»Knebel« nennt man die drehbaren Elemente an Küchenherden, mit denen sich bequem die Temperatur regulieren lässt. Wer heute einen Induktionsherd kauft, verbiegt sich freilich bald die Finger auf widerspenstigen Touchflächen. Solche Dinge, die in gewissen Hinsichten schlechter sind, als sie einmal waren oder sein könnten, nennt Gabriel Yoran »Krempel«. Warum existieren sie überhaupt? Würde man sich die Weiterentwicklung von Produkten nicht als linearen Fortschritt vorstellen?
Warenkritik gilt wahlweise als angestaubter Antikapitalismus oder Ausdruck reaktionärer Nostalgie. Gleichzeitig sollen wir mit unseren Kaufentscheidungen das Klima retten oder zu besseren Arbeitsbedingungen im globalen Süden beitragen. In dieser Lage fragt Yoran, ausgehend von Brauseschläuchen und Kaffeevollautomaten, nach den Ursachen der Verkrempelung. Und er wagt sich an den oft tabuisierten Versuch, über Kriterien für die Legitimität von Bedürfnissen nachzudenken. Yoran tut dies so unterhaltsam wie umfassend informiert – und in dem Bewusstsein, dass wir als Verbraucher:innen ebenfalls in den Verkrempelungszusammenhang verstrickt sind.
Ausgehend von den allbekannten Ärgerlichkeiten der Konsumgesellschaft wie etwa der geplanten Obsoleszenz oder den servicefeindlichen Service-Hotlines holt Yoran aus zu einer sehr grundlegenden Kritik an der Konsumgesellschaft. Die persönliche Involviertheit des Autors schafft dabei manchen Wiedererkennungseffekt: Wer hing noch nie stundenlang in irgendeiner Telefon-Warteschleife, hat noch nie tagelang Internet-Recherche für die Bauanleitung eines nicht mehr hergestellten Produkts betrieben, ist noch nie an der Komplexität eines neuen Elektrogeräts verzweifelt, dessen Vorgänger mit zwei bis drei Knöpfen noch bestens funktioniert hat? „Verkrempekung“ bezeichnet dabei einerseits den Überfluss an Produkten bei gleichzeitiger Minderleistung der Produkte selbst: Es gibt immer mehr Zeug, das immer schlechter funktioniert, immer weniger den Bedürfnissen des Konsumenten entspricht. Damit dekonstruiert Yoran das Dogma von der stetigen Fortschrittlichkeit der Konsumgesellschaft. Indem er die dahinterstehenden Marketingüberlegungen und globalen Wirtschaftszusammenhänge offenlegt, übt er fundamentale Kapitalismuskritik, die schließlich in die altbekannten Dilemmata mündet: Die Wirtschaft braucht Wachstum, deshalb ist nachhaltiger Konsum gar nicht gewollt, Überkonsum ist unethisch, aber zum Erhalt des Kapitalismus unverzichtbar. Das als Fazit eines teilweise sehr originellen Buches, das vielleicht im gedanklichen Aufbau etwas mehr Struktur vertragen hätte, war dann im Endeffekt etwas enttäuschend.
Was macht unser Konsum mit uns und der Welt und warum stellt sich so mancher Artikel als Krempel heraus und was ist das gute Leben, nach dem wir streben?
Ich fand die Grundidee des Buches interessant aber mir fehlte jegliche Struktur und Quantifizierung, die über die Aneinanderreihung von Zitaten und Anekdoten (sind diese repräsentativ?) hinausging. Oftmals hatte ich den Eindruck, dem, was man im Englischen “Rant” nennt, zu begegnen, so schnell wechselten die Themen in jedem Kapitel. Schliesslich fehlt mir ein Lösungsansatz um die Verkrempelung zu verhindern. Nette Anekdote ist dass das Buch im besonders teuren silbrig glänzenden Einband erschienen ist - die Verkrempelung :-) des Buchs gewissermassen.
Nach de erste paar Siite hani no denkt "Oh nei, sonen Boomertyp wo sini Kritik ah allem und jedem uslaht." Aber ide witere Kapitel heds viel interessanti Facts gha und eigentli vertritt er i vielem mini Meinig 😁 drum ⭐⭐⭐⭐
Ich habe das Buch aufgrund der Besprechung im Schweizer Literaturclub im Dezember 2025 gelesen. Wieder einmal hat sich gezeigt, dass die Schweizer die derzeit wichtigste TV-Diskussionsrunde in Sachen Literatur haben. Ein sehr lesenswertes, lehrreiches und unterhaltsames Sachbuch. "Maßnahme empfohlen: Triff Vorbereitungen gemäß den Anweisungen in der Beschreibung."
Sehr unterhaltsam, dadurch meist oberflächlich. Wird dem im Untertitel ausgerufenen Ziel, einen Stand der Dinge (des Alltags) zu liefern, gerecht. Guter Blick für die Grundprobleme - am Ende geht es immer um das gute Leben.. 🚬
Natürlich führt Yoran gute Punkte an, wieso wir uns alle in einem unaufhörlichen und falschen Konsum befinden, häufig genervt sind und doch stets etwas Neues wollen. Und unterhaltsam geschrieben ist das Buch auch - würde gut ins Feuilleton passen. Wie schade, dass es dann so wenig (wenn überhaupt) Ideen gibt, was wir anders machen können. Ich mag Essays, die auch Lösungen vorschlagen. Und hier wäre es spannend gewesen zu erfahren, wie wir als Konsumenten besser agieren können. Dann wäre das Buch sicher gehaltvoller gewesen. So war es ein unterhaltsamer Snack, ein Appetithappen ...
die Grundprämisse war der Grund, das Buch zu kaufen. Viele Produkte werden im Laufe der Geschichte schlechter, unnötig komplizierter. Leider ist es für mich nicht über einen Rant über beliebige Alltagserlebnisse hinaus gekommen. den Hype um das Buch kann ich überhaupt nicht verstehen. Im Buch selbst fand ich viele Stellen. die ich als Krempel bezeichnen würde
fantastischer begrudd und titel, das erste kapitel hat mich direkt abgeholt, ich konnte alles nachvollziehen, mitfühlen, es verliert sich dann erwas und driftet am ende ab, macht das thema zu groß (das gute leben), es hätte länger am eigentlichen kern bleiben können/sollen, trotzdem lesenswert
Angesichts praktisch schrankenloser globaler Ressourcenverschwendung ein höchst intelligenter Beitrag zur Frage, warum wir (reiche Gesellschaften) uns mit immer mehr Krempel umgeben.
Humorig geschrieben mit unterhaltsamen Beispielen und amüsant zur Schau gestellter Empörung. Allerdings wenig Tiefgang mit Blick auf größere Zusammenhänge - der Krempelursprung in der Produktionsweise wird immer wieder am Rande thematisiert. Ein Buch, das den ein oder anderen in seiner persönlichen Lebensweise inspirieren mag, aber nicht in der politischen. 3 Sterne, weil das wohl auch nicht der Anspruch des Buchs ist.