»Max Goldt ist der Inbegriff von Menschlichkeit.« Durs Grünbein
»Der hat aber eine richtig schöne Schrift. Diese Unterschrift ist ja ein richtiges kleines Kunstwerk.« »Muß ja sein. Seine Texte sind ja auch richtige kleine Kunstwerke!« »Aber wie der den Stift hält! So krumm!« »Aber eine schöne Schreibmappe hat er! Sogar aus echtem Leder.« »Der Stift ist auch sehr schön! Der Mann ist eben ein richtiger Profi!« »Meine Mutter hatte auch mal so einen schönen Stift wie der, aber sie ist nach Thailand gefahren und hat den Stift dann nie wiedergefunden. Wahrscheinlich geklaut! Das Hotelpersonal wird ja so schlecht bezahlt!«
Vor 15 Jahren, kann ich mich erinnern, habe ich Max Goldt mal sehr, sehr gern gelesen. Ich fand ihn geistreich, milde bösartig/bissig nachsichtig, und auf jeden Fall originell; ich möchte fast sagen, der geistreiche, tiefgründige, zynismusunverseuchte große Bruder von Heinz Strunk, aber irgendwie auch nicht, und irgendwie doch schon, ich weiß es nicht. Jetzt also nach gefühlt Äonen des Schweigens was Neues: hocherfreulich! Das Problem allerdings, die Texte mögen frisch sein, aber gleichzeitig sind sie auch 1:1 wie damals. Und das ist ein Problem, weil: Ich bin es nicht mehr. Ich lese das und merke, yup, liest sich wie Text XY von 1998, hätte ich vor 15 Jahren gefeiert, jetzt... fehlt mir da irgendwas. Liegt an mir, ich hab mal in den alten Büchern geblättert und festgestellt, sie haben für mich ihr reizvolles Aroma verloren. Schade, aber nicht zu ändern. Wer Fan geblieben ist oder Herrn Goldt noch gar nicht kennt, mag an diesem schmalen Büchlein seine Freude haben... vorausgesetzt, er/sie stößt sich nicht an den ständigen Mini-Theaterstückchen, die sich dem Lesefluss permanent in den Weg werfen. War nicht so meins. Bin ich ehrlich.
Nie hätte ich gedacht, dass ein simpler Band mit dem unscheinbaren Titel „Aber?“ mir so oft ein spitzes Schmunzeln ins Gesicht meißeln könnte. Max Goldt schreibt, wie andere Leute plaudern würden – nur eben viel schärfer, verschrobener und mit dieser ganz eigenen Eleganz. Da sitzt man da, liest ein paar Sätze und denkt: „Moment mal, das ist doch völliger Blödsinn!“ – um zwei Sekunden später festzustellen, dass genau dieser Blödsinn ein ziemlich treffsicherer Kommentar auf die Wirklichkeit ist.
Es geht weniger darum, ob die Geschichten eine klassische Handlung haben – haben sie oft nicht. Eher sind es funkelnde Gedankensplitter, Beobachtungen aus der Alltagsmikroskopie, die man sonst einfach wegwischen würde wie Krümel vom Tisch. Goldt packt sie ein, poliert sie, und plötzlich glänzen sie so, dass man sich fragt, wieso man das nicht längst selber bemerkt hat.
Natürlich ist nicht jeder Text ein Volltreffer. Manche schießen am Humorzentrum vorbei und landen im „Okay, nett, aber weiter“-Regal. Trotzdem macht genau das den Reiz aus: mal funkelt’s, mal stolpert man, und manchmal möchte man einfach nur den Kopf schütteln, weil es so absurd ist.
Der Sprachwitz ist messerscharf, aber nie böse. Manchmal fast schon zärtlich im Umgang mit den Schwächen der Menschen. Das macht Goldt so sympathisch. Allerdings braucht man Lust auf Abschweifungen, kleine Denkspiralen und Sätze, die sich winden wie eine Achterbahn im Miniaturformat.
Fazit: „Aber?“ ist keine leichte Kost für Zwischendurch, sondern eher wie eine Kiste voller seltsamer Bonbons – manche sind süß, manche bitter, und bei ein paar fragt man sich ernsthaft, ob die überhaupt essbar sind. Aber genau das macht’s spannend. Vier Sterne – weil ich mir beim Lesen immer wieder dachte: ein bisschen weniger Mäander, ein bisschen mehr Punch, und es wären glatte fünf gewesen.
Dass es den guten, alten Max Goldt noch gibt! Aber? Aber? ist die Pointe des zweiten Kapitels, die funktioniert, wie man es vom Meister erwartet. Es gibt eine Geschichte über Wiglaf Droste und eine über die perfekte Lesung. Gucken Sie nicht so feministisch! Wer Goldt liebt, wird auch diese Sammlung von Aufsätzen mögen. Besonders gefallen hat mir das letzte Stück, eine makabere Sterbeszene. Ausserdem kommen vor: das Edelgas-Erlebniszentrum Kötzschenbroda, Dunkelziffern, Medienkritik und ein Fjutscherinchen. Testwitz: die "Ehe für alle" tönt wie eine Drohung. Aber? Keine Einwände.
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Ehrlich gesagt hab ich das Buch nur so zur Hälfte gelesen. Hab das im Praktikum im Bücherladen immer zwischendurch gelesen und das Buch dabei sehr genossen. Goldt hat einen sehr geistreichen und einzigartigen Schreibstil, den man erlebt haben muss.