sondern ist wie zufällig dabei, wie sich eine Ideologie in den Alltag einschleicht.

[Sigrid K · Rating 2 out of 5]

Die Thematik ist gut, interessant und super brisant/aktuell. Auch die Vielfalt an Themenkreisen wie Tradwife, Impfgegner, Kitagegner etc. stört nicht, weil ein solches Konglomerat meist zusammen vorkommt. Aber die Autorin bringt das meiner Meinung nach nicht auf den Boden. Leider liegt die Würze hier nicht in der Kürze und vieles hätte meiner Meinung nach konkreter und tiefgehender behandelt werden sollen, nicht zuletzt die Wandlung der Protagonistin. Viel Diskursdropping, aber wenig Einbindung.

[André · Rating 2 out of 5]

Die Trad-Wife-Prämisse eigentlich interessant, aber die Exekution dann leider noch platter als Juli Zeh es vermochte.

[Christina · Rating 1 out of 5]

Es bleibt viel „Hä?“ hängen. Finde es an diversen Stellen einfach nicht plausibel. Auch das Ende - wtf?

[Caroline Blütenstengel · Rating 1 out of 5]

Ich fand das Thema so spannend - es gibt viele Schichten, die hätten erzählt werden können - leider wurden hier rechte, klassistische und vor allem sexistische Ideen und Narrative unreflektiert reproduziert. Lügen über die Wirksamkeit von Impfstoffen, den vermeintlich ausschließlich negativen Einfluss von Institutionen auf das Wohlbefinden von Heranwachsenden werden unkommentiert stehen gelassen. Das Buch endet mit einer Art Sehnsuchtsgefühl nach Gesellschaften in denen Frauen ausschließlich für die Familie und zur Reproduktion geschaffen sind und keine Entität in sich selbst bilden.
Wirklich schade - eine interessante Idee, die es aus dem Sumpf des Unterkomplexen nicht herausgeschafft hat.

[Great-O-Khan · Rating 5 out of 5]

Hannah Lühmann nimmt in "Heimat" das Phänomen der sogenannten Tradwives in den Blick. Karolin ist eine solche Tradwife. Sie hat fünf Kinder und lebt mit ihrem Mann Clemens in einer traditionellen Rollenverteilung auf dem Land. Jana und Noah ziehen aus ihrer urbanen Welt in ein Neubaugebiet in diesem Ort. Jana freundet sich mit Karolin an und nähert sich der reaktionären Welt ihrer neuen Freundin immer stärker an.

Bei Jana und Noah geht es meist um Probleme: Die Beziehung ist schwierig. Eine fünfköpfige Familie finanziell kaum machbar. Jana ist zum dritten Mal schwanger. Die berufliche Situation ist kompliziert. Mit Faszination sieht Jana die Leichtigkeit bei Karolin, Clemens, und deren fünf Kindern. Das wünscht sie sich auch. Erst nach und nach werden kleine Risse sichtbar.

"Heimat" ist für mich einer der interessantesten Romane des Jahres. Das Thema der Tradwives finde ich äußerst spannend. Die Umsetzung von Hannah Lühmann in eine nachvollziehbare Geschichte mit interessanten Charakteren ist sehr gut gelungen. Für mich war die Entwicklung von Jana aufgrund ihrer Umstände einleuchtend.

Ich war etwas überrascht, dass diese Wandlung in einigen Rezensionen als "nicht ausreichend erklärt" kritisiert wird. Mir gefallen gerade die Lücken. Aus meiner Sicht reichen die beschriebenen Umstände zum Verständnis der Wandlung vollkommen aus. Die Körpersprache der handelnden Personen spielt hierbei eine große Rolle. Man muss aufmerksam lesen.

Hannah Lühmann ist mit "Heimat" ein gegenwärtiger und gesellschaftlich relevanter Roman gelungen, dessen Lektüre ich überaus anregend fand. Empfohlen sei als Ergänzung zur Lektüre die Ausgabe des Zeit-Podcasts "Die sogenannte Gegenwart" vom 13.10.2025. Ijoma Mangold und Nina Pauer diskutieren dort das Thema "Tradwives" und den Roman "Heimat".

****3/4

[Leah · Rating 1 out of 5]

Eine kritische Auseinandersetzung mit Tradwifes, der AfD, Rechtsextremismus oder irgendetwas sucht man hier vergebens. Kritisch ist das Buch nur gegenüber Kindergärten. Natürlich entspricht die Haltung der Figuren nicht automatisch der Haltung der Autorin, aber die stellt extrem rechtes und frauenfeindliches Gedankengut hier einfach nur mal so hin und ist von ihrer Liebe zu Apfelkuchen und strammen, testosterongeladenen Männern in Karohemden zu abgelenkt, um irgendetwas differenziert zu betrachten.

[Kat Jacobi · Rating 3 out of 5]

Ich mochte die Idee des Romans total, weil er sich gesellschaftlicher Probleme wie dem Rechtspopulismus annimmt. Die 170 Seiten lesen sich auch recht flott, aber vieles bleibt zu sehr an der Oberfläche, wird nicht problematisiert und besonders das Ende kam für mich zu schnell und zu offen.

[Svea · Rating 2 out of 5]

sehr oberflächlich entwickelte Charaktere, die eher wie "Stereotype" wirken, anstatt tatsächlich facettenreiche Menschen darzustellen. Die Erzählung selbst ist recht flach, es entsteht das Gefühl, dass man die ganze Zeit um den brodelnden Topf läuft, aber nicht reinschaut... man kommt nicht am Kern des gesellschaftlichen Konflikts an. Die Entwicklung von Jana ist nicht überzeugend geschildert

[dot · Rating 2 out of 5]

Obwohl ich mich sehr auf das Buch und besonders das Thema gefreut habe, bin ich nach der Lektüre leider ernüchtert. Die Autorin schreibt wirklich gut, man kommt schnell in einen Lesefluss. Die Handlung erzählt Hannah Lühmann in sehr kurzen Episoden, zwischen denen oft undefinierte Zeitsprünge liegen, sodass zwischen zwei Absätzen auch mal ein paar Wochen oder Monate vergehen zu scheinen. Durch diese kurzen Blitzlichter erhält das Buch am Anfang schnell ein hohes Erzähltempo. Das hat mich nach einer Weile aber frustriert, weil zwar schnell, aber wenig tief erzählt wird. Ich habe kein richtiges Gefühl für die erzählte Zeit bekommen und durch die kurzen Einblick in das Leben der Figuren bleiben fast alle auf Distanz. Auch die Freundschaft zwischen Jana und den Frauen ihres neuen Wohnortes fühlt sich dadurch für mich oberflächlich an und ich kann sie nicht wirklich nachvollziehen, da sich hier kaum eine logische Bindung zwischen den Frauen aufbaut.

Das Buch hält leider nicht, was der Klappentext verspricht. Er kündigt beispielsweise an, dass die auf Social Media inszenierte Familienidylle von Janas neuer Bekannten Karolin in Wahrheit alles andere als perfekt ist. Das wird im Buch zwar mehrfach angedeutet und dramatisch aufgebauscht, aber nie aufgelöst. Dazu kommt ein plötzlich sehr mysteriöses und viel zu abruptes Ende. Janas Angst, die der Klappentext anteasert, bleibt ebenfalls diffus. Ängstlich wirkt sie nicht.

Dazu kommt, dass Jana bereits vor dem Umzug in die ländliche Region und vor ihrem ersten Treffen mit Tradwive Karolin in die konservative Richtung driftet. Sie ist mit ihrem 3. Kind schwanger und kündigt ihren Job, ohne mit ihrem Mann zu sprechen. Der scheint andere Werte als seine Frau zu vertreten, bleibt aber blass und eher unsympathisch. Die wenigen Zweifel, die Jana angesichts Karolins Aussagen hat, schiebt sie schnell zur Seite zu schieben und nicht zu reflektieren. Stattdessen schließt sie sich meist sofort Karolins Meinung an, sodass hier kaum eine nachvollziehbare Entwicklung stattfindet. Dadurch dass jede echte kritische Auseinandersetzung mit dem dargestellten Ultrakonservatismus fehlt, wirkt das Buch letztendlich verharmlosend auf mich.

Auch in vielen Details lässt mich das Buch ratlos zurück. Mit ihren 7.000 Follower:innen ist Karolin Mikro-Influencerin, aber so richtig ergibt ihr Content keinen Sinn. Klar, sie postet vieles, was man mit Frauen der extremen Rechten verbindet - Tradwive-Content mit konservativen Idealen à la Backen und Kindererziehung zuhause, aber auch Heimatverherrlichung und Angstschüren. Janas Beobachtung, dass Karolin auch viele nicht-deutschsprachige Menschen auf Instagram folgen, soll erklären, warum Karolin manche ihrer generischen Captions auf Englisch verfasst. Das meiste schreibt und spricht sie aber auf Deutsch, sodass eine nennenswerte Menge nicht-deutschsprachiger Follower:innen unrealistisch ist. Es klingt auch so, als wäre die Autorin eher mit Facebook vertraut und wollte dessen Funktionsweise auf Instagram übertragen. Während man auf Facebook einzelne Beiträge öffentlich und den Rest privat veröffentlichen kann, ist das auf Insta meines Wissens nicht möglich. Es fühlt sich an, als hätte die Autorin den Tradwive-Trend uns Social Media als Kulisse gewählt, weil das Thema hochaktuell ist, sich aber nicht besonders tief damit beschäftigt. Andere Fehler sind einfach unnötig und zeugen von mangelnder Recherche, z.B. die Behauptung, dass Bürgergeld zusätzlich zum Kindergeld gezahlt wird (das Kindergeld wird vom Bürgergeld abgezogen) oder dass Jana monatelang rückwirkend Bürgergeld erhalten kann (man erhält es nur rückwirkend bis zum Zeitpunkt der Antragstellung, aber nicht davor, auch wenn man Anspruch gehabt hätte).

Na ja, vielleicht funktionieren Social Media, Sozialleistungen und Co so in der nahen Zukunft, die die Autorin beschreibt und das ist ihre Version der Zukunft. Dann wäre für mich aber viel Potential verschenkt. Denn zu klassischen Rollenbildern, nach denen sich Jana ja nun sehnen soll, gehört eben auch die Arbeitsteilung Frau kümmert sich um Haus und Kinder, Mann verdient das Geld. Warum geht der Roman nicht darauf ein, wie sich Jana als Bürgergeldempfängerin fühlt, wo das doch dem von ihr anvisierten Familienmodell widerspricht? Was denkt sie über 50/50-aufgeteilte Kindererziehung, die müsste doch auch ihren neuen Werten widersprechen? Das hätte so viel Potential für interessante Reflektionen gehabt. Vielleicht könnte man sagen: Möglicherweise möchte die Autorin zeigen, dass auch viele Möchtegern-Tradwives nicht voll hinter den Werten stehen, die sie nach außen als Fassade verkörpern oder dass Reden leichter als Machen ist. Das gelingt der Autorin mit einigen der Nebencharakteren, aber nicht mit Jana. Obwohl sie die Protagonistin ist, bleibt Jana für mich leider in vielen Aspekten nicht greifbar. Das ist schade.

[Anne · Rating 2 out of 5]

Mich interessierte das Thema Tradwives insbesondere eingebettet im rechtspolitischen Kontext. Jana wohnt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern, das dritte ist unterwegs, in einem kleinen Dorf, in welchem die AfD auf 35 Prozent kommt. Sie und ihr Mann Noah sind frisch aus der Stadt hergezogen. Anschluss findet Jana bei Karolin, einer Mutter von fünf Kindern, verheiratet mit Clemens. Für Karolin lassen sich alle Probleme mit einem Waldspaziergang oder einem Stück frischem hauseigenem Apfelkuchen lösen. Karolin und ihre Freundinnen, denen sich Jana zügig anschließt, haben einen Buchclub, in dem Sachbücher diskutiert werden, wie schädlich es doch ist, die Kinder in die Kita zu geben. Jana entfremdet sich mehr und mehr von Noah und übernimmt unkritisch die Gedanken der Tradwives-Gruppe, idealisiert Karolin und möchte am liebsten diese sein.

Das Buch glorifiziert viel zu sehr das dargestellte Leben, reißt Themen wie häusliche Gewalt an, geht aber dann überhaupt nicht in die Tiefe. Insgesamt wird alles sehr unkritisch gehalten, die Impfskepsis wird einfach unkommentiert hingestellt. Die Protagonistin Jana ist schwer greifbar, sie ist Ende 30, ihre Gedanken kreisen ununterbrochen um Karolin und wie sie eine genauso gute Mutter sein kann, wie Karolin es nach außen auf ihrem Instagram erscheinen lässt. Die Geschichte ist viel zu flach und verliert kein kritisches Wort über das undemokratische Leben in dieser Scheinsiedlung.

[eviwa ♡ · Rating 2 out of 5]

# Was sind das für Figuren?

Mir bleibt Jana als Hauptprotagonistin fremd, unnahbar und in ihren Gedankenvorgängen unverständlich. Der sehr personale Erzählstil macht Emotionen und Gefühle kaum erfahrbar, sondern beschreibt lediglich in kühlem, distanzierten Ton. Jana vermeidet Konflikte auf allen Ebenen, insbesondere gegenüber mit ihrem Mann scheut sie jegliche Kommunikation und denkt stellenweise sehr abfällig über ihn (”Nerd”, “Überwachungsphantasien”, “Konfliktunfähig” → Doppelmoral!, “sie fragte sich, was er wohl dachte” → frag ihn doch!). Sie würdigt ihn herab und stellt ihn als Sündenbock für allerlei Probleme hin. Nie spricht sie ihm gegenüber etwas konkret an. Sie steckt nach Umzug und Kündigung in einer tiefen Sinnkrise. Zweifelt an ihrer Rolle als Mutter, ihrem Platz in der Welt, weiß nichts mit sich und ihrer Zukunft anzufangen. Sie projiziert sämtliche Ideale in Karolin, die sie zum jesusähnlichen Heiland erhebt, stalkt und vergleicht sich permanent mit ihr, während sie sich gleichzeitig an den reaktionären Aussagen Karolins reibt - und ins Zweifeln kommt. Jana ist eine Helikoptermama, die überall Gefahren für ihre Kinder sieht. Die ganze Welt scheint sich gegen sie verschworen zu haben und sie sieht überall nur Gewalt und Terror, der immer näher auf ihre Familie zuzurücken scheint. Jana erträgt diese Gefahren nicht und flüchtet in die heile Welt von Karolins Instagram-Account. Noah bestärkt sie in ihren Ängsten - ginge es nach ihm, würden sie nach Neuseeland auswandern. Jana kann und will jedoch nicht fort von Karolin und bezeichnet ihre neue Umgebung als Heimat. Laut Jana, hätten sie und Karo eine sehr intensiver Freundschaft, was für mich überhaupt nicht nachvollziehbar ist. Viel zu schnell, holprig und sporadisch wurde der Beginn und Verlauf dieser Beziehung beschrieben. Die gegenseitige Anziehung bleibt ein Rätsel.

Noah bleibt eine Randerscheinung und charakterlos. Er spielt im Roman und in Janas Leben kaum eine Rolle, obwohl er seinerseits trotz hoher Arbeitsbelastung zur Beziehungsarbeit bemüht erscheint und sie offensichtlich (körperlich) liebt und begehrt. Keinerlei Kommunikation gibt es ebenso bei der Trennung, welche Noah ausspricht.

Jana nennt ihre Mutter Sabine, welche einerseits unterstützend, andererseits übergriffig Jana beim Hüten der Kinder unterstützt. Tatsächlich wirkt es nur so, als würde Jana ihre Mutter mit dem Vornamen ansprechen, tatsächlich ist das allerdings ein Irrtum, den ich aus dem Erzählstil des neutralen personalen Erzählers abgeleitet habe. Füs seltsam und ungelenk halte ich es trotzdem. Janas Mutter bekommt eine kleine Romanze mit einem älteren Herrn aus Kalifornien. Was wie ein Love Scam daherkommt, scheint auch wieder wieder ein plumper unausgegorener Handlungsstrang zu sein.

Karolin drängt sich selbstbewusst in Janas Leben, die das bereitwillig zulässt. Sie führt Jana aktiv in ihren Freundeskreis ein und beginnt die unwissentliche Jana mit ihrem ultrakonservativen Gedankengut einzuweben (Rohmilch trotz Schwangerschaft). Bei Karolin steht die Familie, allem voran die Kinder, im Lebensmittelpunkt. Konservative Werte, Natürlichkeit, Spiritualität und die Ablehnung feministischer, emanzipatorischer Freiheiten prägen ihr Denken und ihren Alltag. Missionierend teilt sie ihr Leben (und auch ungefragt ihre Freunde und Kinder) als Tradwife auf Instagram. Auch von ihren Freundinnen wird sie zu einem spirituellen Wesen erhoben. Alle Gedanken und Taten sind Weisheiten, denen Folge oder Nachahmung zu leisten ist. Kritik wird intellekutell entkräftet. Gleichzeitig scheint Karolins Leben eine Fassade zu sein, welche der lesenden Person ziemlich plump vorgesetzt wird. Ehekrise, Eifersucht, häusliche Gewalt und religiöser Zwang scheinen vor verschlossenen Türen eine Rolle zu spielen.

Karolins Mann Clemens spielt den bärtigen, rustikalen Familienversorger. Seine Rolle wirkt inszeniert, weil er sich stellenweise daran zu stören scheint. Als gläubiger Christ (und Historiker?) missioniert er im Internet. Zwischen Clemens und Jana scheint eine Anziehung zu herrschen.

Becci ist ebenfalls eine neue Freundin aus Karolins Freundeskreis, welche Karolin und ihren Sohn zum Spielen zu sich einfordert. Neben reichlich Vermögen schwingt bei ihr eine ordentliche Portion Rassismus und Tratschtante mit.

# Welche Themen und Motive fallen mir auf?

- Glaube/Religion → Sinnsuche, Platz in der Welt
- Schwangerschaft, Körper(veränderung)
- Elternsein
- Gewalt und Terror, Rechtsruck in Deutschland
- Eskapismus
- Natürlichkeit, zurück zu den Wurzeln
- Aushebelung progressiver Werte durch konservative: Abtreibungsgegner, Traumata der Kinder bei Berufstätigkeit der Mütter, Impfgegnertum, Gehorsamkeit der Ehefrau gegenüber ihres Ehemanns
- Schein und Sein eines Familienlebens, insbesondere auf Socialmedia
- Häusliche Gewalt
- Hitze

# Was macht die Sprache mit mir?

Sie Sprache und Ausdrucksweise ist unfassbar einfach. Die neutrale Position des Erzählers lässt keinerlei Nähe und Bindung zu den Figuren zu. Viele Passagen wirken unglaubwürdig, kindlich, unbeholfen und schlicht langweilig.

# Was begeistert mich?

Wie sie am Ende Karos Platz einnimmt und sich der Kreis zum Anfang des Buches schließt.

# Was nervt mich?

- Sprache!!!
- Langweiliger Plot
- unglaubwürdige Gedanken und Handlungen der Figuren

# Worüber kann ich noch was lernen?

Kommunikation bildet die Basis jeder Beziehung.

[annie_1813 · Rating 3 out of 5]

Die Prämisse in „Heimat“ ist wahnsinnig spannend, gesellschaftsrelevant und definitiv einen Roman wert. Der Schreibstil ist angenehm, man fliegt geradezu durch das Buch und es ist definitiv auch spannend, man möchte erfahren, was in der Protagonistin Jana vorgeht und wo sie enden wird. Die Anziehungskraft von Karolin und die Attraktivität ihres Gedankenguts wird sichtbar: einfache Antworten für komplizierte Fragen. Wie schnell man dabei von Apfelkuchenrezepten beim Rechtsextremismus landet wird sehr gut sichtbar.

Ich muss aber einigen Kritiker*innen hier in den Bewertungen zustimmen. Der Roman ist sehr kurz und bleibt entsprechend oberflächlich. Ich hätte mir sehr gewünscht, dass Janas Gedankenwelt stärker hervorgehoben wird, insbesondere der Wandel ihrer Meinungen und Ansichten. Und auch Noahs Perspektive und Blick auf die Entwicklungen hätten mich interessiert.

Ein Kritikpunkt hier in den Rezensionen, dem ich nicht zustimme, ist, dass Jana als Figur so fahl bleibt und zumindest am Anfang keine eigenen Ansichten zu haben scheint. Das stimmt zwar, ich halte das aber für eine sehr gute Parabel auf unsere Gesellschaft. Jana ist unglücklich und unzufrieden, sie legt aber nie den Finger in die Wunde und sucht die eigentlich Ursache dafür. Stattdessen verliert sie sich in Karolins Inszenierungen und einfachen Antworten. Sie ist die perfekte weiße Leinwand, die Karolin und Clemens mit brauner Farbe bestreichen.

Es sind die „unpolitischen“ Menschen, die, die keine richtige Meinung haben und so eine hervorragende Angriffsfläche für die AfD und andere rechte Vereinigungen bilden. Janas Entwicklung funktioniert hier als Analogie sehr gut und sollte uns als Gesellschaft zeigen, dass es unsere Untätigkeit ist, die die Rechten stärkt.

Wer dieses einschleichen von Rechts durch vermeintlich harmlose Themen wie Apfelkuchen spannend findet, dem möchte ich ganz dringend „Von Norden rollt ein Donner“ von Markus Thielemann empfehlen.

[Oktober · Rating 3 out of 5]

“Heimat” von Hannah Lühmann behandelt den Rechtsruck in der deutschen Provinz und setzt sich insbesondere mit den Themen Trad-Wives, kitafrei Leben, Rückbesinnung auf konservative christliche Werte und Ausländerfeindlichkeit.

Erzählt wird dies anhand von Jana, die ungeplant mit ihrem dritten Kind schwanger ist, ihren Job gekündigt hat und mit Mann und Kindern von der Stadt aufs Dorf gezogen ist. Besonders zu Beginn haben sowohl Jana als auch ihr Mann Schwierigkeiten, sich auf dem Land einzuleben, bis Jana die charismatische Karolin kennen lernt, die Hausfrau ist, ihre Kinder kitafrei erzieht und nebenbei einen erfolgreichen Instagram-Account mit Trad-Wife-Themen betreibt. Jana freundet sich sowohl mit Karolin selbst als auch ihrem Lebensstil an und beginnt, ihr bisheriges Leben in Frage zu stellen.

Ich finde das Grundthema superwichtig und interessant und wollte das Buch so gern mögen. Allerdings gelingt es der Autorin nicht, ihre Figuren dreidimensional und glaubwürdig zu beschreiben. Obwohl sowohl Jana als auch Noah, Karolin und Becky vielschichtige ambivalente Charaktere sind, bleiben sie plakativ und anstatt Charakterentwicklungen gibt es Sprünge - von jetzt auf gleich zeigen sie neue Wesenszüge oder Ansichten, die nicht zur Figur zu passen scheinen, weil sie nicht nachvollziehbar erklärt werden. So kaufe ich einer gebildeten Frau wie Jana, die in einer (wie auch immer gearteten) Agentur auf einen Leitungsposten gehofft hat, schlichtweg ihre Naivität nicht ab, mit der sie ohne etwas zu hinterfragen, die Werte ihrer neuen Freundinnen übernimmt. Das die Neuen Rechten geschickt vorgehen, in dem sie Menschen da abholen, wo die Unzufriedenheit mit Politik und Gesellschaft am Größten ist, ist nichts Neues, aber das passiert hier nicht (von der Nachbarschaftshilfe inkl. Kinderbetreuung mal abgesehen, und die hätte Jana theoretisch gehabt). Da ist kein unterschwelliges, sich aufbauendes Verhalten, sondern der pure Holzhammer, von dem sich Jana begierig treffen lässt.

Auch ihre Arbeitssituation kauf ich nicht - sie kündigt eine feste Stelle, weil ihre Chefin ihr zu verstehen gibt, dass es mit drei Kindern schwierig werden wird - Surprise!, obwohl sie doch eh nur noch wenige Monate hätte arbeiten müssen, erhält eine Arbeitslosengeldsperre und ist dann zu ausgelaugt, um finanzielle Hilfen zu beantragen, die sie mit 2 Kindern und einem Hauskredit dringend benötigen würde, wie ihr Mann auch mehrfach betont. Das ist für diese Figur mit dieser Charakterentwicklung einfach unglaubwürdig. Diese Situation zieht sich als Handlungsstrang durch das gesamte Buch, lässt aber auch keine Entwicklung bei Jana und Noah erkennen.

Neben den plakativen und schlecht geschriebenen Figuren stört mich auch, dass u.a. die Themen Trad-Wives, internalisierte Misogynie, Ausländerfeindlichkeit und Scheitern von Beziehungen angerissen, aber nie ausführlich beleuchtet und vielschichtig dargestellt werden. Die Figuren stellen nichts in Frage, sodass auch für die Lesenden keine kritische Auseinandersetzung erfolgen kann, was unglaublich viel verschenktes Potential bedeutet. Einzig das Thema Fremdbetreuung wird wiederholt und detailliert beleuchtet und im Rahmen der Handlung sogar Studien zum negativen Einfluss auf Kinder herangezogen, die wiederum auch nicht kritisch hinterfragt werden.

Da die Autorin von 2014 bis 2025 als Redakteurin und stellvertretende Ressortleiterin fürs Feuilleton für die rechtskonservative “WELT” und “WamS” tätig war, dürfte in meinen Augen auch bezweifelt werden, dass eine allzu kritische Auseinandersetzung mit den oben genannten Themen in diesem Werk überhaupt gewünscht war.

*Das Hörbuch wurde mir kostenfrei von netgalley zur Verfügung gestellt.

[Martina Meyen · Rating 3 out of 5]

Provokant und irritierend

So ein spannendes Thema, aber leider konnte mich „Heimat“ von Hanna Lühmann nicht abholen und schon gar nicht begeistern.

Im Mittelpunkt steht Jana, die mit Ehemann und 2 Kindern aufs Land zieht. Dort freundet sie sich mit Karolin an, die sie ziemlich schnell idealisiert. Karolin gehört zur Tradwife-Szene und geht ganz in ihrer Rolle als Mutter von 5 Kindern auf und ordnet sich ihrem Ehemann unter. Obwohl Jana für völlig andere Werte steht, wird sie immer weiter von Karolin beeinflusst.

Schon nach wenigen Seiten habe ich mich unbehaglich gefühlt und konnte Jana immer weniger verstehen. Gleichzeitig hat mich die Nachbarin neugierig gemacht. Aber Hanna Lühmann hat vieles im Unklaren gelassen. Ich war ein wenig hin- und hergerissen war, weil Karolins Idylle schon zeitweise verlockend war und heile Welt suggerierte, aber die Autorin ließ mich nicht hinter die Kulissen blicken und blieb bei Andeutungen.

Vor allem Jana blieb mir emotional fern, ich habe die wirklichen Gründe für ihr Handeln nicht erfahren, sondern konnte vieles nur ahnen. Sie war angetan von der verführerischen scheinbar heilen Welt. Aber als intelligenter Mensch stellt man doch viele Fragen und das ist hier einfach nicht passiert. Die politischen Aspekte blitzten nur auf und es bleibt dem Leser selbst überlassen, wie er damit umgeht.

Heimat ist ein mutiges Buch, das irritiert und nachhallt. Aber ich fand es zu oberflächlich.

[Angelika · Rating 4 out of 5]

Zum Inhalt:
Eigentlich hatte sich das Leben auf dem Land total schön vorgestellt. Schnell merkt sie aber, dass hier andere Regeln herrschen als sie es gewohnt war. Was so bürgerlich anmutet, ist mehr Schein als sein und die AfD wird wie selbstverständlich gewählt. Nachbarin Karolin schein auf eine sonderbare Weise total konservativ und zieht Jana immer mehr in ihren Bann.
Meine Meinung:
Das war mal ein Blick in ein dörfliches Leben, in dem es völlig normal scheint AfD zu wählen, wobei natürlich Jana und Karolin im Mittelpunkt steht. Karolin ist charismatisch, wobei wir vieles von ihr auch nicht erfahren und einiges im Dunkeln bleibt. Sie übt eine Faszination auf Jana aus und das obwohl sie eigentlich ein völlig anderes Leben, andere Blickwinkel aufs Leben hat. Ich fand das Buch interessant, weil es sicherlich romanhaft, aber eben vorstellbar einen Einblick in eine völlig andere Gedankenwelt brachte. Und dabei auch zeigt, dass auch Menschen beeindruckt werden können, die eigentlich ganz andere Ansichten haben.
Fazit:
Interessant